Wer nimmt KEIN AD ?

Ulysses
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Re: Wer nimmt KEIN AD ?

Beitrag von Ulysses »

Hallo Hörnchen,

auch ich kann Deinen Frust verstehen. Und den Vorschlag mit den Tavor finde ich auch - vorsichtig gesagt - befremdlich. Aber ich wage nicht, zum Thema Medikamente wirkliche Ratschläge zu geben, denn das gehört (trotz aller Verwirrung) ausschließlich in die Hand von Fachleuten GEMEINSAM mit mir als Patient, finde ich.

Hallo Lerana,

ich möchte Dir ein wenig die Angst nehmen: Citalopram war eines der Mittel, die bei mir am meisten gebracht haben. Und wie oben schon angesprochen, sie verändern einen nicht in der Persönlichkeit, aber gerade das Citalopram hat mir eine gute Basis gebracht für die aufbauende Therapie (die ich ohne nicht ertragen hätte).

Ich habe zwischendurch einen (eigenmächtigen, verfrühten) Absetzversuch gestartet, und mich damit extrem abgeschossen und zurückgeworfen.

Später dann das Ausschleichen mit meiner Ärztin zusammen war kein Horror. Es war ein wenig anstrengend, vom Kreislauf her und weil die Angstproblematik wieder etwas deutlicher durchkam. Aber ich hatte trotzdem keinen Einbruch im Alltag. Durfte allerdings auch extrem langsam ausschleichen, sehr viel langsamer als sonst empfohlen und auch mit ganz kleinen Schrittchen (durfte dazu auch Tabletten vierteln). Das würde ich auch jederzeit so weiterempfehlen, falls Absetzerscheinungen unangenehm sind. Das hat mir sehr geholfen.

Herzliche Grüße,

Ulysses
Ulysses
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Re: Wer nimmt KEIN AD ?

Beitrag von Ulysses »

Nachtrag: Habe eben noch Dein Post gelesen, Hörnchen. Mit schnellem Absetzen habe ich tatsächlich sehr schlechte Erfahrungen gemacht, beim Citalopram extrem, aber auch bei anderen Medikamenten. Ich wünsche Dir, dass Du dann wenigstens bald mit den schlimmsten Absetzerscheinungen durch bist.

@ Lerana: Dann kann ich Dich glaub ich noch mehr beruhigen. Schnelles Absetzen und Ausschleichen sind wirklich zwei Welten, meiner Erfahrung nach beim Citalopram besonders.

Liebe Grüße,

Ulysses
Handsan
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Re: Wer nimmt KEIN AD ?

Beitrag von Handsan »

Hallo an euch,


ich berichte mal von meinen bisherigen Erfahrungen.

Ich hatte vor meiner jetzigen Medikation das SSRI Citalopram und davon die doppelte Dosis. Es hatte mir schon geholfen, ich war weniger ängstlich und ausgeglichenerer Stimmung, aber null Antrieb.
Dank meiner (inkompetenten) alten Neurologin habe ich von jetzt auf gleich abgesetzt und das neue Medikament genommen. Das war mehr als übel! ... , möchte aber niemanden bezüglich des Absetzens vergraulen.

Kein abruptes Absetzen! Gaaanz langsam.

Soweit ich weiß werden dem Gehirn neue/ bzw. mehr Botenstoffe ermöglicht. Ist es gut eingestellt, "weiß" das Gehirn nach einiger Zeit, was der "Sollzustand" ist.
Beim Absetzen muss unser Gehirn lernen, dass es ohne Medikamente so funktionieren soll und dementsprechend braucht diese Umbauphase auch seine Zeit. Beim allzu schnellem Absetzen kommt unser Gehirn nicht nach und registriert nur die Katastrophe.

