Glücklich mit Medis

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dprssn
Beiträge: 27
Registriert: 1. Nov 2012, 20:54

Glücklich mit Medis

Beitrag von dprssn »

Hallo zusammen,
ich bin eine Angehörige und würde gern mal ein paar Stimmen von Betroffenen hören, die keine Psychotherapie machen.

Mein Mann war sechs Wochen in der Klinik, dann kam noch eine Umstellung der AD die ihm sehr gut helfen. Wir haben uns viel damit auseinander gesetzt, viel miteinander geredet, eine Gesprächstherapie will er aber nicht machen, er sieht da keinen großen Nutzen.
Es geht ihm gut, er sagt es immer wieder, mit kleinen Tiefs (mal ein Tag) kommt er gut zurecht.

Ich freue mich mit ihm, unser Leben ist so viel schöner und einfacher geworden. Dinge die uns sehr aufgerieben haben und zu Streit geworden sind passieren einfach nicht mehr, oder wir können es einfacher beilegen.

Wir haben sicher auch Probleme aber das liegt so im Durchschnitt einer typischen Familie bzw. des Lebens. Das habe ich ihm jahrelang versucht zu erklären, jetzt sieht er es selber, und er ist so glücklich dank der AD etwas Ballast (Gedankenkreisen, Überbewertung von Kleinigkeiten) losgeworden zu sein.

Kann es so einfach sein?
aikido_1987
Beiträge: 1133
Registriert: 24. Jul 2011, 20:43

Re: Glücklich mit Medis

Beitrag von aikido_1987 »

Hallo LeniB,

als ich den Titel deines Threads las, dachte ich, ich lese nicht richtig. "Glücklich mit Medis" Toll! Du fragst ob das so einfach sein kann: Wenn im Gehirn Botenstoffe fehlen und die Medikamente ohne große Nebenwikungen das Gleichgewicht wieder herstellen, dann ist das ein Grund zur Freude. So soll es ja schließlich auch sein. Aber: Für viele sind die Medikamente nur ein Baustein von vielen in der Therapie und deswegen alleine nicht ausreichend. Viele werden ja nicht einfach depressiv, weil nur Botenstoffe im Gehirn fehlen, sondern weil es einen Auslöser gibt. Wie z.b. den Verlust einer nahestehenden Person.

Natürlich ist eine Gesprächstherpie eine gute Unterstützung, aber wenn dein Mann nicht möchte, ist das völlig ok. Es gibt viele Patienten die keinen Therapieplatz bekommen und trotzdem irgendwie klar kommen müssen. Ich habe zurzeit auch keinen Therapeuten und ich kommme damit zurecht.

liebe Grüße und weiterhin viel Erfolg!
aikido
lt.cable
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Re: Glücklich mit Medis

Beitrag von lt.cable »

Hallo zusammen!

Ich will den Pillen ihre Bedeutung im Gesamtkonzept bei der Behandlung der schweren rezidivierenden Depression nicht absprechen, doch zur alleinigen Säule taugen sie meiner Erfahrung nach nicht. Wenn ich die Effekte einer früheren Gesprächstherapie (damals nur kombiniert mit hochdosiertem Johanniskraut) und meiner aktuellen mehrjärigen Pillenschluckerei (Mirtazapin und Venlafaxin; ohne Gesprächstherapie) vergleiche, kann ich bloß festhalten, dass nur die Gesprächstherapie mir mittel- und langfristig so etwas wie ein Lebensgefühl zurückgegeben hat. Die Pillen halten mich erfolgreich aus der Klinik raus (was für mich bereits einen Wert hat), doch das war es dann auch schon.

Es grüßt
lt.cable
Ein Nilpferd wollte zum Ballett
als schönster aller Schwäne.
Nur war es fürs Ballett zu fett.
So scheitern viele Pläne.
- Charles Lewinsky
lae
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Registriert: 14. Feb 2012, 12:37

Re: Glücklich mit Medis

Beitrag von lae »

Hallo LeniB,
ich bin seit 56 Jahren (20 davon bewusst) depressiv. Habe einen Klinikaufenthalt, 5 Jahre Psychotherapie hinter mir, die mir nichts gebracht haben - außer der Erkenntnis, dass mir das nichts bringt. Ich bin seit 17 Jahren gut auf Medikamente eingestellt, die mir ein lebenswertes Leben ermöglichen. Die beste Psychoherapie, in meinen Augen, ist das Leben selbst.

(Mein Bruder (Psychotiker) lebt nach einem Psychiatrieaufenthalt, einer ambulanten Gesprächstherapie und einer guten Medikamenteneinstellung seit 14 Jahren auch so. Außerdem habe ich in den letzten 20 Jahren einige Betroffene kennen gelernt, denen es ebenso geht.)

Aus meiner Sicht sind Krankheitseinsicht (wozu auch die Einsicht in die Einnahme von Medikamenten gehört) und ein sorgsamer Umgang mit körperlichen und psychischen Belastungen wichtig, was sowohl mit als auch ohne Psychotherapie gelingen kann - oder auch nicht.

Dir und deinem Mann weiterhin alles Gute

laetitia
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