Zurück ins Leben

Handsan
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Re: Zurück ins Leben

Beitrag von Handsan »

Ein herzliches Hallo an alle.


In den vorangegangenen Tagen fühlte ich nochmal den Schmerz und die Qualen, die ich in meiner schlimmsten Zeit durchmachte. Muss ich auch noch meine Depression verarbeiten? Obwohl noch nicht mal ausgestanden?

Ich versuchte mir Fragen zu beantworten, warum ich auf zwei Gespräche so aufgewühlt reagierte.


Was hat mich davon abgehalten, nicht von dieser Welt zu scheiden? Ich hatte keine Erinnerung mehr an schöne Zeiten, konnte nicht glauben, dass sich jemals mein Zusand verbessern würde. Glauben, was ist Glauben? Was ist Hoffnung? Ich wusste es nicht mehr.

Für mich war Abschied keine Lösung. Das sagte ich mir immer wieder, denn den Zustand des absoluten Nichts wollte ich nicht. Sofern ich überhaupt von "wollen" sprechen konnte. Mein leidendes Dasein wollte ich auch nicht.

Gefangen zwischen zwei Welten, so war das für mich. Das ist wahrscheinlich auch der Punkt, warum mich das Gespräch mit meiner Thera so aufwühlte. Für mich gedanklich nochmal zu formulieren, was genau für mich so schlimm war, war mir aber irgendwie wichtig.

Dann aber auch zu fragen, wie ist es mir bis hierher gelungen? Das ist sicherlich der Aspekt, den meine Thera ins Licht rücken wollte.
Wenn ich mich für etwas entscheide, dann ziehe ich es in der Regel durch. Das bedeutet, dass ich zielstrebig und willensstark gehandelt habe. Das sind Ressourcen, das sind meine Fähigkeiten. Auch wenn ich mir lieber einen anderen Grund hier zu bleiben gewünscht hätte und das ist sicherlich der bewertende Aspekt, so habe ich es geschafft. Diese schweren Tage sind vorbei.

Es ist wichtig zu schauen, wo stehe ich jetzt. Dieser Moment ist wichtig. Alles andere ist vorbei und kann genau so nie wieder werden. Für mich tröstlich. Ich bin nie wieder Kind, nie wieder Jugendliche und nie wieder können damalige Situationen genau so wieder sein. Es ist Vergangenheit und ich kann und will darüber leben.


Ein wichtiges Gespräch mit meinem Freund hat mir die Augen geöffnet.
Oft sehe ich in Tröstungsversuchen oder Beschwichtigungen anderer die Haltung, ich soll mich doch nicht so anstellen oder ich übertreibe. Dann fange ich immer und immer wieder an, ihnen meine Empfindungen zu erklären. Bleibe in der Situation bzw. dem Bemühen nach Verständnis sozusagen hängen. Dann entsteht natürlich das Gefühl, dass mich keiner versteht oder vielleicht sogar verstehen will und ich beziehe es auf mich und habe das Gefühl nicht richtig zu sein.

Jetzt habe ich aber begriffen, dass dies so gar nicht gewollt ist. Diejenigen meinen es gut mit mir und wollen, dass es mir besser geht.
Meine Empfindungen sind nicht falsch und man muss mich nicht verstehen. Wichtig ist, dass ich mich selber verstehe.


Meine Neurologin hat ein zusätzliches Medikament verordnet, dass ich morgen abholen werde. Als ich das erfuhr, viel mir ein Stein vom Herzen. Erleichterung und Freude, dass mir geholfen wird. Gleichzeitig sind für mich intensivere Gefühle anstrengend. Kennt das jemand?


Ein schönen Sonntag noch!
2801
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Re: Zurück ins Leben

Beitrag von 2801 »

Hallo Lotusblume,

ich schaue erst heute wieder ins Forum rein, nach einer anstrengenden Woche ...
Deine Therapeutin hat vollkommen Recht wenn sie sagt dass du diejenige bist, die die Arbeit leistet. Sie steht dir nur unterstützend zur Seite, gehen musst du alleine. Und das schaffst du! Auch wenn du dich noch so kraftlos fühlst, im Moment bist du vielleicht gerade im Wellental, aber den Tiefpunkt hast du bereits hinter dir und jetzt gehts wieder aufwärts. Mir hilft das Verständnis dieser Krankheit auch sehr, im Moment ist es nicht gerade prickelnd, also heisst die Devise "Durchhalten und dranbleiben!", und bald geht es wieder aufwärts. Wie die letzten Winter.

Kraftlosigkeit und Erschöpfung sind zurzeit bei mir wieder sehr angesagt. Bei meiner letzten Therapiesitzung sagte meine Therapeutin einen sehr interessanten Satz: "Ich kann nicht" wohnt in der "Ich will nicht-Straße". Was also verbirgt sich hinter dem so lähmenden "Ich kann nicht"? Die nächsten Sitzungen werden wohl diesem Thema gewidmet sein, und einen wichtigen Teil nimmt das innere Kind ein. Ich bin sehr gespannt was wir dort so entdecken werden

Das persönliche Empfinden ist, dass man sich kraftlos fühlt und "nichts" schafft. Tatsächlich glaube ich daran, dass "wir" (Menschen mit Depressionen) im Grunde unglaublich stark sind weil wir viel ertragen und aushalten und trotzdem irgendwie weitermachen. Oft ist es auch der Blickwinkel, mit dem wir uns betrachten. Von außen her könnte man meinen, ich hätte im letzten Jahr "nicht viel" geschafft. Aber wenn ich mir überlege, welche Schritte ich (nach meinem 2. stationären Klinikaufenthalt) in Richtung "normales" Leben unternommen habe und bewältigt habe, obwohl sie für mich wahnsinnig anstrengend waren und viel Kraft gekostet haben, dann bin ich auch ein kleines Bisschen stolz auf mich . Leider neigen wir dazu, diese Erfolge kleinzureden und zu verdrängen, deshalb habe ich begonnen mir diese "Kleinigkeiten" in einer Art Positiv-Tagebuch zu notieren. Da kommen dann auch Sachen rein wie "Habe heute mit XY geschnackt." oder "Konnte AB gegenüber Grenzen setzen." Aber auch wenn ich spazieren gehen konnte oder mich mit etwas belohnt habe. Ansonsten gehen diese ganzen positiven Erfahrungen verloren, und wir brauchen sie doch so dringend um unser Selbstwertgefühl zu stärken...

