Jatrosom

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Hausberg
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Jatrosom

Beitrag von Hausberg »

Hallo zusammen!

Hat jemand Erfahrung mit dem Medikament Jatrosom?
Ich weiß, dass es recht selten verordnet wird, da eine strenge tyraminarme Diät eingehalten werden muss. Das schränkt natürlich die Lebensqualität ein, aber das tut "meine" Depression gerade auch, und zwar enorm.

Seit einiger Zeit nehme ich 150mg Elontril, 45mg Mirtazapin und Lithium.

(Ich hatte auch schon diverse SSRIs, Moclobemid, Venlafaxin und Seroquel. Mit dem Venlafaxin bin ich einige Jahre sehr gut gefahren. In der aktuellen Phase hat es leider nicht mehr geholfen.)

Leider hilft mir diese Kombination wenig. Ich stürze regelmäßig ab in schwerste depressive Zustände - von einer konstanten, ausgeglichenen Gemütslage bin ich weit entfernt. Und das dauert nun schon fast ein Jahr an...

Es wäre ein Segen für mich, endlich ein Medikament zu finden, das mir wirklich Linderung verschafft. So bin ich auf das Jatrosom gestoßen.

Also, hat jemand Erfahrungen damit? Ich freu mich über Rückmeldungen,

Jose
Mooseba
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Re: Jatrosom

Beitrag von Mooseba »

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Zuletzt geändert von Mooseba am 18. Sep 2020, 17:29, insgesamt 1-mal geändert.
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"Wenn man aus einem protestantischen Land kommt, ist man immer etwas beschämt, wenn man bei der Arbeit nicht gelitten hat."

(Lars von Trier)
Hausberg
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Re: Jatrosom

Beitrag von Hausberg »

Hallo Sebastian!

Danke für deine schnelle Antwort.

Das Lithium habe ich Mitte Dezember in der Klinik eindosiert, genau aus diesem Grund.

Ich habe schon den Eindruck, dass ich vom Lithium profitiere. Es verhindert, dass die allerschlimmsten Gedanken sich nicht in den Vordergrund schieben, auch wenn es mir ganz schlecht geht.

Aber diese Abstürze erlebe ich trotzdem. Da hatte ich gehofft, dass Lithium dies verhindern hilft.

Zwischen den Abstürzen liegen manchmal mehrere Wochen, in denen ich mich gut fühle und lebendig bin, manchmal sind es auch nur ein paar Tage bis die Depression mich wieder im Griff hat.


Hast du selbst Erfahrung mit Lithium??

Herzliche Grüße,
Jose
Mooseba
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Re: Jatrosom

Beitrag von Mooseba »

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heikeg
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Re: Jatrosom

Beitrag von heikeg »

Hallo Jose,

ich hatte Jatrosom schon mal genommen und es ist wichtig diese Diät einzuhalten. Ich bekam vom Arzt so eine Liste mit farblich markierten Spalten, eine Spalte mit all den Lebensmitteln, die man ungehindert essen kann, dann eine für die Speisen, die man nur in geringen Mengen essen darf und die Rote Spalte, für alle Speisen, die vermieden werden sollten/müssen.

Da ich Bluthochdruckpatientin bin, mußte ich das Medi wieder absetzen, weil ich sog. Blutdruckkrisen entwickelte, trotz Einhaltung der Diät. Erst fiel es mir auch schwer, weil da einiges drunter war, was ich sehr gerne gegessen hatte, aber irgendwann hatte ich mich daran gewöhnt.

Jatrosom verträgt sich aber mit vielen anderen ADs nicht, da muß man sehr stark aufpassen.

Auch ich habe gelesen, dass Lithium lange Zeit braucht, um die volle Wirkung zu entfalten, manchmal sogar länger als ein halbes Jahr, also ich kann mich dem Vorredner nur anschließen.

Elontril nehme ich auch schon seit längerer Zeit, allerdings 300 mg pro Tag in Kombination mit Lamotrigin. Bei mir sind zumindest die tiefen Spitzen weg, also ich falle nicht mehr so in so starke Depressionen und sie dauern auch nicht mehr so lange an. Oft ist es mehr eine melancholische Phase. Was ganz verschwunden ist, sind die akuten Suizidgedanken.

