Hilfe, habe einen Rückfall!

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Thera
Beiträge: 50
Registriert: 7. Nov 2011, 20:40

Hilfe, habe einen Rückfall!

Beitrag von Thera »

Hallo Leute,

sitze gerade einmal wieder mit meinem Laptop im Bett anstatt an meinem PC in der Arbeit. Fühle mich wie ein Versager, dabei sah es noch vor ein paar Wochen so gut aus.

Aber vielleicht erst einmal zu meiner Geschichte:

Ich leide schon seit meiner Jugend immer mal wieder an ziemlich starken Stimmungstiefs. Vor ca. 10 Jahren hat mein Hausarzt eine Winterdepression bei mir diagnostiziert.
Im September 2011 dann die Diagnose rezidivierende Depression (schwere Episode). Es folgten eine ambulante Psychotherapie mit Therapeutenwechsel, eine medikamentöse Behandlung durch einen Nervehnarzt, ein stationärer Aufenthalt von 10 Wochen, ein erneuter Therapeutenwechsel und wieder eine ambulante Therapie plus Weiterbehandlung durch meinen Nervenarzt.

Privat hat sich inzwischen einiges geändert. Ich habe mich von meinem Exfreund, mit dem ich zusammen gewohnt habe getrennt und mir eine schöne neue Wohnung gesucht. Seit fast einem Jahr habe ich einen total lieben, neuen Freund, den ich während des stationären Aufenthalts kennen gelernt habe und auch wieder guten Kontakt zu meinen Freunden und meiner Familie, die mir allesamt trotz der zweifellos auch für sie schweren Zeit allesamt die Stange gehalten haben.

Beruflich lief es ähnlich. Ein erster Wiedereingliederungsversuch in meinen alten Bereich ist im Sommer 2012 zwar gescheitert, aber ein zweiter Versuch in einem ähnlichen Bereich in einer anderen Abteilung im Winter 2012 ziemlich gut geglückt. - So sah es zumindest aus. In den ersten Monaten 2013 war ich soweit stabil, dass mein Nervenarzt überlegt hat meine Medikamente im Sommer/Herbst langsam ab zu setzen.

Und jetzt geht es wieder los. Ich habe ein gutes Gehalt, tolle Kollegen und einen super Chef, bei einer Festanstellung im öffentlichen Dienst. Mein neuer Aufgabenbereich ist relativ abwechslungsreich und eigenverantwortliches Abeiten wird groß geschrieben. - Und trotzdem schaffe ich es schon wieder nicht mehr hin zu gehen.

Komme mir einerseits vor wie ein Versager und habe nicht nur ein schlechtes Gewissen gegenüber meinen Kollegen, die sich schon wieder nicht auf mich verlassen können sondern auch tierische Angst, dass ich jetzt wieder in eine schwere Phase abgleite. Andererseits würde ich - wenn ich spontan ehrlich sein soll - am liebsten gar nicht mehr in meinen alten Job zurück gehen. Das Problem bei Letzterem ist nur, dass ich a) keine beruflichen Alternativen habe und b) befürchte, dass mich ein neuer Job früher oder später auch bloß wieder frustrieren würde.

Momentan schwanke ich zwischen (Zukunfts-)Angst, Erschöpfung/Frustration und Wut. Ich komme mir vor als würde ich gegen Windmühlen kämpfen. Ich rackere mich ab und arbeite sowohl an mir selbst als auch an meinem Leben und trotzdem habe ich das Gefühl mich ständig im Kreis zu drehen. Ich habe langsam keine Lust mehr. Wieso kann ich denn nicht auch mal etwas geschenkt kriegen? Ich finde, verdient hätte ich es.

Versteht ihr was ich meine? Weiß langsam echt nicht mehr, was ich noch machen soll. Gibt es hier vielleicht Leute, denen es ähnlich geht? Oder die einen Rat (oder ein paar nette Worte) für mich haben?

L.G. Thera

P.S.: Tut mir leid, dass es so lang geworden ist, aber irgendwie musste ich mir das Ganze wohl mal von der Seele schreiben.
gost
Beiträge: 491
Registriert: 9. Feb 2013, 15:00

Re: Hilfe, habe einen Rückfall!

Beitrag von gost »

Hallo Thera,

ich begrüße Dich. Vielleicht etwas spät, aber Du bist mir irgendwie dadurch gegangen.

Du hast ja schon einiges geschafft zu verändern. Vielleicht war es nicht das richtige? Das kann ja jeder nur für sich selbst beurteilen.