Ich versuche ein wenig auf die einzelnen Punkte einzugehen, die du in deinen letzten Postings angeschnitten hast, fühle mich selber aber gerade etwas unstrukturiert und konfus. Ich hoffe du kannst dem trotzdem etwas abgewinnen

Für jetzt reicht es erstmal, meine Konzentration lässt nach und ich bekomme Hunger.

Dir und allen Mitlesern noch einen schönen Sonntag!

Grüße
Anna
Gib jedem Tag die Chance, der schönste deines Lebens zu sein.
Kailani
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Re: Zurück ins Leben

Beitrag von Kailani »

Hallo liebe Lotusblume.
Ich kann sehr gut verstehen, was du berichtest. Im Prinzip hätte ich es genau so aufschreiben können.
Ich hatte auch das Gefühl in mir sei ein verlassenes einsames kleines Mädchen. Eine Version von mir, der niemand helfen kann. Mir hat eine Atemübung in meiner Therapie sehr geholfen. Ich sollte dieses Mädchen visualisieren und ihm dann sagen, dass ICH auf es aufpassen werde. Ich werde bei ihm sein und es niemals im Stich lassen.
Für mich war das sehr hilfreich. Neulich als es mir schlecht ging und ich eine Atemübung machte tauchte dann plötzlich sogar dieses kleine Mädchen auf und "streichelte" meine Wange. Wir versöhnen uns langsam
Vielleicht ist das für dich ja auch eine hilfreiche Übung.
Mir gibt sie immer viel Kraft zum Weiterkämpfen.
Ganz liebe Grüße
Kailani
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Im tiefsten Winter erkannte ich endlich, dass ich in mir einen unbesiegbaren Sommer trug.

A. Camus
Kailani
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Re: Zurück ins Leben

Beitrag von Kailani »

@Anna:
So ein Positiv-Tagebuch werde ich mir jetzt auch mal zulegen, das scheint mir eine sehr sinnvolle Idee zu sein. Ich denke auch, dass wir alle hier sehr stark sind und das auch mal würdigen sollten.
Und ich werde jetzt auch mal über die "Ich-will-nicht-Straße" nachdenken. Ein sehr interessanter Ansatz.
Liebe Grüße
Kailani
______________________________

Im tiefsten Winter erkannte ich endlich, dass ich in mir einen unbesiegbaren Sommer trug.

A. Camus
Handsan
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Re: Zurück ins Leben

Beitrag von Handsan »

Hallo Anna,


habe mir den Satz von deiner Thera "Ich kann nicht" wohnt in der "Ich will nicht" Straße für mich mal analysiert. Ich selber benutze eher sowas wie "Das funktioniert nicht" oder "Es geht nicht" oder "Ich krieg das nicht hin".Für mich hat Können etwas mit Fähigkeiten zu tun.

Oft haben wir die Fähigkeit etwas zu ertragen, aber wir sagen "Ich kann das nicht ertragen". Aber wir tun es meist doch. Es ist kaum zu ertragen oder wir wollen es nicht ertragen, aber wir können es irgendwie doch.


So ein Glückstagebuch habe ich auch. Langsam passiert da auch in meinem Oberstübchen etwas, denn am Anfang fehlten mir meine Gefühle beim Erleben. Vom Kopf her wusste ich, dass etwas gut ist, aber fühlen konnte ich es nicht. Das war sehr deprimierend. Das ist wahrscheinlich auch einer der Gründe, warum ich vieles am Anfang notierte wieder vergessen habe. Wir brauchen zum Erinnern auch Gefühle.
Sich das positive vom Tag bewusst zu machen schafft ein Gegengewicht gegen die Depression, die sonst mit ihren Verallgemeinerungen und Schwärze alles platt macht.

Aber diese Ausdauer 1000 Mal eine Sache zu machen, weil man weiß, dass es wichtig ist und dann erst beim 1001 Mal zu merken, hey ich fühle dabei was, das ist hart. Sich immer wieder neu zu motivieren.
Ja, es ist beachtlich, was wir leisten und wie "leidensfähig" wir sind. Sich selber mit mehr Wohlwollen zu begegnen und nicht ständig auf sich selber herumzuhacken, dass musste ich auch erstmal begreifen.


Liebe Grüße
Lotusblume
Handsan
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Re: Zurück ins Leben

Beitrag von Handsan »

Hallo Kailani,


als ich das erste Mal vom Inneren Kind hörte, habe ich nicht dran geglaubt. Verstand es ohne Erklärung auch erstmal nicht.
Das zweite Mal sagte meine Therapeutin einen Satz, indem sie auf das Innere Kind ansprach. Ich nutze das Internet und setzte mich damit auseinander. Im Laufe meiner jetzigen Therapie spürte und hörte ich viel von meinem Inneren Kind.

Ich hatte am Anfang das Depersonalisationssymptom und konnte mich kaum mit meinem Spiegelbild identifizieren bzw. mich mit meinen eigenen Berührungen spüren. Irgendwann brach in meiner gefühllosen Welt Schmerz hindurch. Das waren sehr schlimme Momente, weil ich das Gefühl hatte, ich werde davon zerfressen und mein Körper wäre voll davon. Ich konnte diesen Schmerz auch immer nur Stückweise zulassen und machte dann danach sozusagen "den Deckel drauf" aus Selbstschutz.

Irgendwann fühlte ich ihn wieder und vor meinem inneren Auge sah ich mein Kind und es spielte sich folgendes ab.
Es lag am Boden und weinte und sagte, dass es nicht mehr leben will. Ich sah mein Kind und konnte nicht begreifen, das ein Kind nicht mehr sein will. Ich nahm es in den Arm und versprach es zu beschützen. Ich konnte ihm keine Hoffnung geben, weil ich selber keine hatte. Aber ich wollte es nicht im Stich und alleine lassen. Es war noch so klein. Und dann ganz plötzlich war ich mit ihm auf einer Fähre und fuhr weg. Ich drehte mich nicht um, mein Kind war jetzt bei mir.
In mir drinnen gab es während dieser Depersonalisationsphase noch andere Anteile. Einmal die Depression und dann auch noch die Magersucht. Sie wollten mein Kind haben. Versprachen mir ein Leben ohne Schmerz und Bedürfnisse, aber der Preis ist bei genauerem Nachdenken klar. Ich erschuf mir später noch einen Bodygard, der die Erwachsene und das Kind in mir beschützen sollte.

Später löste sich das auf, nachdem ich mich als Person wieder im Spiegel erkennen konnte und langsam wieder Bezug zu meiner Vergangenheit bekam. Nun bin ich sozusagen verbunden mit meinem Kind. Und du hast Recht kailani, es hilft mit ihm zu reden.
Meist höre ich es. Ich fühle mich dann wieder klein und in mir höre ich eine jüngere Stimme. Durch diese ganze Thematik kann ich mich endlich besser verstehen. Ich höre mir sozusagen zu und weiß, warum ich so bin wie ich bin.

