Licht und Dunkelheit

anna54
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Re: Licht und Dunkelheit

Beitrag von anna54 »

Guten Morgen ihr Lieben
hallo June73

seinen Platz finden,beruflich war ich sicher,ich hatte ihn.
Meine Kinder wurden selbstständig,ich konnte wieder anknüpfen,an einen Beruf,der mir viel bedeutete.
Nach Jahren,als ich so richtig Fuß gefasst hatte,viele Aufgaben,die mir sehr lagen,hatte, kam der "Rauswurf".
Eine Episode Depression haben sie mir gestattet,bei der zweiten war ich raus.

Wir waren ein besonderes Team,auch meine Depression war bekannt,ja ich war schon über 10Jahre dort,als ich erkrankte.
Letztlich war es wieder einmal,das nicht begleitet werden,ich hätte mit mehr Information,mit mehr Info für den Arbeitgeber,wieder Fuß fassen können.
Jahrelang hab ich dann mit "Notlösungen" noch gearbeitet,war mit fast 50Jahren,die Neue im Team,das passte nie.

Da konnte ich nicht bestehen,meine Erfahrung war nicht gefragt,jede Anfängerin wäre besser gewesen.
Also raus, rein in andere Aufgaben,aber eben kein Arbeitsplatz mehr.

Das war die größte Bruchstelle,ist sie immer noch.Ich habe mich wieder heil werden lassen.
Habe mehr "kleine Brötchen" geschätzt.
Aber keiner kann es sich leisten,seinen Arbeitsplatz aufzugeben,wenn er krankheitsfördernt ist,dann ist Abwägen notwendig.
Ich hätte mir mehr Schutz gewünscht,auch gern eine Umschulung,mehr Maßnahmen ,um stabiler zu werden.
Ich mußte lernen,der Beruf ist nicht alles,er trägt nicht mein Leben,er ist nur ein Teil vom Ganzen.
Aber ich war im falschen Alter,für mich "lohnte" sich es sich nicht mehr.
So habe ich viel verloren,aber ich habe nicht aufgegeben,noch zwei Arbeitsstellen danach gefunden,aber das war nicht meine Berufung.
Verluste sind normal,aber es hat mich tief verletzt als ich als "halbe Arbeitskraft" bezeichnet wurde.
Von mir erwartete der Chef mehr als 100%,ich hab das auch gern gegeben,dachte ich habe Guthaben,nein genau anders,ich war mit 100% nicht gut genug.
Jetzt hab ich andere Möglichkeiten,die Berentung war schon ein Gewinn,aber frag mich bitte keiner,was ich heute noch leisten möchte,in einem Beruf,der meine Berufung war.
anna54
anna54
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Re: Licht und Dunkelheit

Beitrag von anna54 »

Hallo ihr Lieben
wann bin ich bei mir,ein neues Gefühl.
Ich bin öfter unterwegs,Notwendigkeit.
Da fehlt mir das,bei mir sein,das gute Gefühl,hier bin ich zu hause.
Jetzt muss ich mich draußen bewähren,kleine Stippvisiten,nach Plan und Absprache.
Heute morgen früh raus,Arztbesuche mit meinen Eltern,dann noch gemeinsam Mittagessen,sage ich da ab?
Lasse ich mich einspannen,oder bin ich gern da?
Ganz andere Gefühle,was ist noch gut,wo ist eine spürbare Grenze.
Ich fühle meist nur Unbehagen,kenne Grenzen setzen noch nicht lange,besonders nicht bei meinen alten Eltern.
Dann war es doch gut,wir haben das Mittagessen genossen,ein ganz neues Gefühl für mich.
Wann geht es mir gut,kann ich fast nie beantworten. Nur noch kleinste Splitter einer Wahrnehmung sind fassbar.
Das deutlichste Gefühl war heute die Freude über ein paar Gänseblümchen,die schon wieder wachsen,ich bin süchtig nach Blumen,die der Witterung trotzen.
Ich kann dieses "eingefroren sein" nicht mehr sehen und ertragen.Ich brauche Bilder und Zeichen des Aufbruches,des Neuanfanges,ja,des Neuwerdens.
Immer frage ich mich im Frühjahr,wie hab ich nur den Winter überstanden?
Meine Mutter(85) plant jetzt schon,welche Sorte Erbsen gelegt werden.
Ist es der Zugang zur Natur,den wir in uns haben,oder nicht,der uns heile machen kann?
Rennen alle zur Landlust,weil das gut für die Psyche ist?
Keine andere Zeitschrift hat solche Auflagen erreicht.
Wo werde ich heil?
Muss ich in der Erde wühlen,oder reicht es den Garten zu sehen?
Ich glaube,ich muss im Einklang sein,mit mir, und meiner Energie. Kraftorte kenne ich einige,da hab ich so sehr die Energie gespürt,dass ich davon gefesselt war.
Für mich muss es fassbar sein,mein Gehirn will keine Theorien mehr.
Woher kommt mein Unbehaben,was macht mich wütend,was ist Traurigkeit?
Irgendwie muss ich das alles wieder lernen,vorher war da nur dichter Nebel.
Ich habe die Anfänge nicht mitbekommen,den Moment,wo ich noch agieren kann,wo ich mich bewusst entscheide.
Ein Erlebnis in der Kantine der Klinik hat mich schwer getroffen.
Ich war in der Ambulanz,musste viel Zeit abwarten,und bin in die Kantine gegangen.
Die Schlange war lang,ich schaute nach dem Angebot,und hatte mich rasch entschieden und sagte:Ich nehme heute...
Da höre ich hinter mir die Stimme des Oberarztes: Sie können hier Wünsche äußern,ob sie dass aber bekommen,das wird noch entschieden.

