Wie komme ich zurück ins Leben?

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scv5vi
Beiträge: 23
Registriert: 3. Aug 2010, 19:10

Wie komme ich zurück ins Leben?

Beitrag von scv5vi »

Hallo Ihr Lieben,

ich habe sehr lange nicht mehr hier geschrieben, umso schwieriger ist es jetzt einen Anfang zu finden...

Vielleicht fange ich erstmal damit an meine momentane Situation zu beschreiben. Ich bin seit dem 01.09.2012 arbeitslos und dies ist durch meine eigene Entscheidung so entstanden. Ich habe damals neu in der Firma angefangen, mich aber schon nach wenigen Monaten dort nicht wohl gefühlt. Warum genau das so war, kann ich nur schwer in genaue Worte fassen. Es war die gesamte Arbeitssituation, die Stimmung, das Arbeitsklima, mein Chef, schwierige Kollegen, die Arbeitsaufgabe. Ich habe mich nicht gefordert gesehen, habe keinen Sinn in der Tätigkeit gesehen und wollte nur noch dort weg. Ich merkte, wie meine Stimmung wieder immer mehr und mehr in den Keller ging und ich hatte wahnsinnige Angst, dass dies wieder im bodenlosen enden würde, dass diese ganze Depressionsgeschichte wieder von vorne losgeht.

Mir war trotzdem natürlich klar, dass eine Arbeitslosigkeit vermutlich auch nicht gerade gesundheitsfördernd sein würde. Ich steckt mal wieder in diesem Gedankenkarussel fest, dass doch sowieso nichts einen Sinn macht und es egal, was und wie ich entscheiden werde, sowie alles falsch sein wird.

Aber es musste doch weiter gehen. Nach einigen Gesprächen mit meinem Chef, entschieden sich dann letztlich beide Parteien für einen Aufhebungsvertrag.

Ich war erst einmal erleichtert endlich was entschieden zu haben und war damals noch fest entschlossen diese Auszeit zu nutzen, mir darüber klar zu werden, was ich überhaupt im Leben will und nochmal einen kompletten beruflichen Neustart zu machen.

Aber es funktioniert einfach nicht, ich funktioniere nicht. Mir geht es immer schlechter und schlechter und mir gelingt es nicht überhaupt in eine Zukunft zu blicken. Mein Selbstwertgefühl ist im Keller oder wo auch immer...ich habe es wohl irgendwo verloren und finde es nicht mehr wieder. Wie genau das wieder so weit kommen konnte, weiß ich auch nicht. Ich wollte doch unbedingt alles tun damit das nicht wieder passiert.

Es fühlt sich so an als hätte ich mich selbst ins völlige "Aus" geschossen an den Rand der Gesellschaft. Ich habe mich wieder sehr von allen zurückgezogen und isoliert weil ich mich einfach so verdammt schlecht und wertlos fühle. Mein Tag-/Nachtrhytmus ist völlig verdreht. Ich bin die ganze Nacht wach und verschlafe dafür die Tage, vermutlich mache ich das weil ich die Tage einfach nicht ertragen kann und man nachts kein so schlechtes Gewissen hat, wenn man nur rumhängt und über sein Leben grübelt.

Ich weiß nicht mehr weiter. Bin zwei Mal die Woche bei meiner Therapeutin (Psychoanalyse), da fahre ich zumindest noch hin. Aber ich komme nicht weiter. Ich sehe kein Licht mehr und alles, was ich mache, jede Bewerbung die ich schreibe fühlt sich nicht richtig an, Vorstellungsgespräche kosten mich so viel Kraft und ich habe keine Ahnung, was ich machen kann, damit es besser wird. Was muss passieren, um endlich wieder "normal" leben zu können?

Ich habe auch schon mit dem Gedanken gespielt nochmal in eine Klinik zu gehen. War 2010 stationär in einer psychosomatischen Klinik. Aber dieser Gedanke macht mir auch Angst und ich frage mich, was das bringen soll? Die können mir auch nicht sagen, wie ich mein Leben weiter leben soll oder meine Gedanken ändern. Und sollte ich diesen Schritt gehen, schieße ich mich doch noch mehr ins "Aus". Dann werde ich noch länger nicht arbeiten und meine Lücke im Lebenslauf wird immer größer und ich werde mich noch mehr vor der "Gesellschaft" rechtfertigen müssen.

Es tut mir leid, dass der Text so lang geworden ist...Danke an alle, die das bis hierhin gelesen haben.

Liebe Grüße
Liana
2304.1900
Beiträge: 260
Registriert: 21. Nov 2010, 00:19

Re: Wie komme ich zurück ins Leben?

Beitrag von 2304.1900 »

Hallo Liana ,

hast du mit deiner Thera über deinen aktuellen zustandt gesprochen ? und wenn ja was sagt Sie dazu ?

