Erfahrungen mit Abbruch des Kontakts zu den Eltern

Kroki
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Erfahrungen mit Abbruch des Kontakts zu den Eltern

Beitrag von Kroki »

Hallo Ihr,

nach einer langen Vorgeschichte bis in die Kindheit zurück mit Demütigungen durch meinen Vater und Funktion als Partnerersatz für meine Mutter gab es vor gut zwei Jahren zwei Vorfälle mit meinen Eltern, die bei mir das Fass zum Überlaufen gebracht haben:
Mein Vater beleidigte mich auf einer Familienfeier, und meine Mutter versuchte mich bei einer zufälligen Begegnung zu einem sofortigen Besuch bei ihnen zu nötigen.
Daraufhin habe ich den Kontakt zu meinen Eltern weitgehend abgebrochen.

Auf Nachfrage hin habe ich meinen Wunsch nach Distanz so gut wie möglich erklärt.
Wenn es Sachfragen zu regeln gab, habe ich mich bemüht, Problemlösungen zu finden, bei denen der Kontakt zu meinen Eltern auf ein Minimum reduziert blieb.

Meine Eltern haben meinen Wunsch, keinen Kontakt mehr zu ihnen zu haben, trotz meiner Erklärungsversuche nie verstanden und sich mir regelmäßig im Vierteljahresrhythmus mit irgendeinem Anliegen schriftlich aufgedrängt, weil ich andere Kontakte nicht mehr zuließ.
Wenn es nichts zu regeln gab, habe ich gar nicht darauf reagiert.

Nun meint meine Schwester, zu der ich bisher noch Kontakt hatte und der ich die Gründe für mein Verhalten auf Nachfrage ebenfalls dargelegt habe, unsere Eltern unterstützen zu müssen.
Sie hat mir vor ein paar Tagen eine E-Mail geschrieben, über die ich entsetzt bin:
Da stehen Vorwürfe, Beschuldigungen, falsche Unterstellungen, verdrehte Tatsachen…
Auf diesem Wege will sie mich dazu bewegen, wieder Kontakt zu unseren Eltern aufzunehmen.

Ich bin sehr verletzt und fühle mich wie ein Outlaw. Ich habe versucht, mich so fair wie möglich zu verhalten.
Trotzdem werde ich nun beschimpft, weil ich vermeintlich das heile Familienidyll zerstört habe.

Von mir aus können meine Eltern (und auch meine Schwester) glücklich und in Frieden leben.
Ich möchte einfach nur keinen Kontakt mehr zu ihnen haben, weil ich den herabwürdigenden autoritären Kommandoton meines Vaters und das anklagend-weinerliche Anklammern meiner Mutter in meinem psychisch ziemlich angeschlagenen Zustand nicht mehr ertrage.

Ich frage mich, ob sich so eine verfahrene Situation jemals wieder lösen lässt.

So, nun ist mein Posting leider doch sehr lang geworden.
Über Euere Erfahrungen mit einem Abbruch des Kontakts zu den Eltern würde ich mich freuen.

Vielen Dank fürs Lesen und für Eure Antworten

Herzliche Grüße

Kroki
Nini33
Beiträge: 81
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Re: Erfahrungen mit Abbruch des Kontakts zu den Eltern

Beitrag von Nini33 »

Hallo Kroki,

der Abbruch zu Kontakten der Herkunftsfamilie wird in unserer Gesellschaft nicht wirklich toleriert. Trotzdem geschieht er.

Wenn es für dich zu belastend ist, dann halte an deiner Entscheidung fest. Das, was du jetzt brauchst, sind wahrscheinlich keine Vorwürfe und Anschuldigungen, sondern Verständnis und Unterstützung. - Manchmal können das Menschen nicht geben.

Ich habe im vergangenen Jahr den Kontakt zu meinen Eltern und Anfang diesen Jahres den Kontakt zu meinen Geschwistern abgebrochen. Leid tut es mir nur um meine Nichten, die nichts für die schwierigen Familienverhältnisse können, aus denen wir stammen, und trotzdem die Auswirkungen zu spüren bekommen.

Mir geht es gut mit dem Abbruch. Ich fühle mich wie befreit. Bisher hat noch kein Kontaktversuch stattgefunden, von daher weis ich nicht, wie ich dann reagieren würde. Ich denke noch viel über meine Familie nach, aber ich kann es jetzt mit mehr Abstand tun - und das tut wohl.

Jeder muss selbst entscheiden, welchen Weg er da gehen will. Ich werde den Kontaktabbruch nicht an die große Glocke hängen, aber ich weis, dass es für mich gut und richtig ist.

LG
Nini
Rudi-Reiter
Beiträge: 448
Registriert: 5. Jul 2009, 00:18

Re: Erfahrungen mit Abbruch des Kontakts zu den Eltern

Beitrag von Rudi-Reiter »

Hallo Kroki

Ich habe den Kontakt zu meiner Mutter abgebrochen,
ich ertrage sie nicht mehr.
Mein Vater lebt nicht mehr.

Auch zu meinem Bruder habe ich keinen Kontakt mehr,
er wurde zum selben jähzornigen Alkoholiker wie unser Vater war.

Es fühlt sich irgendwie falsch an, doch es geht mir besser so.

Ich bin umgezogen, sie wissen nicht wo ich wohne, Anrufe nahm ich
nicht mehr an und Emails löschte ich ungelesen.
Seit einem halben Jahr lassen sie mich jetzt in Ruhe.