Das hat mich überfallen,ich hatte den Arzt nicht gesehen,er war der Chef meiner Station,und ein sehr schwieriger Arzt und Mensch.
Wehren hätte ich mich müssen,konnte es aber nicht,genau das war die Falle,ich lasse mich aus dem Gefühl "der höheren Macht" einschüchtern.
Machtlos war ich lange,zu lange,gegen viele Lebensentscheidungen,die mich übergangen haben.
Wenn ich jetzt entscheide,dann ist das ohne Zweifel einfacher geworden.
Mein Wort ist mein Wort,und keine Bitte um Berücksichtigung.
Ich stelle nicht in Frage,stelle mich nicht mehr in Frage.
Wage es nicht,das kennt mein Hund,mit ihm hab ich das wieder gelernt,diese deutliche Körpersprache,diese klare Haltung,fordern ist wichtig.
"Ich tu ja alles für euch",nein ,ich tue was ich kann und möchte.
Kein Ausverkauf kein Rammsladen.
Ich bin kostbar,weil ich meinen Wert kenne.
anna54
anna54
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Re: Licht und Dunkelheit

Beitrag von anna54 »

Guten Morgen ihr Lieben
gestern war ein anstrengender Tag,am Nachmittag hat mich dann ein Migräneanfall überfallen,das hatte ich ewig nicht.
Ich mußte mich hinlegen,das war grenzwertig.Tagsüber liege ich nicht im Bett,das war zu lange mein Lebensinhalt.

Medikamente haben dann schnell geholfen,und ich bin nach zwei Stunden wieder raus.
Gefährlich,diese alten Muster,sich verkriechen,abtauchen,nicht da sein.

Wie nah bin ich noch dran,an der Depression und meinen Fluchten.
Immer noch keine Sicherheit,immer noch ausprobieren,wagen,einen Fuß vor den nächsten.
Was trägt mich,was nicht.
Puh,Angst macht sich breit.
Aber keine Wahl,es geht weiter,jeder Tag will gelebt werden.Jeder Tag hat seine Aufgabe,bringt mich weiter.
Mein Tempo,nicht mal das kannte ich,wenn ich keine Treppe hochrennen kann,ist es wohl besser zu gehen,aber gehen,nicht den Aufzug wählen.
Mir sagen manchmal liebe Menschen,"wir haben doch einen Aufzug"---dann lache ich,trotz Luftnot,nein ich gehe die Treppe,in meinem Tempo.
Walken kann ich auch nur,wenn ich bei mir bleibe,nachfühle,was kann mein Körper heute.
Jahrelang bin ich gelaufen,hab nichts gespürt,außer einer riesigen Erschöpfung.

Alles Lernfelder,Körper spüren,Seele spüren,mich spüren.
Aber da musste ich erst mal hinkommen,mich auf den Weg machen,bloß nicht verweilen im Tageseinerlei.
Struktur,Planung helfen,sind zunächst Stützen und Sicherheit.
Wenn ich mich heute ins Auto setze,in eine andere Stadt fahre,dort meine Sachen erledige und noch einen Bummel mache,dann ist das ganz viel.
Angefangen habe ich mit der Fahrt bis zum Parkplatz,mich umsehen,ausprobieren,schnell wieder nach Hause.
Beim nächsten mal kann ich schon eine Zeitung und Brötchen kaufen.
Schritte,wie über dünnem Eis.
Auch heute gibt es Dinge,die mache ich nicht mehr,ich kann es einfach nicht mehr.
Eine Einladung heute Abend,obwohl ich möchte,das ist nicht mehr mein Leben,ich bin abends bei mir zu hause,will den Tag ausklingen lassen,und nicht neu beginnen.

Dieses Springen,in immer andere,schnellere,gegensätzliche Aufgaben und Möglichkeiten,das lasse ich.
Bei einer Sache bleiben,das ist wie langweilig,aber es ist erfüllt,weil ich echt bin.
Ich erlebe das auch bei Begegnungen,ich will nicht tausend Stimmen,was der eine mir zu sagen hat,das will ich wissen.
Verlieren an der Oberflächlichkeit,das macht einsam,eine tiefe Begegnung geht nur mit Langsamkeit.
Ich nehme mir die Zeit,es ist meine Zeit.
anna54 heute mit Sonne!
anna54
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Re: Licht und Dunkelheit

Beitrag von anna54 »

Hallo ihr Lieben
Sonntagmorgen,Pause für mich.
Gestern hat mich meine Haut wieder überfallen.
Was habe ich übersehen,nicht wahr haben wollen?
Meine Haut ist mein Alarmorgan.
Letzte Woche die Migräne,jetzt das nächste Zeichen. Ich habe nicht aufgepasst,das ist mein Gefühl,ich schaffe alles schon,ist mein Anspruch.
Also Rückwärtsgang,Ruhe,nachfühlen,kann ich den Punkt finden,wo ich mich übergangen habe?
Oft ist es ein Meer an unklaren Wahrnehmungen,ich muss mir Zeit lassen,bis das Gefühl hochkommt. Dann bin ich ein Stück weiter,kann mein Verhalten ändern.
Vorher ist es nur ein Nebelschleier,der ist gefährlich,weil er mich in die Irre führt.
Er ist ein Lump,er will mir Unfähigkeit einreden. Will mich klein machen und klein halten,er möchte nicht,dass ich "wachse".

