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Babette
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Beitrag von Babette »

Liebe Luxa, aus meiner Erfahrung weiß ich: ein Päckchen wird nicht leichter, wenn man es weiter (sprich länger) trägt. Du bist jung: Hast du ein Ziel? Kannst du dir vorstellen, dass die Energie, die du auf das Vermeiden verwendest, dieses Ziel in weite Ferne rücken lässt? Es ist nämlich so, dass ich mich bisweilen auch "vermeide", nämlich das, was mir schwer fällt. Bei manchen Dingen tue ich das tatsächlich so lange, bis ich meine eigene Muss-Schwelle erreicht habe (und ich mich über mich selbst ärgere, dass ich so lange gewartet habe.) Bis dahin fallen mir tausend andere Dinge, tausend Ausreden, warum ich noch nicht angefangen habe, tausend Gründe, die mich davon abhalten weiterzumachen. Ein altes Prinzip. Jeder tut das. In unterschiedlichem Umfang, mit unterschiedlichen Konsequenzen. Nun ist das mit der persönlichen Muss-Schwelle eine recht merkwürdige Sache, weil sie eben bei jedem ganz unterschiedlich ist. Will sagen, bei dem einen ist sie ganz niedrig, bei dem anderen so hoch, dass die Uhr dann 2 vor zwölf steht und nur unter der allergrößten Anstrengung dann, wenn überhaupt, noch etwas machbar ist. Der eine fürchtet den Schmerz mehr als die Mühe, ihn zu vermeiden, der andere mehr die Mühe als den Schmerz. Deine Situation kannst nur du selbst einschätzen. Wie weit bist du denn mit deiner Therapie? Wieviel liegt schon hinter dir, wieviel noch vor dir? Und wieviel kannst du aushalten? Ich habe keinen Rat für dich, aber ich wünsche dir, egal welchen Weg du wählst, alle Kraft, die du brauchst. Liebe Grüße, Babette
zicke
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Beitrag von zicke »

alles was mir noch blieb, wurde heute durch einen Anruf zerstört. Daran hing auch meine finanzielle Existenz...entweder ich lande in der Klinik oder oder unter der Brücke. Mir ist es komischerweise egal. Hauptsache Ruhe, kein Kleinkrieg, kein Streit,Ruhe!Kein Psychoterror und keine seelischen GGrausamkeiten mehr. Ich möchte nur Ruhe, ob in einer Anstalt in der man mit Medis vollgedröhnt wird oder auf dem Friedhof, das eine ist wie das andere.
Emily
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Beitrag von Emily »

Liebe Zicke, magst du darüber reden, was passiert ist? Wie lange soll es noch dauern, bis du den Platz in der Klinik antreten kannst? Emily.
Dring
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Beitrag von Dring »

Liebe Zicke, da ich nicht jeden Tag lese und schreibe, so habe ich erst heute Dein posting gelesen. Ich möchte Dich erst einmal ganz herzliche umarmen; bitte versuche zunächst wieder ganz ruhig zu werden. Was ist denn passiert? Das Du nur Ruhe möchtest, kann ich sehr, sehr gut verstehen. Als es mir so schlecht ging, habe ich nur noch die Bettdecke über den Kopf gezogen und gesagt, laßt mich doch alles in Ruhe. Ich hatte auch einen Antrag für einen Klinikaufenthalt gestellt; nur bis es soweit ist dauert es eben. Ich war soweit und wollte meine Tasche packen und mich vor die Klinik setzten, bis jemand von dort kam, um mich aufzunehmen und mir zu helfen. Mir war alles egal, auch wenn sie mich in eine Abstellkammer gelegt hätten. Dabei habe ich noch einen lieben Mann, der mich versucht.. zu verstehen, was eben nicht immer einfach ist. Schade, daß Du so allein bist und niemanden hast, der Dich morgens mit dem Duft einer Tasse Kaffee weckt. Ich habe auch lange gebracht (jetzt 1 Jahr) bis es mir irgendwie ging. Auch ich dachte, wozu bin ich noch da, mich braucht keiner, ob ich da bin oder wie Du sagst, "unter der Brücke oder auf dem Friedhof" das interessiert doch keinen, keiner vermißt dich. Liebe zicke, Du siehst aber auch, ich bin noch hier und schreibe, mir geht es inzwischen wieder etwas besser, wobei die Zeit bis zu diesem Punkt sehr hat war und ich auch von seiten der Ärzte und Therapeuten nicht nur angenehmes erlebt habe. Mir hat man unterstellt, ich stelle mich nur an. Aber auch wie Du siehst, sind viele hier, denen es mal schlecht ging. Wir sind für Dich da, Du gehörst hier zu uns und bitte, schreibe alle, alles was Dich bedrückt, oft hilft es, wenn man sich dieses von der "SEELE" schreibt. Irgendwann kommt für dich auch wieder ein kleiner Streifen Sonne am Horizont. Du hast sehr viel verloren, Deine Kinder, Dein Freund ... Wenn es Dir aber irgendwann und es gibt ein irgendwann .. wieder besser geht so werden auch Deine Kinder zu Dir finden, Du wirst neue Freunde finden. So jetzt will ich dieses noch schnell an Dich senden und wünschen Dir alle Kraft und alles Liebe, um wieder etwas glücklicher und hoffnungsvoller zu werden betina Viele liebe Grüße auch an ALLE betina
Babette
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Beitrag von Babette »