Mit hilft es immer wieder in Bildern zu denken. Und bei diesem Problem der Überforderung habe ich an ein Auto gedacht.
Ich hatte früher mal ein Auto das einen Stromabnehmer hatte und deswegen immer wieder die Batterie leer war. In der Werkstatt sagte man mir dann, daß der Abnehmer nicht so leicht zu finden ist. Es müsste nach und nach alles durchgecheckt werden wie Radio, Uhr, Kabel usw.

Und genauso bin ich dann bei mir alles durchgegangen und habe die Stromabnehmer, sprich Überforderungen erkannt. Sie abzustellen ist dann die nächste Baustelle gewesen.

Ich denke das ganze ist ein Prozeß der immer wieder modifiziert werden muss. Es ändern sich auch die äußeren Umstände und die persönlichen Ressourcen.

Vielleicht ist dein Auto jetzt etwas älter und du must die Batterie austauschen oder es fährt im Winter schlechter als im Sommer?

Auf jeden Fall bist Du nicht alleine mit diesem Problem. Schön das Du da bist.

LG
Clairedelalune
Beiträge: 181
Registriert: 28. Jul 2011, 13:11

Re: Hilfe, habe einen Rückfall!

Beitrag von Clairedelalune »

Guten Morgen Thera,

sitzt Du noch mit dem Notebook im Bett?
Ganz gleich , wann Du das liest, hier kommt eine Antwort:

ich wiederhole es schon fast gebetsmühlenartig, werde es aber dennoch nicht müde zu wiederholen, dass ich CBASP für eine sehr gute Therapieform halte.

Auch wenn sich das bei Dir noch nicht nach "Chronifizierung" anhört/liest, könnte es dennoch helfen, denn was mir so gut daran gefällt ist die Kombination von psychoanalytischen Elementen und Verhaltenstherapie.

Dein Problem scheint ja wirklich nicht eine berufliche Überlastung oder Einsamkeit zu sein, dennoch blockiert Dich dauernd etwas in der Gegenwart, statt diese als glücklich zu erleben und ohne HIndernisse zu arbeiten.

Für mich liest sich die Beschreibung Deiner beruflichen Situation geradezu "paradisisch", ich würde mir die Finger danach lecken, als Krankenschwester habe ich mit dieser Umschulung wohl völlig auf das falsche Pferd gesetzt und bin seit Jahren mit den schlimmsten Arbeitsbedingungen von Leiharbeit und Lohnarmut konfrontiert, immer nur befristete Arbeitsverträge, bis auf den jetzigen.

... aber jetzt habe ich mir Luft gemacht, das hilft Dir wahrscheinlich wenig.

Ich seh mal zu, ob ich den CBASP-Link mit den Therapieplätzen in Deutschland finde.

LG
Claire

na wer sagts denn:
http://www.cbasp-network.org/index.php? ... 2%8C%A9=de
Sternstaub
Beiträge: 30
Registriert: 11. Dez 2012, 12:33

Re: Hilfe, habe einen Rückfall!

Beitrag von Sternstaub »

Hallo Thera,


was hast du alles in der letzten Zeit geleistet! Du schreibst ja selbst, was dir alles gut gelungen ist! Aber anstatt Freude kommt das Gegenteil zum Vorschein:

:::::::Ich komme mir vor als würde ich gegen Windmühlen kämpfen. Ich rackere mich ab und arbeite sowohl an mir selbst als auch an meinem Leben und trotzdem habe ich das Gefühl mich ständig im Kreis zu drehen. Ich habe langsam keine Lust mehr. Wieso kann ich denn nicht auch mal etwas geschenkt kriegen? Ich finde, verdient hätte ich es.:::::::::::::::

Das klingt in meinen Ohren sehr verbissen und sehr anstrengend.


Was du erlebst kenne ich auch von mir: Ich habe rangeklotzt, an mir gearbeitet, Baustellen aufgearbeitet, neue Ziele gesetzt – diese erreicht und dann…

::::::::Momentan schwanke ich zwischen (Zukunfts-)Angst, Erschöpfung/Frustration und Wut.:::::::::::::::::::::::::::::::::::


Bei einer Überforderung fühlt man genau dass!

Vielleicht rackerst du zu viel! Ich bin genauso. Ich denke, dass man sich alles irgendwie erarbeiten kann und muss. Dass dann auch der Erfolg sich quasi automatisch einstellt. Und wenn nicht, dann habe ich zu wenig getan.


Mir ist nun im Laufe meiner Krankheit recht klar, dass dieses Muster zur Erschöpfung führt.

Ich muss lernen, dass das Leben so nicht funktioniert: Man steckt oben im (Lebens-)Automaten Leistung und Anstrengung hinein, unten kommen die gewünschten Erfolge heraus. Manchmal ist das so, aber oft kommen nur Teile vom erwünschten Erfolg heraus – manchmal gar nichts …


Ich denke, dass du dich sehr gefordert hast. Was du alles geschafft hast ist enorm!!!!!!!