Gelumpe ist mein Wort für all die Begleiter der Depression,die Trittbrettfahrer.
Was willst du von mir,ich schmeiße dich raus,lass dich hier nur nicht häuslich nieder.
Die schwarze Dame(Depression) hat bei mir ihren Platz,sie darf mich besuchen,mir eine Botschaft bringen,aber sie geht wieder,wenn ich ihr zugehört habe.
Danach will mein Körper Ruhe,es war anstrengend,mein Gesicht zeigt die Anspannung,den Schmerz,fühlen kann ich nur Panik.Nicht schon wieder!!!

Aber keine Panik,ich habe die Botschaft angenommen,meine Haut hilft mir.
Vor zwei Jahren war meine Haut völlig kaputt,eine Hautkrankheit sollte es sein,so die Theorie der Fachärzte,es war einzig meine Seelenhaut.
Jedem Tag seine Last zugestehen,aber auch in jedem Tag ein Geschenk sehen,das wünsche ich uns allen.
Ich gehe bewusst an den Rand des Lebens,in meinem Ehrenamt,damit ich es schätze,bewahre,und lerne.
anna54
Sternstaub
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Re: Licht und Dunkelheit

Beitrag von Sternstaub »

Liebe anna45,
schon fast täglich lese ich bei dir. Deine Texte erinnern mich oft an die Achtsamkeit die man zu schnell vernachlässigt und vergisst, wenn alles scheinbar gut läuft. Deine Gedanken bringen auf den Punkt, wie Verletzlichkeit und dennoch Stärke in einem jeden von uns zuhause sind. Deine Worte sind mutig, deine Ehrlichkeit berührend, dein Herz am rechten Fleck!

Ein jeder /eine jede wäre nicht der er ist, wenn diese Krankheit an seinem Leben vorbeigezogen wäre. Jeder(e) hätte auf sie verzichten können, keiner hat sie sich ausgesucht ...

und...

...dennoch ist dieser Mist der Dünger für Neues im Leben, für Blumen die blühen, davon bin ich überzeugt und davon lese ich in deinen Texten.

Altes hinterfragen, neues wagen - keine Frage des Stils - sondern eine Frage des überlebens, jedenfalls für Menschen mit Depressionen.`

Ich bedanke mich bei dir für deine Offenheit, deine inneren und äußeren Kämpfe die du hier aufs Papier bringst, und es ist schön, dass es dich gibt ! ;0)
anna54
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Re: Licht und Dunkelheit

Beitrag von anna54 »

Hallo ihr Lieben
liebe Sternstaub
heute war das Maß voll,ich bin noch immer nicht so fit,eine gute Bekannte hat dann heute mir den Rest gegeben.
Ich wollte ihren Satz schon runterschlucken,dann hab ich mich endlich gewehrt.
Danach ging es mir sehr viel besser,sie war erschrocken,aber mir waren ihre Sticheleien zu viel.
Es ging um mich,nicht um ihre Sicht der Dinge,ich wollte auch nicht diskutieren,ich wollte nur eine Grenze setzten.
Zu schnell nehme ich sonst alles halb wieder zurück,fühle mich dann "über den Tisch" gezogen.
Klarheit ist leichter,Unzufriedenheit schluckt zu viel Kraft.
Mit meiner Familie kann ich nachsichtig sein,da schlucke ich auch mal viel,aber dann reicht es auch.
Immer tue ich mich schwer,anderen auf die Füße zu treten,immer glaube ich,es liegt an mir,ich bin falsch.
Aber das wird zur Falle,alles zu schlucken,und dann merke ich irgendwann die Verletzungen zu spät,oder auch gar nicht mehr. Es bleibt dann ein scheinbar "unerklärliches" Unwohlsein.
Diffuses Unwohlsein ist nicht gut für mich.
Wie das Wetter,ist klare Luft gesünder,und heute wurden wir mit Sonne verwöhnt,dazu kleine Schneeflöckchen.
Wenn die Straßen frei bleiben,darf es so weitergehen.
anna54
anna54
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Re: Licht und Dunkelheit

Beitrag von anna54 »

Hallo ihr Lieben
gestern geschafft,der erste Tag in der Klinik.
Das Tun war einfach,das drum her rum schwieriger.
Ich muss nur den Start schaffen,bekannt werden,einfach in die Routine kommen.
Puh,das kann ich noch,aber es ist schwer.

Heute nur Küchentag,und Schnee.
Schnee ist so sanft,er liegt auf jedem noch so winzigem Blatt und Zweig.
Er hüllt ein,alles wird leiser.
Das Licht ist eine Wohltat,also die dicken Stiefel stehen schon bereit.
Der Wechsel von Anspannung zum Loslassen ist mein Problem,ich bleibe in der Spannung.
Dann hilft aufräumen,wegwerfen,aussortieren.
Konzentrieren auf den Moment,jetzt bin ich nur für mich,was tut mir gut,was will ich heute schaffen.
Seelennahrung finden,einen Vorrat anlegen,eine Quelle haben.
Meine "Fund" gestern waren Ranunkeln,auch noch zum Großmarktpreis.
Wenn meine Küche läuft,dann mach ich "Frühlingserwachenüberraschungen",die sind für mich und liebe Menschen,die ich damit überrasche.
Winterzweige tragen das Erwachen schon in sich,die Natur ist immer "lebhaft".
Der Winter zwingt mich nicht mehr in die Knie,ich trotze dem Grau,der Kälte,dem Nass.
Die sich entfalltenden Blütenblätter einer so zarten Blume ist mein Bild,ich stütze sie mit Zweigen,dann wird sie wunderbar leicht.
Keine andere Blume ist so zart,geht man unvorsichtig mit ihr um,knickt sie sofort ein.
Meine Bilder sind meine Hoffnung,Hoffnung ist mehr als alles,wer in der Hoffnung leben kann,der hat sein Leben in der Hand.
Die schwarze Dame ist noch in der Nähe,sie zeigt sich noch immer,aber ich habe sie schon verabschiedet,ich lebe.
anna54
anna54
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Re: Licht und Dunkelheit