Hallo Emily, Hallo Betina, es scheint, eine kleine Meditationsphase ist eingekehrt... und ich mache mir ein bißchen Sorgen um Zicke, die nicht noch nicht auf eure Nachricht geantwortet hat. Das finde ich schade. Hoffen wir, dass es nur etwas Zeit braucht. Wie geht es euch beiden? @Betina: Hält dein neuer Kontakt ein paar brauchbare Tipps für dich parat? Würde mich sehr interessieren. Meine letzen Tage waren recht kurzweilig und haben mir neben amüsanter Lektüre sogar ein paar Erfolgserlebnisse beschert. (Habe doch von meinen Konzentrationsstörungen berichtet, die mir arge Selbstzweifel beschert haben. Nun, sie sind zwar noch nicht wie weggeblasen, aber schon so deutlich weniger geworden, dass ich heute ein "in der letzten Zeit echt super, weiter so" bekommen habe. Und positive Meldungen wollen ja auch berichtet werden.) Lese gerade etwa Spannendes: "Disziplin für Faule". (Bevor es mir jemand schenkt, habe ich mich selbst dazu verpflichtet :-) . Und was soll ich sagen: Ein echter Motivationsschub! Da muss ich doch glatt über mich lachen. @ Emily: Ich brauche deinen Rat. Wie würdest du jemandem etwas beipuhlen, das ihm unangenehme Einsichten beschert, wenn er sich ohnehin mies fühlt? (Du weißt schon... Es geht immer noch um das gleiche Thema, bin auf der Suche nach einer guten Strategie). Liebe Grüße, Babette
Emily
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Beitrag von Emily »

Liebe Babette, oh je, einen Rat in Sachen ...? Schwierige Frage, aber das weißt du ja selbst. Na ja, auf jeden Fall sind die Ich-Aussagen schon mal besser als Vorwürfe, so z.B. "ich habe mich ... gefühlt, als...", "ich empfinde es als ..., wenn ..." Vielleicht wäre der folgende Gedanke auch eine Überlegung wert: Inwieweit versprichst du dir tatsächlich eine Änderung oder Verbesserung von dem Gespräch? Glaubst du, dass diese Veränderung wirklich eintreten wird/kann? Wie wahrscheinlich/unwahrscheinlich ist es, dass dein Gegenüber sich in diesem Gespräch nicht doch verletzt zeigen wird? Wie wahrscheinlich/unwahrscheinlich ist es, dass neue Missverständnisse oder Probleme auftreten? Ich weiß, es ist nicht leicht, aber manchmal kann Vergeben, ob mit oder ohne Vergessen, der bessere Weg sein. Manchmal ist der Verzicht auf eine Strategie die beste Strategie. Ich will dir aber nicht reinreden. Wir sind für dich da, wenn du magst, kannst du es hier erzählen. Wie es mir geht? Bin durchaus zufrieden, danke der Nachfrage. Ich lese viel hier, denke viel nach, arbeite vieles an Erlebnissen während der Krankheit ab. Manches kann ich halt nicht abarbeiten, da bleibt nur ...? Der Verzicht auf die Strategie! Ich weiß nicht, ob das wirklich der schlechteste aller Wege ist. Es kann natürlich nicht immer der Weg sein, aber für mich ist es keine Frage, dass es manchmal ein Weg sein kann. Einen schönen Abend wünscht dir Emily.
zicke
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Beitrag von zicke »

melde mich nur kurz, bin momentan nicht mal in der lage zu schreiben. schön das es euch gibt.
Emily
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Beitrag von Emily »

Hallo, liebe Zicke, bin in Gedanken bei dir. Liebe Grüße, Emily.
Dring
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Beitrag von Dring »

HAllo Zicke, schön, daß Du Dich kurz gemeldet hast. Hoffentlich gehts Dir bald wieder besser. Ich denke an Dich und schicke Dir ganz leibe Grüße. Gib die Hoffnung nicht auf, es kommen bessere Tage. Mir gehts auch seit 2-3 Tage sehr schlecht. Aber, heute wollen wir an DIch denken. Alos nochmals, ganz, ganz liebe Grüße betina
Babette
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Beitrag von Babette »

Liebe Emily, deine Antwort hat mich etwas ins Grübeln gebracht, insofern als dass ich im Vergeben u n d Vergessen nicht der Weisheit letzter Schluss sehe. Vergeben ja, Vergessen nein! Wäre sonst nicht das, was wir erlebt, erfahren, gefühlt haben ausgelöscht - gleichsam wie ungeschehen, herausgelöst aus einem Prozess, der uns geprägt/geformt hat zu dem, was wir sind? Ich möchte dir ein Beispiel geben: Du hast Kinder. An diese Kinder gibst du (im Rahmen deiner Erziehung) weiter, was du selbst gelernt hast. Du bestimmst den Lernprozess und wählst die Mittel aus, die dir angemessen erscheinen. In der Regel wird gutes Verhalten belohnt, schlechtes Verhalten bestraft. Das ist das Prinzip: Mit dem Ziel der Wiederholung (deshalb Belohnung) oder der Unterlassung (deshalb Bestrafung). Dieses Prinzip funktioniert normalerweise überall und in jedem Alter, ob in der Familie, iin der Schule, im Beruf oder in der Gesellschaft, ob als Kind oder als Erwachsener - solange die Richtlinien für das, was belohnenswert/bestrafungserfordernd ist, transparent sind von jedem "als gerecht" verstanden/akzeptiert wird. Das liegt in der Natur des Menschen und liegt dem Miteinander zu Grunde. Jeder will geliebt werden, jeder will belohnt werden für seinen Einsatz, jeder will sein Ein- und Auskommen haben oder erfolgreich sein (wo auch immer sein individuelle Priorität/seine Bedürnisse liegen. Also setzt er seine Energie auf das ein, was sein Bedürfnis befriedigt. Fallbeispiel: Deine Kinder bekommen Taschengeld, a) weil alle Kinder Taschengeld bekommen, b) weil Kinder lernen müssen mit Geld umzugehen, und c) weil Kinder lernen sollen selbstverantwortlich zu handeln: sprich, wenn das Geld zu schnell ausgegeben ist, müssen sie warten bis das nächste kommt, können sie sich etwas nicht leisten etc. pp. Das ist normal (unter der Voraussetzung natürlich, dass das Taschengeld eine angemessene, regelmäßige, verlässliche Größe ist). Belohnungsprinzip wäre hier: Für außerordentliche Leistung gibt es einen Bonus (z.B. Autowaschen, gute Noten, sofer das nicht der Normalfall ist). D.h., in dem Fall: ohne Autowaschen kein Bonus/Taschengeld gibt es trotzdem. Strafe wäre: Taschengeld fällt aus. Darf das Taschengeld ausfallen, weil ein Kind nicht Autowaschen will (und auch ohne Bonus gut auskommt und ihm Rasenmähen vielleicht mehr Spaß macht)? Nach der Devise: Wer keinen Bonus will, braucht auch kein Taschengeld? Ich finde das falsch, weil keinen Bonus zu kriegen, ist Konsequenz genug. Wollen, weil ein Anreiz (zur Leistung) da ist, hat für mich persönlich einen ganz anderen Stellenwert als Müssen (nicht dürfen), damit Strafe ausbleibt. Ersteres hat etwas mit eigenverantwortlichem Handeln zu tun, letzteres etwas mit Manipulation. In Puncto Autowaschen heisst das: Wer ja sagen darf, muss auch nein sagen dürfen. Wer nicht nein sagen darf, weil ihm anderenfalls Strafe droht, hat nicht wirklich eine Wahl (und kann demzufolge nicht wirklich lernen, eigenverantwortlich zu handeln). Nun, was ich glaube, ist, dass die Schraube ja-oder-du-bekommst-Strafe nicht aufhören wird, sich zu drehen, wenn einer allein, still und leise für sich vergibt und vergisst, als sei sie nie da gewesen. Die Alternative wäre der endgültige Bruch, und dass wäre vielleicht noch fataler, weil die Möglichkeit einer Umkehr ins Positive damit gänzlich ausgeschlossen bliebe. Und das eben nicht nur für einen allein. Was meinst du? Liebe Grüße, Babette
Emily
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Beitrag von Emily »

