Wsas bedeutet Tagesstruktur?

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SAWA83
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Wsas bedeutet Tagesstruktur?

Beitrag von SAWA83 »

Hallo Leute,
ich hatte gestern wieder einen Termin bei meiner Psychaterin. Bis jetzt war ich nur bei ihr, um die Wirkung des Antidepressivums zu besprechen, für eine Therapie sei ich noch nicht stabil genug.
Gestern hat sie mir dann doch ein erstes Ziel gestellt und zwar, dass ich mir eine Tagesstruktur zulege und diese versuche einzuhalten.
Ich weiß nicht so recht, was sie damit meint.
Ich arbeite ja nicht, also habe ich nicht viel zu tun, außer den Haushalt. Und den schaffe ich ja meistens. Ansonsten sehe ich gern fern oder spiele mein Computerspiel.
Das wären aber ihrer Meinung nach keine "aktiven" Tätigkeiten und zählen daher nicht.
Ich war aber auch vor meiner Erkrankung kein aktiver Mensch. Ich mochte es schon immer am Computer zu sitzen oder es sich einfach zuhause gemütlich machen. Ausserdem habe ich keine Kinder, mein Mann ist auch die halbe Woche nicht da, was soll ich denn schon den ganzen Tag machen? Soll ich mich jetzt soweit verändern, dass ich mir Hobbys ausdenke, die mich vielleicht nur bedingt interessieren, damit ich meinen Tag füllen kann?
Was meint ihr? Hat euch euer Arzt / Therapeut auch dazu geraten und wie habt ihr es umgesetzt?
Liebe Grüße
Sandra
ndskp01
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Re: Wsas bedeutet Tagesstruktur?

Beitrag von ndskp01 »

Mir hat die Therapeutin erklärt, was sie mit Tagesstruktur meint: Zu einem festen Zeitpunkt aufstehen, Tätigkeiten ritualisieren, feste Pausen, feste Essenzeiten. Sich vornehmen rauszugehen und Menschen zu treffen. Oder sich vornehmen, den Brief zu schreiben, die Soundso anzurufen, das Bücherregal abzustauben usw.

Wie machst du es denn zur Zeit wenn du allein bist? Schläfst du in den Tag hinein und spülst wenn du grad Lust darauf hast? Isst du nur Kekse und Snacks? Glaube ich fast nicht.

puk
SAWA83
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Re: Wsas bedeutet Tagesstruktur?

Beitrag von SAWA83 »

Hallo Puk,
also das mit dem früheren Aufstehen nehme ich jetzt schon ernster. Ich stelle mir einen Wecker und stehe so um 10 Uhr auf.
Naja ich tue schon alles, wenn ich Lust darauf habe. Ich habe keine festen Zeiten, ich mache auch die Hausarbeit wann ich will.
Aber es fällt ja auch nicht jeden Tag das gleiche zur gleichen Zeit an.
Ich mache auch den Schreibkram, der gemacht werden muss und ich nehme auch Termine wahr.
Ich führe auch regelmässig ein Haushaltsbuch und mein Stimmungsbuch.
Es ist nur so, dass ich alles recht spontan mache, ich gehe spontan spazieren wenn mir danach ist oder besuche Verwandte wenn ich will.
Aber regelmässig spazieren zu gehen brauche ich mir nicht vornehmen, dann fühle ich wieder den Druck und machs dann doch wieder nicht.
Aber wenn sie mit Tagesstruktur nur meint, ich soll zur gleichen Zeit aufstehen und essen und manchmal halt was unternehme, dass krieg ich das wohl doch hin.
Ich hab mehr erwartet
Iris
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Re: Wsas bedeutet Tagesstruktur?

Beitrag von Iris »

Das mit der Tagesstruktur wird so gut wie immer empfohlen.Auch meine Therapeutin riet dazu.

Ich bekomme das auch nicht hin.Mir wiederstrebt das und ich habe ungute Gefühle dabei.
Ich mache wozu und wann ich Lust dazu habe.