Ich kann deine Situation gut nach empfinden, denn ich habe sehr lange gebraucht, um für mich eine einigermaßen gute Medikombi zu finden. Die melancholischen Phasen versuche ich irgendwie zu integrieren, dabei macht mir am meisten diese Antriebslosigkeit zu schaffen, weniger bis gar nicht dieses depressive Gedankenkreisen.

Ich wünsche Dir, dass du bald fündig wirst.

Viele Grüße Heike
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Hausberg
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Re: Jatrosom

Beitrag von Hausberg »

Hallo Heike!
Hallo Sebastian!

Danke für eure Antworten.

Da hätte ich wenigstens ein wenig Hoffnung in meiner hoffnungslosen Situation...vielleicht beginnt das Lithium ja doch noch so zu wirken und hilft mir, meine regelmäßigen Abstürze zu mildern.

Diese Krankheit begleitet mich nun seit 27 Jahren, immer wieder lange Phasen der Antriebs- und Hoffnungslosigkeit. Und immer diese selbstentwertenden, selbstzerstörerischen Gedanken, die mich fast in den Wahnsinn treiben. Ich bin nun seit fast einem Jahr krank geschrieben, habe zwei Klinikaufenthalte in dieser Zeit, habe unterschiedliche Medikamente ausprobiert - und trotzdem stürze ich immer wieder ab. Es reicht ein "krummer Gedanke" und mein Gehirn spult sofort ein gut installiertes Programm ab - und ich bin erschlagen und kann dem gar nichts entgegensetzen..

Natürlich hoffe ich auf Linderung durch ein Medikament.

Gleichzeitig beginne ich mich von der Idee zu verabschieden, dass es irgendwas gibt, was diese Destruktivität mildert. Meine bisherigen Erfahrungen geben mir da wenig Anlass zur Hoffnung.
So vegetiere ich vor mich hin. Ich fühle mich so schwach.

Das Elontril hab ich mitterweile auf 300mg erhöht, auch Lithim ist noch mal ein wenig rauf.
Aber mein innerer Kritiker haut trotzdem erbarmungslos und unablässig auf mich ein.

Ist es etwa unangemesen, von einem Medikament zu erhoffen, dass es dazu beiträgt, diese negative Sicht auch mich selbst und auf die Welt positiver und optimistischer zu machen?

Natürlich denke ich diese Gedanken schon fast mein ganzes Leben - und trotzdem bin ich in den langen Phasen dazwischen ein aufgeschlossener, lebensfroher Mensch.
Wie komm ich da nur wieder hin?

Das ist jetzt ziemlich viel geworden.

Schreckt hoffentlich nicht ab,

Jose

@Heike: Hat das Jatrosom bei dir geholfen?
heikeg
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Re: Jatrosom

Beitrag von heikeg »

Hallo Jose,

das ist schon eine lange Zeit, die dich diese Krankheit begleitet, klar kann ich verstehen, sogar sehr gut, wenn man endlich auf ein helfendes Medikament hofft. Und ich kenne auch diese ganzen Enttäuschungen, wenn mal wieder ein Medikament nicht hilft. Es ist einfach diese Krux, dieses Ausprobieren, weil jeder ganz unterschiedlich auf Medikamente reagiert. Manchmal war ich sogar sehr neidisch auf Andere, die für sich etwas gefunden hatten und damit nun gut leben können. Ich kann das sehr, sehr gut nachvollziehen und damit möchte ich sagen, nein es ist nicht unangemessen, von einem Medi zu erhoffen, dass es hilft.

Bei mir hat das Jatrosom zumindest die Suizidgedanken reduziert. Doch meine Erfahrung sagt nichts darüber aus, wie dieses Medi auf andere wirkt. Ich bekam es, weil mein Arzt schon oft die Erfahrung gemacht hatte, dass bei Nichtansprechen auf all den anderen gängigen AD's, meist dann aber ein Ansprechen auf das alte Medikament möglich war. Also ein Versuch ist es wert, würde ich mal sagen.