Für mich hört sich das so an ,als wenn dir die "innere Diziplin" abhanden gekommen ist und du nun ohne Orientierung in deinem Leben bist.

viele Grüße,
Stefan
scv5vi
Beiträge: 23
Registriert: 3. Aug 2010, 19:10

Re: Wie komme ich zurück ins Leben?

Beitrag von scv5vi »

Hallo Stefan,

natürlich kennt sie meine Situation. Sie versucht mich immer wieder in dem zu bestärken, was ich tue und sagt mir, dass es kein Fehler war meine Arbeitsstelle zu beenden. Sie glaubt an mich und sieht viel viel mehr in mir, wie ich es selber gerade kann.

Sie hält diese Zeit gerade für eine sehr wichtige und entscheidende Zeit in meinem Leben und glaubt, dass gerade innerlich sehr viel passiert. Ich glaube einfach sie versucht das Ganze positiv zu sehen und ist der Meinung, dass ich früher eben immer nur funktioniert habe, das gemacht habe, was andere erwartet haben und das jetzt nicht mehr so ist und ich anfange an mich zu denken und eben gerade versuchen würde "meinen" Weg zu finden.

Hört sich alles ganz gut an, aber es fühlt sich für mich eben nicht so an. Ich sehe "meinen" Weg nicht, wie gesagt ich sehe nichts mehr vor mir.
Das, was ich jetzt die ganze Zeit versucht habe, ist meinen Weg, den ich bisher beruflich gesehen, gegangen bin, so zu korrigieren und zu ändern, dass es sich besser für mich anfühlt. Aber es ist total erfolglos. Ich finde nur Jobs im Bereich Vertrieb/ Kundenservice, die ich nicht mehr machen will.

Es stimmt, dass ich gerade sehr orientierungslos unterwegs bin, genau das ist ja das Problem. Wie soll ich denn ohne ein Ziel vor Augen neue Hoffnung schöpfen oder einen Sinn darin sehen morgens überhaupt noch aufzustehen?

Das mir meine innere Disziplin fehlt macht mir auch große Angst. Meine Therapeutin sieht aber auch das nicht so dramatisch, obwohl ich mir denke, sie müsste mir doch eigentlich sagen, dass das so nicht weitergeht. Sie ist sich sicher, dass sobald ich wieder einen Job habe, dieses Problem von selber wieder verschwinden wird. Aber das kann es doch auch nicht sein, dass ich nur mit Job funktioniere und ansonsten überhaupt keinen Antrieb mehr im Leben habe.

Danke fürs Zuhören!

LG
Liana
2304.1900
Beiträge: 260
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Re: Wie komme ich zurück ins Leben?

Beitrag von 2304.1900 »

Hallo Liana ,

deine Thera ,sagt das nicht bloss so.

Du bist in einer Phase der Theraphie in der diese Auflösungserscheinungen Notwendig sind. wenn alles so bleiben würde wie früher , würde die Thera ja keinen sinn machen-oder? In dieser Phase muss sich dein inneres Wesen neu finden und ins Gleichgewicht kommen. Das was gesagt und neu Bewertet wurde ...

"die Dunkelheit ist kurz vor dem Morgengrauen am Dichtesten"


viele Grüße,
Stefan
kormoran
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Re: Wie komme ich zurück ins Leben?

Beitrag von kormoran »

hallo liana,

vor einigen jahren habe ich auch eine phase der beruflichen orientierungslosigkeit und arbeitslosigkeit und damit verbundenen isolation und strukturlosigkeit durchgemacht.

meine erste frage an dich: bist du neben der psychoanalyse auch in fachärztlicher behandlung?

und die zweite frage: wie lange machst du die analyse schon?

liebe grüße
kormoranin
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*** zurück ins leben!
medusa
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Re: Wie komme ich zurück ins Leben?

Beitrag von medusa »

hallo liana,

dein posting hat mich sehr bewegt.
in welchem bereich, als was würdest du beruflich gerne tätig sein.

ich weiß aus eigener erfahrung, wie sehr einen der job auffangen bzw. niederdrücken kann.

insofern halte ich es für ganz richtig, dass du dort, wo du dich so ganz und gar nicht wohlgefühlt hast, die reißleine gezogen hast.

ich habe nicht nachgelesen ob und wie du dich hier früher geäußert hast.

auch mich würde interessieren, ob du dich in fachärztlicher behandlung befindest - neben der thera.
auf mich macht es den eindruck, als wäre es wichtig, wenn du auch ärztlich unterstützt wirst.

ob klinik ja oder nein - das traue ich mir nicht zu zu beurteilen.
mein mann, der krank ist, ist nun schon in der fünften wochen in der klinik - anders ging es einfach nicht mehr.
ob das der richtige weg ist wird wohl die zeit zeigen.

schön, dass du hier bist!
lg
eiskristall
aikido_1987
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Re: Wie komme ich zurück ins Leben?