Natürlich tun Aktivitäten gut,aber nur wenn es aus freiem Willen und ohne Zwang geschied.
Der Sinn des Lebens ist das Leben selbst.
SAWA83
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Re: Wsas bedeutet Tagesstruktur?

Beitrag von SAWA83 »

Ja es heißt ja immer, daß alles ohne Zwang stattfinden soll.
Ich fühle mich durch solche Aussagen immer schnell unter Druck gesetzt.
Ich denke, ich wecke mich weiterhin um 10 Uhr und tue dann was ich will.
Und wenn ich einfach mal nichts tun will dann tue ich halt nichts.
jep

Re: Wsas bedeutet Tagesstruktur?

Beitrag von jep »

Also zum Thema Tagesstruktur habe ich zwei verschiedene Empfehlungen bekommen:

Psychiaterin: immer zur selben Zeit ins Bett, zur selben Zeit aufstehen, essen.... das was ihr auch schon geschrieben habt.

Psychologin: spüren was ich brauche, wenn ich mehr Schlaf brauche, deshalb kein schlechtes Gewissen haben....

Und selbst bin ich eigentlich ein ziemlich unstrukturierter Mensch- sagt zumindest mein "innerer Kritiker".

Also bin ich jetzt auch ein bißchen ratlos, und versuche was in der Mitte: regelmäßige Tagesstruktur, aber wenn ich Hundemüde bin, gönne ich mir auch mal länger schlafen- dann brauch ichs halt.

Gut tut mir ein regelmäßiger Spaziergang, aber wenns Wetter zu mies ist, oder ich zu faul, oder zu viel anderes ansteht und michs daher stressen würde, lass ichs.

Super gehts mir damit nicht, gerade wenn ich bei dem trüben Wetter nicht rausgehe, sagen die Depris wieder hallo- nervt mich- ich will die nicht mehr....aber wenn ich mich zwinge wirds dann besser?

heute trübsinnige
annette fee
Lerana
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Re: Wsas bedeutet Tagesstruktur?

Beitrag von Lerana »

Hallo Iris, hallo TheDarkSide,

also euch geht es nicht so gut, denn ihr habt Depressionen. In der Regel fallen die einem nicht vom Himmel auf den Kopf sondern man hat meist ungünstige Muster verinnerlicht. Diese gilt es aufzubrechen und ein strukturierter Rahmen kann dabei sehr hilfreich sein. Und natürlich fühlt sich das am Anfang erstaml merkrwürdig an, denn man ist es ja so nicht gewohnt.

>>Ich mache wozu und wann ich Lust dazu habe.<<
Es tut mir leid, das jetzt hier mal so ganz hart sagen zu müssen, aber das klingt mir nach einem trotzigen inneren Kindanteil, der da spricht.

Wie soll euer Leben denn aussehen?

Klar, wer Depressionen hat, hat in der Regel zu lange "funktioniert" und muss lernen, eigene Bedürfnisse wahrzunehmen. Der innere Kindanteil, der einem suggeriert, jetzt läuft alles nur noch nach meiner Nase, macht als Erwachsener aber auch krank.

Also spürt in euch rein, was ihr braucht, damit es euch besser geht und dann macht einen Vertrag mit euch selber, denn darum geht es. Auch in schwierigen Zeiten für sich da zu sein, für sich einzustehen, sich für sich engagieren und nicht eine mir ist eh alles egal, ich mache, was ich will Haltung zu kultivieren, nach dem Motte: Ist alles doof, bleibt alles doof, warum soll ich da was ändern!

Sorry, ich hoffe ich bin nicht zu hart!

Herzliche Grüße
Lerana
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)
jep

Re: Wsas bedeutet Tagesstruktur?

Beitrag von jep »

Hallo Lerana,

deine Worte sind für mich hart, und irgenwie belehrend. Damit kann ich nicht gut umgehen.

Du bist also der Meinung, da ist so ein trotziges Inneres Kind am Werk- für mich klingt das nach "Bist Selber Schuld an deiner Depression"

Sorry, falls ich dich falsch verstanden habe, du hast das ja auch nicht an mich adressiert- aber irgendwie fand ich das schon schwierig für mich.