Beitrag von anna54 »

Hallo ihr Lieben
Schritt für Schritt gehe ich durch Winterlandschaft.
Alles ist langsamer,stiller,Menschen staunen.
Diese Schutzschicht,die jetzt auf allem liegt,die wünsche ich mir.
Behütet sein,zugedeckt,eingehüllt...
Fremd.
Kinderlachen mit Schlittenfahrt,jeder Hügel ist eine Erlebniswelt. Mein Hund rennt wie wild,Spuren suchen,unterm Schnee.
Kinderüberraschung ist Schnee.
Die Autofahrer hoffen auf freie Straßen,ich heute auch,das Leben ist nicht zugeschneit.
Einige Auszeiten überstanden,heute ist wieder ein Therapietermin.
Immer die Hoffnung,es könne besser gehen,ich könne lernen,jetzt wird es anders.
Ich kann die Therapieschritte nicht erkennen,ich bin auf der Suche,ich sehe nur die Weite,nicht die Leere hinter mir.

Meine Haut hat sich beruhigt,also ist ausatmen und auftanken angesagt. Wie soll ich den Auslöser erkennen,umgehen,verändern?
Das ist noch ein langer Weg.
Angst ist immer,Verzweiflung ist oft,Anstrengung ohne Ende, ist immer.
Jedem Tag sein Maß geben,das kann ich häufiger,nur meine Ziele verfolgen ist ein Weg.
Meine Inseln schaffen,festhalten an Ankern,Sicherheit schaffen in Ritualen.
Warum hasse ich Karneval,Maskenfeste,was feiern die da?
Ich liebe die alten Kleider,die alte Sprache,die weisen Alten.
Letztlich habe ich den Karneval gemocht,wo in der Verkleidung die Wahrheit ausgesprochen werden durfte.
Aber das ist bitter und ernst,da will ich keine Lacher,manchmal gehe ich in die Verkleidung,mache mich "unsichtbar".
Ich spreche ohne Gnade,ich bin böse und unerbittlich.
Lüg mir nicht ins Gesicht,ich warne nur einmal,ich habe keine Knautschzone.
Ich habe ein "Vorbild"
eine Gruppe Frauen geht auf die Bühne,sehr erfolgreich,sie haben Rollen,sie spielen alles an die Wand.
Eine von ihnen wohnt in meinem Ort,sie hat immer die gleiche Verkleidung,sie wird "eingekauft",sie kommt an.
Mit ihr saß ich in einer Veranstaltung,ihr Auftritt war vorbei,aber sie hatte noch "ihr Kleid" an.
Da lügt ein Politiker sich durch seine Rede,sie murmelt vor sich hin: ich steh gleich auf,ich steh gleich auf...

Das hat mir so gut getan,ich will nicht nackt da stehen,wenn ich etwas wage,wenn ich die Dinge beim Namen nenne.
So habe ich eine Schutzkleidung mir abgeschaut,ich verwirre,ich lenke ab,dann hab ich Mut, dann gehe ich nach vorn,ich frage---aber ich frage nach der Wahrheit.

Manche Themen kann ich nicht übergehen,ich will mir treu sein.
Die gleiche Zeitung,die vor zwei Wochen "sich wundert über behinderte Rentner",geht mit Kindern an die Stätte,wo sie damals starben.
Mein Herz schreit,die meinen mich,ich bin eine Randgruppe,die gab es mal nicht mehr.
Aber ich muss dosieren,ich warte ab,auch wenn es schwer fällt.
Die Frage werde ich trotzdem stellen,warum wundert ihr euch über "Rentner mit Behinderung",ich bin einer davon,hier stehe ich,hier will ich eine Antwort.
anna54
anna54
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Re: Licht und Dunkelheit

Beitrag von anna54 »

Hallo ihr Lieben
wieder ein unliebsamer Termin geschafft.
In der Klinikambulanz habe ich eine neue Ärztin,ganz skeptisch,ganz unnahbar,sehr streng.
Keine Mimik,nur ein scharfer Blick.
Ich war am Boden,als ich wieder im Auto saß.

Dann hab ich einfach "meinen Blumenladen" angefahren,ein Geheimtipp mit kleinen Preisen.
Frühlingsblumen gefunden und Rosen,einmalige Rosen. Jetzt verteile ich Blumen,erst für mich,dann ein Geburtstagsgeschenk,dann noch eine Überraschung.
Mir ging es sofort besser,ich hab das Arztgespräch "vertagt",ich will nicht mehr darüber nachdenken.
Ein Wintermarsch mit Hund war dann mein Stück " den Körper fordern",jetzt darf ich im Sessel "hängen".
Diese Pflichttermine,die mir nicht gut tun,die muss ich regelrecht abarbeiten,wie eine lästige,aber notwendige Verpflichtung.
Drei Arztwechsel durch die Klinik,das langt mir. Ich will nicht immer wieder bei null (null Vertrauen) anfangen.

