Selbstwert - mein Weg dorthin

otterchen
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Selbstwert - mein Weg dorthin

Beitrag von otterchen »

Hallo Ihr Lieben,

für viele (alle?) hier ist das Thema Selbstwert essentiell.

Ich überlege gerade, wie ich es geschafft habe, ein größeres Selbstwertgefühl zu entwickeln.

Vielleicht sind ja Anhaltspunkte dabei, die auch Anderen weiterhelfen würden?
Ich schreibe Euch mal die Dinge auf, die mir weitergeholfen haben.

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Inneres Team:

Den Inneren Kritiker kennt eigentlich jeder, oder?
Er gehört zum inneren Team und ist meist sehr, sehr mächtig.

Ich habe es durch Visualisierungen geschafft, diesem inneren Kritiker eine Art Anwalt gegenüberzustellen.
Ich sollte mir vorstellen, wie so eine Figur aussehen könnte, und irgendwie - fragt mich bitte nicht warum! - entstand eine Art menschlicher Tiger (also ein Tiger, der aber wie eine Comicfigur aufrecht gehen kann), und zwar in einem dunklen Anzug.
Egal.
Dies war nun meine innere Verteidigungsinstanz. Und immer, wenn mein innerer Kritiker mich zu hart beurteilte, konnte ich meinen Bodyguard heranrufen: "he, sag du mal was dazu".

Und er fand wunderbare Worte der Verteidigung für mich.

Diese zusätzliche innere Instanz funktioniert mit verschiedenen, imaginierten Instanzen: sei es beste Freundin, Anwalt, Bodyguard - was auch immer.
Es darf auch Hulk Hogan sein, Chuck Norris oder was auch immer - egal! Erlaubt ist, was hilft.

Mit der Zeit und etwas Übung muss man diesen Verteidiger nicht mehr bewusst herbeirufen - er ergreift automatisch Partei und stärkt einem den Rücken.

Link hierzu: http://www.zeitzuleben.de/2276-ich-bin- ... re-dialog/

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Vorbild, Role Model:

Zu meinem Glück gibt es eine Person in meinem Leben, die ich in einigen Dingen als mein Vorbild ansehen kann.
In meinem Fall geht es um "liebevollen Umgang" und "Zuwendung".
Ich habe einiges von diesem Verhalten für mich übernehmen können.

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Eine Sammlung der schönsten Komplimente:

Welche positiven Dinge wurden mir von meinen Mitmenschen zurückgemeldet?
Erinnern und aufschreiben - und am besten so, dass man sie in der nächsten Zeit immer wieder nachlesen und sogar ergänzen kann.
Das geht von "du hast schöne Augen" über "du bist eine tolle Freundin", "das, was du gesagt hast, war wichtig für mich" bis hin zu einer stummen Umarmung oder vielleicht auch mal einem Luftsprung.

Bitte NICHT trauern darum, dass man das vielleicht in der letzten Zeit nicht mehr gehört hat, sondern sich darüber freuen, dass einem dieses Geschenk gemacht worden ist.

Wenn man dies mal schriftlich auflistet, kommt einiges zusammen.

Wer wenig hat, kann mal sein näheres Umfeld befragen (das kostet Mut): wie sehen mich meine Freunde, meine Verwandten?
Nur das Positive aufnehmen.

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Mich selbst beschreiben:

Einfach nur beschreiben. Wertfrei. So bin ich.
Wenn man dies schriftlich niedergelegt, wird es einfacher. Das geht von simplen Äußerlichkeiten (Größe, Haarfarbe, Augenfarbe) über Vorlieben und Abneidgungen hin zum Charakterlichen.

Ja, dazu gehört auch "ich bin schnell genervt", "ich bin sehr verletzlich" usw., aber diese Dinge bitte mit einem temporären Zusatz versehen:
"ich bin in der letzten Zeit schnell genervt"
"ich bin momentan sehr verletzlich"
"ich bin phasenweise sehr wütend"

Dies ist wichtig, damit sich diese Aussagen in uns nicht manifestieren.
"Ich bin genervt" heißt für das Unterbewusstsein, dass das immer so ist - und das ist ja nicht der Fall, würde sich aber als selbsterfüllende Prophezeiung bewahrheiten.

Eine meiner Aussagen war "ich bin defizitär", aber ich habe zum Glück irgendwann gemerkt, dass ich dadurch auch immer darauf geschielt habe. Nein, ich BIN nicht defizitär - ich bin noch viel, viel mehr! Ich weiß, dass da Defizite waren und vielleicht auch heute noch sind, aber ich arbeite daran, und diese Defizite schmelzen nach und nach dahin.

Ansonsten: sich wirklich einfach nur mal beschreiben und dadurch kennenlernen. Klingt zu simpel? Oh, das ist es nicht!
Warum trägt man gerne Schmuck?
Warum hat man gerade dieses Tattoo?
Was bedeutet meine Kleidung für mich?
Warum wohl mag ich Maccaroni so gerne?

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Meine Gefühle, Ängste, Schwächen, Ecken und Kanten, Unzulänglichkeiten ernst nehmen und da sein lassen:

Mir hat der Satz "wer, mit denselben Erfahrungen wie ich, würde anders empfinden? wohl niemand" weitergeholfen.