Meine Schwester ist von sich aus auf Distanz gegangen, sie lebt mit
unserer Mutter unter einem Dach.

Mein Thera möchte, dass ich meinen Erzeugern verzeihe,
doch das kann und will ich nicht.

Mein Leben ist voll und kompliziert genug, ich bin froh, alleine zu sein.

Du musst nicht glauben, dass ich mutig bin,
angetrieben wurde ich von der Angst vor weiteren Konflikten.


Liebe Grüße
Rudi
_______________________________________

Die Welt und das Leben können schön sein,

wenn ich es wirklich will!
Kroki
Beiträge: 814
Registriert: 15. Mär 2004, 17:50

Re: Erfahrungen mit Abbruch des Kontakts zu den Eltern

Beitrag von Kroki »

Hallo Nini,

herzlichen Dank für Deine Antwort auf mein schwieriges Thema!

Die fehlende gesellschaftliche Toleranz bzgl. des Kontaktabbruchs beschäftigt auch mich.
Ich habe immer wieder den Eindruck, dass auch Freunde von mir, die wissen, wie schwierig meine Eltern sind, kein Verständnis für mich und meine Entscheidung haben.
Da meine Eltern mich nicht misshandelt haben und finanziell auch eher großzügig waren, wirft meine Schwester mir z. B. Undankbarkeit vor.

Im Umgang mit meinen Nichten tue ich mich ebenfalls schwer.
Eine meiner Nichten hat mir kürzlich zum ersten Mal in ihrem Leben einen längeren Brief geschrieben, in dem sie die Auseinandersetzung zwischen mir und ihren Großeltern komplett ausgespart hat.
Nach der bösen Mail von meiner Schwester weiß ich nun gar nicht mehr, wie ich meiner Nichte antworten soll.

Die Kontaktversuche meiner Eltern empfinde ich als sehr belastend.
Ich möchte einfach nur unabhängig von ihnen mein Leben leben, aber das wollen sie offensichtlich mit allen Mitteln verhindern.

Schön, dass Dir der Kontaktabbruch tatsächlich gut getan hat und dass Du in Deiner Entscheidung dafür so klar bist.

Liebe Grüße

Kroki
Kroki
Beiträge: 814
Registriert: 15. Mär 2004, 17:50

Re: Erfahrungen mit Abbruch des Kontakts zu den Eltern

Beitrag von Kroki »

Hallo Rudi,

auch Dir ganz herzlichen Dank für Deine Antwort!

Glücklich bin ich mit dem Kontaktabbruch auch nicht wirklich. –
Das war kein mutiger, offensiver Schritt, sondern defensiver Selbstschutz.
Ich wusste mir einfach nicht mehr anders zu helfen, weil ich mich nicht dazu in der Lage fühlte, mich gegen die ständigen Übergriffe auf der psychischen Ebene zu wehren.

„Versöhnung“ ist ein Schlagwort, das in diesem Zusammenhang in allen Ratgebern kursiert.
Ich kann mir aber bis heute nicht wirklich vorstellen, mich mit jemandem zu versöhnen, der sein eigenes Handeln mir gegenüber - und wenn es noch so übergriffig war - in keinster Weise in Frage stellt.

Dir ebenfalls liebe Grüße und alles Gute

Kroki
Haferblues
Beiträge: 1005
Registriert: 21. Okt 2012, 12:50

Re: Erfahrungen mit Abbruch des Kontakts zu den Eltern

Beitrag von Haferblues »

Hallo Kroki,

ich kenne das auch mit der Undankbarkeit. Es ist ein Tabu, den Kontakt zu den Eltern abzubrechen. Über 20 Jahre habe ich von den wenigen Verwandten, mit denen ich noch Kontakt hatte, von Kollegen, von Freunden gehört: „das kannst du doch nicht machen!!!!“ „das sind doch deine Eltern!!!!!“ „man muss doch verzeihen können!!!“ usw., usw., usw. Noch heute, nach über 30 Jahren versucht mein Bruder noch gelegentlich, mich umzustimmen: „Mutter ist doch jetzt eine alte Frau“ blablabla.

Ich hatte oft Gewissensbisse, weil ich überall nur auf Unverständnis gestoßen bin. Auch bei Therapeuten. Andererseits beobachte ich immer wieder, wie Menschen in unerträglichen Beziehungen aushalten, nur weil es die Eltern sind. Sie reißen sich den A.... auf, um EINMAL im Leben zu hören: „du bist ein gutes Kind“. Aber die ersehnte Anerkennung kommt nie.

Klar will die „Familie“ nicht, dass du den Kontakt abbrichst!!! Bei mir war das auch so. Ich sollte gefälligst meine Rolle als Sündenbock weiter ausfüllen. Wenn du dich rausziehst, bringst du das ganze System durcheinander. Das gefällt deiner Schwester natürlich nicht.

Heute sage ich: klar doch sollte man verzeihen können!!!! Aber vor die Vergebung haben die Götter die Reue gesetzt. Und bisher hat meine „Mutter“ nicht erkennen lassen, dass sie irgendwas überdacht und eingesehen hat. Warum soll ich also zurück gehen und das gleiche Strickmuster wie früher stricken???????