Liebe Grüße,
heute verletzliche
annette fee
Lerana
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Re: Wsas bedeutet Tagesstruktur?

Beitrag von Lerana »

Hallo anette fee,

oh nein!!!! Man ist nicht Schuld an seinen Depressionen!!!! Und nebenbei ist der trotzige innere Kindanteil einer, der zu mir und zu jedem von und gehört.

Ich denke lediglich, dass man mit dem Leitmotiv, ich mache nur noch, was ich will, nicht so weit kommt. Denn so wie ich das lese, hatte TheDarkSide schon sehr viel Gelegnheit zu tun, was sie will (im Sinne von viel Zeit für sich haben).

Ich denke, es gibt einen Unterschied zwischen gut für sich sorgen und und sich treiben lassen, gerade in der Depression oder vor allem dann gerade in der Situation, in der das sich Treibenlassen, die Orientierungs- und Hilflosigkeit einen dahin geführt hat, wo man steht.

War ich schuld an meiner Depression, an meinem Helfersyndrom? Meine Eltern?

Die Schuldfrage bringt einem, glaube ich, nicht viel! Ich bin aber der festen Überzeugung, dass ich etwas tun kann, das es besser wird. Und das geht nur durch Veränderung!

Das soll nicht bedeutetn, dass man sich zuballert mit Terminen, Pflichten oder sich unter Druck setzt. Aber sich zu fragen, male ich eigentlich gerne und warum tue ich das nie, kann ich das nicht mal einbauen und versuchen, regelmäßig zu machen, finde ich schon ganz gut. Und weil einem das eben durch diie Antriebslosigkeit schwer fällt, auch dadurch, dass man selber so schlecht spüren kann, was einem gefällt und ich hoffnugslos verhaltentherapeutsiche gehinrgewaschen bin, denke ich ist es einen Versuch wert. Vielleicht sogar zunächst mit feten Zeiten.

In KEINEM FALL will ich Schuld zu weisen und so möchte ich mein Posting auch nicht verstanden wissen und AUF KEINEN FALL soll es den Anklang von Reiß dich mal zusammen! haben.

Ich hoffe, ich konnte mich etwas verständlicher machen.

Herzliche Grüße
Lerana

PS. Belehrend will ich nicht sein!! Das isteressiert mich als Selbstreflexion. Kannst du festmachen, wieso du mein Posting belehrend findest? Ist es der Ton der ersten Sätze?

PPS. ich hatte mal einen minutiösen Wochenplan mit meiner Therapeutin erarbeitet und den Vertrag gemacht, dass sollte ich mich nicht daran halten, ich hätte 50 Euro an eine mir sehr verhasste Partei spenden müssen. Das war auch echt hart, war aber eine super Gesprächsgrundlage für die nächste Sitzung, auch dann herauszufinden, wo habe ich mich übernommen, wo muss geändert werden etc. Abber erst hieß es einmal: Durchhalten, ausprobieren, dranbleiben!
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ndskp01
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Re: Wsas bedeutet Tagesstruktur?

Beitrag von ndskp01 »

Tagesstruktur sollte soweit ich verstanden habe zu Routine führen, das ist etwas ganz anderes als Pflicht. Es ist ein Automatismus, der dafür sorgt, dass ich nicht mehr jeden Tag neu nachspüren muss, ob mir jetzt nach Aufstehen, jetzt nach Pause, jetzt nach Mittagessen, jetzt nach Bewegung ist. Es soll entlasten.

Leider kann ich das noch nicht.

puk
ndskp01
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Re: Wsas bedeutet Tagesstruktur?

Beitrag von ndskp01 »

Hallo Lerana,

wenn dein an das Kind-Ich gerichtete Posting so rüberkommt wie eine Belehrung, dann heißt das wohl, dass du ins Schwarze getroffen hast. Und selbst eben im Eltern-Ich geschrieben hast. Das Innere Kind darf ja Raum bekommen. Aber vielleicht nicht bei der Frage, ob ich heute wie jeden abend die Zähne putze, oder?

puk
Ulysses
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Re: Wsas bedeutet Tagesstruktur?