Dass ich so bin, war irgendwie eine Zwangsläufigkeit. Ich KONNTE nicht anders.
Doch ich habe - spätestens durch die Depression und dadurch, dass ich mich in Therapie begeben habe - gemerkt, dass da irgendwas falsch läuft, und ich beginne jetzt und hier damit, diese Last abzustreifen und mein eigentliches Ich herauszuarbeiten. Ich lerne dazu.

Und ich höre jetzt besser auf meine Gefühle: sie haben Recht.
Wenn es mir nicht gut dabei geht, meinen Exfreund in meine Wohnung zu lassen, obwohl er mir seine Hilfe beim Umzug angeboten hat, dann höre ich jetzt darauf, auch wenn der Verstand sagt, dass das eigentlich Quatsch ist.
Nein, es ist KEIN Quatsch. Ich fühle mich wohler dabei, wenn er meine neue Wohnung nicht betritt. Basta.

"Nennt mich verrückt, aber so bin ich halt". Das, was ich mache, was ich mag, ist nichts Schlimmes. Es mag vielleicht vom Mainstream abweichen, aber was kümmerts mich?

Und... sich langsam vortasten, dies auch nach außen zu zeigen. Mal etwas "Harmloseres" äußern, was ich früher immer verborgen habe. Wie reagiert mein näheres Umfeld darauf?
Lehnen die mich wirklich deswegen ab?

Mir (!) hat es gezeigt, dass dieses langsame Öffnen etwas ganz anderes bewirkt: ich teile etwas vermeindlich Peinliches mit, wofür ich mich bislang geschämt habe, und es kommt "ach, wie niedlich" oder "joh, geht mir ähnlich" oder zumindest Akzeptanz.
Und oft entsteht daraus auch ein Öffnen der Gegenseite: man bekommt auf einmal mit, dass auch andere nicht "perfekt" sind, dass auch sie Schwierigkeiten haben und Dinge für sich behalten.

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Meine Werte entdecken:

Lange Zeit wusste ich mit dem Begriff "Werte" überhaupt nichts anzufangen. Zu abstrakt.
Zum Glück kam ich irgendwann dahinter, was für mich im Leben eigentlich wichtig ist:
Miteinander, sowas wie Nächstenliebe, Freundlichkeit, Liebe (!) usw.

Als ich dies für mich herausgearbeitet hatte, fiel es mir leichter, einen Weg für mich zu erkennen:
"wie will ich sein?"
Ich wollte nicht mehr bloß "weg von diesen Defiziten", ich wollte HIN zu "nett, freundlich, weise, bedächtig, zugewandt" etc.
Auf einmal hatte ich ein Ziel: SO wollte ich werden, DAS will ich in meinem Leben weiterverfolgen, ich möchte DAS weiter in meine Welt tragen.

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Da ist gewiss noch mehr, aber das fällt mir bestimmt später noch ein.

Womit kann man noch sein Selbstwertgefühl stärken? Woran wachst Ihr? Was hat Euch geholfen?
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otterchen
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Re: Selbstwert - mein Weg dorthin

Beitrag von otterchen »

PS:

das geht nicht mal eben an einem langen Wochenende.
Das ist viel Arbeit und dauert seine Zeit.
Ja, man muss sich längere Zeit mit sich selbst beschäftigen, und diejenigen, die nicht alleine leben (Partner, Kinder) werden wenig Zeit für sich selbst haben.

Es ist keine Aktion, es ist ein Prozess. Und dieser dauert.
Manchmal Jahre.
Aber es ist es allemal wert, den ersten Schritt auf diesem langen Weg zu machen.
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timmie2002
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Re: Selbstwert - mein Weg dorthin

Beitrag von timmie2002 »

hallo otterchen,

toller thread. bin dabei. deine ratschläge wieder als wichtigen text kopiert.

ein anderes mal mehr. brauche heute wieder mal ruhe.


glg final
medusa
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Re: Selbstwert - mein Weg dorthin

Beitrag von medusa »

liebes otterchen,

gerade habe ich deine zeilen nur überflogen.

nachher möchte ich sie mir ausdrucken, in ruhe lesen, mich vielleicht in ihnen versenken - für eine weile.

hab von herzen dank dafür - ja, auch mir fehlt es an selbstwert.

mit deinen gedanken werde ich viel anfangen können, das spüre ich, mit ihnen "arbeiten" können.

lg
eiskristall
otterchen
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Re: Selbstwert - mein Weg dorthin

Beitrag von otterchen »

Mir selbst geben, was ich im Außen suche

Es kann unheimlich runterziehen, wenn man sich von Außen etwas erhofft, was man nicht bekommt, und prompt kriegt das Selbstwertgefühl noch einen weiteren Knacks.

Was suche ich denn?
Aufmerksamkeit, Bestätigung, Interesse, Zuspruch, Trost, Motivation...
da gibt es vieles!!

Ich habe gelernt, mir dies selbst zu geben.

Und prompt wabern die Begriffe "egoistisch" oder "egozentrisch" durchs Hirn... aber die sind eindeutig zu negativ besetzt

Ja, ich drehe mich um mich selbst; ich bin egozentrisch. Aber nur dadurch erhalte ich, wie ein Brummkreisel, meine Stabilität.
Ich interessiere mich für mich, ich respektiere mich, ich nehme mich ernst, ich höre mir zu, ich frage bei mir selbst nach, ich bestätige mich, ich tröste mich usw.