Nun lege ich meine Genesung nicht nur an Medikamenten fest, sondern bin auch noch in psychotherapeutischer Behandlung. Außerdem versuche ich immer mal wieder einige Strategien, anzuwenden, dies klappt mal mehr mal weniger. Am Besten klappt es noch, wenn man gerade merkt, es geht wieder abwärts, also noch nicht voll in der Depri hängt. Dann habe ich noch ein wenig Kraft um mir zu sagen, dass ich lieber aufstehen sollte, mich unter die Dusche stellen und mich vernünftig anziehen, auch wenn dies fast das Einzige ist, was man an dem Tag hinbekommen hat. Aber ich merke immer, wenn ich nicht im Schlabberlook herumlaufe, gelingt es mir eher noch andere Dinge zu tun oder mal raus zu gehen. Es bedeutet jedoch nicht, dass mir das immer gelingt.

Übrigens, wenn du mit Kritiker, die Selbstkiritk meinst, also dich selbst geißelst, wie unzulänglich du bist, dann fragt mein Thera immer, ob es mir je geholfen hat, ob ich damit je weiter gekommen bin, wenn ich mich selbst fertig mache. Nein dass bin ich natürlich nicht . Aber diese Erkenntnis ist in einer tiefen Depression kaum möglich.

Eine Frage habe ich noch, kennst du eigentlich auch Phasen, wo du eher so euphorische Gefühle hast oder ein Gefühl, als ob Bäume ausreißen könntest? Viel Energie spürst und recht Unternehmungslustig bist?

Viele Grüße Heike
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Hausberg
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Re: Jatrosom

Beitrag von Hausberg »

Hallo Heike,

nein, Phasen von gehobener Stimmung im Sinne einer Manie kenne ich nicht. Aber ich war mal ein fröhlicher, lebenslustiger und ausgeglichener Mensch. Daran kann ich mich noch erinnern. Das war in Phasen, in denen die Depression nicht da war.

Es macht mich schon hoffnungsvoll, wenn du schreibst, dass ich schon erwarten kann, ein Medikament zu finden, das mich aus diesem Loch endlich herausholt.
Ich habe überhaupt keine Probleme mit dem Antrieb. Ich stehe morgens zeitig auf, will eigentich aktiv sein und mein Leben gestalten, freue mich über Aufgaben (beispielsweise im Haushalt), die ich übernehmen kann.

Aber diese Gedankenspiralen... Immer das gleiche, tausende Male schon gedacht... So gestern Nachmittag/Abend/heute früh unablässig der gleiche selbstzerstörerische Gedanke, immer und immer wieder von neuem. Ich steckt/e fest in meiner eingenen Welt, konnte mich kaum mit meinen Kindern unterhalten, an keinem Gespräch beteiligen...

Und das geht nun schon fast ein ganzes Jahr so (von vielen vorhergehenden Phasen ganz zu schweigen) - Kann ich da wirklich auf ein Medikament hoffen, damit dieses selbstzerfleische Grübeln endlich aufhört?

Ich bin bei einere engagierten Psychiaterin in Behandlung. Aber die kann auch nur ausprobierten.

Und natürlich mache ich auch Therapie, seit langer Zeit. Aber damit meinen Abstürzen entwas entgegen zu setzen, gelingt mir auch nicht. Ich weiß, dass mir diese selbstzerstörerischen Gedanken nicht weiter. Aber diese Vorstellung hilft mir nicht, sie zu stoppen. Sie machen mich krank, ruinieren mein Leben - und ich habe keine Handhabe, dagegen vor zu gehen.

Gibt es ein Medikament, das das Kreisen von ewig gleichen, destruktiven Gedanken zu unterbrechen hilft??

Ich wäre so dankbar...

Venlafaxin hatte mir schon zwei Mal echt geholfen, aber in dieser Phase habe ich nur massive Nebenwirkungen, aber keine Wirkung verspürt - und ich hatte es über fünf Monate probiert.