Beitrag von Ulysses »

Hallo Ihr,

ich lese hier mit und finde es ein spannendes Thema. Und gleichzeitig eines, bei der meine Finger sofort anfangen zu tippen, dass es gerade hier meiner Meinung nach extrem darauf ankommt, wie der eigene Weg bisher verlaufen ist und an welcher Stelle man steht.

Lerana, ich bin völlig mit Dir einig, dass man mit den eigenen Mustern kräftig weiter an der Depression strickt und sich selber dafür entscheiden muss, diese aufzulösen und umzulernen. Und ich bin auch davon überzeugt, dass Strukturen allgemein dabei helfen. Aber ich hätte mit einigen dieser Ansagen in der akuten Zeit nichts anfangen können, außer noch mehr schlechtes Gewissen zu bekommen.

Was das im Einzelfall heißt und wie "Struktur" aussehen sollte, dafür gibt es für mich keine Regeln mehr. Gerade wenn z.B. die "Depri-Null-Linie" schon seit dem Teenager-Alter viele Jahre lang runterzieht und das Ganze auch mit heftigen körperlichen Symptomen einhergeht, dann können ganz andere Dinge wichtig sein als wenn man z.B. in die Null-Linie nach einer Mobbing-Zeit und Jobverlust im Erwachsenenalter fällt.

Für mich kommt es darauf an, zu wissen, was meine nächsten Ziele sind. Lange Zeit war mein ausschließliches Ziel, zu überleben und die Therapie-Termine (ein bis zweimal pro Woche) wahrzunehmen. Überhaupt der Gedanke, was ich gern tue, ob ich vielleicht malen möchte, lesen oder was auch immer, das hat gar nicht existiert. Ich hätte alleine mit dem Gedanken null anfangen können, jeder Vorschlag hat nur Druck gemacht. Für Schlaf, Essen & Co. war mit meiner Ärztin ein absolutes "das muss minimal klappen-Programm" abgesprochen, wenn das nicht mehr geklappt hat, dann musste ich mich eigenverantwortlich auf Station melden. Für alles andere hat sie mir Mut gemacht, einfach so zu leben, wie es gerade geht, schlafen wann ich will, essen was und wann ich kann. Ehrlich gesagt war das der Moment, in dem ich zum ersten Mal das Gefühl hatte, ich kann es schaffen.

Später haben sich meine Ziele verändert. Ich wollte z.B. auch wieder selber einkaufen gehen. Dazu musste dann eine neue "Struktur" her, weil es sich nur durch's Tun so einübt, dass es zur Selbstverständlichkeit wird.

Heute heißt für mich Struktur wieder was völlig anderes. Wenn ich meinen Job schaffen will und gleichzeitig den Alltag als Angehörige, ohne wieder in ein Tief zu fallen, dann muss ich wirklich planen. Und genau hinhören, was geht und was nicht. Das wäre aber zu anderen Zeiten gar nicht möglich gewesen.

Das soll jetzt nicht als "unverbindliches Wirrwarr" rüberkommen, so nach dem Motto, ist eh egal, was Du tust.... Im Gegenteil, es hat viel Auswirkungen, was ich tue, und auch was ich nicht tue. Aber ich muss mich selbst als Maßstab dabei haben, ehrlich zu mir sein und versuchen, rauszufinden, was ich erreichen will. Jetzt sofort und dann auch auf lange Sicht.

Liebe Grüße

Ulysses
BunteWolke
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Re: Wsas bedeutet Tagesstruktur?

Beitrag von BunteWolke »

Brauchen wir nicht alle irgendwie eine Tagesstruktur?

Wenn ich nicht einkaufen gehe, ist der Kühlschrank irgendwann leer. Wenn ich nicht wasche, habe ich irgendwann keine frische Klamotten mehr im Schrank. Und so weiter...

Und doch gibt es Menschen, die das nicht (mehr) auf die Reihe bekommen. Die das zwar wissen, registrieren, aber nicht ändern können. Die sich machtlos und klein fühlen, weil alles so verdammt schwer ist.