Es wird mit den Jahren leichter. Vielleicht ist bei deiner Familie nicht Hopfen und Malz verloren wie bei meiner. Wenn du jetzt Abstand brauchst, dann nimm dir den!!

viele Grüße
Rifka
Lebenskünstler sind Menschen, die schon vollkommen glücklich sind, wenn sie nicht vollkommen unglücklich sind.
Danny Keye
FSKF
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Registriert: 14. Feb 2011, 15:16

Re: Erfahrungen mit Abbruch des Kontakts zu den Eltern

Beitrag von FSKF »

Hallo Kroki,

es gibt immer Kommentare von Menschen die ein gutes Verhältnis zu ihren Eltern haben und kein Verständnis zeigen, wenn jemand den Kontakt abbricht. Aber letzten Endes ist jeder für sich selber verantwortlich und wenn einem der Kontakt zu den Eltern nicht gut tut, hat man meiner Meinung nach jedes Recht, sich davor zu schützen.

Ich habe im Alter von 16 Jahren den Kontakt zu meinen Eltern für mehrere Jahre abgebrochen und das war definitiv das Beste, was ich hätte tun können. Bei meiner Mutter ist es so, dass sie zwei Gesichter hat - nach außen hin nett und freundlich, aber wehe, ich (als Kind) war mit ihr alleine...

Ich fühle mich auch nicht für meine Eltern verantwortlich und meine Therapeutin sagt dann nur "es gibt Gründe, dass es so ist" und ja, die gibt es in der Tat.
jep

Re: Erfahrungen mit Abbruch des Kontakts zu den Eltern

Beitrag von jep »

Hallo Kroki,

ich habe zwar nie den Kontakt zu meinen Eltern abgebrochen, es gibt aber da durchaus Baustellen. Ich habe mich (weitgehend) versöhnt:

-Mit mir und meinen Entscheidungen, einen anderen Weg zu gehen wie meine Eltern

-Mit dem, was mir in meiner Kindheit geschadet hat, und wo meine Eltern daran beteiligt waren: SIE waren der Überzeugung richtig gehandelt zu haben, und sind es heute noch. Und das kann ich nur annehmen, da ich mich nur selbst ändern kann.

-Ich bin selbst Mutter und habe bestimmt nicht alles richtig gemacht. Aber ich habe es gemacht so gut ich konnte. Und hoffe, das ich trotzdem ein gutes Verhältnis zu meinen Kindern aufrechterhalten kann, auch wenn diese einen anderen Weg einschlagen.

Also ich halte Aussöhnung mit sich selbst für den wichtigsten Schritt. Wenn du weist, was du willst, mit dir selbst im reinen bist, kannst du vielleicht auch wieder Kontakt zu deiner Familie haben, falls du das möchtest. Aber solange du sie oder sie dich ändern oder manipulieren wollen, oder schlimmer noch:können, ist deine Selbstschutzstrategie richtig.

Liebe Grüße
annette fee
albert
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Re: Erfahrungen mit Abbruch des Kontakts zu den Eltern

Beitrag von albert »

Hallo Kroki,

das ist eine alte Baustelle auch in meinem Leben.
Ich bin jetzt 63, meine Eltern sind inzwischen beide schon gestorben und ich kann zurückblicken.

Es gab Konflikte, nach außen, so stand es beim silbernen Hochzeitsfest in der Zeitung, war es eine heile Welt. Der Vater schafft und ist fleißig, um die Familie zu ernähren.
Er war strikt autoritär, ich empfand ihn als hohl. Er hatte sein Haus und Hof zusammengehalten, gut gewirtschaftet und die Söhne haben es zu nichts gebracht.

Ich bin mit zwanzig aus dem Haus, um zu studieren, mir hat man das erlaubt, weil ich gute Noten hatte, ich war der Hoffnungsträger der Familie. Für mich war der Auszug eine Art von Freimachen aus einer Beengung.
Als ich das Diplom in der Tasche hatte, legten die Eltern mir nahe, eine Partnerin aus dem Dorf zu suchen und nannten einen Namen. Ich lehnte das ab und die Wahl einer Ausländerin von meiner Seite wurde nicht akzeptiert.

Ich habe dann trotzdem meine bessere Hälfte einfach mal mitgebracht und Vater hat mir hinterher geschrieben, dass er sie nicht sehen will. Mutter hat mir hinterher einen Brief voll des Jammers, der Klagen und Bitterkeit geschrieben.

Das ging einige Jahre, bis das Kind da war. Meine Schwester und ihr Mann unternahmen es dann, uns zu ihrer Famiienfeier einzuladen. Da kam es dann zu einer ersten vorsichtigen Annäherung. Möglicherweise hat das kleine Kind damals einiges bewirkt.
Aber einige Dinge blieben weiter unausgesprochen im Raum.
Ich habe damit erst später angefangen in meiner Lebenskrise, spät in den Dreißigern, nachdem ich als gebrochener Mensch in die Heimat zurückgekommen war und anfing, meine Trümmer zu sortieren. Zu der Zeit hatten meine Brüder bereits ihre Krisenanfälligkeit mit Suchtproblemen gezeigt. Ob deren Probleme etwas bei Vater bewirkt hatten, möcht ich nicht behaupten. In jedem Fall habe ich gewisse Vorkommnisse aus der Kindheit mehr als dreißig Jahre später angesprochen. Niemand konnte sich mehr daran erinnnern. Und die Standardantwort von Vater und anderen Personen war: "Wenn das so war, möcht ich mich entschuldigen."
Ich fand das wenig, aber ich habe danach damit gelebt und die Eltern haben mich in meinen weiteren Krisen unterstützt, solange sie gelebt haben.

