Kein Selbstwertgefühl mehr - Angst vor Beziehung - wie komme ich daraus?

[scv5vi]

Hallo Ihr Lieben,

eigentlich wollte ich schon seit längerer Zeit einmal einen Beitrag zu diesem Thema hier schreiben. Habe aber lange gezögert weil ich nicht so recht weiß, wie ich Euch mein Gefühl, meine aktuelle Situation und diese Angst vor Beziehung so schildern kann, dass es auch richtig ankommt.
Vermutlich fällt mir das Ganze so schwer weil ich ständig den Gedanken mit mir herumtrage, dass das doch niemand versteht und nachvollziehen kann...

Ich bin 33, eigentlich auch ganz hübsch und bisher beruflich gesehen auch immer gut versorgt und "im Leben stehend", wie man das so schön sagt.
Aber ich hatte noch nie eine Beziehung, was ein sehr großes Problem für mich darstellt weil es mir unglaublich peinlich ist keine Erfahrung auf diesem Gebiet zu haben. Ich persönlich sehe das als sehr großen Makel an.

Mit der Zeit wurde dieses Gefühl des Versagens immer größer. Alle um mich herum sind mittlerweile verheiratet und haben Kinder. Warum kriege ich das nicht hin?

Mein allerallergrößter Wunsch ist eine eigene Familie!

Hinzu mischt sich nun langsam die Angst, dass mir die Zeit davon läuft.

Es ist schwer diese Angst vor Beziehung und Nähe genauer zu definieren. Ich mache seit fast zwei Jahren Psychoanalyse und habe immer gehofft dort eine Antwort und eine Erklärung für mein Problem zu finden um das ganze dadurch vielleicht endlich zu überwinden.

Ich habe auch das Gefühl, dass ich es mir immer wieder selber kaputt mache.

Kürzlich hatte ich lange Zeit Kontakt zu einem Mann, den ich noch aus meiner Jugendzeit kenne. Der Kontakt ist ganz zufällig entstanden weil er mich auf der Straße gesehen hat und mich dann über ein soziales Netzwerk kontaktiert hat.

Wir haben uns dann monatelang Mails geschrieben und dann irgendwann auch stundenlang telefoniert.

Irgendwann habe ich ihm dann auch von meinen Depressionen erzählt, obwohl ich das eigentlich erst machen wollte, wenn wir uns persönlich kennen lernen.

Aber dazu ist es nie gekommen weil ich einem Treffen immer wieder aus dem Wege gehe.
Ich weiß selber, wie bescheuert das ist und dass das so niemals was werden kann...

Innerlich bin ich aber völlig blockiert. Ich fühle mich so schlecht, wertlos und orientierungslos. Habe meinen Job hingeschmissen weil das alles nicht mehr ging und ich eigentlich gerne was anderes machen möchte, wo ich gerade aber auch nicht weiter komme.

Und er, er weiß ganz genau was er will, steht mitten im Leben, hat sich gerade selbständig was aufgebaut, was ihn total erfüllt.

Ich dagegen habe gerade überhaupt nichts mehr im Griff. Ich denke auch immer, dass er eine ganz andere Person in mir sieht als ich eigentlich bin. Wenn er positive Dinge zu mir gesagt hat, ich kann das irgendwie nicht annehmen, das kommt überhaupt nicht bei mir an...

Er hat am Telefon mal einen Satz zu mir gesagt, der mich sehr berührt hat "Hab doch keine so große Angst vor der Zukunft, es ist nur die Zukunft..."

Aber ich schaffe es nicht uns eine Chance zu geben weil ich wieder alles kaputt denke, mein Selbstwertgefühl völlig kaputt ist und die Angst so unsagbar groß ist.

Gibt es jemanden, der diese Angst verstehen kann oder mir sagen kann, wie ich ein besseres und positiveres Gefühl für mich selber bekomme?
Wie schaffe ich es ohne Angst einen Schritt auf ihn zu zugehen?

Bitte meldet Euch, wenn ihr vielleicht ähnliche Erfahrungen gemacht habt. Ich weiß nicht mehr weiter...

Liebe Grüße
und einen schönen Sonntag Euch allen!

Liana

[Stepha]

Hallo Liana,

ja, ich kann dich sehr gut verstehen und beim Lesen deines Posts würde ich mich am liebsten genauso in eine Ecke verkriechen, um solchen Gefühlen aus dem Weg zu gehen.

Mit Abstand betrachtet fällt mir allerdings Folgendes auf:
Ihr habt schon viel miteinander gesprochen und du hast sogar schon von deiner Depression erzählt. Dann kennt er schon einiges von dir und findet immer noch, dass es sich lohnt, mit dir zu sprechen – so wertlos kannst du also gar nicht sein!