Das zu lernen ist eine gewaltige Aufgabe, und ich habe anfangs mit totalem Unverständnis davor gestanden:
hä? wenn ich Trost brauche, soll ich mich selbst trösten oder jemand anderen trösten? Blödsinn.

Nein, kein Blödsinn. Es funktioniert.

Das, was man im Leben braucht, kann man sich selbst in sein Leben holen.
Wenn ich mich so sehr danach sehne, dass ich wichtig für jemanden bin, dann sollte man sich selbst endlich wichtig nehmen (lach, das klingt wie "zum Donnerwetter nochmal"). Wenn ich beklage, dass meine Umwelt sich nicht für mich interessiert, dann sollte ich mich für mich selbst interessieren.
Wenn ich unsicher bin und Bestätigung von außen brauche, dann geht es darum, sich selbst bestätigen zu können...
denn ansonsten bleibt man immer unsicher und von der Bestätigung durch außen angewiesen.

So wächst man!

Aber das bedeutet Arbeit, und... jetzt kommt was Böses: es ist ja so viel bequemer, nach Aufmerksamkeit zu heischen... denn sich selbst Aufmerksamkeit zu geben, ist mit Mühe und Eigenverantwortung verbunden.
Allerdings: manch einer KANN das auch einfach nicht. Wie soll man sich selbst z.B. Liebe geben, wenn man nie welche erfahren hat? Ein schwieriges Feld! Mit therapeutischer Unterstützung sollte dies aber umzusetzen sein.

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Dankbarkeit

Hilft gegen "jammern auf hohem Niveau".

ABER: ich weiß auch, dass mir das in einem Tief absolut nicht weitergeholfen hat. Dennoch: wenn es einem etwas besser geht, kann das schon den Blickwinkel ein wenig verändern.

Wofür ich dankbar bin:
Ich lebe in Deutschland und nicht z.B. in Afghanistan.
Ich habe eine Ausbildung, einen Job, eine Wohnung, ein Auto.
Die Gefahr von Erdbeben, Fluten oder Stürmen ist hier recht gering.
Ich habe alle Körperteile, und alle funktionieren.
Ich habe keine "peinlichen" Krankheiten.
Meine Sinne funktionieren.

Ich bin dankbar für Sonnenlicht, für Vögel, für Wildtiere, für einen Parkplatz, für Menschen, die vor einem Stauende warnen, für Menschen, die ihr Auto SOFORT vor meiner Garage wegfahren, für ein Lächeln...



To be continued...
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Ulysses
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Re: Selbstwert - mein Weg dorthin

Beitrag von Ulysses »

Huhu otterchen,

tolle Idee, dieser Thread.

Ich hab ihn zugegebenermaßen nur kurz überflogen, bin hier gleich mit einer Freundin verabredet.

Aber die erste Rückmeldung von mir ein breites Grinsen als ich die Beschreibung Deines inneren Anwalts gelesen habe.

Weil: Neben meinem PC liegt eine Karte mit einem Bild drauf, von meinem eigenen inneren Anwalt gegen den stressigen Kritiker. Und das ist ein Tiger in Form einer Comicfigur, der von der Pose her lachend mit offenen Armen auf mich zuspringt und in winzigen Buchstaben überall auf seinen schwarzen Streifen das Wort STOPP geschrieben hat.

So viel eben schnell hierzu, mehr dann demnächst...

Herzliche Grüße an Dich
und alle hier,

Ulysses
otterchen
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Re: Selbstwert - mein Weg dorthin

Beitrag von otterchen »

*lach* Ulysses, das ist ja süß!!

Warum ein Tiger?
Bei mir hat es was mit meinem chin. Sternzeichen zu tun, aber auch damit, dass es ein großes, kräftiges, gefährliches Tier ist... und dennoch ein schmuseweiches Fell hat und absolut katzenartig-verspielt sein kann.

War es bei Dir ähnlich?

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Ulysses
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Re: Selbstwert - mein Weg dorthin

Beitrag von Ulysses »

Ich kann es gar nicht genau erklären, der Tiger als mein allgemeines "Schutz-Tier" hat sich über die Jahre im Lauf der Therapie so entwickelt. Wohl auch aus der Mischung "Katzenartig und kräftig und gefährlich und trotzdem verspielt" usw.

Die Karte, die hier liegt, habe ich mal beim Adventwichteln in meiner ehemaligen Ergo-Gruppe gezogen. Also "passender Zufall" oder so ähnlich.

Liebe Grüße

Ulysses
flora80
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Re: Selbstwert - mein Weg dorthin

Beitrag von flora80 »

Hallo Otterchen,

super Thread! Was ich total spannend finde: Bei mir ist es nahezu identisch verlaufen. Könnte irgendwie nichts hinzufügen! Ich klopfe uns einfach mal beiden auf die Schulter dafür, damit so ein großes Stück weiter gekommen zu sein! Müssen wir uns noch mal drüber austauschen, wie das alles so zustande gekommen ist!

GlG!
chrigu
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Re: Selbstwert - mein Weg dorthin

Beitrag von chrigu »

Hallo Otterchen, hallo zusammen,

genau die Frage habe ich mir auch diese Woche gestellt! Ich hatte gerade im Job eine ziemlich stressige Zeit mit vielen Konflikten, die mich teilweise auch persönlich getroffen haben. Aber jetzt, wo sich die Welle so langsam wieder abflacht, habe ich mir die Frage gestellt, wie ich wohl vor beispielsweise drei, vier Jahren damit umgegangen wäre. Und habe festgestellt, dass ich da wohl schlicht zusammengebrochen wäre. Das hat dann zu der Frage geführt, die Otterchen im Threadtitel aufwirft.

