Angst vor Nähe, Bindungsängste, Glaube alles falsch gemacht zu haben...

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momo2
Beiträge: 39
Registriert: 7. Apr 2013, 22:29

Angst vor Nähe, Bindungsängste, Glaube alles falsch gemacht zu haben...

Beitrag von momo2 »

Hallo liebe Forenmitglieder,

ich bin auch neu hier, bin 26 Jahre alt und leide seit über 13 Jahren an einer Dysthemie und seit 5 Jahren zusätzlich an einer wiederkehrenden Depression.

Die Depressionen begannen, als ich vor 5 Jahren mein Studium vorübergehend abbrechen wollte, um etwas anderes, etwas mit Kunst auszuprobieren. Hätte das nicht geklappt, wäre ich zurückgekehrt. Doch leider hatte mein damaliger Freund mir wahnsinnige Ängste davor gemacht, das Studium aufzugeben und wollte das nicht akzeptieren und ich war leider zu unsicher und habe mich beeinflussen lassen und mich das nicht getraut

Seitdem leide ich daran, mich nicht so viel mit Kunst beschäftigen zu können wie es mir gut täte, das stößt regelmäßig wieder auf und nimmt mir viel Energie.

Ich wurde damals schwer depressiv und deswegen verließ mich dieser Freund. Dann war ich erst mal damit beschäftigt, mich ein wenig aufzurappeln, was mal besser, mal schlechter ging.

Seit einigen Jahren hätte ich nun eigentlich ganz gerne wieder einen Freund, doch sobald mir wer näher kommt, bekomme ich Panik, befürchte, dass der mich auch nicht akzeptieren wird und mich noch weiter kaputt macht.
Ich habe auch Angst, dass der mich wieder davon abhalten könnte, wenn ich etwas anderes ausprobieren möchte.
Das mit Kunst möchte ich eigentlich immer noch irgendwann mal ausprobieren, allerdings habe ich das Gefühl, dass mir in den letzten Jahren da zu viel Talent kaputtgegangen ist, weil es mir zu schlecht ging regelmäßig was zu tun, und dass mir inzwischen auch einfach der Glaube fehlt, dass es klappen könnte. Und dann kommt der Zeitaspekt hinzu, ich bin jetzt ja schon älter, brauche mit dem Studium sehr lange und wenn es fertig ist, würde ich wahnsinnig gerne eine Familie gründen, was vermutlich wegen fehlenden Partners nicht klappt.
Manchmal denke ich, wenn ich Kunst ausprobierte und da jemanden kennenlernen würde, müsste ich auch nicht so viel Angst haben, dass der mich nicht entwickeln lassen wollen würde. Ich hab einfach Angst, so jemandem wieder ausgeliefert zu sein.

Kennt jemand von euch auch Angst vor der Nähe anderer Menschen? Ich habe das hier besonders für Beziehungen geschrieben, doch auch bei Freunden fällt es mir schwer, ihnen zu vertrauen und habe deswegen eigentlich keine wirklichen Freundschaften.
Kleiner_Rabe
Beiträge: 71
Registriert: 14. Mär 2013, 17:31

Re: Angst vor Nähe, Bindungsängste, Glaube alles falsch gemacht zu haben...

Beitrag von Kleiner_Rabe »