Aber ,ich habe mich gerettet,und auch noch einen lieben Menschen getroffen.
Eine Nonne, mit ihr mache ich meine ehrenamtliche Arbeit,sie ist herzlich,warm,offen,eine Wohltat.
Das wünsche ich euch allen,Begegnungen mit Menschen,die einfach gut tun.
Es ist nicht leicht,man muss schon auf der Suche sein,aber auch finden,lässt sich üben.


Einige Ehrenämter habe ich wieder aufgegeben,leider,das ist schwer und macht Angst,aber nur das Loslassen bringt die Chance auf etwas Neues.
anna54
oxymoron
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Re: Licht und Dunkelheit

Beitrag von oxymoron »

hallo an alle,
hallo anna, hab dank für diesen thread.

tummel mich hier seit ein paar tagen als leser, stöberte so rum, licht & dunkelheit ist ein sehr gutes thema!
viele beiträge zum nachdenken, in mich gehen (wenn ich weiss, wer das ist) & reflektieren.
heute dann die anmeldung, mit einer vorstellung meinerseits:

rien ne vas plus.
bis vor kurzem habe ich zumindest noch "funktioniert"...immer wieder depris, doch konnte ich mich an den kleinen dingen marienkäferklein des lebens festhalten: sonnenschein, ein lachen, eine nette nachricht, ein schöner himmel...schneeglöckchen!!! was für freche, kleine, wunderschöne, allen widrigkeiten zum trotz emporstrebende lichtbringer!

meine professionelle kreativität hat mich auch immer grossartig gerettet, doch
sie blieb auf der strecke und ist verdorrt.
trotz ständiger niederlagen und nöte, löwenmamasyndrom, jobabsagen, kraftakten, schicksalskacke, intensiven lebens, hab ich
mich jedesmal wieder hochgezogen, zumindest eine zeitlang. die abstände wurden mit den jahren dann immer kürzer.
für gewöhnlich schaffte ich alles immer irgendwie...war auch nötig, alleinerziehend mit binationaler extremproblematik, verkettungen ungünstiger umstände, dem magneten für energiefresser immer dabei...stehaufmännchensyndrom. seit einiger zeit ( vllt. 6 monate) leider kaum bis gar nicht mehr.
es mag auch damit zusammenhängen, dass meine söhne auszogen ( obwohl ich es positiv & richtig für uns alle erachte, es war an der zeit) und mein 17 jahre alter kater verstarb, der mich all die langen jahre fantastisch begleitete - in guten wie in schlechten zeiten.

so begann schleichend die spirale der "desozialisierung", die scham, das verschieben der gezeiten, die
abkapselung, notlügen bezgl. der erreichbarkeit, stummschalten des telefons/ der klingel...grosser wunsch
nach schier unauffindbarer ruhe, keine möglichkeit der entspannung. herbeisehnung des abends oder
wochenendes...grübelhamsterrad...eine hassliebe zur einsamkeit, nachtaktiv, aufwachen, als hätte ich
nicht geschlafen. der selbstvorwurf und das hängen der flügel. pflichten werden grad noch so erledigt,
allerdings immer häufiger unwillig. bin recht selbstreflektiert & umsichtig, für gewöhnlich bedarf ich keiner hilfe, lasse mir eher ungern helfen. doch das "ich mach das schon", respektive "anderen helfen", um mich überhaupt zu spüren, oder das gefühl zu haben, nützlich zu sein, selbst das vermag / mag ich nicht mehr...
mein ausgleichendes wesen ist futsch, auch meine funktion therapeut für alles und jeden zu sein. ich reagiere schnell gestresst & unleidlich, fast schon zickig . einladungen, fragen & bitten anderer fühlen sich derzeit fast wie bedrohungen an !?!
ich äusserte "ich kann nicht mehr" und machte weiter...alles zuviel.
da denke ich oft an den (stummen) schrei von edvard munch.
innere kündigung! die nach aussen hielt
ich noch zurück, weil ich doch die STARKE bin, das wird so erwartet, bei meinem ehemals schillernden & aufregenden leben. pffff!


watte im kopf
grübelmarathon, heulsusenwettbewerb
konzentrations- und sehstörungen
temporäre prokastrination mit vogel strauss kostüm ( aus angst nicht zu genügen, durch finanzielle sorgen),
der sonst perfekt geführte, gestylte haushalt bleibt auf der strecke
plötzliche heulaattacken, z.b. im supermarkt
gewichtsschwankungen & temporärer anflug des klimakteriums...alt, grau, hässlich und nutzlos
fühle mich wie ein verwundetes gehetztes tier
am heftigsten, die mentale & körperliche erschöpfung, die macht auch eine form der watte: bleierne !!!

