Neu hier... und aufgeregt!

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Sibel
Beiträge: 2
Registriert: 24. Mär 2013, 14:25

Neu hier... und aufgeregt!

Beitrag von Sibel »

Hallo zusammen!

Ich lese nun schon seit einiger Zeit hier im Forum mit, habe mir aber für diese Woche vorgenommen, mich nun auch selber vorzustellen – und mir diesen Platz hier
einfach zu gönnen. Alleine das Lesen eurer Beiträge, das Mit-Leiden und Mit-Freuen und dabei Lernen hat mich schon einige Schritte nach vorne gebracht.

Über mich: Ich mache seit 15 Monaten eine Psychotherapie – einmal die Woche – und nehme keine Medikamente. Ich habe mich vor ca. 1,5 Jahren zunächst quasi selber diagnostiziert („Depressionen für Dummies“ ) – und mich hat fast der Schlag getroffen.
Wie konnte ich nur so blind sein?
Nun verstehe ich immer mehr, dass ich schon seit meiner Teenager-Zeit depressiv bin. Ach ja - ich bin 40.
Ich bin an guten Tagen sehr dankbar über meine Diagnose – endlich muss ich keine Angst mehr haben, dass ich versehentlich auf dem falschen Planeten geboren wurde.
Das Ganze hat einen Namen und es gibt Menschen, denen es genau so geht.
(An guten Tagen.)

Und mich hier zu zeigen fühlt sich jetzt gerade ganz fürchterlich an.
Es ist dennoch wichtig für mich, mein Ziel! Ich zeige mich nämlich sonst nicht.

Also – ich zeige meine Fassade natürlich schon: Die Frau mit den lackierten Nägeln, den neuen Schuhen und der schicken Tasche, die immer frisch geföhnt aus dem Haus geht. Und die sooooo gut gelaunt ist! Beruflich so engagiert – und das Kind gut erzogen und wie nett ihr miteinander umgeht. Immer ein Lächeln! So eine gute Zuhörerin!

Ich könnte kotzen. Vor allem, weil mir in den letzten 25 Jahren niemals klar war, wie sehr ich doch meine Scheinwerfer nach außen gerichtet habe. Wenn ich ehrlich zu mir bin, habe ich das Leben komplett falsch verstanden. Ich muss zugeben, ich habe keine Ahnung, wie „sich zeigen“ geht. Ich habe große Schwierigkeiten, meine Bedürfnisse zu kennen(habe mir einen Spickzettel geschrieben, damit ich sie nicht vergesse).

Ich habe meine erste Therapie mit 18 gemacht (Angststörung) und meine zweite mit 26 (Panikattacken). Danach ging es mir immer besser, ich habe wieder funktioniert.
Nach der Geburt meines Sohnes mit 30 habe ich wieder verstärkt Depressionen bekommen. Nicht, dass ich oder irgendjemand die Depression mal beim Namen genannt hätte. Es wurde mir erst 9 Jahre später klar. Bis 2011 habe ich weitergemacht, bin in mir drin aber immer mehr verzweifelt. (Aber ich war ja nicht wichtig.)

Ich dachte als junge Mutter „Depressive liegen den ganzen Tag im Bett und können ihr Baby nicht versorgen“ – und wenn man exakt diese Symptome nicht hat, ist man nicht depressiv, sondern einfach nur überfordert – und wer überfordert ist, ist zur Mutter genetisch ungeeignet – und das müssen wir verheimlichen, sonst kommen „sie“ und nehmen mir mein Kind weg - und das ist doch der Mensch, den ich am meisten liebe.
Also: Schreinwerfer an, Fassade hoch und weitermachen!

Was für ein Bullshit. Ich möchte am liebsten jetzt direkt mein altes Ich besuchen und in den Arm nehmen und ihm sagen: „Du bist völlig in Ordnung – bitte nimm Dich und Deine Gefühle mal wichtig!“

Puh… das reicht mir schon für heute – schreiben ist doch noch was anderes als lesen. Sooo müde

Ich finde euch alle super! Ihr gebt so viel weiter. Und ihr seid mutig!
Ich möchte gerne mitmachen - ich freue mich,
dass ich den ersten Schritt jetzt geschafft habe.

Viele Grüße von Sibel!
Distelchen
Beiträge: 554
Registriert: 17. Mär 2013, 18:30

Re: Neu hier... und aufgeregt!

Beitrag von Distelchen »

Hi Sibel,

willkommen hier! Ich bin auch erst seit (sehr) kurzem hier, aber ich bin auch froh, dass ich mich getraut habe, mich zu zeigen...ein wichtiger erster Schritt.
"See" you
Distelchen
Warte nicht, bis der Sturm vorbei ist,sondern lerne lieber, im Regen zu tanzen.