Die Antwort ist supervielschichtig, aber letztlich läuft es bei mir auf das hinaus, was Otterchen unter "mir selbst geben, was ich im Außen suche" formuliert hat. Ich war (und bin auch immer wieder mal) sehr viel im Außen unterwegs. Ich hab versucht, mein eigenes Bild über das aufzubauen, was ich von außen hörte, gesagt bekam, übernommen hatte - eben all der Krempel, bei dem ich dachte, ich müsse so oder so sein, um gemocht zu werden, glücklich zu sein, "richtig" zu sein.

Alles Quatsch!

Ich bin so wie ich bin und allein schon deshalb "richtig" - obwohl ich finde, dass Bewertungen und Kategorien an dieser Stelle nicht hilfreich sind.

Wie ich dahin gekommen bin kann ich gar nicht genau formulieren, weil so viele Aspekte eine Rolle spielen, aber es hat lange gedauert. Und natürlich zieht sich das nicht non-stop durch, natürlich möchte ich trotzdem immer noch gemocht werden, aber eben nicht um jeden Preis und nicht von jedem (ist ja logisch auch gar nicht möglich...). Natürlich will ich auch immer noch glücklich im Leben sein, aber eben nach meiner Definition und nicht, um zB gesellschaftliche Erwartungen zu erfüllen oder ähnliches.

Zu meinem Entwicklungsprozess gehörte übrigens so eine Art zweite Pubertät dazu, die ja beim Heranwachsen eine wichtige Zeit ist, weil sie der Selbstfindung und Grenzziehung dient. Ich war also vor einiger Zeit ziemlich auf Krawall gebürstet, wütend über allerlei Dinge und nicht immer unbedingt tolerant. Offenbar bestand da Nachholbedarf, obwohl ich in der echten Pubertät auch ziemlich wild unterwegs war. Hat wohl nicht gereicht.

Also, Selbstwert zu finden ist ein ständiger Prozess, aber wenn man einmal das Gefühl erhascht hat, wie es ist, wenn man einfach betonfest auf dem Boden steht, egal welche Wellen einen umtosen, dann will man da immer wieder hin. Und damit habe ich diese krasse Job-Zeit vor kurzem überstanden und damit habe ich auch überstanden, vor einiger Zeit ziemlich heftig zurückgewiesen worden zu sein. Das war zwar trotzdem alles total ätzend und hat mir ein paar depressive Anflüge beschert, hat mich aber eben nicht in meinem Kern getroffen. Und das ist ein ziemlich geiles Gefühl.

Bevor ihr jetzt aber denkt, ich würde stets und ständig so betonfest stehen und unverrückbar an meinen Selbstwert glauben: nö. Aber ich komme da immer wieder hin.


Chrigu
FaceOff
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Re: Selbstwert - mein Weg dorthin

Beitrag von FaceOff »

Liebes Otterchen
Liebe anderen Mitstreiter

Dieser Thread: toll, toll, toll!

Und was mich -für mich- gerade besonders freut: dass ich inzwischen (scheinbar, hoffentlich und nach fast 1 Jahr!) die akut existentielle Phase meiner Erkrankung (mit S.gedanken) wohl so weit überstanden habe, dass ich motiviert, neugierig und mit Vorfreude am spannenden Thema Selbstwert (weiter) arbeiten kann.

Von einem einigermaßen stabilen Fundament aus macht es auf einmal fast richtig Spass sich noch mehr, mehr und mehr Lebensqualität zu erarbeiten durch weiteres sich selbst kennen lernen...

Danke

Liebe Grüße von Carla
*****************************************************

Die wunderbaren Leute sind dadurch wunderbar, dass sie nur sie selbst sind.
otterchen
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Re: Selbstwert - mein Weg dorthin

Beitrag von otterchen »

Man kann alles positiv sowie negativ bewerten

Ich kann mich sehr für Neues begeistern.
Ist das gut? Ist das schlecht?

Gut ist es, weil es mein Leben bereichert, ich immer Neues kennenlerne, mich für Dinge interessiere.
Schlecht ist es, wenn ich mich deswegen verzettele, wenn ich ständig etwas Neues finden "muss", weil ich mich sonst langweile.

Diese Eigenschaft kann man also in gutem wie in schlechtem Licht sehen.
Und so geht es doch mit allen (oder zumindest mit den meisten) Eigenschaften, oder?

Ich kann pinibel genau futzeligste Kleinigkeiten ausarbeiten. Prima, wenn's gefordert ist. Käse, wenn's schnell gehen sollte und anderes wichtiger ist.

Ich mag seit Jahren nicht mehr kochen.
Schlecht, weil ich mich nicht sonderlich gesund dadurch ernähre. Gut, weil es mir einiges an Zeit erspart.

Ich kaufe zuviel Krimskrams ein.
Schlecht, weil es meinen Geldbeutel strapaziert und ich mir zuviele Dinge in die Wohnung schleppe.
Gut, weil ich in einer Art Überfluss lebe, mir meine (nicht sehr großen) Wünsche erfüllen kann und mir selbst damit an vielen Tagen eine Art Geschenk mache.