Auch wenn du es vielleicht nicht hören willst, dein Freund hat in einem bestimmten Punkt Recht.
Gerade Menschen die unter Depressionen leiden, sollten sich ganz dringend angewöhnen nicht immer nur zu tun wonach ihn gerade ist.
Wie fast immer, so ist auch hier mal wieder der Weg das Ziel.
Ich empfehle dir die Dinge die du begonnen hat, auch wirklich zu ende zu führen, anstelle schon wieder etwas neues anzufangen.
Ansonsten wirst du immer wieder neue Dinge anfangen und diese unterbrechen sobald es dir gerade nicht so gut geht.
Jedes angefangene aber unvollendete Projekt, wird dich über kurz oder lang runter ziehen.
Ich selbst habe auch das eine oder andere Talent, auch im Bereich Kunst.
Bei mir ist es dann aber nicht Malen oder so was, sonder die Kunst mit Computern und Technik umzugehen.
Ich bin recht kreativ und kann mich damit gut vom Alltagsstress ablenken.
Auch in mir ist dieses starke Bedürfnis immer wieder Projekte zu unterbrechen um mich kurzzeitig anderen zuzuwenden oder neue zu beginnen.
Nun habe ich so viele Projekte angefangen und selbst nach Jahren keines so wirklich beendet.
Um ehrlich zu sein gibt es fast nichts was ich jemals von Anfang bis Ende durchgezogen habe.
Darunter Leide nicht nur ich sondern auch mein Umfeld.
Es kam auch schon oft vor dass ich eine Beziehung anfing, nach wenigen Wochen nicht ganz zufrieden mit deren Entwicklung war und mich dann immer mehr zurückzog.
Ich selbst habe noch nie eine Beziehung aktiv beendet, dies taten dann meine Partnerinnen, weil sie sich vernachlässigt fühlten.
So zieht es sich durch mein ganzen Leben, ganz egal ob Ausbildung, Umschulungen, Arbeit, einfach alles brach ich nach kurzer Zeit ab.
Manchmal muss man einfach etwas bis zum Ende durchziehen, ganz egal ob man es noch will oder nicht.
Also wie schon gesagt, ich empfehle dir dein Studium bis zum Ende durchzuziehen.
Es geht nicht darum die Beste zu sein oder besonders gut abzuschließen, es geht einfach nur darum es erfolgreich zu beenden.
Der Kunst kannst du dich auch danach noch zuwenden, oder eben in deiner Freizeit.
Gerade bei Depressionen ist es sehr wichtig nicht nur zu tun wonach einem gerade ist sonder sich Notfalls zu zwingen/motivieren Dinge anzugehen und auch ohne Umwege fertig zu machen.
Ich weiß es ist schwer und es fühlt sich nicht so gut an wie etwas zu tun was dir gerade Spaß macht, aber es muss einfach sein.
Stell dir mal vor wie schön es ist wenn du irgendwann mal jemanden erzählen kannst, dass du dies oder jenes beendet hast, obwohl du eigentlich was anders machen wolltest.
Sich einzureden etwas nur kurz unterbrechen zu können um es dann später weiterzuführen, ist letztendlich nur Selbsttäuschung.
Denn dann kommt irgendwann ein Punkt an dem du nichts neues anfängst, weil du dir nie sicher bist ob du es auch wirklich beenden kannst.
Alles zu meiden was dir gerade unangenehm ist, zieht dich nur noch tiefer in die Depression.
Du kannst diesen Kreislauf nur durchbrechen in dem du alles fertig machst und erst danach etwas neues anfängst.
Je früher du deine begonnen Projekte beendet hast, um so früher kannst du dich dem zuwenden was dir Freude macht.
Es gibt Dinge die kann man eben nicht mal eben kurz unterbrechen und später weiterführen.
Angenommen du entschließest dich Mutter zu werden und bekommst ein Baby.
Dann kannst du auch nicht einfach mal unterbrechen, sondern du musst es durchziehen bis dein Kind 18 ist und auf eigenen Beinen Steht.
Sobald man Mutter oder Vater ist, muss man die eigenen Bedürfnisse hinten anstellen, denn Eltern sind in erster Linie für das Kind da.
Eltern sein ist eine Verpflichtung auf Zeit, darüber muss man sich vorher im klaren sein.
Jede noch so kleine egoistische Endscheidung hat Auswirkungen auf die Entwicklung und Erziehung des eigenen Kindes.
Wer nicht bereit ist seien eigenen Bedürfnisse zurückzustellen, der sollte es garnicht erst anfangen.
So ist es auch bei Beziehungen, Freundschaft und bei der Arbeit.
Mach fertig was du begonnen hast, den alles was erledigt ist kann dich nicht mehr belasten !
Freunde und Arbeit kommt und geht, so ist das Leben.
Der richtige Partner steht zu dir, in guten wie in schlechten Zeiten, egal was ist oder war.
Ich will nicht sagen dein wäre der falsche gewesen, nur dass nicht nur du unter der Depression leidest sonder auch er.
Eine langfristige Beziehung ist schon für gesunde Menschen nicht leicht durchzuhalten, aber mit einem depressiven Partner an der Seite, ist es manchmal nahezu unerträglich.
Jeder Selbstzweifel, jede Enttäuschung, alles was nicht erledigt ist und dir auf der Seele brennt, belastest auch den Partner.
Also lerne die Prioritäten richtig zu setzen, durchzuhalten und der Rest ergibt sich dann von ganz alleine.