Seltsamerweise habe ich keine Bilder im Kopf, wenn ich etwas kindliches wahrnehme. Und wenn dann ist das äußerst selten.
Meist entstehen irgendwelche Situationen oder es wird etwas gesagt, was anscheinend etwas vergangenes wachruft. Inzwischen kann ich die Situationen ansprechen und habe so die Chance neue Erfahrungen zu sammeln und nicht immer wieder verletzt zu werden und mein Kind sozusagen zu heilen. Aber auch das braucht anscheinend seine Zeit.

Ich denke meine jetzt vorhandene Tierliebe ist wieder erblüht, weil ich mit meiner früheren Version verbunden bin.
Ich habe meine Katze, die ich damals durch Zufall bekam bzw. übernommen habe, sechs Jahre bei mir. Erst vor vielleicht einem halben Jahre konnte ich meine Liebe zu meiner Katze spüren. Erst ganz zaghaft und nun von Mal zu Mal mehr. Ich liebe sie sehr und ich bin so dankbar, sie zu haben. Sie war am Anfang das einzige Wesen, dem ich glauben konnte, dass es mich gern hat, egal wie schlecht es mir ging.


Was mir schwerfällt sind Situationen, in denen ich mit jemanden verabredet bin und derjenige sich verspätet oder vielleicht auch gar nicht kommt. Mein Freund ist so nett und versucht mir immer vorher Bescheid zu geben und ich weiß auch, das er nicht mit Absicht zu spät kommt, sondern zum Beispiel sein Chef sein Zutun daran hat. Trotzdem kommt ganz häufig eine tiefe Traurigkeit hoch. Manchmal gesellt sich auch Wut dazu. In mir drin kommen dann Sätze hoch wie:
"Das hast du nun davon, wenn du auf jemanden wartest."
"Ich brauche den- oder diejenigen nicht. Ich komme auch alleine klar."
Auch der Wunsch denjenigen dann nicht mehr sehen zu wollen.
Ich kann mich an nichts aus meiner Vergangenheit erinnern und diese Gefühle halten sich hartnäckig.
Kannst du oder jemand mir dazu was empfehlen, was hilfreich ist?


Liebe Grüße
Lotusblume
Kailani
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Re: Zurück ins Leben

Beitrag von Kailani »

Hallo liebe Lotusblume,
ich würd dir gern etwas privater antworten. Mein Profil ist offen, du kannst mir gern ne E-Mail schreiben und ich antworte dann.
Ganz liebe Grüße
______________________________

Im tiefsten Winter erkannte ich endlich, dass ich in mir einen unbesiegbaren Sommer trug.

A. Camus
Handsan
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Re: Zurück ins Leben

Beitrag von Handsan »

Hallo ihr lieben,


zum seit Montag neu hinzugekommenen Antidepressivum kann ich sagen, dass es bis jetzt ein wenig beruhigend wirkt, ansonsten aber keine Nebenwirkungen.

Ansonsten habe ich das Gefühl, der Welt ein Stück "näher" zu sein. Ich fühle mich nicht mehr so weit weg. Ich hoffe sehr, dass meine Kraft und mein Antrieb wieder kommen werden.

Ich habe Sehnsucht nach der Möglichkeit wieder "unbeschwert" spazieren gehen zu können. Ich möchte meine Leichtigkeit wieder. Im Moment tröste ich mich damit, dass ich sowas überhaupt fühlen kann.
Erst seit kurzer Zeit kann ich mich wieder erinnern, wie es war, nicht depressiv zu sein. Ich habe eine Ahnung davon, wie es sich anfühlen würde. Ich weiß wo ich gefühlsmäßig hin will.
Vorbei die Zeit als ich dachte, ich wäre mein ganzes Leben schon depressiv gewesen. Vorbei die Vorstellung ich wäre schon immer eine "wandelnde Schlaftablette" gewesen. Und auch die Beurteilung, ob sich mental oder physisch etwas verbessert hat und inwiefern es mir gut geht. Wie soll man solche Fragen beantworten, wenn man gar nicht mehr weiß, was "gut" ist?

Ich habe mir vorgenommen, mich frei zu machen. Frei von der Vergangenheit, frei von belastenden Introjekten, frei von "ich muss müssen" ... und was sich weiterhin finden wird. Ich tröste mein inneres Kind - es ist vorbei, du bist bei mir und ich sorge für dich. Ich tröste mein Ich aus den vorherigen sieben Jahren. Ich habe wieder etwas Vertrauen gefunden und etwas Zuversicht.

Ich kann mich frei machen.


Liebe Grüße
lotusblume
timmie2002
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Re: Zurück ins Leben

Beitrag von timmie2002 »

hallo lotusblume,

das liest sich richtig gut.

heb dir dieses posting auf, falls zeiten kommen, in denen du eine positive erinnerung brauchst.

glg final
Handsan
Beiträge: 156
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Re: Zurück ins Leben

Beitrag von Handsan »

Vielen Dank final.

Ich werde es mir bewahren.


Die beruhigende Wirkung meines Medikamentes hat nachgelassen und ich habe den Eindruck, dass es ganz langsam anfängt mich psychisch und physisch zu unterstützen. Diese Unterstützung brauche ich auch.
So viele Jahre rumgelaufen und fast daran verzweifelt, dass meine Willenskraft nicht ausreichte, mich aus der Depression zu befreien. Ich denke, dass gerade dieser Aspekt der biologischen Blockaden für Außenstehende schwer nachzuvollziehen ist. Ich habe alles gemacht, was ich machen konnte und es "funkte" trotzdem nicht in meinem Hirn, in meinem Herz, meiner Seele. Und das ist schwer auszuhalten und anzunehmen. Ich "weiß" das mir etwas gutes widerfährt und ich freue mich kein Stück. Ich will mich bewegen, aber ich muss gedanklich alle Bewegungen steuern. Ein Schritt nach dem anderen, links, rechts, links.

Heute weiß ich, dass ich nicht unfähig war oder willensstark genug. Im Gegenteil, sonst säße ich nicht hier. Sonst hätte ich mir keine Hilfe geholt.
Das ist mein Antrieb. Ich sage mir, ich habe lange genug gelitten, das reicht. Aus dem Funken Leben in meinem Inneren soll eine Flamme werden. Ich möchte selber leuchten, damit ich mich nie mehr in der Dunkelheit verirre.