Hier ist eine geregelte Tagesstruktur bestimmt hilfreich. Es müssen ja nicht nur Pflichten eingeplant sein, auch schöne Dinge, die man gerne macht, für die man sich Zeit nimmt.

Ich kann z.B. Verpflichtungen sehr gut in meinen Tag integrieren, vergesse dann aber leider oft etwas für mich zu tun. Hier brauche ich klare Strukturen. Weil eben dieser "nur noch funktionieren Modus" auch depressiv machen kann, wie ich erfahren musste.

Abwechslung finde ich auch sehr wichtig. Wenn du jeden Tag immer nur den Haushalt machst und Computer spielst - das ist doch auch irgendwie ein Trott, oder?
~ Wer heute den Kopf in den Sand steckt, wird morgen mit den Zähnen knirschen ~
Omnia
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Re: Wsas bedeutet Tagesstruktur?

Beitrag von Omnia »

>PPS. ich hatte mal einen minutiösen Wochenplan mit meiner Therapeutin erarbeitet und den Vertrag gemacht, dass sollte ich mich nicht daran halten, ich hätte 50 Euro an eine mir sehr verhasste Partei spenden müssen.

Ich glaube sowas kann man nicht verallgemeinern. Ich bin normalerweise ein sehr perfektionistischer und komplett durchgeplanter Mensch (aber ich habe das alles teilweise auch schon etwas reduziert). Ich plane eher zuviel als zu wenig. Wenn es mir gut geht, ist das ja auch kein Problem.
Ich habe immer versucht in schlechten Zeiten meinen Tag nach Plan zu strukturieren. Habe diesen Tipp auch mal bekommen. Ok, aber nach einer Zeit bekam ich eben wirklich noch nicht mal die einfachsten Dinge hin:

>Und doch gibt es Menschen, die das nicht (mehr) auf die Reihe bekommen. Die das zwar wissen, registrieren, aber nicht ändern können. Die sich machtlos und klein fühlen, weil alles so verdammt schwer ist.

Dieser Plan hat mir das jeden Tag aufs neue vor Augen geführt, was ich alles nicht schaffe. Weil ich eben tageweise wirklich nichts, also absolut nichts geschafft habe. Bestraft habe ich mich dann selbst, ich konnte mir nichts mehr erlauben, was gut für mich ist. Ich konnte es einfach nicht. Wollte eben erst mal meinen Alltagskram erledigen und sozusagen als Belohnung später etwas anderes machen. Nur habe ich ja nichts mehr geschafft und deshalb konnte ich auch nicht mehr machen, was gut für mich ist.
Das hat dazu geführt, dass ich immer mehr die Tendenz hatte mich zu verachten und als unfähig anzusehen.
Ich hab das mit den Plänen auch später immer noch mal versucht, aber es führt immer dazu, dass es mir noch schlechter geht.

Mittlerweile finde ich es für mich besser, wenn ich einfach mal darüber nachdenken, was mir gut tun könnte und ich das dann spontan umsetze.
Ich kann das mit den Plänen nämlich nicht ohne Druck.
Klar, ich sage mir auch, mach dir nicht so ein Druck und in guten Zeiten mit viel Energie kann ich auch dagegen ansteuern.
Aber in schlechten Zeiten kommen irgendwie auch meine ganzen eher kontraprouktiven Eigenschaften wie: Perfektionismus, Selbstabwertung usw. wieder durch. Und das wird durch so einen Plan meistens noch verstärkt.
Weil es für mich ein Weltuntergang ist, wenn ich dann eine Sache nicht schaffe, wenn ich sowieso schon labil bin.
Und diese Emotionen sind dann eben einfach da, auch wenn ich mir 1000 Mal sage, dass ich mir weniger Druck machen soll. Das kann ich erst später, wenn es mir wieder etwas besser geht.
Aber dann habe ich sowieso schon eine Tagesstruktur.
gost
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Re: Wsas bedeutet Tagesstruktur?

Beitrag von gost »

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Zuletzt geändert von gost am 6. Mär 2014, 08:24, insgesamt 1-mal geändert.
jep

Re: Wsas bedeutet Tagesstruktur?