(Quelle unbekannt).
fl
Beiträge: 33
Registriert: 17. Mär 2013, 17:04

Re: Neu hier... und aufgeregt!

Beitrag von fl »

Hallo, auch von mir ein herzliches Willkommen.

ich bin auch noch nicht so lange hier,könnte aber bei fast jedem Posting mit dem Kopf nicken.

Wir haben wohl alle die ähnlichen Probleme.

Ein gutes Ankommen für dich hier

Grüße feelein
-------------
Ich muss garnichts
Nancy121182
Beiträge: 12
Registriert: 17. Mär 2013, 01:34

Re: Neu hier... und aufgeregt!

Beitrag von Nancy121182 »

Hallo,
auch von mir ein herzliches Willkommen.
Du wirst hier bestimmt einiges für Dich mitnehmen können.

Ich bin auch erst seit kurzem hier und finde mich hier in vielem wieder.



LG Nancy
Wer dein Schweigen nicht versteht,versteht deine Worte auch nicht!
Lerana
Beiträge: 2088
Registriert: 4. Feb 2012, 18:42

Re: Neu hier... und aufgeregt!

Beitrag von Lerana »

Hallo Sibel,

auch von mir ein herzliches Willkommen hier im Forum!

Dein Posting spricht mich an, denn ich könnte auch oft kotzen , wenn ich an meine Fassade denke, die ich jahrelang mit mir rumgetragen habe: Hey Lerana, du bist so witzig, ne du steckst das weg, du gehörst doch auch zu denen, die immer gute Laune haben....

Auch das Gefühl, die Tatsache, dass du noch arbeiten gehst, dein Kind versorgst bekommst etc. sagt, dass du dich nur anstellst und dass du nicht krank bist, kenne ich nur zu gut. Ich habe sehr lange gebraucht, um zu kapieren, dass ich Hilfe brauche, auch wenn ich es noch aus dem Bett schaffe!

Also: Du bist hier bestimmt nicht allein.

Gerade könnte ich schreien, denn ich überzeuge gerade meinen inneren Kritiker, dass ich mich nicht für meine chaotische Wohnung schämen muss (härtnäckiger Mistkerl!!!!) und im Kopf schwinge ich laute Reden an meine Mutter, die ich halte, wenn sie gleich wieder ununterbrochen von sich redet! Ob ich die ausspreche, weiß ich jedoch noch nicht!

Also, auf einen guten Austausch hier!!!!

Herzliche Grüße
Lerana,
die gespannt ist, dich ungeschminkt, im Pyjama und Hausschuhen kennenzulernen!
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)
gost
Beiträge: 491
Registriert: 9. Feb 2013, 15:00

Re: Neu hier... und aufgeregt!

Beitrag von gost »

Hi Sibel,

ich freue mich dich zu lesen.

Sei willkommen als Mit-Genossin.

LG
medusa
Beiträge: 243
Registriert: 22. Mär 2013, 19:16

Re: Neu hier... und aufgeregt!

Beitrag von medusa »

liebe sibel,

auch ich grüße dich und freue mich, dass du hier bei uns gelandet bist.

jeder weg beginnt mit einem ersten schritt, nicht wahr?
und diesen schritt hast du getan!

chapeau!

lass uns also gemeinsam gehen - mal mit kleinen schritte, vielleicht mal hüpfend, immer wieder pause machend!

lg
eiskristall
Sibel
Beiträge: 2
Registriert: 24. Mär 2013, 14:25

Re: Neu hier... und aufgeregt!

Beitrag von Sibel »

Vielen Dank für das nette „Willkommen“ – das hat mir sehr gut getan!

Auch ich diskutiere gerade mit meinen inneren Kritikern, wie viel Ordnung heute noch gemacht werden muss.
Ich denke manchmal, wenn ich in der Zeit, die ich mit destruktiven Gedanken an meinen chaotischen Haushalt verbringe, konstruktiv über den Weltfrieden nachdenken würde…oder über Zypern oder… – ich wäre Ministerin.
Und dann hätte ich eine Putzfrau.

Meine Therapeutin hat mir das empfohlen: Eine Putzfrau aus therapeutischen Gründen.
Ist die verrückt? So weit bin ich noch lange nicht – da würde ich ja in der Nacht vor jedem Putztermin schrubben was das Zeug hält. Ich wäre ein Nervenbündel. Vielleicht 2014.

Gibt es dazu vielleicht statistische Erhebungen, dass depressive Menschen eher keine Putzfrau haben, weil sie es ja alleine schaffen können?