Des Weiteren habe ich mich belesen, dass die Antidepressiva bei jedem Menschen anders wirken, weil jeder einen eigenen Stoffwechsel besitzt. Dieser Stoffwechsel bestimmt, inwiefern das Antidepressivum abgebaut wird oder auch nicht, dafür sind Enzyme wichtig. Unser Gehirn wird durch eine Blut-Hirn-Schranke vor schädlichen Stoffen geschützt. Manche Stoffe kommen doch durch wie z.B. Alkohol, aber unser Körper versucht sich trotzdem zu schützen und hier den Alkohol mit Hilfe der Leber abzubauen. Deswegen wirken Medikamente so unterschiedlich oder leider gar nicht.


Liebe Grüße
Lotusblume
ecureuille

Re: Wer nimmt KEIN AD ?

Beitrag von ecureuille »

ok, also ich bin mir nicht sicher, ob das angekommen ist, ich nehme zwar auch ein SSRI, allerdings Cipralex, nicht Citalopram. Die sind zwar verwandt, aber glaube ich nicht dasgleiche.

Was ich halt erschreckend finde ist wie sehr sehr nachhaltig diese SSRIs unseren Serotoninspiegel im Gehirn! beeinflusst und wie schwer es für eins unser wichtigsten Organe ist sich wieder selbst zu regulieren. Und da stellt sich mir schon die meiner Meinung nach berechtigte Frage, was wir unserem Körper damit antun.
Vorsicht: ich lehne die medikamentöse Behandlung NICHT ab, ich stelle nur die SSRI in Frage
Frosty
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Re: Wer nimmt KEIN AD ?

Beitrag von Frosty »

Hallo,

ich nehme keine AD.....habe allerdings zum Glück auch keinen schweren Depressionen….wobei ich aber auch denke das AD sehr viele Nebenwirkungen haben (u.a. Depressionen)….ich denke man sollte versuchen alternative Möglichkeiten zu finden…z.B täglich regelmäßig Bewegung an der frischen Luft…..
ecureuille

Re: Wer nimmt KEIN AD ?

Beitrag von ecureuille »

google gerade ein wenig. Ich spinne vielleicht oder ziehe falsche Schlüsse, dann korrigiert mich bitte.
Meine Ausgangsfrage Unterschied Absetzsyndrom-Entzugssyndrom

Zu Entzugssymptomen kommt es bei der Dosisverringerung oder dem Absetzen von psychotropen Substanzen. Diese werden definiert als einen die Psyche beeinflussenden Stoff.

Nun frag ich mich: beeinflussen SSRI NICHT die Psyche, wenn ja sind sie doch psychotrop und machen dann doch abhängig oder wie? Ich verstehe den Unterschied nicht??
ecureuille

Re: Wer nimmt KEIN AD ?

Beitrag von ecureuille »

schau mal hier
http://de.wikipedia.org/wiki/Absetzerscheinung

wenn ich mir das so durchlese, scheint es kein Unterschied zwischen absetzerscheinungen un entzugserscheinungen gemacht zu werden. Entweder fehlt hier eine klare Begriffstrennung oder aber SSRI machen in einer Form auch abhängig????

Doc Niedermaier, was meinen Sie? Helfen Sie einer verwirrten jungen Frau
FönX
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Re: Wer nimmt KEIN AD ?

Beitrag von FönX »

Hallo,

Prof. Hegerl hatte in der Talkrunde doch eine schöne Definition dazu.
FönX

Bei riesigen Nebenwirkungen essen Sie die Packungsbeilage oder schlagen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.
ecureuille

Re: Wer nimmt KEIN AD ?

Beitrag von ecureuille »

ok, ok, ich habe die Sendung leider nicht gesehen und kanns im Netz nicht finden.
FönX, was hat er denn gesagt?
FaceOff
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Registriert: 7. Jan 2013, 11:38

Re: Wer nimmt KEIN AD ?

Beitrag von FaceOff »

Sehr interessantes Thema, möchte mich auch gerne an der Diskussion beteiligen zumal ich eine sehr ambivalente Haltung (in sich aber dann doch wieder stimmig) zu AD's habe..

Wie ich in verschiedenen meiner anderen posts bereits berichtet habe, kam ich vor gut 6 Monaten nach einem Total-Zusammenbruch schwerst depressiv und akut suizidal notfallmäßig in eine Klinik. Davor hatte ich 1 Woche lang nicht gegessen und nicht geschlafen wegen innerer Unruhe und Suiziddruck.