Liebe Babette, mir scheint, dass (viele?) deiner Erlebnisse dich ziemlich gefrustet und verletzt haben müssen. Ich denke, es ist gut und notwendig, sich darüber im Klaren zu sein und die negativen Gefühle zuzulassen, die damit verbunden sind. Ich hatte auch nur gemeint, dass manchmal Vergeben (ob MIT oder OHNE Vergessen) der bessere Weg sein kann. Wenn du für dich entschieden hast, dass Vergessen eben nicht sein kann, dann ist das doch in Ordnung so. Viele Dinge, die einem zu weh getan haben, kann man eben nicht einfach vergessen. Ich weiß es nicht, kann nur vermuten, dass deine Mutter mit ihren Depressionen vielleicht schon zu kämpfen hatte, als die Ereignisse stattgefunden haben, auf die du Bezug nimmst? Aus meiner eigenen, unrühmlichen Erfahrung mit Depris heraus kann ich eigentlich nur folgendes sagen: Wenn man unter Depris leidet, ist man nicht mehr derselbe, der man mal war. Man fühlt sich wie in einem riesigen Berg zähesten Gummis, der einen an jeder Bewegung hindert. Alles ist extremst verlangsamt, jede noch so kleine Bewegung ist mit äußerster Kraftanstrengung verbunden. Das gilt auch für die zwischenmenschliche Beziehung. Jede kleinste Bewegung in Richtung auf den anderen hin kann regelrecht unmöglich sein trotz guten Willens. Man verharrt in tiefster innerer Erstarrung. Und diese Erstarrung auszuhalten kostet einen schon alleine alle Kraft, die man aufbringen kann. So sagt und tut man vielleicht viele Dinge, die anderen zutiefst unverständlich und gemein vorkommen müssen. Man kann oft nur noch SEINE eigene Sicht der Dinge sehen, die Sicht der anderen erkennt/versteht man nicht mehr. Der Überblick über die Situation kann verloren gehen. Bitte verstehe mich nicht falsch. SO kann ich es heute, NACH den Depris sehen, damals während der Krankheit konnte ich das nicht. Damals konnte ich nicht spüren, welche Ungerechtigkeit manchmal den anderen durch mein eigenes Verhalten widerfahren ist. Ich konnte nur spüren, welche Ungerechtigkeit MIR durch die Krankheit widerfahren ist. Ich habe diese Krankheit als sehr ungerecht empfunden, ob sie das nun tatsächlich gewesen ist oder nicht, kann ich auch nicht wissen. Wenn du diese Erlebnisse heute (immer noch) als sehr belastend empfindest, dann frage ich mich einfach nur, ob du die notwendige und erwünschte Entlastung tatsächlich von der Seite bekommen kannst, von der du sie dir erhoffst. Ein endgültiger Bruch kann auch nicht unbedingt die Lösung aller Dinge sein. Sofern meine Vermutung, dass es um deine Mutter geht, überhaupt stimmt, frage ich mich allerdings folgendes: Wie wirst du dich fühlen, wenn die Entlastung durch das Gespräch nicht eintreten sollte? Wirst du dann nicht noch frustrierter sein als jetzt? Bist du gewappnet für eine neue Enttäuschung? Könnte man den Gedanken in Erwägung ziehen, die Entlastung bei einem anderen zu suchen, z.B. in einer Therapie? Sorry, auf die Fragen weiß ich natürlich keine Antwort, gehen mir nur so durch den Kopf. Deine ersten Postings hier hatte ich noch so in Erinnerung, dass deine Mutter heute noch an Depris leidet. Wenn das so ist, wage ich zu bezweifeln, ob sie dir die Entlastung geben kann, die du dir wünschst, denn sie hat dann womöglich eine andere Sicht der Dinge als du. Will ich nur aus meiner damaligen Depri-Sicht der Dinge zu bedenken geben, allerdings ohne dir hineinreden zu wollen. Schicke dir liebe Grüße. Emily.
zicke
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Beitrag von zicke »