Meine Bezugspersonen hatte ich mir längst außerhalb der Familie gesucht.
Auch mit den Brüdern ging es nicht gut. Der eine hat jahrelang als trockener Alkoholiker sich gut über die Runden gebracht. Zeitweise war er für mich wegen seiner Erfahrung als Suchtkrankenhelfer eine große und wichtige Stütze. Dann wurde er rückfällig in einer Krise und ich habe den Kontakt zu ihm eingeschränkt, ihn nicht mehr besucht, nur das Telefon abgenommen, ihm zugehört, bin aber nicht auf seine Wünsche eingegangen. Es ist dann ziemlich schnell mit ihm runtergegangen, auf gut deutsch gesagt, er hat einen steilen sozialen Abstieg gemacht und hatte am Ende multiples Organversagen.
Einmal machte mir mein Vater mir Vorwürfe wegen meiner Haltung und sagte zu mir, ich solle das Kriegsbeil zu meinem Bruder begraben. Darauf bin ich nicht eingegangen. Mein Abstand zu ihm war Selbstschutz, so wie ich zeitweise den Abstand von den Eltern genommen hatte.

Bitterkeit, Erbitterung - (V)erbitterung -
Wem nützt das?
Später habe ich mich von meiner Frau scheiden lassen. Sie wollte nicht in Deutschland leben, nur zu Besuch kommen.
Einige Jahre später erkrankte sie an Krebs und die Tochter schrieb mir, dass ihre Mutter Angst habe, in die Hölle zu kommen.

Ich habe zurückgeschrieben, dass ich verzeihe.
Denn am Ende aller Tage möchte ich keinen Zorn, keine Bitterkeit zurücklassen.

Soviel zur Verwandtschaft.

Ich schreibe hier von persönlichen Erfahrungen, sind nicht übertragbar. Ich denk, dass jeder in seiner Situation für sich entscheiden muss.

Grüße

Albert

PS:
heute bin ich meinem Schwager dankbar, dass er uns damals zu seiner Familienfeier eingeladen hatte. Beim Abschied auf dem Bahnhof lachte er und sagte, das habe er gewollt: wieder zusammenbringen, Versöhnung. Ich weiß seinen genauen Wortlaut nicht mehr, aber so hatte er sich geäußert. Also bin ich froh, dass ich damals jene Gelegenheit genutzt habe. Im anderen Fall wäre es eine verpasste Gelegenheit gewesen. Dass auf jener Familienfeier kein Wort über einen Konflikt gesagt wurde, kann ich verschmerzen. Ich denke, das gehört zum Vergeben und Verzeihen.
miximi
Beiträge: 16
Registriert: 28. Jun 2012, 18:25

Re: Erfahrungen mit Abbruch des Kontakts zu den Eltern

Beitrag von miximi »

Hallo!
Man sollte doch meinen, dass Eltern nur das Beste für Ihre Kinder wollen und für Dich ist es im Moment das Beste keinen Kontakt zu den Eltern zu haben. Ziehe es durch, ohne Gewissensbisse. Lass Dir von niemandem Schuldgefühle einreden.
Eltern können auch mit "Liebe" terrorisieren und zerstören. Sie sind aber auch nur ein "Produkt" der Erziehung ihrer Eltern und die wurden auch wieder von ihren Eltern erzogen. Also wie eine Reihe von Dominosteinen die unweigerlich alle fallen weil sie zu nahe aneinander stehen. Sei mutig und vergrößere den Abstand Deines "Dominosteins".Meine Eltern haben auch einen großen Anteil am Entstehen meiner Krankheit. Ich kam mir immer wie eine Schwimmerin vor die sich gerade noch über Wasser halten kann weil sich so viele an sie klammern und die Lebensenergie rauben. So habe ich nach und nach alle verwandtschaftlichen Kontakte auf ein Minimum reduziert. Meine Lebensqualität hat sich dadurch sehr verbessert, ich komme auch ohne Medikamente zurecht, zwar leide ich noch immer an Depressionen aber mein Leben ist trotzdem lebenswert.
Kopf hoch, Du darfst Dein Leben so gestalten wie es für Dich gut ist!!!
Liebe Grüsse Miximi
Nini33
Beiträge: 81
Registriert: 18. Jul 2012, 19:27

Re: Erfahrungen mit Abbruch des Kontakts zu den Eltern

Beitrag von Nini33 »

Hallo Kroki,

ich hab jetzt mal die Beiträge kurz quergelesen und möchte dir noch was dalassen.

Emotionaler Missbrauch ist auch Missbrauch, und eine Verletzung der Würde eines Menschen. Und den Kindern Geld zu geben, kann bedeuten, dass ich versuche, mir ihre Nähe zu erkaufen. Kennst du das Buch von Susann Forward Vergiftete Kindheit? Es ist empfehlenswert.

Meine Entscheidung hat 30 Jahre gedauert. Ich hätte den Kontakt zu meiner Familie bereits abbrechen sollen, als ich mit 18 ausgezogen bin. Ich habe es nicht getan, weil "man ja vergeben muss". Jetzt war es aber genug. Und ich habe meiner Familie zum großen Teil vergeben. Nur: Ich will auch meine Gefühle spüren - Die Wut über die Ungerechtigkeiten, den Schmerz über die verlorene Kindheit, die Traurigkeit darüber, dass meine Eltern keine Eltern sind, sondern kleine Kinder, die durch mich ihre Bedürfnisse befriedigt bekommen wollen. Ich will sagen dürfen AUA, weil es wehgetan hat, was mir angetan wurde.