Ich bin nicht sehr maßvoll.
Schlecht, weil ich oft über die Stränge schlage.
Positiv, weil ich mich lebendig fühle und ganz in etwas aufgehen kann. Ich stürze mich kopfüber in etwas hinein und tauche tief darin ab.


Meine Eigenschaften "sind" einfach.
Sie sind weder gut noch schlecht, sie sind einfach da.
So bin ich.

Das Was kann man nicht ändern, wohl aber das Wie

Ich bin vielleicht nicht sehr maßvoll, aber das Wie kann ich etwas steuern, indem ich es ein wenig abschwäche.
Das Was wäre mein mangelndes Verlangen zu kochen. Das ist einfach so. Das Wie kann ich verändern, indem ich dennoch darauf achte, dass ich z.B. Vitamine zu mir nehme oder hin und wieder dennoch etwas Einfaches koche, was schnell geht.

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Ich bin introvertiert

Link: http://www.zeitzuleben.de/15387-introve ... glucklich/

Ich bin nicht verkehrt! Ich bin nur anders.
Ich schöpfe meine Kraft nicht aus Gesellschaft, sondern aus Ruhe und Zurückgezogenheit.
Ich kann dennoch eine gewisse Zeit lang und in einem bestimmten Personenkreis durchaus im Vordergrund stehen - wenn ich nur weiß, dass ich hinterher ein paar Tage für mich habe.

Obwohl ich einige Verhaltensweisen an mir habe, die mich auf den ersten Blick als extravertiert erscheinen lassen, überwiegt doch das Introvertierte, und als ich den oben verlinkten Artikel las, fühlte ich mich erkannt und erleichtert.

Ich bin ok so wie ich bin. Ich muss gar nicht anders sein.
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momadome
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Registriert: 2. Aug 2009, 15:03

Re: Selbstwert - mein Weg dorthin

Beitrag von momadome »

Hallo Otterchen,

vielen Dank für diesen Thread!

Du kannst so wahnsinnig gut Dinge, Entwicklungen, Fragen und Antworten in Worte fassen, daß ich immer total fasziniert davon bin.

Wie Flora und Chrigu kann ich nur bestätigen, daß du genau den Weg beschrieben hast, den auch ich in den letzten Jahren gegangen bin und der mir geholfen hat heute auf einem neuen Fundament in meinem Leben zu stehen.

Ganz lieben Gruß

jojoma
Lerana
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Re: Selbstwert - mein Weg dorthin

Beitrag von Lerana »

Otterchen, du bist die beste!

Toller Therad!!!

Danke!!!

Herzliche Grüße
Lerana
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)
otterchen
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Registriert: 3. Jan 2007, 10:43

Re: Selbstwert - mein Weg dorthin

Beitrag von otterchen »

Selbstwertsteigerung durch Selbstliebe

Wie soll man etwas lieben, was man immer reglementiert, korrigiert, bestraft, abwertet, kritisiert?

Wie würde man denn etwas bewerten, das man liebt?
Und wie würde man etwas behandeln, das man wertschätzt - UND liebt?

Sich selbst liebevoll zu behandeln ist ebenfalls ein Schritt dahin, sich selbst mehr wertschätzen zu lernen.
Wenn einem dies anfangs schwerfällt, kann man auch zunächst mal "so tun als ob", quasi als würde man schauspielen.

Je mehr man aber sich selbst (bewusst) liebevoll begegnet, sich selbst liebevoll umsorgt, mit sich selbst liebevolle Zwiegespräche führt, desto mehr können die Selbstliebe (blödes Wort - aber Ihr wisst was ich meine) und der Selbstwert steigen.

Was wäre denn ein liebevoller Umgang mit sich selbst?
Das kann nur jeder für sich selbst herausfinden.

Ich z.B. komme gerade aus der Dusche, und für mich ist es liebevoll, mich danach sanft abzutrocknen und mir kuschelig-weiche Sachen anzuziehen, mich auf der Couch zurücklehnen zu können bei Kerzenlicht und noch ein wenig den putzigen Film anzusehen, der gerade läuft.
Ohne Vorwürfe, ohne Kritik, mit Wohlbefinden und ein wenig Verwöhnen.
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timmie2002
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Re: Selbstwert - mein Weg dorthin

Beitrag von timmie2002 »

guten morgen,

besonders dir otterchen.

habe deine einzelnen abschnitte jetzt alle kopiert.

wahnsinn. solch praktische hinweise habe ich noch nie bekommen, wie ich sie hier bei dir lese.

mir gefällt auch die strukturierung. habe ja nun alle postings hintereinander in meiner datei. wenn du möchtest, kann ich das hier noch einmal so zusammengefasst reinposten, als einzelnes posting, den sich jeder, der möchte kopieren kann.


ich wünsche mir sehr, mit deinen ratschlägen arbeiten zu können. ich gehe es auf jeden fall an.


glg final
otterchen
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Re: Selbstwert - mein Weg dorthin

Beitrag von otterchen »

Der inneren Führung folgen
Für Fortgeschrittene / wirkt über Umweg

Wer sich selbst bestätigt und seine Gefühle dasein lässt und ihnen Recht gibt, wird irgendwann vielleicht merken, dass es sowas wie eine innere Führung gibt.
Zumindest bei mir war (und ist) das so.