Selbstmordgedanken habe ich unter Lithium auch nur wenig, daher will ich es nur ungern absetzen. Aber 300mg Elontril scheinen mir gar nichts zu nützen...

Ist Jatrosom eigentlich immer das letzte Mittel, wenn gar nichts mehr hilft??

Hast du vom Jatrosom auch sonst noch profitert, außer dass Suizidgedanken ausgeblieben sind??

Kennst du auch Alternativen??


Herzliche Grüße und einen schönen Pfingstsonntag,

Jose
heikeg
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Re: Jatrosom

Beitrag von heikeg »

Hallo Jose,

ich denke, das weißt du sicherlich, ich schreibs dennoch mal hin, es gibt eben nicht nur die Manien, sondern auch Hypomanien, die also keine ausgeprägten Manien sind, aber mit gesteigertem Antrieb, häufig auch Kreativität und Rededrang einhergehen, doch oftmals auch so sind, dass sie weder dem Betroffenen noch der Umwelt besonders auffallen.

Mit dem Antrieb, da habe ich zum Beispiel fast mein Hauptproblem liegen und hinzu kommt vor allem, dass ich Nachts nicht schlafen kann und ein Medi brauche. Vielleicht gelingt es dir, dies bei dir schon mal wertzuschätzen, dass du zeitig aufstehen und Aufgaben erledigen kannst. Das ist doch schon sehr viel, finde ich und ab und zu ist ein Lob gar nicht schlecht .

Ein helfendes Medi kann sicherlich diesen Grübelzwang eindämmen, aber ich denke, es kommt darauf an, ob es "nur" ein Symptom der Depression ist oder aber da noch viel mehr hinter steckt. Denn ich glaube, hat es einen tieferen Ursprung, wird ein Medi dass nicht einfach so kitten können.

Was machst du für eine Therapie? Für manche Dinge eigenen sich ja auch Verhaltenstherapien/kog. Verhaltenstherapie und für andere Dinge z.B. die tiefenpsychologische Psychotherapie. Aber auch von der Rollenspieltherapie habe ich profitiert. Es gibt ja noch so einige Andere Therapierichtungen.

Wenn du Elontril mit 300mg schon einige Wochen oder Monate nimmst und es keine Wirkung zeigt, dann besprich dass mal mit deiner Psychiaterin. Denn ein Medi ohne Wirkung sollte nach meiner Meinung nicht noch zusätzlich den Körper belasten.

Also ich denke, dass Jatrosom nun nicht das "Ende" der Fahnenstange ist, da gibt es sicherlich noch andere Möglichkeiten, ich habe auch sehr lange gesucht, bis ich eine Kombi hatte, die mich zwar nicht absolut Beschwerdefrei hält, aber dennoch eine Hilfe ist und Linderung mir bringt.

Leider sprach ich bei Jatrosom nur mit der Minderung der Suizidgedanken an, aber sonst hatte ich keine Wirkung. Dies sagt aber absolut nichts aus, denn bei jemand anderem kann es völlig anders sein. Schau, Elontril scheint bei dir keine Wirkung zu haben, mir aber hilft es, so verschieden kann es sein.

Hm, Alternativen gibt es sicherlich viele, ich kann nicht sagen, was zu wem dann passt. Manche profitieren vom Sport, vom Joggen und sich auspowern, manche von Musik (selbst musizieren) und Tanz, manche sprechen auf Aromatherapie an, manche mögen gerne mit anderen Kochen, manchen hilft auch ein Ortswechsel (damit ist jetzt nicht ein Umzug gemeint)... In Kliniken auch Tageskliniken wenden einige dieser zusätzlichen Alternativen Möglichkeiten an. Mir hat in tieferen Depression der Aufenthalt in einer Tagesklinik gut geholfen.

Und zu guter Letzt gibt es noch die EKT (Elektrokrampftherapie), da kann ich dir aber noch weniger zu sagen.

Ich glaube, es ist eh eine Kombination aus Medis, Therapie, anderer Alternativen, Strategien und evtl. einer Änderung der Lebensgewohnheiten oder trennen von ungesunden Strukturen.

Liebe Grüße Heike und auch dir schöne Pfingsttage
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