SEELENTSUNAMI

ende november und zwischen den jahren zwei zusammenbrüche (heimlich & vertuscht). doch beim letzten waren die alarmglöckchen nicht mehr zu ignorieren. 1,5 jahre habe ich keinen mediziner aufgesucht, aus
trotz oder abneigung & jahrelangem ärztemarathon ( wegen diverser geschichten).

das übliche prozedere... hausarzt, psychiater.
seit einer woche einschleichend venlafaxin, das geht aber iwie gar nicht. werde es absetzen. ich denke AD's sind nicht mein weg.
eine intensive psychoanalyse hat mir 2004 - 2006 sehr geholfen, so dass ich lange davon zehren konnte. leider konnte ich sie durch bundeslandwechsel nicht zuende bringen.
seit 2003 waren diverse versuche mit SSRI's fehlgeschlagen.
ad hoc bemühe ich mich um eine reha, so schnell & soweit weg wie möglich.
psychiatrie stationär oder tagesklinik kontraindiziert.
ja, so sieht's aus...

puh, das ist ziemlich lang geworden...
apropos ich schreibe gern, viel und klein. hab das gefühl, es ist das einzige, zu was ich grad noch in der lage bin. hoffe, das ist okay für euch.

und so wünsch ich uns allen erstmal & ganz bald viele entzückende lichtbringer-schneeglöckchen

habt einen schönen abend
mrs. jones aka oxymoron
krimi56
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Re: Licht und Dunkelheit

Beitrag von krimi56 »

Licht und Dunkelheit – Jetzt ist eine Jahreszeit in der es mehr Dunkelheit gibt.

Es gibt dann noch die andere Dunkelheit. Hervorgerufen durch die Depression oder auch andere Krankheiten.

Und es gibt Licht. Licht nicht nur durch Sonne, sondern auch ausgestrahlt durch liebe Menschen.

Beides habe ich gestern erfahren dürfen.

Ich saß in der Dunkelheit.

Ich war gestern nicht wirklich gut drauf, saß im Sessel und musste immer an den neuesten Befund und das Arztgespräch denken. Einen Kloß im Hals.
Warum liest es sich jetzt so anders? Warum diese Änderung? Muss das alles wirklich so sein?

Es klingelte und mein Lieblingszusteller gab ein Paket für unsere Nachbarn ab … und … ein Päckchen für mich. Ein Päckchen von Amazon? Für mich?
Ich habe doch gar nichts bestellt??? Dann las ich den Aufkleber: Hier macht Ihnen jemand eine Freude.

Wer macht mir eine Freude?

Nun kam das Licht an diesem Tag für mich.

Nach einigem Überlegen und das Päckchen betrachtend kam mir nur eine Person in den Sinn:
!!, das kann nur !! sein.

Nun wollte ich es wissen und konnte das Päckchen nicht ungeöffnet liegen lassen.

Auf einem hübschen Umschlag mit Schleifenband klebte ein Kärtchen, auf dem steht: „Liebe krimi! Die PUHDYS bestehen als Band seit 1969. 1976 wollten sie ALT WIE EIN BAUM werden, 1984 bis zur ROCKERRENTE spielen, und es gibt sie immer noch. Das soll uns ein Ansporn sein. Ich drücke dich ganz fest! Deine !!“

Nun saß ich hier wieder im Sessel, diesmal mit Tränen in den Augen. Tränen der Freude. Ich war so gerührt. In der Hand die neueste CD der Puhdys, mit ganz tollen Liedtexten, geschenkt von einer ganz lieben Freundin eines anderen Forums.

Die Puhdys, eine Band die ich von meiner Jugend an mag und immer wieder gehört habe.

Ihr könnt euch sicher vorstellen, was ich die nächste Zeit öfters hören werde. Was mir Licht geben wird.

Ich wünsche allen ein entspanntes Wochenende.

Eine im Augenblick nicht mehr ganz so traurige krimi, der etwas Licht gegeben wurde.
"Denk nicht daran, wie viel zu tun ist, welche Schwierigkeiten zu bewältigen sind oder welches Ziel erreicht werden soll, ...sondern widme dich gewissenhaft der kleinen Aufgabe, die gerade ansteht."
- Elisabeth Tova Bailey -
anna54
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Re: Licht und Dunkelheit

Beitrag von anna54 »

Hallo ihr Lieben
willkommen mrs.jones,liebe krimi

Schneeglöckchen im tiefsten Winter,ein starkes Bild,für eine unbändige Kraft.
Meine Blumen sind ja die Gänseblümchen,sie kommen auch mit den ersten Sonnenstrahlen und sie können sich überall ansiedeln.
Die Bilder der Natur sind die Hoffnungsträger,die auch in der Depression noch fühlbar sind.
Eine ganz tiefe Gewissheit, der Winter trägt schon den Frühling in sich,den wartenden Frühling.
Ich kann die dunklen Tage aushalten,weil ich die hellen Tage wieder fühle.
Ich habe wieder ein Bild ,für die Kraft der Sonne und Wärme.
Liebe Krimi,welch ein schönes Erlebnis,ein Überraschungspäckchen mit einem wertvollen Inhalt. Die Sorgfalt und Liebe,mit der es ausgesucht wurde,ist bei dir angekommen.
Das macht viele Tage hell,auch schlimme Tage mit schlimmen Botschaften.
Licht sein,für jemanden eine Hoffnung sein,das ist ein Herzenswunsch.
Das ist auch eine Quelle für mich,wenn ich mich nicht fühle,dann fühle ich die Freude der anderen.
Lange hat man mir dieses "weggeben" als krankhaft einreden wollen.
Ich bin ja begeisterte Flohmarktjägerin.ich finde,und ich weiß sofort,für wen.
Kleine Überraschungen,kein Geldwert,ein gutes Gefühl,Freude.
Begegnungen sind auch Freude,ich grüße sehr oft Menschen,die "unscheinbar" neben mir gehen,das schenkt ein Lächeln auf beiden Seiten.
Ich kann wieder Bilder mit Gefühlen "abspeichern" für schlechte Zeiten.
Mein schönstes Bild ist der blühende Bauerngarten,ich pflücke so viel Blumen,wie ich tragen kann,und binde wunderschöne Sträuße,die ich alle verschenke.
So habe ich Gefühle "wiederbelebt",Zugang gesucht zu meiner Seele,die stumm war.
Ich habe den Dingen einen ganz besonderen Wert gegeben,meinen Wert,meine Sorgfalt und Liebe.
Ich habe mir wieder einen kleinen Schreibtisch geschaffen,früher konnte ich Briefe schreiben,jetzt bin ich noch immer stumm.
Ich versuche kleine Schritte,bereite vor,suche meinen besten Stift,habe Geduld.
Zwischen den Zeilen lesen,es fließt mir aus der Hand,Handschrift ist was wunderbares.