Beitrag von jep »

Hallo Lerana,

danke für die Antwort- so wird es klarer.

Ich kenne Darkis Lebensumstände nicht, aber es klang so wie es bei mir zur Zeit als Familienmutter zu hause war: Nirgendwoher anerkennung, täglich Haushalt der nervt- die einzige Freiheit ist doch dann die, diesen nach eigenem Gefühl und Zeitplan zu erledigen. Wenn ich mir dann noch so einen Plan gemacht hätte, wie "Montags Putzen um 9.30" es hätte mich endgültig runtergezogen.....

als Frau braucht man verdammt viel Selbstbewusstsein in unserer heutigen Gesellschaft, und das habe ich nicht gehabt.

liebe Grüße
annette fee
Lerana
Beiträge: 2088
Registriert: 4. Feb 2012, 18:42

Re: Wsas bedeutet Tagesstruktur?

Beitrag von Lerana »

Hallo in die Runde,

ich möchte meine Gedanken von gestern noch kurz ergänzen (liebe anette fee, gut, dass das gekälrt ist ).

Also ich kann zu einem bestimmten Punkt einfach nicht aus persönlicher Erfahrung mitreden, denn ich war nie in einer Klinik und ich habe immer gearbeitet. Daher ist es sehr gut, wenn andere hier ergänzen und relativieren, denn davon verstehe ich schlicht nichts.

Dennoch möchte ich kurz noch zu bedenken geben, dass ich glaube, dass es um eine Verpflichtung geht, sich selber gut zu tun. Die kann auf das Mimimum reduziert sein, wie bei dir Ulysses oder halt auf einen ganzen Wochenplan.

Ich habe mal in einem schaluen Buch gelesen, dass man gerade, wenn man einen fiesen Kritiker hat, der genau und regeltreu ist (den habe ich nämlich auch Omnia), man ihn dann mit der Bewachung der Dinge betrauen soll, die einem gut tun. Man kann den Fiesling auch dazu nutzen, sich zu zwingen, jeden zweiten Tag zu duschen, weil man es in einem Vertrag mit sich oder der Therapeutin so vereinbart hat und man will ja schließlich nicht vertragsbrüchig werden.

In jedem Fall ist das alles eine sehr individuelle Sache. Für mich war Struktur extrem wichtig. Auch dass ich immer arbeiten gegangen bin. Es hat den Tag für mich in zwei Einheiten geteilt. Gut, in zwei von denen ich beide nicht wusste, wie ich sie schaffen soll, aber es waren eben zwei Etappen. Morgens habe ich auf der Arbeit auf dem Klo geheult und bin am Behnsteig auf und ab gelaufen, vor Panik, das nicht hinzubekommen, konnte aber zumindest froh sein, dass ich das dann doch geschafft hatte. Nach dem Arbeiten im Zug wusste ich nicht, wie ich den Reest des Tages schaffen soll, war aber stolz den einen Teil hinter mich gebracht zu haben.

Ich glaube ein Rahmen, ein Korsett, das einem die Überlegung abnimmt, was tue ich jetzt als nächstes, weil es erstmal festgelegt ist, ist nicht ungünstig. Wie voll, groß, eng, umfangreich der Rahmen sein muss, denke ich, ist sehr individuell!

Herzliche Grüße
Lerana
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)
Ulysses
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Registriert: 19. Jan 2013, 17:34

Re: Wsas bedeutet Tagesstruktur?

Beitrag von Ulysses »

Hallo Ihr,

danke für die unterschiedlichen Sichtweisen dazu. Finde ich sehr spannend und freue mich, dass auch ihr dieses Thema als individuell betrachtet.

Vor allem den Gedanken von BunteWolke, dass gerade das "etwas für mich zu tun" in die Struktur mit rein sollte, ist für mich wieder hilfreich. Bin auch immer noch gerne am "zu viel funktionieren" orientiert.

Und Leranas "innerer Kritiker mit neuem Job" gefällt mir auch sehr gut. Das probiere ich aus.

Herzliche Grüße an alle,

Ulysses
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