Und dann geht es weiter: Irgendjemand Berühmtes hat mal gesagt: Jeder kann jederzeit etwas aus dem machen, zu dem er gemacht worden ist. Damit bin ich wieder bei mir selbst. Denn die anderen kann ich nicht ändern und wenn keine Möglichkeit da ist zu kommunizieren, dann ist es für mich gesünder es zu lassen.

Viel Kraft dir,
Nini
Kroki
Beiträge: 814
Registriert: 15. Mär 2004, 17:50

Re: Erfahrungen mit Abbruch des Kontakts zu den Eltern

Beitrag von Kroki »

Hallo Rifka, Abendstern, Albert, Miximi und Nini,

wow, sooo viele Beiträge!
Ich danke Euch ganz herzlich für Eure Antworten.
Sie tragen ein Stück dazu bei, dass ich mich weniger wie ein Alien fühle in der vermeintlich heilen bürgerlichen Welt.

Ich möchte unbedingt auf jeden Beitrag von Euch einzeln eingehen, werde das heute Abend aber nicht vollständig schaffen. Weitere Antworten folgen morgen.

Viele Grüße

Kroki
Suppenkasperin
Beiträge: 70
Registriert: 20. Sep 2012, 11:04

Re: Erfahrungen mit Abbruch des Kontakts zu den Eltern

Beitrag von Suppenkasperin »

Hallo Kroki,

ich selber habe den Kontakt zu meinen Eltern nie abgebrochen, kann aber nachvollziehen wieso man sich zu so einer krassen Entscheidung genötigt fühlen kann. Es gab Zeiten in meinem Leben, da wäre auch ich am liebsten auf Nimmerwiedersehen aus dem Leben meiner Eltern und Schwester verschwunden. Am Ende war die Zuneigung zu ihnen doch größer und, ja, irgendwie habe ich gelernt ihnen zu verzeihen. Bei Gott nicht alles, aber vieles.
Man kann sich selbt nicht zum Verzeihen drängen und schon gar nicht von außen dazu gezwungen werden, das muss aus einem einfach herauskommen. Vielleicht ist das bei dir eines Tages auch möglich - ich würde es dir von Herzen wünschen. Denn Verzeihen erleichtert so vieles!

Aber bis dahin: Halte an deiner Entscheidung fest! Lass dir kein schlechtes Gewissen machen. Wenn deine Schwester die Dinge anders sieht, dann ist das ihre Sache. Schließlich ist sie auch ein anderes Individuum. Ihren Vorwurf der Undankbarkeit würde ich mir nicht zu Herzen nehmen, denn Misshandlung kann auch auf anderen als auf der körperlichen Ebene stattfinden. Und zur finanziellen Unterstützung sind Eltern von Rechts wegen sogar in einem bestimmten Rahmen verpflichtet. Du musst deinen Eltern nicht dankbar sein für Dinge, die zu ihren Pflichtübungen als Mutter/Vater gehören...
Kroki
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Re: Erfahrungen mit Abbruch des Kontakts zu den Eltern

Beitrag von Kroki »

Hallo Rifka,

ja, das Unverständnis im Umfeld ist groß. Ich werde von Freunden, denen das eigentlich völlig egal sein könnte, weil es sie überhaupt nicht betrifft, suggestiv nach meinen Eltern gefragt. Meine Schwester hat unsere Eltern in ihrer E-Mail auch schon verkleinernd zu „alten Leutchen“ erklärt.

Nein, ich möchte mir nicht mehr in unerträglichen Beziehungen zu meinen Eltern den A…. aufreißen, um Anerkennung zu erhalten!

Auch ich habe den Eindruck, dass ich durch meinen Kontaktabbruch das langjährig eingespielte Familiensystem ziemlich durcheinander gebracht habe. Das schwarze Schaf bin ich jetzt wohl aber erst recht.

Was die Frage von Vergebung angeht, fehlt mir auf der Seite meiner Eltern einfach jegliche Einsicht in das eigene Fehlverhalten. Das Wort „Reue“ geht mir da schon fast zu weit.
Aber die ehrliche Erkenntnis, dass da wohl so manches schief gelaufen ist, würde ich schon voraussetzen, bevor ich von mir aus wieder einen Schritt auf sie zugehen wollte.


Herzliche Grüße

Kroki
Kroki
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Re: Erfahrungen mit Abbruch des Kontakts zu den Eltern

Beitrag von Kroki »

Hallo Abendstern,

ehrlich gesagt, habe ich den Eindruck, dass die verständnislosen Kommentare auch von Menschen kommen, die selbst ebenfalls kein besonders gutes Verhältnis zu ihren Eltern haben, dies aber nicht sehen wollen.

Das Bedürfnis nach Schutz vor weiteren psychischen Übergriffen ist bei mir tatsächlich der Hauptgrund für den Kontaktabbruch. Es ist nicht mein Ziel, jemanden zu verletzen oder Rache zu üben.

Auch ich fühle mich für meine Eltern nicht verantwortlich. Sie sind volljährig und konnten sich bis jetzt immer selbst helfen bzw. sich Hilfe holen, dafür brauchen sie mich nicht.

Herzliche Grüße

Kroki
Kroki
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Re: Erfahrungen mit Abbruch des Kontakts zu den Eltern

Beitrag von Kroki »

Hallo annette fee,

meine Eltern sind ebenfalls nach wie vor der Überzeugung, stets richtig gehandelt zu haben. Natürlich kann ich sie nicht ändern, sondern nur mich selbst.