In der Klinik wurde mir toll geholfen, es wurde mir aber gleich gesagt, ich müßte unbedingt Medis einnehmen um erstmal etwas zur Ruhe zu kommen. Das klang sehr stimmig, ich war dankbar für jede Hilfe in dieser ausweglosen Situation und mit ALLEM einverstanden.
Ich bekam also Doxepin (trizyklisch) 25-0-50mg. Dieses Medi hat mir SEHR geholfen, ich konnte erstmals wieder schlafen, spürte aber genau, dass es ein schlafen durch "abschießen" war, ich merkte genau, wie die irremachenden Gedanken, die mir Schlaf und Appetit raubten, ganz plötzlich durch die lähmende Wirkung des Doxepin ausgeschaltet wurden und ich quasi in Narkose fiel.

Am nächsten Tag wachte ich erholt auf, sobald ich bei klarem Bewusstsein war, war meine Situation (natürlich!) noch dieselbe, die Unruhe wieder da, bis ich die 25 mg dann nachschob. Dadurch wurde es schnell wieder besser, immer aber spürte ich genau die wattierende, betäubende Wirkung des Medis und auch, dass ich mich damit selbst verarsche. Dennoch: dieses Medi hat (u.a.) mein Leben gerettet, mein Körper hätte dieser vegetativen Ausnahmesituation nicht länger standgehalten, ganz zu schweigen von dem Irrsinn in meinem Kopf.

Dann begann die Psychotherapie in der Klinik. Nach und nach wurde "ausgepackt", Ursachen aufgedeckt, Themen bearbeitet, Gefühle wahrgenommen, Zusammenhänge bewusst gemacht. Auch wenn es mir immer wieder sehr schlecht dabei ging, spürte ich genau, dass dies, und nur dies FÜR MICH (möchte ich dringend betonen!!) der Weg zu einer Heilung sein könnte. Nach 2 Monaten (von 4 stationären!) wurde auf meinen Wunsch die Morgendosis abgesetzt, was zu einer spürbaren kleinen Verschlechterung, aber auch einem noch deutlicheren Wahrnehmen meiner Baustellen führte. Dies machte mir Hoffnung, mein Großhirn begriff (leider hinkt das limbische System in der emotionalen Unsetzung ja immer sehr hinterher und ich bat um komplettes Absetzen, auch zur Nacht...

Gesagt, getan...natürlich wurde der Schlaf erwartungsgemäß wieder etwas schlechter, nie mehr aber so schlecht wie am Anfang. Dafür spürte ich jeden Moment mich selbst, wie es mir wirklich geht, unmaskiert und würde eine erneute Schlaf- oder Appetitstörung auch als Alarmsignal erkennen.

Seitdem habe ich keine Medis mehr eingenommen, ich hab oft noch sehr zu kämpfen mit meinem Leben (auch in meinen anderen posts beschrieben) und fühle mich auf einem beschwerlichen Weg. Dennoch sehe und spüre ich Erfolge, ich bin immer ehrlich zu mir selbst und setze mich bewusst mit allen Gefühlen auseinander, die eben gerade mal wieder anstehen. Essen und Schlafen klappt inzwischen völlig problemlos und Suiziddruck gibt es (im Moment) auch keinen mehr...
Ich habe großes Vertrauen und große Hoffnung in meine Therapie und ein bisschen inzwischen auch in die Ressourcen, die ich selbst mitbringe...

Vielleicht mache ich es mir unnötig schwer? Vielleicht könnte ich schon weiter sein in meinem Prozess? Gar schon wieder arbeiten/funktionieren(!!!!!)? Ich weiß es nicht, dennoch fühle ich mich auf einem FÜR MICH!!! stimmigen Weg und vertraue, wenn er doch schon so langwierig ist, zumindest auf seine Nachhaltigkeit...