Liebe Emily und all die anderen, deine Postings sind immer sehr klar, deutlich und man merkt das du beide Seiten kennst Emily. Du hast oben geschrieben "So sagt und tut man vielleicht viele Dinge, die anderen zutiefst unverständlich und gemein vorkommen müssen. Man kann oft nur noch SEINE eigene Sicht der Dinge sehen, die Sicht der anderen erkennt/versteht man nicht mehr. Der Überblick über die Situation kann verloren gehen." Ich glaube so geht es mir gerade, obwohl ich immer noch denke, das ich ein gwisses Unverständnis seitens der gesunden verstehen kann. Meine mir wichtigste Bezugsperson hat mir eine Mail geschrieben, in der stand das er meine dauernden Up´s und Down´s momentan nicht mehr verkraftet, das ich ihn mit in meine Löcher ziehe und er jetzt selbst erst mal die Batterien aufladen müßte. Ausserdem hätte er ja noch ein Leben in dem er sich um Dinge kümmern und Probleme lösen müßte. Hat mich sehr getroffen diese Mail, ich komme mir langsam vor wie ein vampir, das jedem Gesunden in seiner Nähe, aussaugt. Ich habe mir doch meine verdammten Gefühle und Empfindungen nicht ausgesucht. Ich habe heut Post vom Anwaltes meines Exmannes bekommen, zwecks Unterhaltszahlungen meinerseits an unsere Tochter. Wovon denn bitte? Das Kranken geld und Wohngeld reicht grad für die Mite und die laufenden Kosten. Danach war ich am Boden zerztört, ja ich kann damit nicht mehr umgehen. Alles was ich wollte war ein wenig trost von besagtem Freund, nicht das er mich anschreien soll das ich mit der verdammten Heulerei aufhören soll und dann eben zum Anwalt gehen soll. Um dieses beschissene Geld gings mir doch gar nicht, mich hat umgehauen das mein Ex nicht mehr mit mir redet, nichts abspricht und ich immer nur vor vollendete Tatsachen gestellt werde. Ich will doch niemandem schaden oder etwas böses....ich weiß das ich sehr sehr anstrengend bin, oft ungerecht und weiß auch das viele Dinge so wie ich sie auffasse, nicht gemeint waren/sind. Ich war immer ein kommunikativer Mensch aber jetzt habe ich immer mehr Hemmungen etwas zu sagen. Was kann darf ich sagen ohne zur Belastung zu werden? Kann ich mich überhaupt noch verständlich machen oder rede ich tatsächlich nur noch wirres Zeug? Was soll ich denn dem sagen der mir am nächsten steht wenn er fragt wie geht es dir? wenn ich sage gut, dann kommt ein sollst du lügen? wenn er merkt mich quält etwas. ´Wenn ich dann ehrlich bin und mir alles von der Seele rede, sicher sind konfuse Dinge dabei, so wie, keiner liebt mich, was soll ich noch, dann sauge ich scheinbar dem anderen das Leben aus. Ich habe fleißig die Postings gelesen, würde gern so viel schreiben können wie Skyllah(hoffe richtig geschríeben) und Sewi aber mir fehlt die Kraft und die Energie und oft genug die richtigen Worte. Puhh soviel am Stück hab ich lange nicht mehr geschrieben. Wünsche allen ein erträgliches wenns geht schönes WE
Babette
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Beitrag von Babette »

Liebe Emily, du redest mir nicht hinein. Im Gegenteil, ich schätze deine Gedanken sehr. Sie helfen mir ein bißchen zu relativieren. Mein Taschengeldbeispiel war nur ein abstraktes Beispiel, es ist nicht so, dass meine Eltern damals schon generell das Prinzip des Belohnens für ihre Zwecke umfunktioniert hätten. Aber wenn ich heute so darüber nachdenke, dann kommt es mir vor, als würde ich es schon mein Leben lang kennen. Daher meine Allergie auf alle wenn... danns, mein Widerwillen gegen Müssen und meine Auf-und Ablehnung gegen jede Form der Bevormundung. Das Prinzip des Belohnens ist ja an sich auch nicht Schlechtes, solange es mit einem gemeinsamen Erfolg einhergeht, ... und nicht in das Gegenteil verkehrt wird, oder benutzt wird, um Abhängigkeiten zu schaffen. Natürlich kann ich auch bedingt nachvollziehen, dass "normale Reaktion" in einem Zustand der Depression außer Kraft gesetzt ist. Ich weiß, dass man "normalerweise" sein Selbstwertgefühl und seine Selbstachtung aus dem bezieht, was man ist, will, lebt, erreicht. Und ich weiß, dass es fast zwangsläufig zur persönlichen Katastrophe wird, sein Selbstwertgefühl über andere zu beziehen/definieren, nämlich über die, die die einen brauchen, die, für die man alles tut und von denen man mindestens alles erwartet. Ich hatte diesen Ehrgeiz Mutter-Therasa-zu-spielen nicht - konsequenterweise aber auch nicht in Anspruch genommen. Aber - und das ist genau dass, was ich nicht auf die Reihe kriege: Ist es nicht so, als würde man der Krankheit Vorschub leisten, wenn man sie unbegrenzt zulässt und sich damit abfindet, dass sie die "Normalität" ersetzt? Sprich: sich und anderen bedenkenlos Entlastung erteilt. Entschuldige meine provokante Frage, ich möchte dir deine eigenen Erfahrungen nur sehr ungern in schmerzliche Erinnerung rufen. Aber ich verstehe nicht, wo da der Anreiz/das Bestreben kommen soll, gesund zu werden. Traurigkeit geht nicht vorbei, wenn alle traurig werden, denke ich. Ungerechtigkeit wird nicht dadurch besser, dass alle ungerecht sind oder werden. Auf der einen Seite versuche ich, dem Grenzen zu setzen - nicht zuletzt um mich selbst abzugrenzen, von etwas, dass mir der falsche (verhängnisvollere und erfolglose) Weg zu sein scheint. Diesen Egoismus bin ich mir selbst schuldig, um mich nicht davon runterziehen zu lassen und selbst in Ohnmacht und Untätigkeit zu erstarren. Auf der anderen Seite sehe ich, dass die "Erstarrung in Krankeit" sich nicht auflöst, indem man sie weiterhin verständnisvoll, geduldig, entschuldigend, vergebend und vergessend als etwas Unabänderliches hinnimmt, und erwartet, dass alle andere darauf eingehen und ihr damit Raum geben für neue wenn...danns. Entscheidungsfrage ganz krass: Soll die Depression regieren oder der freie Wille? Ich sehe Handlungsbedarf, auch wenn er unter Umständen weh tut. Das genau ist meine Zwickmühle. Und ich frage mich, ob es nicht auch eine "Erlösung" sein kann, eine immer weiter um sich greifende "Erstarrung" mal endlich loszuschütteln (damit der "Heilungsprozess" auch dort wieder in Gang kommt). Nachdenklich Grüße Babette
Emily
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Beitrag von Emily »