Da ich überzeugt davon bin, dass ich mit meinen Kindheitserfahrungen noch heute keine wirklich gute Mutter sein könnte, habe ich mich bewusst gegen Kinder entschieden. Ich will diese destruktiven Verhaltensmuster nicht noch eine Generation weitergeben.

Im Kontakt mit ihnen fühle ich mich nicht dazu in der Lage, mich zu schützen gegen die Demütigungen durch meinen Vater und das Anklammern durch meine Mutter.

Das Problem im Kontakt besteht darin, dass ich mich nicht adäquat gegen die Übergriffe abgrenzen kann, weil ich das leider bis heute nicht in ausreichendem Maße gelernt habe. Es ist aber ein wichtiges Ziel auf dem Weg zu größerer Klarheit mir selbst und meinem Umfeld gegenüber.

Herzliche Grüße

Kroki
Kroki
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Re: Erfahrungen mit Abbruch des Kontakts zu den Eltern

Beitrag von Kroki »

Hallo Albert,

mein autoritärer Vater würde sich niemals bei mir entschuldigen. – Da würde ihm wohl ein Zacken aus der Krone brechen.
Meine Mutter entschuldigt sich dagegen gerne pauschal für alles, weil sie meint, das würde mich versöhnlich stimmen - ohne zu verstehen, worum es überhaupt geht.

Ich habe sie mehrmals mit negativen Kindheitserlebnissen konfrontiert, an denen sie Anteil hatte, und von ihr die Antwort erhalten, das könne gar nicht sein, dass das so gewesen sei, wie ich das in Erinnerung habe… (Sie hat mir als Kind zum Beispiel immer vorgehalten, meine deutlich ältere Schwester sei als Kind immer viel braver gewesen als ich. Davon will sie heute nichts mehr wissen…)

Anlässlich der goldenen Hochzeitsfeier meiner Eltern fand ein Gottesdienst statt, bei der die vermeintlich ach so tolle Ehe meiner Eltern derartig verzerrt und idealisiert dargestellt wurde, dass sogar meine Schwester, die jetzt voll hinter meinen Eltern steht, meinte, es würde sie bei der Vorstellung gruseln, dass sie der Grund für die Heirat meiner Eltern war.

Im Moment sehe ich noch keinen Weg zum Verzeihen, aber ich möchte auch nicht ausschließen, dass das irgendwann noch kommt.

Herzliche Grüße

Kroki


So, ich muss jetzt dringend schlafen gehen, bis morgen!
Glanzki
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Re: Erfahrungen mit Abbruch des Kontakts zu den Eltern

Beitrag von Glanzki »

Hallo Kroki,

ich kann total mit Dir mitfühlen, weil ich auch gerade in dieser Gedankenmühle bin.
Du stehst alleine da und keiner versteht Dich.
Meine Mutter war die Dominante in der Familie. Sie hat immer und heute noch versucht, ihren Willen uns Kindern aufzudrängen. Ich habe noch eine Schester. Am schönsten war, du als Kind hast ja auch Wünsche. Dann bin ich endweder zur Ma oder zum Pa gegangen. Beide folgendes gesagt: und hast du schon Papa gefragt? Dann bin ich zum Papa gelaufen und habe gefragt. Dann sagte er und hast du schon Mamma gefragt. Das habe ich immer gehasst. Ich muss mir auch zugesteheh das zu feige bin den Kontakt abzubrechen. Des Frieden willen.
lg Gröni
Kroki
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Re: Erfahrungen mit Abbruch des Kontakts zu den Eltern

Beitrag von Kroki »

Hallo Miximi,

erst mal ganz herzlichen Dank für Deine Ermutigung!

Mir fällt da so ein schöner Liedtext ein, in dem es eigentlich um die Trennung eines Paares geht: „Ich wollt‘ doch nur Dein Bestes und das alles für mich. Und als Belohnung lässt Du mich jetzt im Stich…“

Meine Schwester hat in besagter E-Mail unter anderem behauptet, unsere Eltern wollten doch nur mit eigenen Augen sehen, dass es mir gut gehe. Auf die Idee, dass es mir viel besser ginge, wenn sie mich einfach mal alle in Ruhe lassen würden, kommt in dieser Familie leider niemand.

Ein Grund für mein schlechtes Gewissen liegt darin, dass meine Eltern mich nicht offensichtlich körperlich misshandelt haben oder ähnliches. Es herrschte Psychoterror, der nach außen hin gerne auch durch Fürsorglichkeit getarnt wurde.

Mir ist natürlich klar, dass meine Eltern auch nur ein Produkt der Erziehung ihrer autoritären Väter sind und der ärmlichen Verhältnisse, aus denen sie stammen. Trotzdem werfe ich ihnen vor, dass sie niemals infrage gestellt haben, ob das eigentlich alles gut und richtig ist, was sie da tun.

Herzliche Grüße

Kroki
Kroki
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Re: Erfahrungen mit Abbruch des Kontakts zu den Eltern

Beitrag von Kroki »

Hallo Nini,

das Buch von Susan Forward habe ich vor einigen Jahren gelesen. Ich glaube, ich sollte es aus aktuellem Anlass noch einmal hervorholen.