Beitrag von aikido_1987 »

Hallo Liana!

Ich weißt nicht, ob das eine Phase des "Nicht weiter wissens" ist oder ob du eine erneute depressive Phase hast. Für mich klingt das so, als bist du gerade wieder in einem Tief und brauchst Unterstützung. In psychotherapeutischer Behandlung bist du ja schon, aber das scheint ja nicht zu reichen. Hast du einen Psychiater der dich betreut? Nimmst du Medikamente?

Ich denke, du brauchst als aller erstes mal ein Ziel, was du erreichen möchtest! Dann brauchst du wieder Tagesstruktur. Plane deinen Tag: z.b. 8 Uhr Aufstehen, Frühstücken, Spazieren gehen, ect.. Ich habe bei meinem Therapeuten gelernt, dass das Verhalten die Gefühle verändert und das man deswegen auch Dinge machen soll, die einem erstmal keinen Spaß machen, weil nach ein paar mal die Freude kommt. Versuche wieder bewusst unter Leute zu gehen und Sonnenlicht zu tanken. Hast du einen lieben Menschen, mit dem du über alles Reden kannst und der dir ggf. ein wenig helfen kann? (Freundinn z.b.)

Was das bringen soll, nochmal in eine Klinik zu gehen?! Was hat es dir denn 2010 gebracht? Die kennen sich dort aus mit Depressionen und können dich unterstützen! Das ist ja kein aufgeben, sondern ein Hilfe annehmen.

liebe Grüße
aikido
scv5vi
Beiträge: 23
Registriert: 3. Aug 2010, 19:10

Re: Wie komme ich zurück ins Leben?

Beitrag von scv5vi »

Vielen lieben Dank Euch allen für Eure Antworten und die aufbauenden Worte

Nein, ich bin nicht in fachärztlicher Behandlung, ich habe keine guten Erfahrungen mit Antidepressiva gemacht und etwas anderes macht ein Facharzt meiner Meinung nach sowieso nicht. Ich möchte da einfach nicht hin. Die Analyse mache ich seit ca. eineinhalb Jahren. Davor habe ich eine Kurzzeittherapie tiefenpsychologische Psychotherapie gemacht und war über acht Wochen in einer psychosomatischen Klinik.

Was ich gerne beruflich machen würde? Momentan fühlt es sich so an als könnte ich nicht mal das wirklich entscheiden. Ich glaube ich habe regelrecht Angst davor einfach mal zu träumen und mir vorzustellen was ich machen könnte, was mich wirklich erfüllen könnte. Ich denke dann gleich wieder, es bringt nichts sich was vorstellen, was ich doch nicht in die Tat umsetzen kann weil mir der Mut, die Kraft und das Geld für einen kompletten Neustart fehlen.

Trotzdem mache ich mir natürlich Gedanken über Gedanken. Habe Industriekauffrau gelernt, habe die meiste Berufserfahrung im Vertriebsinnendienst und Kundenservice gesammelt, eine Saison als Reiseleiterin in Griechenland gearbeitet...Tourismusbranche finde ich grundsätzlich interessant, bekomme ich aber kein Fuß in die Tür oder Personalwesen, Personalentwicklung, Recruiting würden mich interessieren. Aber ich komme einfach nicht weiter, ist alles so total festgefahren.

Ich will diesen ewigen Kreislauf nicht mehr. Man kämpft für ein besseres Leben, dafür seinen Platz im Leben zu finden und immer wieder wird man doch wieder zurück geworfen, stellt sich immer wieder die gleichen sinnsuchenden Fragen, die niemand beantworten kann...Und dann immer wieder der Gedanke, reiß dich zusammen, irgendwann muss du doch wieder ganz gesund und "lebensfähig" sein. Das ist doch auch das, was das Umfeld denkt...oder nicht?
Gerbera
Beiträge: 619
Registriert: 31. Mär 2013, 00:24

Re: Wie komme ich zurück ins Leben?

Beitrag von Gerbera »

Hallo Liana,

für mich klingst Du so als ob Du eine depressiver Phase hast; die Sinnfragen, die Schwierigkeiten, Entscheidungen zu treffen, die Hoffnungslosigkeit, die aus Deinen Worten spricht - was sagt denn Deine Therapeutin dazu?

Deine Umwelt und was die meint - ist das wirklich so wichtig? Woher willst Du wissen, was sie meint? Und wer sagt, dass deren Maßstäbe die richtigen sind?