Jetzt ist die Kraft alle, du fühlst dich (zu recht) erschöpft und ausgelaugt. Vielleicht hast du an dich einfach zu hohe Ansprüche (= Perfektionismus) und gehst mit dir sehr hart um.

So ist es jedenfalls bei mir.


Ich sehe deinen Weg eventuell darin, dass du dir etwas Ruhe gönnst (Krankenschein), mit dir Nachsicht übst, dir gutes tust, weg von der Leistungsschiene, hin zum loslassen.

Man kann eben nur bedingt sein Leben beeinflussen, das gilt es anzunehmen.

Einen Satz, den ich mir immer wieder sage...

LG
qwertzuiop

Re: Hilfe, habe einen Rückfall!

Beitrag von qwertzuiop »

oh ja das mit der Arbeit kenn ich.

Bin dann eines Morgens dann einfach nicht abgebogen sonder geradeaus in die Klink gefahren. Dann konnten sich meine Kollegen 2,5 Monate allein mit den Problem rumplagen. In meinen Fall war das auch gerechtfertigt schließlich war ja 34 Jahre niemande auch nicht auf Arbeit aufgefallen das ich schwer krank bin, das schliesst mich mit ein. Ich habe ja immer gut funktioniert.

Denk dran dich um dich selbst zu kümmern. Arbeit und kollegialer Umgang kann helfen muss aber nicht.
Thera
Beiträge: 50
Registriert: 7. Nov 2011, 20:40

Re: Hilfe, habe einen Rückfall!

Beitrag von Thera »

Hallo!

Erst einmal: Danke ihr vier! Es tut echt gut zu wissen, dass man mit seinen Problemen nicht allein ist.

Mit eurer Vermutung, dass ich vielleicht schon wieder zu verbissen, bzw. perfektionistisch an die Angelegenheit rangehe, könntet ihr durchaus Recht haben. Das ist wohl eines meiner Grundprobleme.

Hatte heute einen Therapietermin und habe mit meiner Therapeutin (wieder einmal) ausführlich über das Thema gesprochen. Sie glaubt ebenfalls nicht, dass das Problem wirklich bei der Arbeit liegt. Sie vermutet auch eher, dass ich mich wieder einmal selbst blockiere.
Da mir dieses Wissen allein allerdings auch nicht sonderlich dabei hilft morgen wieder in die Arbeit zu gehen, haben wir ein paar mögliche Strategien durchgesprochen.
Am sinnvollsten erscheint mir im Moment die Idee meinen Chef morgen einfach mal zu fragen, ob ich nicht versuchsweise für ein paar Monate auf Teilzeit umstellen kann. Was das Geld angeht, dürfte es zwar etwas knapp werden, aber wenn ich mich etwas einschränke, müsste es eigentlich gehen. Ich finde, einen Versuch ist es wert. Oder was meint ihr?

@ Clairdelalune: Diese Therapieform sagt mir leider gar nichts. Kann mir allerdings eh nicht vorstellen hier im tiefsten Niederbayern einen Therapeuten zu finden, der so etwas anbietet. Bin mit meiner jetzigen Therapeutin aber eh mehr als zufrieden und würde vermutlich auch nicht wechseln, wenn ich die Möglichkeit hätte.

Drückt mir die Daumen, dass ich's morgen wieder in die Arbeit schaffe - und den Mut aufbringe tatsächlich mal mit meinem Chef zu reden. *seufz*

Bis bald!
Thera
Clairedelalune
Beiträge: 181
Registriert: 28. Jul 2011, 13:11

Re: Hilfe, habe einen Rückfall!

Beitrag von Clairedelalune »

Hallo Thera,

stimmt, München sind einige Adressen, aber Niederbayern - okay, da sieht es mau aus.

Was aber vielleicht auch mit deiner jetzigen Therapeutin möglich ist, einen Blick auf die "inneren Überzeugungen" zu werfen und wie sie dir in jetzigen Situation "in die Parade fahren", dich lähmen.
Wenn die Gegenwart so reibungsfrei ist, muss es ja fast etwas "Altes" sein.
Ach, ich weiß nicht, es sind "nur" Überlegungen/Anregungen. Du weißt das selbst am besten.

Ich drück dir auf jeden Fall die Daumen und wünsch dir alles Gute.
LG
Claire
qwertzuiop

Re: Hilfe, habe einen Rückfall!

Beitrag von qwertzuiop »

@Clairedelalune

Münchneradressen für cbasp würden mich interessieren, hier in Schwaben sieht es zeromässig aus. aber eventuell könnte sich ja die reise lohnen.
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