Liebe Zicke, auch wenn ich nicht in der gleichen Situation war wie du, so sind mir doch deine Gefühle von Verzweiflung und Unverstandensein sehr vertraut. Es muss dir so vorkommen, als ob alle Welt nur noch auf dir herumtrampelt. Wenn die Depris über Jahre hinweg andauern, wird der Umgang der anderen mit dem Betroffenen immer schwieriger und schwieriger, die Kraftreserven der anderen werden leider auch aufgebraucht. So grenzen sie sich ab. Damit versuchen die anderen, sich eben vor einer eigenen Depression zu schützen. Und wie tief dein persönlicher Leidensdruck wirklich ist, wissen die anderen wohl kaum richtig einzuschätzen oder zu beurteilen. Mit Sicherheit lässt du ja deine wahren Gefühle und Empfindungen gar nicht richtig nach draußen, oder liege ich damit ganz falsch? Man muss es einfach so sehen, dass ein nicht selbst Betroffener sich auch von dieser Krankheit oft überfordert fühlt, wenn er in seinem Umfeld damit konfrontiert ist. Als Betroffener kann man dann gar nicht verstehen, wieso der andere die Schotten dicht macht. Man selbst fühlt sich so schlecht, dass man denkt, den anderen geht es doch gut, wieso halten sie das nicht aus, wo ich doch gerade viel, viel Schlimmeres aushalten muss? Nein, du hast dir deine Krankheit, deine Gefühle und Empfindungen nicht ausgesucht. Es hat dich keiner gefragt, ob du sie denn haben willst, und wenn dich einer gefragt hätte, hättest du bestimmt nicht ja gesagt!! Welchen Trost könnte ich dir also geben? Eigentlich nur den, dir so schnell als irgend möglich durchgreifend helfen zu lassen, damit du die Dinge wieder in den Griff bekommen kannst. Wenn man nämlich wieder (halbwegs) gesund ist, kann man sein Leben wieder in die Hand nehmen. Dann sehen die Dinge wieder anders aus, man findet wieder Lösungen für anstehende Aufgaben und Probleme. Und die anderen nehmen nicht mehr reißaus, wenn sie einen sehen. Ich weiß, liebe Zicke, es ist schwer, ein solches Übermaß an Problemen auszuhalten, und in der Depression stürzt nur noch alles auf einen ein. Man hat das Gefühl, man wird unter einem Berg begraben. Versuche, dich auf das Allerwesentlichste zu konzentrieren. Was ist für dich im Moment das Wichtigste? Stelle alles andere zurück, so weit dies eben möglich ist. Versuche, die Verletzungen durch das Verhalten der anderen so weit als möglich an dir abprallen zu lassen. Wenn du dieses Verhalten der anderen nicht verstehen kannst, dann verschwende keine Kraft darauf, es verstehen zu wollen. Spare deine Kraft für das Wichtigste. Das Grübeln über die Beweggründe der anderen zieht von deiner Kraft zuviel ab. Liebe Zicke, das sind sozusagen meine Quintessenzen aus meinen eigenen Erfahrungen. Natürlich will ich sie dir absolut nicht aufdrängen. Ich konnte diese Schlussfolgerungen auch erst nach und nach für mich ziehen, vieles erst nach der eigentlichen Krankheit als richtig oder falsch bewerten, was ich während der Krankheit an Verhaltensweisen an den Tag gelegt habe. Ich schicke dir liebe Grüße, Emily.
Emily
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Beitrag von Emily »