Sorry, ist sehr lang geworden, aber dieses Thema ist für mich mit vielen (positiven und skeptischen) Gefühlen verbunden. Ich wünsche jedem hier, dass er einen eigenen stimmigen Umfang mit dieser Materie findet...

LG von Carla
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Die wunderbaren Leute sind dadurch wunderbar, dass sie nur sie selbst sind.
ecureuille

Re: Wer nimmt KEIN AD ?

Beitrag von ecureuille »

Hallo Carla,

das klingt für mich nach einem sehr passenden und konsequenten Umgang mit der Erkrankung. Sprich, wenn nichts mehr geht, helfen einem die Medikamente wieder therapiefähig zu werden. Die eigentliche Arbeit ist jedoch Ursachen erkennen, Zusammenhänge begreifen, Selbstreflexion, Realitätsabgleich etc pp. Sprich die Arbeit an sich und seinen Problemen mit Hilfe eines Therapeuten.
Lerana
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Re: Wer nimmt KEIN AD ?

Beitrag von Lerana »

Hallo Hörnchen und hallo Ulysses,

vielen Dank für das Mutmachen und sollte ich die Panik bekommen, oder beim Ausschleichen alles furchtbar werden, komme ich auf das Angebot mit dem Unterstützungsprogramm zurück.

Das Thema ist für mich gerade tatsächlich einfach sensibel, da ich in zwei Wochen mit dem Ausschleichen beginnen möchte. Dass ich ein AD übethaupt genommen habe, war so oder so eine große Überwindung für mich und die Entscheidung habe ich nach wochenlangen Abwägen schweren Herzens getroffen. Dann hat es mir aber enorm geholfen. Jetzt fühlt es sich halt so falsch an, jeden Morgen eine Tablette zu schlucken, von der ich keine Wirkung, sondern allerhöchstens eine Nichtwirkung, in Form vom Ausbleiben schlimmer depressiver Symptome, spüre.

Ich hoffe auch inständig, dass Ausschleichen und Absetzen etwas anderes ist. Auch wenn ich hin und wieder in Versuchung bin, den Kram einfach nicht mehr zu nehemen. Ich weiß aber, dass das ein schelchter Plan ist und lasse es deshalb!

Wie der Unterschied zwischen Entzugserscheinungen und Absetztreaktionen ist, ist mir auch schleierhaft. Ich habe letzens nochmal ein Buch (ja, sehr polemisch, wenig wissenschaftlich und veraltet) in den Händen gehalten, das so massiv vom SSRI-Gebrauch abrät, dass einem schlecht wird.

Nichts desto trotz möchte ich nochmals betonen, dass mir das Citalopram erst ermöglicht hat, eben wie dir liebe Ulysses, überhaupt in der Therapie weiterzuarbeiten. Davor konnte ich nur dort sitzten, der festen Überzeugung ein schlechter Mensch zu sein, der alle vergraulen wird, weil er so egoitische ist und mich ununterbrochen für mich schämen, sodass meine Wagen vor Schamesröte gerbrannt haben. Ganz zu schweigen von dem Gefühl hinter einer Käseglocke zu sitzen und das Gefühl zu ahben, nicht Teil der Welt zu sein. Diese Symptome (sich getrennt fühlen und sich ständig zu schämen und diverse andere, die hier den Rahmen sprengen würden) sind durch das Citalopram recht gut verschwunden ebenso wie ein Teil der ständigen inneren Unruhe nach einer blöden Erverschlimmerungszeit. Erst dann konnte ich in der Therapie überhaut über mich sprechen, ohne mich gleich so zu verachten, dass ein Gespräch schlicht nicht mehr möglich war. Ich habe oft aus dem Fenster gestarrt und konnte vor Scham nichts von mir geben, so lächerlich kam ich mir vor.

Also: Ich denke, AD zu nehmen war eine richtige Entscheidung, aber jetzt möchte ich es gern wieder loswerden, und zwar möglichst ohne "Entzugs"erscheinungen, denn das es nicht abhängig macht, wurde mir auch versprochen und nach Möglichkeit auch ohne Rückfall!

Herzliche Grüße
Lerana
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)
Handsan
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Re: Wer nimmt KEIN AD ?