Sich dieser inneren Führung zu überlassen setzt natürlich eine Art "Startvertrauen" in sich (und seinen inneren Kern) voraus, aber wenn man merkt, dass das wirklich gut ist, wächst das Selbstvertrauen merklich. Das, was mich da ganz tief drinnen führen will, macht das schon richtig - im richtigen Tempo und auf dem richtigen Weg.

Durch dieses Vertrauen in die eigene innere Führung erlangt man selbst mehr Sicherheit - und der innere Kritiker verliert an Macht.

Bei mir gab es z.B. ein Thema, das mich über Jahre nicht losgelassen hat. Ich habe an mir gezweifelt, mich gefragt, ob das noch ok ist, ob ich verrückt werde, ob ich gegensteuern muss... aber ich habe mich diesem Thema überlassen, es immer und immer wieder hochkommen lassen, es zugelassen. Zwar nach einiger Zeit mit Argwohn, aber ich wollte mir ja vertrauen.
Und siehe da: es hat sich mittlerweile aufgelöst!
Durch mein Wachstum mit der Zeit ist es nur noch eine Randerscheinung, die an Wichtigkeit verloren hat.
Hätte ich das immer wieder ausgeblendet, mir die Gedanken daran verboten, mich bewusst abgelenkt, würde es womöglich noch in mir gären.

Ich weiß allerdings nicht, ob man dies irgendwie bewusst herbeiführen kann. Bei mir war es so, es hat sich so entwickelt, und ich kann rückblickend sagen, dass auch dieses Vorgehen (das Vertrauen in mich selbst, in meine innere Führung) mich in meinem Wert gestärkt hat.


Arbeit an sich selbst

Was ist einem mehr wert:
etwas, das einem so zufliegt,
oder etwas, wofür man sich anstrengen musste?

Da ich in den vergangenen Jahren - seit 2007 quasi - richtig an mir gearbeitet habe und ich richtig viel gelernt habe, ist mir dieses neue Selbst wirklich viel wert!

Ich wage mich mal ganz weit vor: wer die Depression nur dadurch bekämpft, dass er ADs schluckt, wird diese Wandlung wohl kaum nachvollziehen können.
Die Therapie zu machen, daran aktiv mitzuarbeiten, sich mit dem Therapeuten auseinanderzusetzen, auch sowas wie Hausaufgaben zu machen, etwas zu rekapitulieren, sich auf den Hosenboden zu setzen und etwas auszuarbeiten, sich einzulesen...
das alles war Arbeit.
Und die Therapiestunden verlangten von mir Mut und Kraft.

Das, was jetzt am Ende für mich dabei herausgekommen ist, ist mir sehr viel wert!
Und ich hoffe, Ihr könnt das für Euch selbst genauso sehen.


Kreativität
Nicht als Einzelpunkt, sondern als Mittel zum Zweck

Mir hat es geholfen, mich kreativ mit diesen Dingen zu beschäftigen.
In meiner Wohnung hängen Bilderrahmen, die die für mich schönsten und denk-würdigsten Aphorismen enthalten.
Für Besucher habe ich ein "Klo-Buch" gestaltet, in dem alles Mögliche um meine Person herum enthalten ist: Liedtexte, Bildchen, Fotos, Zitate, Comics, Lieblings-Buch-, Film- und Serientitel, einige wunderschöne Postings von Mit-Foristen und vieles mehr.
Der Gedanke dahinter: wenn jemand das Teil zur Hand nimmt und aufschlägt, ergibt sich vielleicht ein Gesprächsthema.
Das, was darin enthalten ist, will ich von mir zeigen. Zunächst mal.

Ansonsten habe ich natürlich viel geschrieben: die Komplimente z.B., aber auch Affirmationen... ich habe mich hingesetzt und schriftlich ein Zwiegespräch mit meinem inneren Kritiker geführt und vieles mehr.




Ich glaube, jetzt fällt mir aber wirklich nicht mehr ein

Ich danke Euch ganz herzlich dafür, dass dieser Thread hier so positiv aufgenommen wurde. Es hat mir Freude gemacht, dies hier für Euch niederzulegen, weil Ihr so toll darauf reagiert habt.

Wer noch Anregungen dazu hat, kann das natürlich gerne hier aufschreiben!! Ich frage mich nämlich gerade "hm, war das wirklich alles?"
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
Ulysses
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Registriert: 19. Jan 2013, 17:34

Re: Selbstwert - mein Weg dorthin

Beitrag von Ulysses »

otterchen, ich kann auf Deine Beiträge hier gerade nicht inhaltlich eingehen. Aber ich hab sie mit sehr gutem Gefühl gelesen und sage danke für die Zusammenstellung.

Vieles hab ich wiedererkannt, einiges sortiert sich gerade als "neu passend" dazu und ich bin gespannt, wie es weitergeht.