Liebe Babette, folgende Worte von dir geben mir zu denken: "Ist es nicht so, als würde man der Krankheit Vorschub leisten, wenn man sie unbegrenzt zulässt und sich damit abfindet, dass sie die Normalität ersetzt?" Ich weiß gar nicht, ob die Frage tatsächlich darin besteht, ob du oder die anderen, im Umfeld lebenden Personen die Krankheit zulassen sollt, oder ihr nicht lieber Begrenzung verordnen sollt. Meiner Meinung nach ist der Betroffene zunächst einmal selbst dafür verantwortlich, etwas gegen seine Krankheit zu tun, natürlich mit Hilfe und im Rahmen dessen, was tatsächlich möglich ist. Wenn derjenige fachmännische Hilfe ablehnt, was dann? Kann man dann als Außenstehender wirklich gezielt etwas tun? Dass deine Mutter therapeutische Hilfe ablehnt, könnte an folgenden Möglichkeiten liegen: - Sie hätte diese Hilfe früher schon in Anspruch genommen, es hätte aber nichts genutzt. - Aufgrund der schlechten Erfahrungen wäre sie zu der Überzeugung gelangt, ihr könnte man nicht helfen. - Sie hätte noch keine gezielte Hilfe in Anspruch genommen, die Gründe könnten vielfältig sein. Der Anreiz, der Wille gesund zu werden, muss von demjenigen selbst kommen, und sei dieser Funke noch so winzig. Deshalb brauchst du nicht selbst in Traurigkeit zu verharren, denn damit ist keinem gedient. Kein Mensch kann auch von dir erwarten, immer geduldig, liebevoll, verständnisvoll zu sein, immer mit einem netten Spruch auf den Lippen. Was kannst du tun? Das, was allen Angehörigen evtl. weiterhelfen könnte: für sich selbst so gut wie möglich zu sorgen, notfalls auch durch Abgrenzung, zumindest zeitweise. Deine 2. Frage lautete: "Soll die Depression regieren oder der freie Wille?" Liebe Babette, wenn es wirklich eine schwere Depression ist, ist die Frage leider falsch gestellt. Wenn man eine schwere Depression hat, regiert definitiv die Depression, nicht der freie Wille! Man hat nicht die Entscheidungsfreiheit zwischen Depression und Nicht-Depression / freiem Willen. So ist leider meine Erfahrung aus meiner eigenen, sehr schweren Depression. Ich hätte mir vorher nie vorstellen können, wie sich dieses Unfähigsein zur Entscheidung, zum Wollen anfühlt, aber es ist Bestandteil der Depression. In einer Depression kann der Wille völlig verschüttet sein. Ich habe mich wie ein willenloser Spielball gefühlt, selbst wenn ich hätte "wollen können", hätte ich noch längst nicht handeln können. Dazu muss - mit ärztlicher/therapeutischer Hilfe? - zunächst mal wieder eine minimale Fähigkeit entwickelt werden. Diese kann man dann mit viel Glück und guter Hilfe wieder ausbauen. Es müssen sehr viele günstige Faktoren zusammenkommen, um tatsächlich eine durchgreifende Änderung herbeizuführen. Diese Faktoren sehe ich zusammengefasst nochmals u.a. in folgendem: - zumindest minimale Bereitschaft, Hilfe anzunehmen, - kompetenter Arzt/Therapeut (>>>Medikamente?), - Erfolge in der Therapie, dadurch wachsende Motivation und Befähigung zur Mitarbeit. Die Frage müsste vielleicht eher lauten: Was könnte der Betroffene tun, um sich aus der Sackgasse helfen zu lassen, um dann wieder ansatzweise "wollen zu können"? Wenn zur Annahme von Hilfe keine innere Bereitschaft mehr vorhanden ist, wird es für alle Beteiligten umso schwerer. Meinst du mit der "Erstarrung" im letzten Absatz deines Mails den Betroffenen, oder fühlst du dich selbst schon wie erstarrt in dieser Situation? Kennst du die Gründe, warum deine Mutter sich nicht hat helfen lassen / sich momentan nicht helfen lässt? Wenn nicht, würde sie sie dir sagen? Man muss kleine Schritte gehen auf diesem Weg, man kann nicht mit den großen anfangen, auch wenn man es noch so gerne tun würde. Ich weiß nicht mehr, ob ich dich schon mal gefragt habe, ob deine Mutter evtl. mal hier im Forum lesen will. Wenn für sie der Heilungsprozess mal wieder in Gang käme, dann könnte er für dich/euch wieder einen Neuanfang nehmen. Einen lieben Gruß, Emily.
Babette
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Beitrag von Babette »

Hallo Emily, bin immer noch recht nachdenklich über deine Antwort und deine Fragen: Ich selbst bin nicht erstarrt, noch nicht. Aber ích merke, wie sich Handlungsspielraum immer kleiner wird, wie all die wenn...danns, mit denen ich mich auseinandersetzen muss, zu Steinen werden, die sich in den Weg legen, zu Fallstricken, die keinem nützen, zu Türen, die zuschlagen für sich und für andere. Und ich sehe, wie mir die Lust ausgeht, dauernd etwas wegräumen oder öffnen zu müssen für andere, die nichts besseres zu tun haben, als sich neue wenn...danns auzudenken und die Welt noch schwärzer zu malen als sie sie sowieso schon wahrnehmen. Ich will etwas ändern. Und wenn es nur für mich ist, um "Stop" zu sagen und "so-geht-das-nicht". Du fragst, warum meine Mutter die Therapie abgebrochen hat. Gute Frage. Vielleicht, weil es anstrengend war, vielleicht, weil die Schwelle erreicht war, wo sie sich nicht mehr nur mit der Reaktion der anderen auseinandersetzen musste, sondern auch mit ihrem eigenen Verhalten. Der Schnitt kam, als meine Schwester und mein Vater miteinbezogen werden sollten in die Gespräche und beide sich geweigert haben. Die Therapeutin meinte, dass beide sehr viel mit den Rahmenbedingungen der Situation und der Eskalation zur Depression zu tun hätten. Meinen Vater (allein) hätte meine Mutter gern für ihre Depression verantwortlich gemacht, bei meiner Schwester hat sie geblockt. Der Rest ist Mutmaßung. Ich tue mich ein wenig schwer, du merkst es schon, die Depression als Entschuldigung für alles und jedes -und das über Jahre- herzunehmen. Es übersteigt meine Vorstellungkraft, ehrlich gesagt, ein wenig, zu glauben, dass die ganze Welt schlecht sein soll, weil einer das Gute darin nicht mehr sieht (sehen kann oder will. Ich fürchte, im Ergebnis bleibt beides Unrecht und führt letzlich zu noch mehr Erstarrung, zu "dann mache/sage ich eben gar nichts mehr"). Ich habe mir vorgenommen, meinem Ruf, ein unbequemer Geist zu sein, ein wenig Rechnung zu tragen und werde mal ein bißchen bohren. Liebe Grüße Babette
Emily
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Beitrag von Emily »