Am Freitag und über das Wochenende fühlte ich mich sehr niedergeschlagen, aber heute denke ich mir, okay, vielleicht ist es nachher oder morgen besser. Ich bekämpfe dieses Gefühl nicht mehr sondern schaue, wonach mir ist. Ich bin nett zu mir. Jedenfalls hacke ich nicht noch selber auf mir rum.
Ich merke, dass in mir drinnen etwas wächst. Eine liebevolle Seite und eine, die mich verteidigt. Ich will stärker werden. Ich kämpfe für mich und wer mir gut tut, darf mich begleiten.

Es ist schon komisch, wie ich das Gefühl habe, dass sich die Welt um mich verändert. Immer wieder sage ich, heute ist mein Blick anders, klarer, schärfer. Die Farben beginnen zu leuchten und ich merke, dass Farben mich berühren, mich fühlen lassen. Meine innere Wüste bekommt Wasser. Es soll blühen, ich möchte erblühen.


Liebe Grüße und Kraft und Hoffnung an euch
Lotusblume
BD
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Re: Zurück ins Leben

Beitrag von BD »

Hallo Lotusblume,

was ist das für ein medi das Du jetzt nimmst? Es scheint ja ganz gut zu helfen, oder?

GlG Waldsee
Handsan
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Re: Zurück ins Leben

Beitrag von Handsan »

Hallo Waldsee,


ich habe jetzt zu meinen 300 mg Venlafaxin zusätzlich Imipramin mit Anfangsdosis 20 mg bekommen.
Das wird über einen anderen Stoffwechselweg verarbeitet. Da ich trotz Venlafaxin noch sehr unter Kraftlosigkeit und Antriebsschwäche leide, wollen wir es so erstmal versuchen.


Kann man sagen, je länger eine Depression unbehandelt dauert, desto länger und schwieriger die Genesung?

Erhöht sich die Wahrscheinlichkeit nach depressiven Episoden, dass die nächsten symptomatisch schwieriger werden?

Ich denke, dass ich als Kind depressive Episoden hatte auf Grund der damaligen Belastungen. Irgendwie habe ich mich danach aber erholen können. Meine jetzige andauernde Depressivität ist aber wesentlich stärker und wurde über die Jahre nochmals intensiver. Leider wusste ich damals nicht, was mit mir los ist. Ich erkannte mich nicht wieder und habe mir Hilfe gesucht, aber nicht die passende gefunden. Das ist jetzt Gott sei Dank endlich anders.


Ganz liebe Grüße
Lotusblume
Handsan
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Re: Zurück ins Leben

Beitrag von Handsan »

Einen schönen guten Morgen wünsche ich euch!


Zu meinem letzten Post ... es ist (wohl oder übel)so wie es ist. Irgendwie hatte ich das Bedürfnis zu erfahren, ja, wenn vorher depressive Phasen in der Kindheit vorlagen, dann ist man sozusagen prädestiniert für eine spätere und heftigere depressive Symptomatik, wenn die Gegebenheiten dafür so "günstig" liegen.
Aber ob es so ist oder nicht, es ändert nichts an der Tatsache.


Ich möchte mich, obwohl er nicht direkt an mich bestimmt war, bei finalfreak für den Link mit den Traumatisierungen in der Kindheit bedanken.
Ich habe erst jetzt "fühlbar" begriffen (mein Verstand hatte irgendwann schon ein paar Erklärungen, aber Begreifen ohne Gefühl ist eben nur die halbe Sache), wie meine Depressivität entstanden ist und auch meine vorangegangene Essstörung.
Ich habe im gleichem Maße gehungert mit 12 Jahren, wie meine Seele gehungert hat.
Ich habe im gleichem Maße mit 18,19 Jahren abgenommen, wie ich seelisch immer mehr hungerte.
Ich baute mir eine zwanghafte Struktur aus Essen und Sport um nicht völlig in das Loch der Depression zu fallen. Ich spürte den Abrund und fand keinen Halt. Alles fehlgeleiete Überlebensstrategien.

Jetzt verstehe ich mich besser.


Liebe Grüße
Lotusblume
Handsan
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Re: Zurück ins Leben

Beitrag von Handsan »

Ein schönes Wochenende an alle, die mich lesen.


Mit meinem zusätzlichen Medikament komme ich ganz gut zurecht. Die Verzweiflung, die ich sonst immer mal wieder spürte, scheint sich aufgelöst? zu haben.
Ich empfinde mein Dasein nicht mehr als Qual, auch wenn der Antrieb, Lust und Freude noch zu wünschen übrig lassen. Ich würde sagen, dass ich langsam anfange zu leben und nicht mehr nur zu überleben.

Ich kann mich mehr an frühere Zeiten erinnern. An mehr gute Momente, an meine Energie, aber auch an meine "Leidensenergie". Wie ich Musik hörte und weinte, wie ich tanzte und weinte, wie ich lief, wie ich joggte und meine "Leidenschaft" ausdrücken konnte.
Ich kann wie jetzt traurige Musik hören und sie bewegt mich, aber sie bringt mich nicht zu Fall, weil ich mehr zum Leben gehöre.

Trotzdem bin ich unsicher, unsicher wie ich Leben möchte. Unsicher wie das ging, leben.

Im April steht der Junggesellinnenabschied meiner besten Freundin an und im Moment möchte ich nicht dahin. Möchte ich nur bei mir sein.
Vielleicht kommt bei mir bis dahin die Lust, die Vorfreude oder dergleichen.

Von meiner Thera habe ich die Hausaufgabe mich zu einem Berufsbild zu informieren. Ich habe noch keine abgeschlossene Ausbildung und es gehört ja zum Leben dazu, etwas zu lernen und Geld zu verdienen.
Ich weiß noch gar nicht, was ich will. Für kurze Momente gab es einen Berufswunsch und nach diesem Moment kam ich gefühlsmäßig nicht ran. Nur der Gedanke, dass ich kurz etwas wollte.

Etwas wollen ...


Liebe Grüße
Lotusblume
Handsan
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Re: Zurück ins Leben

Beitrag von Handsan »

Hallo an alle!


Was ich witzig finde (ironisch) ist, dass ich extra eine Verhaltenstherapie angefangen habe, weil ich nichts mit der Vergangenheit zu tun haben wollte. Und doch wurde ich im Laufe meiner Therapie damit konfrontiert. Kamen Erinnerungen hoch und auch jetzt noch.

Jedenfalls waren meine Erinnerungen sehr verschüttet, besonders die, dass ich mich nicht mal mehr daran erinnern konnte, jemals nicht depressiv gewesen zu sein.