Deshalb hier für heute einfach herzliche, kopfnickende Grüße

Bis bald,

Ulysses
timmie2002
Beiträge: 1706
Registriert: 2. Nov 2012, 13:32

Re: Selbstwert - mein Weg dorthin

Beitrag von timmie2002 »

hallo ihr lieben, hallo otterchen,

habe mich gestern mit deinen hinweisen auch beschäftigt und spürte so etwas wie überwältigung. eigentlich sind alle aspekte, die du beschreibst, dinge, die ich selber bearbeiten möchte.

das würde aber wohl ein bisschen viel werden.

deshalb habe ich mich entschlossen, erstmal nur mit einem aspekt zu beginnen: dankbarkeit. habe es gewählt, weil ich glaube, dass ich das am anfang recht gut bewältigen kann, anderes mir sicher schwerer fallen würde. und man soll sich ja vom leichten zum schweren hocharbeiten.


außerdem habe ich als idee, mit meinem therapeuten darüber zu sprechen. mit fachlicher hilfe geht es bestimmt noch besser.

glg final
90303
Beiträge: 429
Registriert: 14. Mär 2013, 07:39

Re: Selbstwert - mein Weg dorthin

Beitrag von 90303 »

Uff - auch von meiner Seite ein Danke!!! - für diesen tollen Thread.
Ich wollte allerdings schon wieder entmutigt davon gehen - ich glaube es war einer Deiner letzten beiträge, wpo es um Auseinandersetzung mit sich ging "Das kann ich eh nicht, keine Ahnung wie das geht" ...) und lese jetzt Finals Beitrag (Danke Final). Eine Sache auf einmal. Anfangen! Nicht wieder alles wollen. Auch ich finde Dankbarkeit ein gutes Thema. Vor allem weil es mir von vielen Seiten nahegelegt wurde, daran zu üben. Da hapert es bei mir wohl gewaltig.

Ich bin gespannt, wie sich der Thread hier noch entwickelt
Fabelwesen
gost
Beiträge: 491
Registriert: 9. Feb 2013, 15:00

Re: Selbstwert - mein Weg dorthin

Beitrag von gost »

Hallo Zusammen,
Hallo Otterchen

auch ich finde Deinen Thread sehr gut. Danke das Du Deine Erkenntnisse hier mit uns teilst.
Ich bin ja auch schon länger an dem Thema dran. Deine Sicht, ja wie soll ich es nennen, der Selbstakzeptanz? bringt mich nochmal weiter.

Mein Team besteht im Kern aus drei verschiedenen „Personen“:
Innerer Kritiker
Wohlwollender Begleiter
Faulpelz

Die letztere habe ich bisher immer negativ gesehen. Ich habe aber gelernt, das es wichtig ist eine Ausgewogenheit herzustellen.
Das heißt dem Faulpelz auch Raum zu geben. Denn wenn ich das nicht tue ist der Kritiker in mir übermächtig und ich komme in die Überforderung. Und manchmal bin ich auch an einem Punkt wo ich vor lauter Bergen an Arbeit direkt verzweifel und gar nicht erst anfange, weil ich denke „dass schaffe ich eh nicht“ also kann ich auch gleich auf dem Balkon in der Sonne liegen. Dann kommt aber das schlechte Gewissen und macht mich fertig „da ist so viel zu tun und du liegst hier faul in der Sonne rum“.

Und um dem vorzubeugen finde ich es sinnvoll, von Anfang zu sehen wie ich die „Drei“ unter einen Hut bringe. Ganz praktisch sieht das so aus:

Der Kritiker setzt mir ein realistisches!! Ziel (z.B. heute muss ich die Küchenschränke abwischen), der Faulpelz meldet seine Ansprüche(auch Ziel) an, z.B. 1 Std. auf dem Balkon liegen (auch je nach Befindlichkeit), der wohlwollende Begleiter prüft ob alle Ziele eingehalten werden.

Ja, auch der Kritiker ist nicht immer schlecht. Hab ich auch immer gedacht. Aber er ist auch dafür da, das der Faulpelz in mir nicht die Oberhand gewinnt (aus welchem Grund auch immer) und ich nur auf dem Balkon sonne.

Natürlich gibt es noch mehr Teammitglieder, aber das ist wie gesagt der Kern meines Teams.

LG
FaceOff
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Registriert: 7. Jan 2013, 11:38

Re: Selbstwert - mein Weg dorthin

Beitrag von FaceOff »

Hallo liebes Otterchen!

Wow! Mehr kann ich eigentlich gar nicht sagen zu Deinen (für mich) sehr stimmigen Überlegungen!

Vor allem die Teilbereiche "innere Führung" (ja, nach 35 Jahren habe auch ich diese innere Instanz entdeckt!) und "Arbeit an sich selbst" (genau, DER Grund, weshalb AD's FÜR MICH nicht (mehr! anfangs schon!) stimmig sind und ich sie FÜR MICH jetzt ablehne) kann ich Wort für Wort so nachfühlen. Mit der Kreativität hapert es noch ein bisschen bei mir, ist aber bereits viel besser als im alten Leben und ja vielleicht doch in ihrer Ausprägung größeren interindividuellen Schwankungen unterworfen.

Und: ich spüre Stolz, auf mich selbst, auf den Weg, den ich im letzten Jahr geschafft hab. Denn alles, was Du schreibst, kann ich nicht nur rational nachvollziehen, sondern emotional nachempfinden und als (erstaunlicherweise) genau den Weg wiedererkennen, den ich gerade auch gehe. Vermutlich ein ganzes Stück hinter Dir, aber die Abschnitte des Weges, die Du beschreibst, sehe/fühle ich gerade selbst, also laufen wir wohl dieselbe Strecke.