Du schreibst: „Wie schaffe ich es ohne Angst einen Schritt auf ihn zuzugehen?“
Warum denn ohne Angst? Die Angst gehört im Moment (leider) zu dir, also nimm sie mit, erzähle ihm davon. Auflösen kann sie sich doch erst, wenn du positive Erfahrungen dagegen setzen kannst.

In beruflichen Situationen bin ich genau diesen Weg gegangen, fühle mich dort immer häufiger sicher; im privaten bin ich noch nicht soweit

Vielleicht kannst du mit diesen Gedanken etwas anfangen…

LG Stepha

[scv5vi]

Hallo Stepha,

vielen Dank für Deine Antwort.
Dein Gedanke ist absolut richtig, aber ich glaube genau da liegt mein Problem, dass ich eben nicht akzeptieren kann, dass diese Angst gerade zu mir gehört.

Ich kann mich selber gerade nicht wertschätzen und mir deshalb vermutlich auch nicht vorstellen, dass andere mich liebenswert finden könnten.

Und alles dreht sich immer nur im Kreis...

Viele Grüße
Liana

[momo2]

Hi!

Also, ich habe ja ähnliche Probleme, vielleicht kommt es dann komisch, wenn ich dazu Ratschläge gebe, aber von außen ist es ja dennoch immer leichter als dadrin.

Wenn du Bindungsängste hast, können die auch aus der Kindheit kommen.
Bei mir kommen sie aus meiner ersten Beziehung

Du willst ihm doch näher kommen, oder? Du fragst, wie das ohne Angst geht. Nun ja, ohne Angst geht das eigentlich nicht. Du musst es halt nur trotzdem machen. Dann kann sich die Angst legen.

Ich wünsche uns beiden bei so was mal viel Glück

[Liliane]

Hallo Liana,

ich finde mich in vielem wieder, was du in deinem Beitrag geschrieben hast und bin in etwa im gleichen Alter wie du.

Wenn du in meinen Texten schaust, gibt es da einige Parallelen und ähnliche Gedanken, was den Vergleich mit Gleichaltrigen, Blockaden oder eine Art "Torschlusspanik" angeht. Bin momentan auch beruflich beeinträchtigt, was ebenfalls nicht so einfach ist.

Du bist jedenfalls nicht alleine mit deiner Situation und ich wünsche dir, dass dich das aufbaut und du versuchen kannst, wieder auf persönliche Erfolgserlebnisse hinzuarbeiten.

Viele liebe Grüße und alles Gute!
Liliane

[I-AAH]

[Clairedelalune]

Hallo I-aaah, Hallo Liana,

ich kenn diese "destruktive" Denkweise sehr gut, und ich ignoriere sie nicht,
... dieses wahnsinnige Einzelkämpfertum, ich lebe das schon seit Jahren/Jahrzehnten.

Duch CBASP hat sich schon ein wenig daran geändert, mal sehen, ob ich ausdrücken kann was ich meine:

ein Therapeut in einer VT ausgerichteten Klinik hat einmal folgendes gesagt:
stellen Sie sich vor , Sie steheh an einer Imbissbude an und genau als Sie an der Reihe sind, macht die Bude zu.
Die depressive Sicht ist die, zu denken, dass man immer Pech hat, dass sich eine "höhere Macht gegen einen verschworen hat"

... nur das "Normalste", naheliegendeste denkt man nicht, dass es eben nicht gegen einem persönlich gerichtet ist, dass der Würstchenbrater einfach irgendwann Feierabend hat, ...

was hat das mit Beziehung zu tun?

Wir sind alle nichts Besonderes, weder besonders schlecht, noch besonders gut.
Wir sind.
... ich muss nicht eine andere sein.
Ein Problem an der Partnerwahl ist vor allem die Qual der Wahl, ist es auch der Richtige?

Kommt nicht noch einer nach, der noch besser zu mir passen würde?
Die Angst etwas zu verpassen, wenn ich mich festlege, wenn die Option zum Konkreten wird.

Das Fantasieren ein Ende hat.

Depressive Patienten haben auch das Problem, gerade wenn eine Bindungsstörung vorliegt:
Kann und darf ich mich auch mal abgrenzen, autonom sein oder läuft mir dann mein Partner davon???

Es wäre zu einfach, wenn sich das alles so wie ich schreibe vom Kopf aus steuern lassen würde.
Trau Dir selbst!
Nimm Dich selbst an mit all Deinen Stärken und Schwächen
und nimmt Dich nicht ernster als nötig
geh hin und binde Dich!

Aber nee, da ist das brätschelbe, doofe, blöde Unterbewusstsein, das sofort mit der gesamten Lagerhalle aus negativen Erfahrungen aufwartet und uns lähmt.

Wie wäre es mit:
"Ich habe die Hosen gestrichen voll vor Angts, und ich treffe mich mit ihm!"

???

LG
Claire