Inzwischen geht es ans eingemachte - depressive Muster erkennen und wie ein "gesunder Erwachsener" handeln. Inzwischen gelingt es mir langsam dahinter zu steigen. Hatte doch zwei tolle Beispiele:


Das Berufinformationsvideo habe ich mir etwas unwillentlich angesehen. Ich tat es hauptsächlich um meine Pflicht zu erfüllen. Und es dauerte nicht lange, bis ich mich fragte: Kann ich das überhaupt? Das soll mir Spaß machen? Würde mir das Spaß machen? Mir ging es nach dem Film nicht gut. Ich wartete nur noch auf die Frage, ob das jetzt der passende Beruf für mich wäre. Ob ich mich mal endlich entscheiden könnte? Ich fühlte mich total unter Druck gesetzt.

Meine Therapeutin sagte mir, dass es nur darum ging, Informationen zu sammeln. Ich müsse nicht morgen los und arbeiten. Und auch was für einen Anspruch ich an mich hätte.


Dies Beispiel ist eine Erklärung, was sich in meinem Kopf abspielte. Warum ich mich die Jahre permanent gehetzt und angespannt fühlte und ständig nach dem Prinzip "müssen" lebte.
Meine inneren Sätze waren: Ich muss ..., ich kann nicht ..., ich darf nicht ... und wieder ich muss. In dem Sinne kein Wunder, warum es mir schlecht ging.


Ich verstehe jetzt langsam auch, warum ich meine eigenen Grenzen nicht wahrnahm und meinen Befindlichkeiten keine Beachtung schenkte. Es war mir lästig, müde zu sein. Ich wollte nicht weinen, denn dann war ich schwach und das durfte ich nicht sein. Ich verlangte von mir so zu funktionieren, wie ich es wollte. Das hatte so zu sein. Ich hatte so zu sein, wie ich es von mir erwartete.

Das für mich widerstrebende ist die Tatsache, dass meine Eltern ,oder eher mein Vater, mich so behandelten und ich hab das für mich auch noch übernommen. Klar, ich kannte es nicht anders und lernte es nicht anders. Ich versuchte mich als Kind anzupassen. Machte alles mit mir aus. Konnte mich nur auf mich selber verlassen. Wenn ich alles tat, was getan werden musste, war alles okay. Aber wehe nicht ... Damals gab es Ärger, Strafe oder Schläge.

Ich kann also inzwischen erkennen, wie ich so geworden bin. Wie sich diese Überforderungsmuster entwickelt haben.


Ab und an merke ich auch eine plötzliche Traurigkeit und/oder Wut. Da spüre ich mein inneres Kind. Letztens erst bei meiner Neurologin.
Ich fühlte mich unter Druck gesetzt, weil es darum ging, wie das mit meiner Krankschreibung weiter geht. Innerlich hörte ich sie sagen: "Ja ihre Stimmung liegt auf einer Skala von 0 bis 10 auf einer 5. Dann können sie jetzt auch wieder arbeiten gehen."
Und sie fragte auch noch, warum ich meine angefangene Ausbildung abgebrochen habe. Sollte das rhethorisch gemeint sein?! ICH KONNTE NICHT MEHR! FAST GAR NICHTS MEHR! Stattdessen antwortete ich nur, dass das Berufsbild nicht passte, die Firma, der Arbeitsort und dies die Gründe des Abbrechens gewesen seien und zusätzlich noch meine Depression.

Ich wollte, dass sie Rücksicht auf mich nimmt. Dass sie aus Fürsorge erkennt, dass es mir noch zu schlecht geht, vor allem körperlich. Dann wurde ich ärgerlich. Ärgerlich auf meine Neurologin, von der ich mich innerlich abwendete. Scheint meine gängige Reaktion zu sein. Ich wurde aber auch ärgerlich auf mich. Hatte ich ihr nicht eindeutig genug mitgeteilt, was an depressiven Symptomen mich noch behindert oder belastet?

Ich stellte fest, dass ich mich bemühe, nach außen ein positives Bild zu vermitteln. Ich müsste immer mitteilen, was sich alles verbessert. Ich muss alles hinkriegen. Ich dürfte nicht klagen. Ich möchte, dass sich andere für mich freuen und sich keine Sorgen machen. Ich habe das Gefühl, es wird von mir erwartet.
Zudem lerne ich gerade erst über mich und meine Befindlichkeiten zu sprechen. Oft fehlten mir die Worte. Genauso wie sie mir als Kind fehlten.

Dementsprechend werde ich beim nächsten Termin dies bei meiner Neurologin ansprechen und ihr genauestens erläutern, dass ich noch mehr als deutlich unter Erschöpfung und Kraftlosigkeit leide.


Mir sind noch Erinnerungen gekommen, wie sehr ich mich die Jahre abgemüht habe. Ich bin zum Bewerbungsgespräch meiner damaligen Ausbildung eingeladen worden und fuhr dort mit dem Zug hin. Ich musste eine Brücke mit Treppen zur Straßenüberquerung benutzen. Ich kam kaum die Treppen hoch. Ich, mit 24, jahrelanger Sport, kam kaum diese Stufen hoch! Konnte mich kaum während des Bewerbungsgesprächs konzentrieren. Immer wieder wurde mein Gegenüber in meinem Blick unscharf, wurde mir schwindlig. Konnte mich mich kaum auf dem Stuhl halten.

Mir fallen noch mehr Beispiele ein. Und ich finde es entsetzlich, wie ich mich in diese Erschöpfung über die Jahre hinein manövrierte und immer weiter machte. Wenn mir beim Fahrradfahren schwindelig wurde oder beim Joggen, das war doch kein Grund für mich, aufzuhören. Nach Hause zu gehen und mich auszuruhen. Ausruhen konnte ich ja im Schlaf.


Danke an alle, die mich lesen. Ich hatte wohl viel Schreibbedarf.


Liebe Grüße
Lotusblume
buratinus
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Registriert: 11. Feb 2013, 03:44

Re: Zurück ins Leben

Beitrag von buratinus »

deine srift ist nicht so übel du konnst den faden volgen nur zu vollstendichkeit essstörungen lese mal vitamin C unter wikipedia und viel ervolg
Handsan
Beiträge: 156
Registriert: 2. Jan 2013, 14:48

Re: Zurück ins Leben

Beitrag von Handsan »

Hallo ihr lieben!