Beitrag von Handsan »

Ich denke einfach, dass es sehr individuell und unterschiedlich ist, ob AD oder nicht.

Mein Zustand ohne Medikamente war:
- ich konnte mich nicht als ich selbst im Spiegel erkennen
- die Worte meines Freundes, dass er mich liebt, haben mich nicht berührt, nichts hat mich emotional berührt
- ich war verstandesgemäß so blockiert, dass ich nicht mehr wusste, was Lebensfreude ist, was Egoismus ist, konnte mir kaum was merken oder etwas vorstellen wie z. B. den nächsten Tag, da gab es in meinem Kopf keine Bilder oder Assoziationen
- ich konnte mich kaum an meine Vergangenheit erinnern, geschweige denn, dass ich mal nicht depressiv war
- mein Antrieb war so gering, dass mir selbst das Sprechen schwer fiel ebenso Nahrung kauen
- kurzum ich war in keinster Weise fähig eine Therapie zu machen und mitmachen zu können

Das hat sich alles seit Beginn der Medikamente verändert.

Vor dieser Therapie habe ich alles mögliche gemacht, aber in meinem Inneren sah es immer gleich aus bzw. wurde immer schlechter über die Jahre.


Die Frage ist wahrscheinlich
, wie viel kann man als Patient aktiv an Handlungen und an Denkprozessen arbeiten und wie groß ist der Leidensdruck. Gibt es noch positive Emotionen, gibt es überhaupt noch Emotionen und ist das Leben des Patienten gefährdet.
Iris
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Re: Wer nimmt KEIN AD ?

Beitrag von Iris »

@Carla danke für den Mut machenden Beitrag.

In Bezug auf SSRI bin ich auch ein gebranntes Kind,habe zwei ausprobiert und beim einschleichen in sehr geringer Dosierung entsetzliche Nebenwirkungen gehabt,das möchte ich nie wieder erleben.
Bei Cipralex sogar mit 1 Tropfen ,was angeblich besser verträglich ist wie Citalopram,bei mir war es schlimmer.

Die anfängliche Euphorie in Fachkreisen über gut Wirksame und sehr gut verträgliche Medikamente (SSRI)ist schon lange verflogen.
Die Nebenwirkungen sind nicht weniger,sondern anders als bei TZA`s.
Der Sinn des Lebens ist das Leben selbst.
katyfel
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Re: Wer nimmt KEIN AD ?

Beitrag von katyfel »

Ich finde das Thema hier weiterhin sehr aufschlussreich!

Carla, besonders dein Bericht hat mich beeindruckt, ob deiner eigenen Klarheit und Reflektiertheit aber auch dem Zusammenarbeiten in der Klinik.

"Witzigerweise" wurde bei mir in der Psychiatrie (wo ich von der Intensivstation hinverlegt wurde, also könnt ihr euch ja vielleicht denken, in welchem Zustand) das AD tatsächlich ABGESETZT.
Kann ich mir bis heute nicht erklären und vor allem dort hätte ich meinem Empfinden nach mehr medikamentöse Unterstützung gebruacht, grade weil "therapeutisch" quasi nichts lief.
Widerspricht vielen anderen Berichten von Ruhigstellung etc., das weiß ich auch, aber für mich haben beide Extreme nur eine geringe Berechtigung...

Liebe Grüße, Sinfonia
So ist das Leben, sagte der Clown und malte sich ein Lächeln auf
Iris
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Re: Wer nimmt KEIN AD ?

Beitrag von Iris »

@sinfonia
vielleicht hatte man die Vermutung das du gerade durch das AD in der Verfassung warst ?
Der Sinn des Lebens ist das Leben selbst.
katyfel
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Re: Wer nimmt KEIN AD ?

Beitrag von katyfel »

Hallo Iris,
danke erstmal fürs Gedanken machen, das war es allerdings nicht.
Mir wurde erklärt, dass es daran lag, dass ich eben eine Überdosis Medikamente genommen hatte, was aber keinen Sinn macht, da sie dort ja unter Aufsicht genommen werden mussten... In der Situation hab ich keine Kraft gehabt, dazu Stellung zu beziehen, aber auch in der Klinik, in der ich danach war, hat das eher Unverständnis geweckt.