Liebe Babette, danke für deine Antwort. Ich muss dir dazu etwas sagen, hoffe, du bist mir nicht böse deshalb. Ehrlich gesagt ist manches in den Texten für mich schwer zu verstehen, weil alles etwas vage ist für mich. Ich versuche immer zwischen deinen Zeilen zu lesen, manchmal gelingt es mir wohl, aber manchmal auch nicht. Natürlich kann ich verstehen, dass es dir schwer fällt, über viele Dinge zu sprechen. Das akzeptiere ich auch. Ich würde dir aber oft gerne etwas genauer antworten, wenn ich genauer wüsste, was du meinst. Ich verstehe z.B. nicht richtig, was du mit den "wenn...danns" konkret meinst. Mir würde es sehr helfen, wenn du die Dinge evtl. ein wenig deutlicher darstellen könntest, aber fühle dich bitte dazu nicht gedrängt. Das bleibt natürlich dir überlassen. Zwischen den Zeilen meine ich herauszulesen, dass dich die ganze Situation momentan (oder schon länger?) viel mehr belastet, als du am Anfang zu erkennen gegeben hast. Könnte das sein? Da machtest du auf mich immer den Eindruck, als ob du eigentlich über den Problemen stehen würdest. Für mich ist es aber gar keine Frage, dass man als Angehöriger auch Schlimmes durchmacht. Bestimmt hast du unter dem anderen Thema hier im Angehörigen-Thread schon gelesen, welche Dinge einem helfen könnten, es leichter auszuhalten, notfalls auch besser für sich selbst zu sorgen. Ich denke auch, dass man eine Depression nicht als eine Entschuldigung für alles und jedes heranziehen kann. Das können die anderen nicht, und das sollen sie auch nicht. Schließlich MUSS das Leben für die anderen weitergehen. Und die Welt kann auch nicht völlig schlecht sein, nur weil einem die Krankheit diese falsche Wahrnehmung aufzwingt. Es ist halt so, dass man unter jahrelang andauernden Depris u.U. keinen richtigen, klaren Bezug zu den Realitäten mehr hat. Die Dinge können völlig verzerrt erscheinen, sind einer objektiveren Betrachtung entzogen. Und man gewinnt dann zunehmend den trügerischen Eindruck, dass die Wirklichkeit tatsächlich so aussieht, wie man sie interpretiert. Da kann z.B. ein ganz banal dahergesagter Satz gleich als Angriff auf die eigene Person gesehen werden. Dass dies die Sache nun keineswegs leichter macht für alle anderen, liegt auf der Hand. Allerdings habe ich es während meiner eigenen Krankheit ganz oft so erlebt, dass ich vor der Schwere der Krankheit die Flügel strecken musste. Ich kann zwar behaupten, dass ich eigentlich einen starken Kampfgeist entwickelt habe(viel mehr, als ich mir selbst je zugetraut hätte), aber sehr viele Tage und Stunden habe ich eben doch die Flügel strecken müssen. Das waren die Tage und Stunden tiefster, schwärzester Hoffnungslosigkeit, Perspektivlosigkeit, Sinnlosigkeit. Alles in mir war einfach nur schwarz, hilflos, verzweifelt, sinnlos, völlig verständnislos, ausgebrannt, ..... Ein Leidensdruck, den zu beschreiben mir die Worte fehlen. Ich konnte mir gar nicht mehr vorstellen, dass mein Leben und meine Existenz jemals wieder einen Sinn machen könnten. Dann konnte ich mich nur noch auf einen Stuhl setzen, mich zusammenkauern, weinen, meine Arme um meinen Oberkörper legen und mich vor- und zurückwiegen wie ein Kind. Das war dann das einzige, was ich noch für mich tun konnte. Es gab mir noch ein winziges bisschen Trost und Mitleid für mich selbst in einer ansonsten völlig trostlosen, aussichtslosen Situation. Hast du einen Überblick darüber, wie schlimm deine Mutter von der Krankheit betroffen ist? Vor meiner eigenen Krankheit hätte ich mir nie vorstellen können, SO krank zu sein, ohne daran sterben zu müssen. Ich habe mich im wahrsten Sinne des Wortes "tod"-krank gefühlt, habe jeden Tag mit meinem völligen Zusammenbruch gerechnet. Diese Krankheit kann einem alles nehmen, was man einmal besessen hat. Und wenn man NICHTS mehr hat außer tiefster Schwärze, dann kann man auch nicht mehr an die anderen denken. Das geht dann einfach nicht mehr. Ich weiß nicht, wie schlimm deine Mutter betroffen ist. Hast du einen Überblick darüber? Du hast den Ruf, ein unbequemer Geist zu sein? Behalte ihn unbedingt bei!!! Ich denke, er ist Gold wert. Ganz liebe Grüße, Emily.
Babette
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Beitrag von Babette »