Gestern hatte ich einen Termin bei meiner Therapeutin. Meine Aufgabe zur nächsten Woche ist es einen Wochenplan mit Strukturierung der Tage zu führen, den wir dann gemeinsam auswerten. Im Anschluss werden wir wahrscheinlich auch noch besprechen, ob die Krankschreibung verlängert werden sollte oder nicht.


Die letzten Wochen waren doch noch sehr geprägt von meiner Depression. Eine Erkältung setzte mir ganz schön zu und reduzierte meinen Antrieb. Parallel dazu stand die Frage aus, wie mein Freund und ich zum Junggesellinnenabschied(JGA) meiner besten Freundin reisen würden, der in zwei Wochen stattfindet.

An dem Tag habe ich um 11.30 Uhr auch noch einen Termin bei meiner Neurologin. Dann steht entweder 7 Stunden Zugfahrt an oder ca. 8 Stunden Autofahrt. Aller Wahrscheinlichkeit nach wären wir gegen 20 Uhr bei meiner Freundin. Der JGA ist am nächsten Tag ab Nachmittag geplant.

In mir drinnen sträubte sich fast alles. Keine Vorfreude meinerseits. Keine Lust auf Präsent kaufen für diesen Anlass, keine Lust durch die Stadt zu ziehen, keine Lust dort hin zu fahren. Ich habe dem Termin aber zugestimmt, meiner Freundin zu Liebe. Aber selbst für sie will ich nicht.
Klar versuche ich mir gedanklich gut zuzureden, dass es doch schön sein könnte usw. Das war auch gestern Thema bei meiner Therapeutin.

Wie könnte ich mir die Fahrt dorthin schön gestalten? Da ich über das Wochenende bleiben würde, könnte ich doch am Sonntag mit meinem Freund die Stadt besichtigen etc.
Mich halten keine Gedanken ab, ob ich das kräftemäßig schaffe (obwohl ich kaum glaube, dass ich genug Kraft habe) und ich habe auch keine Angst vor ihren mir unbekannten Freundinnen.


Wie bei der Tagesplanung fällt mir auch hier auf, dass ich mich nicht mehr zwinge. Und gleichzeitig sagt mir eine innere Stimme vorwurfsvoll, dass ich mich nicht mehr genug anstrenge.
Ich funktioniere nicht mehr. Jahrelang ging das so und mir war es bis vor kurzem nicht möglich zu sagen, dass ich keine Lust habe. Ich konnte das nicht fühlen. Und jetzt fühle ich das in so einer Deutlichkeit.

Wo ist meine Strenge mir gegenüber hin? Ich hatte Vorschriften, wann ich was zu essen hatte, wann ich laufen sollte, was ich zu tun und zu lassen hatte und was ich musste. Ich zwang mich durch die Jahre und jetzt habe ich den Eindruck, dass es nicht mehr über eine gewisse Grenze hinaus geht.

Mir tat das gut, mich nicht mehr so zu zwingen!

Meine Lustlosigkeit und Kraftlosigkeit bauen mir aber ein Gefängnis. Die Lebensfreude ...?
Bei mir ist das Glas halb leer statt halb voll.

Ich bemühe mich aber mit dem Wochenplan mit dem Hoffnungsschimmer, dass durch geplante Vorhaben die Lust kommen könnte.


Liebe Grüße
Lotusblume
Mooseba
Beiträge: 385
Registriert: 17. Dez 2010, 14:12

Re: Zurück ins Leben

Beitrag von Mooseba »

.
Zuletzt geändert von Mooseba am 18. Sep 2020, 17:15, insgesamt 1-mal geändert.
_________________________

"Wenn man aus einem protestantischen Land kommt, ist man immer etwas beschämt, wenn man bei der Arbeit nicht gelitten hat."

(Lars von Trier)
Handsan
Beiträge: 156
Registriert: 2. Jan 2013, 14:48

Re: Zurück ins Leben

Beitrag von Handsan »

Hallo Sebastian,


dieses Zwingen und Müssen hat mich sehr unter Druck gesetzt und mir so viel Kraft geraubt. Bis mein Körper mir die rote Karte gezeigt hat.

Auch jetzt zeigt er mir sehr deutlich was geht und was nicht geht. So kann und möchte ich nicht mehr mit mir umgehen. Ich kann selber entscheiden. Und ich weiß inzwischen, dass es besser ist, wenn ich sagen kann: ich möchte, ich will und ich darf.


Hallo Yvi*,

deine Zeilen habe ich leider nicht so ganz verstanden.
Das ganze als Prozess zu betrachten fällt mir schwer, denn die Lustlosigkeit begleitet mich jahrelang. Ich hätte gerne ein gefühltes Zeichen. Dass ich zum Beispiel Lust hätte zu telefonieren, spazieren zu gehen, unsere selbstgebackenen Osterhasen essen zu wollen, Lust auf Bewegung ...

Angst und Abwehr? Vor dem Junggesellinnenabschied? Ich habe mit meiner Freundin schon gesprochen, was wäre, wenn ich doch nicht käme. Sie wäre traurig, aber würde mir nicht den Kopf abreißen. Hauptsache ich komme zu ihrer Hochzeit. Das zu wissen ist schon mal eine Erleichterung.
Ich weiß auch, wenn ich dort sein sollte und es bei mir nicht mehr gehen würde, dass ich mich dann zurück ziehen kann und ich würde das auch nicht als versagen sehen. Ich hätte mich bemüht. Es geht keinem besser, wenn ich mich da durch bis 24 Uhr quäle und so tun würde, als hätte ich Spaß.
Das nimmt mir Druck raus.



Liebe Grüße
Lotusblume
Handsan
Beiträge: 156
Registriert: 2. Jan 2013, 14:48

Re: Zurück ins Leben

Beitrag von Handsan »

Hallo Yvi*,


ich bin in dem Sinne schon froh, wenn ich irgendetwas will und das ausdrücken kann. Auch einfach nur zu z.B zu sagen, ich will meine Ruhe haben.
Letztes Jahr konnte ich das nicht mehr formulieren "Ich will, ich will nicht, möchte etc." Als hätte mir die Depression nicht nur die Empfindungen geraubt, sondern auch die dazugehörigen Worte.

Ich war am Anfang so blockiert, dass ich nicht fähig war von mir aus zu sagen, ich will die Depression überwinden. Ich hatte kein gefühltes Wollen bis auf, ich will nicht mehr leiden. Alles andere war eher so Anleitung vom Verstand aus. Egal ob Anziehen oder Essen oder anderes. Ich sagte mir, dies oder jenes ist wichtig weil ... Und baute mir so eine Hilfsbrücke.

Ich bin dankbar, dass ich wieder Worte finden kann und nicht mehr dieses Empfinden der Sinnlosigkeit mit mir rumtrage.