Ich meinte das jetzt auch nicht als "neues Thema", aber ich habe mich wegen des Themas hier nach langer Zeit wieder dran erinnert.
So ist das Leben, sagte der Clown und malte sich ein Lächeln auf
Nachtflug
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Re: Wer nimmt KEIN AD ?

Beitrag von Nachtflug »

Hallo,

ich nehme zwar kein AD aber aufgrund eines eher bipolaren Krankheitsbild ein Neuroleptikum und mir hat es sehr gut geholfen, überhaupt wieder meine geistigen Resourcen zurückzubekommen, um an meinen Baustellen arbeiten zu können. Ich habe fast 1,5 Jahre Medikamente verweigert bzw. konnte am Anfang nicht mal mehr zum Arzt gehen und denke wirklich, dass eine differenzierte Sicht auf Psychopharmaka sehr wichtig ist.
Ich habe das Glück, dass mein Arzt sehr niedrig dosiert und vorsichtig mit Medikamenten umgeht (und das obwohl gerade bei meinem Krankheitsbild oft sehr schnell schwere Geschütze aufgefahren werden) - war aber auch dem geschuldet, dass ich natürlich nicht mehr hochakut sondern schon wieder zu 3/4 erholt war von meinem schhlimmen Zusammenbruch.
Und obwohl das selten ist, funktioniert bei mir tatsächlich eine sehr geringe Dosis (zumindest im Moment), viele seiner anderen Patienten brauchen zum Teil die vier oder fünffache Menge.
Ich habe es anfangs in seiner Behandlung auch erst nur mit Therapie versucht, aber gemerkt, dass ich mich nur unnötig damit quäle. Ich kann wieder sehr gut und regelmäßig schlafen, die einzige Nebenwirkung ist, dass ich morgens etwas benommen bin, aber wenn ich was dafür tue, geht das auch schnell weg.
Ich denke vor allem, dass man immer abwägen muss, ob die positive Wirkungen die Nebenwirkungen überwiegen und manchmal muss man sich auch fragen ob eine geglaubte Nebenwirkung vielleicht auch ein Symptom der Krankheit ist (zumindest wenn man's länger einnimmt, ist das ja manchmal nicht so einfach zu unterscheiden).
Denke wenn man unangenehme Nebenwirkungen hat, kann oft ein mit dem Arzt besprochenes und von ihm abgesegnetes Runterdosieren ausprobiert werden bevor man gleich ganz ans völlige Weglassen denkt. Und sollte das nicht funktionieren, kann ich es schon. nachvollziehen es ohne probieren zu wollen - gerade wenn da sehr heftige Nebenwirkungen wie von manchen beschrieben dabei sind.

Für mich ist es auch irgendwann ein Ziel, das Medikament wieder absetzen zu können. Auch wenn bei Bipolaren ja oft viele dabei sind, die lebenslang sogar noch viel stärkere Medikamente nehmen müssen. Aber nachdem mich ich nun fast zwei Jahre aus dem Leben sprichwörtlich katapultiert wurde, steht für mich fest, das Medikament mind. noch zwei Jahre einzunehmen und erst dann - sollte ich phasenfrei gewesen sein - ans Absetzen zu denken. Vorteil ist für mich, dass ich in Akutsituationen notfalls auch besser hochdosiert werden könnte, als wenn man meinen Körper erst wieder an das Ganze gewöhnen muss.
Ich bin auf jeden Fall dankbar, dass es bei mir mit so wenig Medikamenten klappt und mein Psychiater jetzt auch niemand war, der gleich die schlimmsten Geschütze aufgefahren hat. Aber bei mir war die Diagnose ja auch erstmal unklar, da ich hochakut ja nicht behandelt wurde, da finde ich es sowieso wichtiger erstmal vorsichtig an die Sache ranzugehen.

Liebe Grüße,
Nachtflug
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