Es ist sicher wichtig, den richtigen Job zu haben, aber der Job ist nicht alles im Leben. Wenn der Beruf nicht erfüllend ist, Du aber nichts anderes findest, wie wäre es mit einem Ausgleich im Privatbereich, eine ehrenamtliche Tätigkeit zum Beispiel? Da gibt es so viele Möglichkeiten vom Vorlesen für Kindergartenkinder oder Senioren über die Organisation von Basaren, Schöffendienst, Mitarbeit bei der "Tafel", in Vereinen, Kirchen und und und. Da ist doch sicher was Passendes für Dich dabei.

Zuallererst kümmere Dich aber bitte um Dich und denk mal drüber nach, ob Du nicht doch zu einem Psychiater gehen willst wegen Antidepressiva. Vielleicht musst Du ein bisschen rumprobieren bis Du das richtige für Dich gefunden hast; nicht immer wirkt gleich das erste. Warum bist Du eigentlich gegen AD? Hast Du schlechte Erfahrungen gemacht?

Nur Mut und nicht aufgeben. Auch Du findest Deinen Weg!

L.G.
Gerbera
kormoran
Beiträge: 3276
Registriert: 29. Mai 2007, 21:56

Re: Wie komme ich zurück ins Leben?

Beitrag von kormoran »

hallo liana,

welche erfahrungen hast du denn mit antidepressiva? hast du mehrere ohne erfolg ausprobiert?

für manche ist es ja tatsächlich sehr schwer, ein medikament zu finden, das gut wirkt und keine zu starken nebenwirkungen hat.

ich hatte da glück. zuerst habe ich es lange zeit nur mit therapie versucht, und kam einfach nicht richtig auf die beine. allein der gedanke an meine berufliche zukunft machte nur angst, bzw. wars aussichtslos, in meinem zustand irgendwo mit erfolg fuß zu fassen.

eine wesentliche verbesserung brachte für mich erst ein antidepressivum. von da an konnte ich in der therapie viel intensiver an mir arbeiten, und da ich wieder mut und kraft hatte, und klare gedanken und zugang zu meinen stärken, konnte ich auch einen schritt nach dem anderen richtung beruflichen wiedereinstieg machen - mit erfolg!

ich bin mir ziemlich sicher, dass du zu viel von dir verlangst, wenn du in dem zustand wieder 'funktionieren' willst.
es geht einfach nicht, und wenn du dir dabei dauernd gedanken machst, du solltest doch eigentlich ... dann zieht dich das zusätzlich runter.

es gibt zwei möglichkeiten: du bleibst so lange in der analyse oder evtl. noch einmal mit einem stationären aufenthalt, bis du wieder aus eigenem antrieb mit mut und zuveresicht deine berufliche zukunft angehen kannst.

oder du unterstützt den ganzen prozess doch duch ein medikament. wie gesagt, ich weiß ja nicht, welche erfahrungen du hast.

vielleicht wäre da noch ein versuch drin?

liebe grüße
kormoranin
 http://www.depressionsliga.de
*** zurück ins leben!
katyfel
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Registriert: 21. Aug 2011, 18:08

Re: Wie komme ich zurück ins Leben?

Beitrag von katyfel »

Hey,

ich fühle mich im Thema und auch in Teilen deiner Beschreibungen ziemlich wieder, Liana, auch wenn wir sicherlich in unterschiedlichen Lebenssituationen sind.

Aber die Fragen nach den benötigten Energien, Methoden, etc. gegen fehlenden Antriebm Traurigkeit etc. beschäftigen mich grade auch total.

Das Semester hat grade wieder begonnen und ich tue mich sehr schwer mit dem Programm ("Stundenplan"), mit den unterschiedlichen Anforderungen, dem Zusammensein mit großen Menschenmengen auf engem Raum, Lautstärke etc... .
Nachdem ich im letzten Semester mal wieder monatelang stationär in Behandlung war, weiß ich ja, dass das jetzt ein großer Schritt ist, aber ganz so schwer und erschöpfend habe ich es mir doch nicht vorgestellt...

Jetzt fällt es mir total schwer zu entscheiden, ob ich mehr oder weniger machen sollte, mich zu allem zu überwinden,... und gleichzeitig fühle ich mich grade vom Arzt wenig bzw. nicht so gut betreut- setze noch ein Schlafmittel ab grade& ein AD will er mir glaube ich nicht mehr geben, nachdem schon viel ausprobiert wurde...

Tut mir Leid, dass ich das hier jetzt in "dein Thema" reingeschrieben habe, ist ein bisschen länger geworden und nicht so leicht zu beantworten, aber vielleicht fällt ja trotzdem jemandem was ein?!

Liebe Grüße,
Sinfonia
So ist das Leben, sagte der Clown und malte sich ein Lächeln auf
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