Etwas zu akzeptieren, was noch nicht ist oder geht - ich glaube langsam verstehe ich was du meinst. Jedenfalls zieht es mich jedesmal runter, wenn ich mich dagegen wehre und endlich diese Antriebslosigkeit weg haben will. Es lässt sich nicht erzwingen. Und diese "nicht-annehmende-Haltung" kostet Kraft.

Etwas zu tun, wozu ich keine Motivation habe, ist leider anstrengend und auch dies raubt Kräfte. Ich möchte mich nicht mehr ausquetschen wie eine Zitrone.

Klar gibt es Dinge, die ich tue, wie Behördentermine wahrnehmen und andere wichtige Sachen, die mir wichtig sind, auch wenn ich das nicht machen will. Jedenfalls raffe ich mich dazu auf, weil ich eventuelle Konsequenzen nicht will.
Das erfordert Energie und so versuche ich mit meiner Kräften hauszuhalten.


Nicht einfach.



Liebe Grüße
Lotusblume
Handsan
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Re: Zurück ins Leben

Beitrag von Handsan »

Hallo an alle,


heute hatte ich einen Termin bei meiner Therapeutin. Wir sprachen über die Tagespläne. Für mich war es keine motivierende Angelegenheit. Jeden Tag konnte ich mehr oder weniger ein Minus hinter fast jeder Tätigkeit machen. Im Prinzip habe ich nur meine Erschöpfung dokumentiert. Letztlich hatte es auch sein gutes, weil meine Therapeutin so meinen Zustand besser erfassen konnte.

Ich bin froh, dass sie sich mit meiner Neurologin in Verbindung setzt. Ich bin noch nicht arbeitsfähig.

Wir sprachen auch über einen Tagesklinischen Aufenthalt. Ich habe mir das überlegt und meine anfängliche Abneigung ist der Zustimmung gewichen. Ich hoffe, die Wartezeit wird nicht allzu lange dauern.


Bei meiner Tagesplanung hatte ich mir vorgenommen, meine Pflanzen umzutopfen. Ich habe alles da, Blumenerde und Töpfe. Ich mag es grün und lebendig in meiner Wohnung und meine Pflanzen haben es echt nötig. An diesem Tag bemerkte ich, dass ich mich nicht überwinden konnte oder wollte. Also verschoben auf den nächsten Tag. Aber auch da nicht geschafft. Da ich es schon länger vor mir her schob und immer noch nicht umgesetzt hatte, ließ ich es bleiben. Ich glaubte nicht daran es in der nächsten Zeit umzusetzen. Keine Motivation und ich wollte es mir nicht jeden Tag erneut vornehmen und dann wieder streichen.

Meine Therapeutin versuchte da nachzuhaken, warum es nicht geklappt hat. Sie schlug vor nur eine umzutopfen. Ein kleiner Anfang.So habe ich mich gedanklich auch motiviert, trotzdem nichts getan.
Sie fragte mich, was mir daran so schwer viel. Im Internet surfen oder Buch lesen ginge bei mir ja auch. Klar geht das, aber auch mal mehr oder weniger gut. Und ich brauch mich dazu auch nicht viel bewegen. Allein die Vorstellung einen Topf zu holen, die Erde und die Pflanze und das ganze Prozedere, es legte sich gleich eine Schwere auf mich. Ich erklärte ihr, dass es mir generell so gehe, egal wobei.

Wie ich mich fühle, wenn ich etwas geschafft hätte, wollte sie wissen. Ich kann dann zu mir sagen, erklärte ich ihr: "Das hast du geschafft, darauf kannst du stolz sein." Das bei mir dann kein gutes Gefühl entstünde, liege daran, dass diese Aussage sich wie von außen anhöre. Der Unterschied wäre, wenn ich sagen würde: "Ich habe das geschafft. Darauf kann ich stolz sein."

Sie schlug mir vor an Hand des Beispiels des Pflanzenumtopfens mit Achtsamkeit an die Aufgaben ran zu gehen. Wie fühlt sich die Erde an? Wie riecht sie? Etc. Und auch mir so zu überlegen, welcher Topf mir denn gefällt, welcher passen könnte.
Das ist eine ganz andere Art die Dinge anzugehen. Das hört sich leichter an und schöner. Ich bin bisher so normgerichtet vorgegangen. Nur entschieden was wichtig ist und wie es zu sein hat. Selbst beim Umtopfen. Das ganze mit meinen Sinnen zu erfahren war mir völlig fremd. Jedenfalls habe ich jetzt einen Ansatz gefunden, wie ich trotz Erschöpfung etwas positives, schönes erleben könnte.


Liebe Grüße
Lotusblume
Handsan
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Re: Zurück ins Leben

Beitrag von Handsan »

Allen ein schönes Wochenende.


Dieses Wochenende, gestern, war der Junggesellinnenabschied meiner Freundin. Ich bin nicht mit meinem Freund hingefahren.

Meine Entscheidung stand gefühlt ein paar Tage vorher schon fest. Am Freitag selber fühlte ich mich frühs plötzlich physisch in der Lage. Ich haderte mit mir selber. Dadurch, dass an diesem Tag meine körperliche Erschöpfung weniger ausgeprägt war, fehlte mir eine "Entschuldigung". Denn so konnte ich immer sagen, dass es gar nicht geht. So hätte ich aber gekonnt, wenn ich mich nur bemüht hätte.

Ich hatte ein schlechtes Gewissen. Ich würde mich nicht bemühen, zusammenreißen und alles was ich als Erklärung für die Absage schreiben würde, wäre nur gelogen. So ging es mir durch den Kopf. Ich fürchte langsam, dass in mir so eine Art Sklaventreiber wohnt. Der mir sagt, was ich zu tun und zu lassen habe und der ungnädig ist, egal welche Bedürfnisse ich habe. Der verbietet und bestimmt, kritisiert und drangsaliert.
Mir viel es nicht leicht abzusagen und dennoch ist nichts negatives passiert. Meine Freundin, fand es zwar schade, aber kam damit zurecht. Und ich konnte müde sein und entspannen. Ich habe mich für mich richtig entschieden.


Für meine Anmeldung bei einer Tagesklinik musste ich einen Fragebogen abholen, in Ruhe zu Hause beantworten und dort wieder abgeben.
Es war doch schon irgendwie merkwürdig. Ich fühlte mich beim Durchqueren der Flure auf einmal so krank und auch irgendwie schwach, weil ich weitere Behandlung brauche. Und gleichzeitig dachte ich dann, nein, so krank bist du doch gar nicht. Bedürftig sein gefällt mir gar nicht.