Ich frage mich aber wirklich, was da normal ist – oder auch: Für mich normal.
Den Haushalts-Zustand, den ich im Moment noch als vermeintliches Ziel vor Augen habe?
Utopisch, eher wie im Möbelgeschäft.
Ich bewundere die Menschen wirklich, die man manchmal ganz entspannt in ihren chaotischen Altbauwohnungen antrifft, wenn man sein Kind vom Spielen abholt. Da springen 6 Kinder über Tische und Bänke, überall Chaos und Wäscheberge und in der Küche sitzen die Eltern zwischen Tellern und Tassen und trinken fröhlich Wein. Und die Stimme meiner Mutter spricht in mir: „Na denen ist ja auch alles egal!“
Vielleicht stimmt das sogar. Vielleicht gucken die sich nur das Durcheinander an und denken „ach ja, Montag kommt die Putze“. Beneidenswert.

Und ich mache mir schon Gedanken, weil mein Mann heute Abend Besuch von seinem Kumpel bekommt – die trinken nur ein rituelles Bier in der Küche und dann gehen sie in die Kneipe. (Muss der Flur noch gestrichen werden? Die Terrasse neu bepflanzt?

Ach, ich bin uncool. Ich sollte wirklich mal meinen Schlafanzug anziehen, Pantoffeln dazu – und ihm einfach an der Wohnungstür seine Bierflasche in die Hand drücken.

Das lenkt ihn ab.

Einen schönen Rest-Nachmittag und Abend euch allen!

p.s. Schreiben macht ruhig – die Kritiker sind verwirrt und jetzt schon viel leiser!
ndskp01
Beiträge: 2874
Registriert: 9. Feb 2008, 19:34

Re: Neu hier... und aufgeregt!

Beitrag von ndskp01 »

ne gute Idee eigentlich, das mit der Putzhilfe.

Nur reicht eben nicht alleine das einstellen, sondern deine innere Einstellung steht dann mit auf der Kippe. Du müsstest lernen, Verantwortung abzugeben. Eine gute Übung eigentlich, bei so etwas unwichtigem wie Staubflocken und Bettwäsche.

Blumenkübel bepflanze ich grundsätzlich nur für mich. Und dann schaue ich sie mir jeden Tag an.

puk
Lerana
Beiträge: 2088
Registriert: 4. Feb 2012, 18:42

Re: Neu hier... und aufgeregt!

Beitrag von Lerana »

Hallo Sibel,

>>da würde ich ja in der Nacht vor jedem Putztermin schrubben was das Zeug hält.<<

Sehr schön, ähnlich ginge es mir da wohl auch aber bei mir würde es nichts nützen und nur das Gröbst beschönigen. Ich bin übrigens ziemlich gut, im Chaos rechtwinklich anordnen. Ist zwar dann nicht aufgeräumt - wirkt aber so!

Dennoch zu den Müttern in den Altbauwohnungen: Auf den ersten Blick bin ich wohl so eine Mutter, jedenfalls finde ich mich bei sechs Kindern zu Besuch, Altbau, dreckiges Geschirr und Rotwein wieder! ABER: Verdammt, das wirkt nach außen entspannt (hallo Fassade nur anderes Genre als bei dir) innerlich träume ich aber auch vom Möbelhaus, naja vielleicht mit eigener Note.

Ich bewundere jedenfalls immer die Wohnungen wo alles seinen Platz hat, sich nichts stapelt und Bilder an der Wand tatsächlich gerahmt sind und nicht mit Heftzwecken angebracht oder am Weichholzschrank in der Küche hinter die klappernden Scheiben geklemmt sind.

Also vielleicht sollten wir uns daruaf einigen, dass unsere Wohnungen genau richtig für uns sind und beide den Maßstab unseres Kritikers runterfahren. Vielleicht pinnst du dir mal aus therapeutischen Gründen ein ungerahmtes Foto an die Wand und ich rahme mal eins!

Herzliche Grüße
Lerana
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)
medusa
Beiträge: 243
Registriert: 22. Mär 2013, 19:16

Re: Neu hier... und aufgeregt!

Beitrag von medusa »

also...

hier nun einfach mal ein beitrag - losgelöst von krankheiten - aus meinem leben.

zwei kinder - ok, inzwischen 21 (sohn) und 18 (tochter), stiefsohn (18) und freund der tochter (17) gehören auch noch dazu.
außerdem ständig irgendwelche freunde meiner kinder (derzeit mehr die freunde meiner tochter, da der sohn nur am we daheim ist - dann aber auch gerne seine) - die sich doch so sehr wohl bei mir fühlen, immer ne warme mahlzeit bekommen, auch hier schlafen können - chaos pur - ich kann euch sagen...

dazwischen ich - perfekt muss es ganz und gar nicht sein, aber gerne so halbwegs aufgeräumt - irgendwie.