LG Marko


Im Meer der Gesellschaft, den Gezeiten der (Un)Verständnis treib ich dahin.

Stets auf der Suche nach dem Licht es Leuchtturms, das mir den Weg ans rettende Ufer weist.
jep

Re: Angst vor Nähe, Bindungsängste, Glaube alles falsch gemacht zu haben...

Beitrag von jep »

Hallo Momo,

wenn du deine Kreativität nicht lebst, und dadurch krank wirst, ist das doch eine eindeutige Botschaft an dich.

Kreativität hat die Menschheit mehr vorangebracht wie alles andere!

Wenn du jetzt immer nur versuchst, so zu funktionieren, wie es die Gesellschaft/ deine Freunde/ deine Familie.... von dir erwartet, wo bleibst du?

Und das war meine erste große Aufgabe, um aus der Depression zu kommen: zu erkennen, was will ich, und was brauche ich? Wenn es bei dir die Kunst ist, die dich lebendig macht, dann lebe sie.

Und wenn du denkst deine Kreativität ist dir verloren gegangen, wirst du nie wissen ob das stimmt, bevor du es ausprobiert hast.

Ich weiss, das meine Antwort gegen die Antwort von kleiner Rabe steht. Was du für dich davon, und von anderen Antworten, die kommen werden, annehmen willst und kannst, weiss ich nicht.

Du hast Verstand und Gefühl, überlege dir, was ist davon zu kurz gekommen? Welch Seite braucht deine Unterstützung?

Und wenn du deine eigene Position hast,und selbst weisst was du willst, kannst du auch wieder Nähe zulassen. Dann ist die Position anderer für dich keine Bedrohung mehr.

Liebe Grüße
annette fee
chrigu
Beiträge: 2081
Registriert: 20. Mär 2006, 12:20

Re: Angst vor Nähe, Bindungsängste, Glaube alles falsch gemacht zu haben...

Beitrag von chrigu »

Hallo Momo,

ich möchte Marko ganz vehement widersprechen.
>Gerade Menschen die unter Depressionen leiden, sollten sich ganz dringend angewöhnen nicht immer nur zu tun wonach ihn gerade ist.
Menschen, die unter Depressionen leiden, haben meistens so wenig Zugang zu sich selbst, dass sie überhaupt nicht wissen, wonach ihnen gerade ist. Und wenn sie das mal wissen, dann sollen sie nicht danach handeln? Sorry, das ist Quatsch, denn genau das führt dann wieder in die alte Depressionsspirale, in der man sich und seine Bedürfnisse verleugnet und äußere Ansprüche über die eigenen stellt. Fatal!!

Sich dann zu zwingen, etwas zu Ende zu bringen, ist ebenfalls kontraproduktiv. Mag sein, Marko, dass das für Dich wichtig ist, weil Du ja offenbar wirklich einen Haufen loser Enden in Deinem Leben hast. Aber was, wenn Du Dich zwingst, sich letztlich aber das erhoffte Gefühl der Erleichterung, etwas geschafft zu haben, doch nicht einstellt? Was spricht dagegen, sich selbst erstmal auf die Spur zu kommen und herauszufinden, was man überhaupt wirklich will? Alles andere scheint mir ein Weglaufen vor genau dieser Frage.