Meine Haut schreit wieder Alarm,ich hab den Klinikbesuch nicht gut überwunden.
Nach Aktenlage wurde ich bewertet,das ist eine Zumutung. Durch die ständigen Arztwechsel geht immer wieder das Vertrauen futsch. Ich stehe da, wie ein Anfänger,habe aber eine dicke Akte.
Ich kenne die Querleser und Diagnosenfinder nach Aktenlage,ich habe schlechte Erfahrungen gemacht.
Meine Laborwerte sind wieder untergegangen,Schilddrüsenwerte viel zu niedrig,da wünsche ich mir mehr Information.
Ich bin verärgert und enttäuscht,irgendwie arbeiten die nur volle Wartezimmer ab.

Die Ärztin meines Vertrauens erreiche ich nur einmal im Monat,manchmal noch weniger.
Auch sie ist neu,hat die alte Praxis übernommen,aber sie ist wahrhaftig,sofort wusste ich,voran ich bei ihr war.
Termine spuckt der Computer aus,möglichst nur einmal pro Quartal.
Aber ich nehme,was geht,im Notfall sitzt man stundenlang in der Warteschleife.
Nach so vielen Jahren bin ich als "Dauerpatient" nicht mehr gefragt.

So verlasse ich mich lieber auf mich selbst,kein Arztbesuch wird mich heilen,nur verwalten. Ich kenne meine Depression,sehe die Warnzeichen,fülle den Akku beständig.
Vorrat wäre gut,ein Keller voller Überraschungspäckchen.
Jedem Tag die Chance geben,bloß nicht wieder versacken in die Hilflosigkeit,raus gehen aus dem Gefühl der Ohnmacht.
Keine Macht den schlechten Gefühlen,raus werfen das Gelumpe.
Mein Tag gehört mir,ich gestalte meine Zeit,meine Zeit ist kostbar,auch wenn ich sie verschenke.
anna54
anna54
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Re: Licht und Dunkelheit

Beitrag von anna54 »

Hallo ihr Lieben
Ich bin eingeschneit,nur noch Trecker und Geländewagen können fahren.
Da lob ich meine Vorratshaltung und feste Stiefel, um noch mit dem Hund raus zu kommen.
Es ist total ruhig draußen,kein Autolärm,nicht mal Radfahrer.
Habe mir fest vorgenommen,ich lerne noch das Treckerfahren wieder. Zur Not fahr ich dann damit zu Aldi.
Alle Berufspendler und Schüler haben meine volle Anerkennung,das ist kein Zuckerschlecken.
Ich habe schon einige schlimme Winter erlebt,als ich beruflich jeden Morgen noch in aller Frühe fahren musste.War man dann endlich angekommen,war Schneeräumen angesagt.
Ich erinnere mich besonders an die unsäglichen Überforderungen,wenn vom Chef keinerlei Verständnis kam.
Ich habe mich nicht gewehrt,das war ein fataler Fehler.
Einmal habe ich als erster Autofahrer bei Blitzeis und Dunkelheit einen schwersten Unfall erlebt,mit mehreren Toten.
Als Ersthelfer habe ich funktioniert,bin dann weiter zu Arbeit gefahren,und habe weiter machen müssen,da der Chef "diese Angelegenheit" als belanglos bezeichnete.
Er war Arzt.
Irgendwann bin ich dann zusammengebrochen,habe nur noch gezittert.
Bei der polizeilichen Vernehmung (nach Feierabend) bekam ich dann ein anerkennendes Lob.
Mir wird immer noch flau,wenn ich an diese Jahre zurückdenke,ich hab mich "ausbeuten"lassen,und es nicht gewußt,ich kannte kein Neinsagen.
Ich komme aus einer "riesigen" Familie,wir älteren Kinder "mussten" funktionieren.
Wir wurden nicht gefragt,wir zogen nach der Schule bei minus 15Grad auch noch die Winterrüben für 20Kühe.
Es gab nie ein "Nichtkönnen",man musste sich eben noch mehr anstrengen.
Meine Mutter hat am letzten Tag einer Zwillingsschwangerschaft noch stundenlang in der Heuwiese gearbeitet.
Wie sollte ich da lernen,wo eine Grenze ist,ich kannte nicht mal den Begriff, als eine Möglichkeit,nein zu sagen.
Abgrenzen?
Die Eltern nicht zu unterstützen, war eine Sünde,Beichte war jeden zweiten Samstag,nicht freiwillig.
Wer nicht kam,wurde dem Lehrer gemeldet,da gab es noch Prügel und Ohrfeigen.

Und doch war ich ein "ungehorsames Kind",ich habe mich schon gewehrt,mit Worten.
Meine jüngste Schwester(15Jahre jünger) brachte das Wort- diskutieren - mit aus der Schule.
Ich kannte nur Wiederworte, und das war Sünde,also begann meine Beichte immer mit den Wiederworten.