Ich hoffe, dass ich bald einen Platz bekomme und weiter an mir arbeiten kann und auf die Beine komme. Meine Neurologin befürwortet jedenfalls, neben meiner Therapeutin, diese Behandlungsform. Medikamentös wollte sie leider erstmal nichts ändern. Einen Termin habe ich erst wieder in zwei Monaten. Ich will meine Energie und Lust wieder haben und hatte erhofft, dass sie nach 8 Wochen noch höher geht mit dem Imipramin. Das knabberte an mir und ich versuchte mich davon nicht runterziehen zu lassen. Die zunehmende Verzweiflung abzuweisen.


Liebe Grüße
Lotusblume
Handsan
Beiträge: 156
Registriert: 2. Jan 2013, 14:48

Re: Zurück ins Leben

Beitrag von Handsan »

Ich bekam diese Woche Post. Eine Vorladung zum Gespräch für die Tagesklinik. Eine Ärztin wird sich dann am Dienstag für circa eine Stunde mit mir unterhalten. Bin schon gespannt, was für Fragen kommen werden.

Kann mir da jemand von seinen Erfahrungen erzählen?


Am Dienstag Abend ging es mir furchtbar schlecht. Ich fühlte mich verzweifelt und auch ängstlich, fühlte mich dem Zerbrechen nah. Ich hätte am liebsten meine Neurologin angerufen und darum gebeten mir etwas gegen meine Antriebslosigkeit und Erschöpfung und diesen Zustand zu geben. Damit ich mich endlich besser fühle.

Über das ganze Wochenende hatte mich meine Kraftlosigkeit im Griff. Ich schaffte es am Sonntag nicht mehr raus und auch mein Magen schloss sich der Antriebslosigkeit an und sperrte sich mit Völlegefühl und Appetitlosigkeit gegen Nahrung.
Das ist für mich fast der unerträglichste Zustand und erinnert mich an schlimme Zeiten.

Am Montag und Dienstag wenig Verbesserung. Ich erledigte meine Termine, aber am Dienstag war das Maß voll. Mir taten meine Muskeln im Rücken weh, als hätte ich sonst was für Sport gemacht. Der Magen zog sich zum Stein zusammen und machte mir das Laufen schwer.
Zuhause konnte ich mich nur noch hinlegen, doch die Verzweiflung nahm nicht ab. Es tat in mir drinnen so weh, als würde ich kaputt gehen. Ich hielt das fast nicht aus und hätte am liebsten meine Ärztin angerufen, die jedoch keine Sprechzeit mehr hatte. Ich stand unter Spannung, Alarm schrie es in mir! Ich will das es aufhört! Ich gehe kaputt!

Mein Freund kam bald und ich erzählte ihm von meinem Befinden. Suchte seine Nähe und seine Umarmung und weinte. Er hielt mich fest und versuchte mich zu trösten und langsam beruhigte ich mich. Mir ging es nicht wesentlich besser, aber dieser Alarmzustand hörte endlich auf.
Am nächsten Tag hatte ich Therapie und besprach mit meiner Thera diese Situation.

Ich erzählte ihr, dass ich dieses Gefühl schon öfter hatte und dann z.B. nachts zur Notaufnahme fuhr und um Hilfe bat.
So viele Male habe ich diese extreme Verzweiflung und diesen Schmerz gefühlt. Zuletzt zum Beginn der medikamentösen Therapie, als ich plötzlich wieder fühlen konnte, wie schlecht es mir geht. Das war dann auch eine kritische Phase für mein Leben, weil ich einfach wollte, das es aufhört.

Meine Thera meinte, dass ich ganz bei mir angekommen wäre, auf dem Boden sozusagen. Nicht liegend sondern stehend. Ich sollte ihr genau das Gefühl beschreiben und sie fragte mich, wenn das Gefühl sprechen könnte, was würde es sagen?
Es kam sofort aus mir raus, ohne das ich nachdachte. Hilf mir! Ich war den Tränen nah. Das innere Kind in mir rief und wahrscheinlich nicht nur das. Eine konkrete Situation aus der Kindheit ließ sich nicht erinnern. Verschüttet. Die Emotionen eingebrannt.

Ich bin nicht kaputt gegangen. Endlich habe ich durch meinen Freund Halt bei jemanden empfinden können. Sogar gesucht habe ich ihn. Diese emotionale Zustand dürfte in dieser Intensität nicht mehr wiederkommen, versprach mir meine Therapeutin.

Ich hoffe es.



Liebe Grüße
Lotusblume
gost
Beiträge: 491
Registriert: 9. Feb 2013, 15:00

Re: Zurück ins Leben

Beitrag von gost »

Hallo Lotusblume,

ich war auch schon in einer Tagesklinik. Beim Vorstellungsgespräch ging es darum, die Diagnose „festzumachen“ und den Schweregrad festzustellen. Fragen kamen die üblichen, die deine Thera sicher auch gestellt hat. Außerdem wurde ich gefragt warum ich diese Therapie machen möchte, was ich mir davon erhoffe. Ich denke sie wollen deine Motivation feststellen.

Aber habe keine Angst davor. Du freust dich doch auf die Klinik, das es endlich weitergeht.

Zu deinen Schmerzen usw. will ich noch anmerken ob auch andere Erkrankungen in Betracht gezogen wurden. Ich denke da an Fibromyalgie oder Rheuma. Aus Erfahrung weiß ich das nicht jeder Arzt an diese Krankheiten denkt. Und diese können auch in die Depression führen.

Liebe Grüße
Handsan
Beiträge: 156
Registriert: 2. Jan 2013, 14:48

Re: Zurück ins Leben

Beitrag von Handsan »

Hallo gost,


danke für deine Antwort. Begründen kann ich meinen Tagesklinik-Wunsch und erzählen von mir und der Entstehungsgeschichte auch. Die Diagnose dürfte sich nicht als etwas anderes herausstellen, aber wer weiß. Das werde ich sehen.

Danke auch für die Informationen bezüglich Fibromyalgie und Rheuma. Das kann ich, denke ich, aber ausschließen. Das ist erst vor kurzem entstanden und tritt nach größeren Kraftanstrengungen auf.
Ich habe mehr Gefühl in und für meine Muskulatur seit dem ich das zusätzliche Medikament nehme. Auch mehr Gefühl für Berührungen.

Ich denke, so zeigt mir mein Körper weiterhin, was zu viel und zu anstrengend ist. Deutlicher als eh und je.


Liebe Grüße
Lotusblume
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