Liebe Emily, wie wahr du sprichst! Aber ein unbequemer Geist zu sein hat auch viele Nachteile, jedenfalls in einer Familie, die Neins nicht akzeptieren kann und Nicht-gebraucht-werden als persönliche Beleidigung betrachtet. Da fliegt man dann ein halbes Jahr vor'm Abi raus, weil der Freund zufällig die falsche Herkunft hat (wer hat denn gelehrt, dass Charakter zählt und nicht die Herkunft?), bekommt keine Ausbildung und auch sonst keine müde Mark (es sei denn auf dem Rechtsweg - danke, brauche ich nicht, legt euch doch gehackt), enterbt und aus der Familienliste gestrichen wird man obendrein (andere erben auch nichts - na gut); da quält man sich durch ein Studium und bricht irgendwann entnervt und Jahre später/kurz vor Schluss ab, weil man die Lust verloren und der Lebensunterhalt Vorrang hat - schließlich will man ja keinem auf der Tasche liegen - und muss sich dann anhören: "zu der Sorte gehörst du, ich wusste ja gleich, dass das nichts wird (danke schön, aber wer hat das denn maßgeblich sichergestellt? Bei 50-70 % Studienabrechern ist der Anteil von denen, die es selbst finanzieren, wohl wie hoch?). Ich will nicht mit meinem Schicksal, das es so gut mit mir meint, hadern. Ich habe gelernt, auf eigenen Beinen zu stehen, habe stets mein Auskommen gehabt, auch wenn es manchmal ein sehr karges war, und bin keinem Rechenschaft schuldig gewesen. Meine Niederlagen gehörten mir, ebenso wie meine Erfolge. Nun habe ich ja noch zwei Geschwister, die - wie es mir scheint - fatalerweise einzig an meinen Erfolgen gemessen werden. Und was an Voraussetzung dazu fehlte, wurde an Unterstützung in jeder Form wettgemacht. D.h. aus dem proklamierten Gleichhalten ist dann ein Gleichmachen geworden - nur dass der Erfolg ausblieb. Und was die Unterstützung angeht, wurden Abhängigkeiten geschaffen, die jede Selbstständigkeit, jeden Funken von Selbstverantwortlichkeit erstickt haben: vornehmlich mit wenn...danns (Ich helf dir, aber nur, wenn du dann...). Ich habe mich dem entzogen, schon sehr früh, noch bevor ich aus der Schule kam, und noch heute sehe ich es als den für mich richtigen Weg an. Ich will meine Entscheidungsfreiheit nicht gegen wenn...danns eintauschen, schon gar nicht wenn die danns nicht auf meinem Weg liegen. Wie erfolgreich wird man Dinge tun, die man eigentlich nicht will? Da ist für meinen Geschmack weniger oft mehr. Nun habe ich manchmal den Eindruck, dass meine Eltern, beide auf der ihnen eigenen Weise, aber immer nach dem gleichen Prinzip Druck auf alle Kinder erzeugen, um ihre Ziele/Bedürfnisse durchzusetzen, der eine seine ehrgeizigen Projekt, der andere wäre gern Mittelpunkt der Welt, der eine dies durch Sabotage, damit es anders nichts werden kann oder durch erpreßte wenn..danns. Die andere Taktik bestand aus Sich-unentberlich-machen, Vorwürfen, Gehässigkeit, mitleiderzwingendes Leiden (viele Krankheiten/Phasen meiner Mutter waren somatisch bedingt - nicht gefaked, aber immer mit einem optimalen Timing). Mit dem Effekt, dass alle anderen ihren Kram erstmal zurückzustellen hatten. Es ist nicht so, dass ich Krankheit mit all ihren Nebenwirkungen wie "auch mal einspringen müssen" als störend empfinde, aber das Leben muss trotzdem weitergehen. Es können nicht plötzlich alle still stehen, weil einer still steht; es können nicht alle ihre Ziele immer zurückstellen, damit einer seines erreicht, jedenfalls nicht als Dauereinrichtung. Nun, wie dem auch war, die Ziele sind immer größer/aufwendiger geworden, die Zeitabstände immer kürzer. Und bei mir hat das mit dem Druck nicht so gut geklappt, wohl aber bei meinen Geschwistern, und das mit einschneidenden Konsequenzen für alle und dem Resultat, dass nun jeder einzelne allein in seiner Ecke sitzt, schmollt und seine Wunden leckt, und natürlich alle die Schuld weit von sich weg auf den nächsten schieben. Ein Affentanz ist das! Gut, dass ich für mich bin, mir nicht jeden Schuh anziehen muss. Aber selbst Nichts-damit-zu-tun-zu-haben ist schon ein Grund, Schuld zu sein: Man hätte ja auch etwas tun können. Auch da werden wilde wenn.. danns konstruiert, die allesamt auf recht wackeligen Beinen stehen. Siehst du, meine Eltern haben über viele Jahre mit solchen Manipulationen Fallstricke gelegt, über die sie nun selbst ins Stolpern geraten, um nicht zu sagen auf die Nase gefallen sind. Und im Moment ist es so, dass beide jammern, dass die Zeit läuft und es noch soviel zu tun gibt (sagt der eine) oder keiner mehr da für sie da ist (sagt die andere). Und dass ich meine Sachen so prima hinkriege, scheint irgendwie für sie eine Einladung zu sein, mir ihren Kram, inklusive Entscheidungsfindung zwischen hüh und hott, auch noch aufzuhalsen. Wenn meine Eltern sich einig wären und das Ziel fest stünde, wäre alles halb so schlimm, da könnte man Unterstützung geben, aber so sitze ich zwischen zwei Stühlen und weiß genau, einer wird in jedem Fall meckern, ich habe selbst nichts davon und kriege obendrein hinterher wieder den schwarzen Peter, weil ihn ja immer einer kriegen muss und da versteckt man sich doch gern hinter jemandem, der entscheidungsfreudiger ist. Und ich habe nicht vor, mir das länger bieten zu lassen. Meine Geduld ist echt zu Ende. Mal sehen wie es wird. Fahre morgen erst mal dorthin (und habe jetzt schon einen dicken Hals). Werde dir berichten. Liebe Grüße Babette
Emily
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Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

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Beitrag von Emily »

Liebe Babette, ich bin froh, dass du nicht mehr bereit bist, aus deinem Herzen eine Mördergrube zu machen. Mein Vorschlag: Wir könnten auf Privatmails umsteigen, wenn du magst? Liebe Grüße, Emily.
Emily
Beiträge: 1217
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

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Beitrag von Emily »

Hallo, Babette. Alles OK? Emily.
Babette
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Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

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Beitrag von Babette »

Liebe Emily, ja, danke der Nachfrage. Nehme dein Angebot gern an. Muss nur erst noch ein bißchen den Kopf sortieren. Melde mich in ein, zwei Tagen. Lieben Gruß Babette
Emily
Beiträge: 1217
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

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Beitrag von Emily »

Hallo Babette, hab´s gerade gelesen. Hatte mir schon Sorgen um dich gemacht. Bis bald! Emily.
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