Der Hauptvorwurf, den ich mir in der ganzen Sache mache, ist die Tatsache, dass ich die destruktiven Kräfte in dieser Familie viel zu lange nicht wirklich wahrgenommen habe und deshalb bis in die Dreißiger hinein bei meinen Eltern viel zu präsent war – ich habe dort sehr lange noch jedes Wochenende verbracht und bin nach meinem depressionsbedingten Scheitern im ersten Beruf zeitweilig sogar wieder ganz dort eingezogen…
Heute raufe ich mir die Haare bei dieser Vorstellung und frage mich: „Wie in aller Welt konnte ich so blöd sein, es nicht schon mit 18 zu bemerken, dass mir das alles überhaupt nicht gut tut?!“

Der emotionale Missbrauch ist halt weit schwieriger zu „beweisen“ als irgendwelche handfesten körperlichen Verletzungen. Meine Eltern würden sicherlich guten Gewissens von sich behaupten, sie hätten doch immer alles für mich getan.

Eine Möglichkeit zu kommunizieren gibt es tatsächlich nicht, weil mein Anliegen gar nicht verstanden wird bzw. jede meiner Äußerungen so lange verdreht wird, bis sie gegen mich verwendet werden kann.

Da ich meine Familie nicht ändern kann, sondern nur mich selbst, versuche ich mich von diesen „Altlasten“ so gut wie möglich zu befreien und, ähnlich wie Miximi schon schrieb, mein Leben trotz Depression so lebenswert wie möglich zu gestalten.

Herzliche Grüße

Kroki
Kroki
Beiträge: 814
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Re: Erfahrungen mit Abbruch des Kontakts zu den Eltern

Beitrag von Kroki »

Hallo Suppenkasperin,

zu verzeihen kann ich mir derzeit nur vorstellen, wenn sich seitens meiner Eltern etwas in Richtung Einsicht verändert.

Derzeit ist der Zustand so, dass der Kontaktabbruch, der aus Selbstschutz erfolgt ist, als Aggression interpretiert wird. Die Familie scheint sich einig darüber zu sein, dass man mich nicht mit Respekt zu behandeln braucht, sondern beliebig auf mir herumtrampeln und an mir herumzerren darf. – Da hat sich mit dem Erwachsenwerden nicht viel verändert.

Schön, dass es bei Dir bzw. Euch mit dem Verzeihen geklappt hat und dass Du trotzdem Verständnis für meine „krasse Entscheidung“ hast.

Herzliche Grüße

Kroki
Kroki
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Re: Erfahrungen mit Abbruch des Kontakts zu den Eltern

Beitrag von Kroki »

Hallo Gröni,

auch Dir ganz herzlichen Dank für Deine Antwort.

Nun ja, Frieden habe ich weder mit noch ohne Kontakt, da die Familie stets einen Weg sucht, mich zu triezen.

Das Verständnis, das ich hier im Forum finde, hilft mir jedenfalls sehr, mich mit meinem Eltern-Problem nicht mehr so allein zu fühlen. Manche Leute in meinem Umfeld halten um jeden Preis Kontakt zu ihren Eltern, die sich teilweise ebenfalls sehr fordernd verhalten.

Laut meiner Schwester wollen meine Eltern ja nur mit eigenen Augen sehen, dass es mir gut geht. – Es darf mir also auch nicht schlecht gehen; das würde dann zumindest niemand sehen wollen.

Letztendlich waren meine Eltern im Umgang mit mir immer nur darauf bedacht, dass es ihnen selbst dabei möglichst gut ging. Mein Vater wollte sein Bedürfnis nach autoritärer Dominanz an mir stillen, meine Mutter ihr Bedürfnis nach menschlicher Nähe.
Ich als Kind hatte gefälligst zu „spuren“. Mein Vater hat im Erwachsenenalter irgendwann mal zu mir gesagt, dass er häufigere Besuche meinerseits wünscht, weil sonst die Nachbarn Schlechtes denken könnten. – Er hat keinerlei Interesse an mir, sondern nur ein Interesse an seiner Machtausübung und an einem perfekten Familienbild nach außen.

Ich wünsche Dir, dass Du eine für Dich passende Lösung findest.

Herzliche Grüße

Kroki
Glanzki
Beiträge: 9
Registriert: 5. Feb 2013, 01:27

Re: Erfahrungen mit Abbruch des Kontakts zu den Eltern

Beitrag von Glanzki »

Hallo Kroki

jetzt kam es zur Eskalation. Nachdem der Frust vorrüber war, fühlte ich mich irgendwie befreit. Komisches Gefühl mit Heulen usw. Ich werde dieses Jahr 40. Man bin ich alt Vor drei Wochen sagte meine Mutter sie hätte schon ein Geschenk und ich könnte mir noch was wünsche. Eine Woche später sagte sie jetzt sie hätte alle Geschenke. Wie findet ihr das. Bin ich zu Kindisch um sich darüber aufzuregen. Ich meine Geschenke sollten doch von Herzen kommen und will sich doch darüber freuen. Oder die Freude die meine Mutter sehen möchte, für Ihre Geschenke. Mein Vater will mir helfen, ich vertraue ihm bloss nicht. Eine verzwikte Situation. Das einzige Vertrauen habe ich zu meiner Schwester.

Lg Gröni
jep

Re: Erfahrungen mit Abbruch des Kontakts zu den Eltern

Beitrag von jep »

Hallo Gröni,

Geschenke sind so ne Sache, bei der es mir auch schwerfällt, wenn ich das Gefühl habe, sie werden mit manipulativer Absicht gegeben.

Freu dich gefälligst und sei dankbar- die Botschaft höre ich da oft hinaus, egal ob ich die Sachen haben will oder nicht.