ach ja, ich vergaß meinen schwarzen labbi zu erwähnen, der natürlich auch für leben in der bude sorgt - und sich scheinbar gerade auf den frühling einstellt, wenn ich so sehe, was sie (der hund) an haaren verliert.

arbeiten gehe ich auch - ne 2/3 - stelle - habe ein großes haus, viel garten (blumen - kein gemüse) - und musste irgendwann die segel streichen - und mich von meinem (oder dem meiner mutter??) perfektionismus verabschieden.

und das hat mir richtig gut getan - ehrlich!
hier kann jederzeit jeder unbesorgt aufs klo gehen:) - das ist immer sauber, die küche auch - der rest - hier liegt was rum, dort steht was, was nicht dahin gehört, das bügelbrett samt wäschebergen wartet im wintergarten auf mich, vieles andere wartet ebenfalls auf erledigung - und ich bin nur ein mensch - mit zwei händen, einem kopf, einem sehr kranken mann, einem job und jede menge alltagskram - mut zur lücke, anders geht es nicht!

UND - das habe ich in meiner therapie gelernt - lass die leute reden, denken, meinen - wer so viel kraft darauf verwendet, andere "erziehen" zu wollen, den anderen menschen den eigenen stempel aufdrücken zu wollen, ihnen sagen zu wollen, wie was richtig ist - sollte einfach mal bei sich anfangen.

lange rede kurzer sinn - du musst dich wohlfühlen - wenn du putzt, wienerst oder blumenkübel bepflanzt - dann für dich, nicht für die mutter, den kumpel des mannes oder wen auch immer.

MUT!

lg
eiskristall
fl
Beiträge: 33
Registriert: 17. Mär 2013, 17:04

Re: Neu hier... und aufgeregt!

Beitrag von fl »

Also,ich habe schon in Küchen gesessen, am Nachmittag, da klebte noch die Marmelade von Morgens an der Tischdecke.

Da war nix aufgeräumt,durch die Fensterscheiben konnte man ,wenn man sich Mühe gab, durchschauen.

Aber mir war das sowas von egal ,ich habe tolle Gespräche gehabt.

Gut ,das der Wert eines Menschen nicht davon abhängt, ob die Küche aufgeräumt ist.

Grüße
feelein

-------
Ich muss garnichts
ben1
Beiträge: 1379
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Neu hier... und aufgeregt!

Beitrag von ben1 »

Hallo Sibel

viel richtiges und wichtiges ist hier schon geschrieben worden - vielen Dank an alle!

Vielleicht darf ich noch eine Lanze für den inneren Perfektionisten brechen - ich denke, es ist nicht Ziel, den zu besiegen, sondern auch ihm den Platz im Leben zuzuweisen, den er sinnvollerweise erfüllen kann. Und genau da beginnt die Arbeit an der "Autonomie", die wir ja alle haben (ob wir wollen, oder nicht) - und Autonomie heist nichts anderes, als "sich selbst das Gesetz geben".

Wir leben (Gott sei Dank) alle in einer Zeit, in der sich jede/r (blenden wir mal die unterschiedlichen Startbedingungen aus) zu einem eigenen Lebensstil entscheiden darf. Blöderweise gibt es dafür keine ausgereiften Rezepte - jede/r muss für sich probieren, was am besten passt.

Gerade am Anfang einer Depression bricht oft eine (sehr reale, aber uns leider meist unbewußte) Struktur zusammen, die wir uns nicht gegeben haben, die aber sehr, sehr wirkungsvoll in unser Leben hineinspielt. Irgendwie schaffen wir nicht mehr, was "man" doch schaffen sollte, ja, wir verstehen häufig erstmals den Sinn nicht mehr, der hinter diesen Geboten steckt.
Und dann beginnt ein mühevolles (aber auch spannendes!) herantasten an das, was mich eigentlich ausmacht. Wo möchte ich weiterhin perfekt sein (ein sauberes WC und eine ebensolche Küche find ich ok, danke an Eiskristall für diesen Gedanken) - aber ob ich diesen Perfektionismus auf alles und jeden anwenden muss, scheint mir doch eine sehr lebensfeindliche Strategie ...

Also, ich denke, wir müssen zuerst mal die Aufgabe sehen und annehmen, uns selbst die "Gesetze unseres Lebens" geben zu dürfen. Und in einem zweiten Schritt (der wahrscheinlich lebenslang dauert) dürfen wir diese Gesetze immer wieder anpassen, dürfen mal da oder dort Schwerpunkte setzen, dürfen unseren Perfektionisten mal diese, mal jene Rolle zuschreiben. Der Perfektionist kann ein wunderbarer Teamspieler werden (wenns z.B. um den günstigsten Strompreis oder das schönste Ferienziel geht), als "Führer" der Gesamtpersönlichkeit ist er aber die Hölle!!

Ben
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