Momo, in Deinem Posting lese ich zwei Wünsche, zum einen den nach dem Ausleben der Kreativität und zum anderen den nach einem Unterstützer. Die gute Nachricht ist doch, dass Du Dir selbst ein Unterstützer sein kannst, indem Du Dir erlaubst das auszuleben, was Dir Spaß macht.

Bist Du in Therapie? Ich glaube nämlich, dass Dir Therapie ganz konkret sehr gut bei dem, was Du schilderst, helfen könnte, nämlich bei dem Weg zu Dir selbst. Ich habe auch lange gedacht, viele falsche Entscheidungen getroffen zu haben. In der Therapie habe ich dann aber erkannt, dass ich mich damals deshalb so entschieden habe, weil ich einfach nicht anders konnte.

Viele Grüße
Chrigu
momo2
Beiträge: 39
Registriert: 7. Apr 2013, 22:29

Re: Angst vor Nähe, Bindungsängste, Glaube alles falsch gemacht zu haben...

Beitrag von momo2 »

Liebe Annette und Chrigu,

vielen Dank für eure Antworten. Ja, ich habe eine Therapie und es wurde schon öfter thematisiert, dass ich mehr Gutes für mich erlauben möchte und mich leider zu viel zurückstelle. Ich habe manchmal auch echt Angst, mir selber was Gutes zu tun, weil ich befürchte, dass es nicht klappt oder ich bestraft würde - ich weiß, klingt blöd.
Es macht mir viel Angst, mein Studium abzubrechen, ich hoffe ich kriege das auf die Reihe.

Auch dir kleiner_rabe danke für deine Mühe. Leider kann ich mit deinem Beitrag nicht besonders viel anfangen, weil ich mich darin sehr unverstanden fühle. Ich habe keine Probleme damit, dass ich nie etwas durchziehe. Immerhin habe ich am Anfang des Studiums etwas anderes machen wollen und es dann jetzt doch über 5 weitere Jahre nicht abgebrochen und bin auch sonst nicht der Typ, der schnell hinschmeißt. Der Gedanke, es fertig zu haben, macht mich auch gar nicht stolz, ich würde mich glaube ich nur dumm fühlen, das so lange gemacht zu haben und hätte Angst, dass ich mich dann verpflichtet fühle, das in einem Job etc weiterzumachen ohne was anderes wenigstens ausprobiert zu haben.
Na ja... und bei dem Partner, das einzig gute an der Sache damals ist ja, dass der weg ist Durch diese Sache bin ich ja erst depressiv geworden und schwupps war das kontrollsüchtige A*** weg. Da bin ich heute froh drum und finde nur schade, dass der das nicht schon viel eher getan hat.
Ich glaube, ich wüsste, worauf ich mich bei einem Kind einlassen würde, wie gesagt, ich bin keiner, der was leicht hinschmeißt und ich bin mir sicher auch sehr viel Verantwortungsbewusstsein zu haben.
Allerdings werde ich wohl dennoch leider keins bekommen
Ulysses
Beiträge: 594
Registriert: 19. Jan 2013, 17:34

Re: Angst vor Nähe, Bindungsängste, Glaube alles falsch gemacht zu haben...

Beitrag von Ulysses »

Hallo Momo,

ich will mich den treffenden Beiträgen von Annette und chrigu gerne anschließen.

Habe mich selber auch über den Weg "krampfhaft zu funktionieren und Dinge grundsätzlich gegen mich bis zum bitteren Ende durchzuziehen" immer tiefer in die Krankheit getrieben.

Auch wenn Du das Gefühl hast, in Dir wäre durch die heftige Zeit viel Kreativität kaputt gegangen, will ich Dir Mut machen. Habe mittlerweile nach vielen Jahren Therapie nochmal eine Ausbildung begonnen, abgeschlossen und arbeite nun in einem wiederum völlig anderen Bereich. Also "mehrfach-Quereinsteigerin" nach vielen Jahren und endlich damit beruflich glücklich.

Herzliche Grüße und alles Gute

Ulysses
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