Am schlimmsten ist für mich, wenn meine Schwiegermutter mir Geld gibt für -in meinen Augen- Selbstverständlichkeiten, die ich für sie erledige. Sie ist über achzig, und ich habe seit dem Tod meines Schwiegervaters die Grabpflege (3 Gräber, aber pflegeleicht)übernommen, und kaufe ab und zu für sie ein.

Deshalb meint sie jetzt, mir ein monatliches "Taschengeld" geben zu müssen, obwohl sie früher oft meine Kinder gehütet hat und uns auch finanziell beim Hauserwerb geholfen hat. Meine Ablehnung akzeptiert sie nicht.

Ich finde das ziemlich daneben- auf der anderen Seite weiss ich aber, das sie sonst ein Problem hätte, meine Hilfe anzunehmen.

Also nehme ich das Geld und denke-Blöde Geschichte, will ich eigentlich nicht,aber es entspricht halt dem was sie gelernt hat.

Ich vermittle meinen Kindern meine eigene Einstellung zu gegenseitiger Hilfe,sie haben niemals einen cent fürs Wäschezusammenlegen bekommen, das gehört einfach dazu. Und Taschengeld ist Taschengeld, und wird nicht von Leistung oder Wohlverhalten abhängig gemacht.
Und bei Geschenken, bin ich ganz deiner Meinung bin, sie sollten von Herzen kommen, niemals darf da eine Absicht dahinterstehen, sonst ist es kein Geschenk mehr.

Ich würde dir gerne sagen können, nimm die Geschenke, sag brav Danke, freu dich drüber oder schmeiß sie in den Müll(je nachdem was es ist ), und denk dir deinen Teil.

Aber leider ist das nicht so einfach getan, wie sich das anhört, das merke ich jede Weihnachten selbst, und jeden Monat wenn ich meinen Schein in die Hand gedrückt bekomme, drückt mir der Magen...

liebe Grüße
annette fee
otterchen
Beiträge: 5118
Registriert: 3. Jan 2007, 10:43

Re: Erfahrungen mit Abbruch des Kontakts zu den Eltern

Beitrag von otterchen »

Guten Morgen!

Alle Welt scheint zu verstehen, dass man seine Erzeuger meidet (das Wort "Eltern" käme mir in diesem Zusammenhang wie Hohn vor), wenn es sich um sexuellen Missbrauch handelt.
DAS wird verstanden. Seltsamerweise.
Ja, DANN...!!

Aber Eltern können auch in anderen Bereichen Gift für ihre Kinder sein - durch physische und psychische Einwirkung.

Hier fällt mir direkt die "Falle der Vergebung" ein:
http://www.screamsfromchildhood.com/Ver ... falle.html
lesenswert!

Ich jedenfalls halte dieses "Gift" (für mich) bereits seit Jahren aus meinem Leben: ich habe bereits vor vielen Jahren den Kontakt zu meinen Erzeugern und "Erziehern" abgebrochen.
Das Einzige, was mir zu schaffen machte, waren die Reaktionen des Umfeldes - das folgt wohl unweigerlich.
Dass Kinder ihre Eltern nicht lieben, dass sie nicht zu ihnen angelaufen kommen, dass Kinder nicht ihre Nähe suchen - undenkbar für viele.

Doch es ist so: nicht nur nette, liebevolle Menschen bekommen Kinder.
Auch die anderen, die gefühllosen, kalten, grausamen, machthungrigen, selbstsüchtigen, ungerechten, schlagenden, demütigenden... auch die setzen Kinder in die Welt - und zum Glück ticken diese Kinder anders!!

Es ist schon seltsam, dass man in unserer Welt Kindern Dinge antun darf, die man mit Erwachsenen nicht ungestraft oder zumindest unsaktioniert machen könnte -
aber es wird verlangt, dass die Kinder dies wegstecken, dass sie es kompensieren, dass sie nachsichtig sind, dass ihre Liebe und ihr Verlangen nach Nähe zu den Eltern immer noch im Vordergrund stehen.
Woher sollen sie diese Fähigkeiten haben - sie können sie doch zu Hause nicht lernen!

Liebe ist nicht nur ein Gefühl -
Liebe ist auch HANDELN!
Wenn sich eine Frau von ihrem Partner schlagen lässt, aber bei ihm bleibt, wenn er ihr versichert, dass er sie liebt - wie würden wir über diese Frau denken?
"Dummerchen, verlass ihn, aber schleunigst!"

Wenn liebevolles HANDELN nicht im Vordergrund steht, dann fühlen sich Aussagen wie "aber ich liebe dich doch, du bist doch meine Tochter" wie reiner Hohn an, wie leere Worthülsen, wie eine Lüge, die einem um die Ohren gehauen wird.

JEDER hat das RECHT darauf, sich auszusuchen, mit welchen Menschen er sich umgeben will - und "giftige" Menschen zu meiden.

Ich habe vor einigen Jahren mal "meine Story" aufgeschrieben, in einer ellenlangen Email an mich selbst. Ich habe lange, über Tage oder sogar Wochen, daran gesessen und Rotz und Wasser geheult.
Ich habe beschrieben, wie sich das damals für mich angefühlt hat und was es langfristig für mich bewirkt hat.
Wenn ich gewusst hätte, wie gut das tat, hätte ich es schon früher gemacht.

Und: ich habe diesen Text einer Vertrauten geschickt. Auf einmal habe ich eine Mitstreiterin...!




mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
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