Und wenn ich mir Dich so "anschaue", dürfte nachvollziehbar sein, dass mir das Mut macht und mich bestärkt!

Danke also!

Liebe Grüße von Carla
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Die wunderbaren Leute sind dadurch wunderbar, dass sie nur sie selbst sind.
FaceOff
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Re: Selbstwert - mein Weg dorthin

Beitrag von FaceOff »

Ach ja, für mich auch sehr wichtig:

Das Thema "Introversion":

Ich hab bei meiner Thera einen Test gemacht zur individuellen Potenzialanalyse. Er sortiert alle Menschen ohne Wertung! nach den Kriterien
Rational-emotional und
Extrovertiert-introvertiert

Bei mir ergab sich nun ein Maximalwert bei rational-introvertiert.

Natürlich ist mein Ziel nun schon, mich wenigstens ein bisschen in Richtung Extraversion zu bewegen. Ich umgebe mich deswegen nun auch bewusst öfter mit Mitpatienten, deren Test starke Extraversion ergab, um in für mich stimmigem Maße für mich zu lernen (und umgekehrt!). Allerdings wird aus mir sicher nie ein extrovertierter Mensch werden - muss ja auch nicht

Und so versuche ich eben auch, die vom Test bestätigten Stärken meiner Introversion (analytisches Denken, Scharfsinn, Gewissenhaftigkeit) angemessen zu würdigen und mich daran zu erfreuen

Vor allem aber, es so zu akzeptieren und für mich das beste daraus zu machen.

Liebe Grüße an alle von Carla
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otterchen
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Re: Selbstwert - mein Weg dorthin

Beitrag von otterchen »

Hallo zusammen

vielleicht noch zum Thema "Dankbarkeit":
für mich war es ein Aha-Effekt, als ich eine Sendung über "peinliche" Krankheiten sah, kurz darauf gefolgt von Menschen, die ein Handicap hatten.

Ich mag meine Hände nicht?!
Pah! Ich HABE Hände, und die können greifen und vieles mehr machen.
Andere haben schönere Hände als ich - na und?! Dennoch kann ich mich freuen, dass ich überhaupt Hände habe.

Ich mag meine Nase nicht? Dito!
Meine Haare? Meine Beine?

Was auch immer: das schätzen zu lernen, was man hat, kann einen wirklich weiterbringen.
Wir müssen nicht immer das schönste, beste (was auch immer) haben.
Ich habe 2 Beine, und beide reichen bis auf den Boden

Bei den "peinlichen" Krankheiten ging es um Krampfadern, Hämorrhoiden, Lipödeme und sonstiges. Auch daran leide ich nicht. Aber diese Betroffenen haben es nicht leicht!
Und ich jammere, weil ich ein paar Pfund zuviel auf den Rippen habe? Weil meine Fingernägel nicht wachsen? Weil andere schöner, attraktiver sind als ich?

Und selbst Menschen mit Handicap (Hände amputiert, querschnittsgelähmt, erblindet etc.) haben noch Lebenswillen und machen das Beste aus dem, was sie haben. Ja, das gibt es.

Also: nicht dahin schielen, was man NICHT hat, sondern das annehmen, was da ist.
(Denn die anziehendsten Menschen sind die mit Persönlichkeit und Ausstrahlung - und nicht unbedingt die, die am besten aussehen).

Ja, das ging jetzt gerade nur um Äußerlichkeiten, aber ich glaube, das ist zunächst am besten nachzuvollziehen.

Auch anderen was gönnen können
Wenn jemand anderes in irgendeine Hinsicht besser ist: dies auch würdigen können, ihn dafür loben.
Beispiel aus der jüngsten Zeit: meine liebste Arbeitskollegin ist für meine Begriffe total attraktiv. Fühle ich mich bei ihr minderwertig? Mitnichten! Ich schau sie gerne an, sag ihr, dass sie ne heiße Schnitte ist, bewundere ihren Schmuck usw. Ohne Stutenbissigkeit. Und ohne mich selbst dadurch abzuwerten. Ich kann das Tolle an anderen Menschen mittlerweile einfach annehmen, mich daran erfreuen und ihnen das auch rückmelden. Ich nehme mir daraus höchstens etwas Anregung für mein Leben mit.


Ach, und noch was:
diese ganze Auflistung:
dafür braucht man Zeit! Schrittchenweise. Mal hiervon ein Häppchen, dann davon ein Häppchen. Das greift irgendwie alles ineinander. Wenn man von einem ein wenig geschafft hat, klappt auf einmal ein anderer Bereich auch ein wenig usw.
Wachsen lassen. Zeit geben. Gelassen bleiben und offen sein für die Welt:
es gibt keine Zufälle
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
Lerana
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Registriert: 4. Feb 2012, 18:42

Re: Selbstwert - mein Weg dorthin

Beitrag von Lerana »

Ach kluges Otterchen!

Danke für diesen Thread!
Ich habe heute noch mal mein Therapietagebuch rausgeholt und meinen Brief an meinen Kritiker und meine eigene Personenbeschreibung gelesen.

Es ist gut, dass du uns erinnerst! Auch wenn es gerade nicht so ankommt, weil es mir nicht ganz so gut geht, so weiß ich doch, dass es mit diesen Dingen besser geht, als ohne!

Danke dir sehr!!!!!

Herzliche Grüße,
von einer heute total gefrusteten
Lerana
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)
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