Letztlich war das eine sehr bittere Kindheit,aus der Not wurden viele Dinge von den Eltern eingefordert.
Ich habe die Zeit mit meinen Kindern sehr genossen,habe so viel erleben können,was ich selbst als Kind nicht kannte.
Meine Eltern hatten keine Kinder-und Jugendzeit,sie waren "Kriegsopfer",mein Vater ging mit 17Jahren in den Krieg und kam nach über 5Jahren Gefangenschaft ,als halber Mensch zurück.
Krank gemacht hat mich das Elternhaus nicht,aber ich hab keine gute Lebensschule gehabt.
Ich habe auch keinen Groll gegen unsere harte Kindheit,der Groll fängt erst an,als ich am Arbeitsplatz "ausgebeutet" wurde.
Meine Lehrzeit war wunderbar,ich verstand überhaupt nicht,was das heißen sollte:jetzt beginnt der Ernst des Lebens.
Meine erste Chefin war sehr großzügig,ich durfte für sie in die Stadt gehen,durfte in ihrer Wohnung meine Pausen machen.Sie lobte und fast immer gut gelaunt.

Fast zwanzig Jahre habe ich dann dort gearbeitet,wo das Leben tobte,das Sterben auch. Da ist der Grundstein für die Depression gelegt worden.
Unerfüllbare Anforderungen.
Ständige Ausnahmesituationen,kein Gespräch,nur Anweisungen.
Als dann die erste schwere Depression ausbrach,hatte ich keine Ahnung,noch immer glaubte ich,wenn ich mich noch mehr anstrenge,dann schaffe ich das schon.

Stroh zu Gold spinnen,das Märchen erzählt die Geschichte der Depression,und den Weg daraus.
Werde euch weiter berichten
anna54

,
June73
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Re: Licht und Dunkelheit

Beitrag von June73 »

Hallo Mrs. Jones,
ich bin absolut beeindruckt von deinem Beitrag. Von wegen es geht gar nix mehr! Du kannst toll schreiben. Und du hast offensichtlich Humor, der scheint dir noch nicht ganz abhanden gekommen zu sein. Ich hab mich grad krankgelacht, als ich an anderer Stelle von deiner Idee einer Haushaltsfeenagentur Miss Tilly... gelesen habe. Ich will auch so einen Gutschein!!! Wo gibts die denn?
Meine Wunschblumen wären dann gelb-orange Ranunkeln. Ausserdem sollte meine Fee imstande sein, Kinderklamotten zu flicken, aussortieren, um diese berühmten "Kisten" die eigentlich weg gehören, auszumerzen. Ach ja und eine, die gemeinsam, wegen dem Lerneffekt, mit den Töchtern das Zimmer macht. Vor allem die Schränke.
Liebe Mrs. Jones, habe auch "binationale Extremstproblematik", dies seit 20 Jahren. Muslimischer Natur, absolut inkompatibel mit Bademoden und Kleidungsstil meiner Mädels. Ein Traum. Aber irgendwie schaffen wirs dann doch immer.
Gruss June73
kiwilana
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Re: Licht und Dunkelheit

Beitrag von kiwilana »

Hallöchen an alle, Hallo liebe Anna

soll man hier eigentlich so schreiben, als würde man mit jemandem reden oder auch einfach so vor sich hin?

~o~0~o~

heute habe ich ein erstgespräch. ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. weil ich zuviel sagen könnte.

seit 2000 krank, wo fängt man da an. was ist das wichtigste, worum geht es. wie kann ich mich ihr auch als mensch vorstellen. ihr etwas von mir zeigen. nicht nur diagnosen/probleme. wer bin ich, ist da wohl die frage.

und soll man bei einer verhaltenstherapie nicht v.a. ziele nennen können?

die frage ist nur hypothetisch. es sind meine ängste vor abweisung und nicht verstanden zu werden. als schlecht oder faul gesehen zu werden. die angst davor, dass man das gute nicht sieht. dass ich nur gut bin, wenn ich eine leistungs-maschine bin.

ich schreibe heute mal hier, weil ich merkte: will mich nicht in die ängste reinsteigern. NÖ. inneres kind und gesunde erwachsene ein teil von mir hat das nicht nötig, weiß er. ein teil von mir achtet sich selbst. weiß, dass er gut ist. so wie im eingangsthread steht, dachte ich: ja, dann will ich heute mal ein positiver alter hase sein und nicht ängstlich-fragend schreiben, sondern sammelnd, selbstbewusst werdend. soweit es geht

ich denke, ich sollte es einfach sagen!

was hab ich mir den kopf zerbrochen! vor mündlichen prüfungen war ein rat an mich (ich glaube von einer früheren therapeutin;) ... "sagen sie am anfang einfach, dass sie aufgeregt sind. das ist menschlich. sie sind nicht die einzige. die kennen das. das löst schonmal spannung" (oder so ähnlich).

hmm... was wäre das für mich bei der therapeutin? ... "warum sind sie hier?" ...

"ich weiß ehrlich gesagt nicht genau was ich erzählen soll, weil es soviel gibt. bei meiner ersten therapie konnte ich einfach drauf los reden, aber jetzt denke ich immer, ich muss erstmal updaten, welche diagnosen ich habe und wo ich schon in behandlung war. das zu erzählen fällt mir aber auch schwer, weil ich angst davor habe, ob und wie es bewertet werden könnte.

ich habe verlustängste, nicht gut genug zu sein...

oft vergesse ich auch mich selbst, wenn ich über "andere dinge" rede. eine therapeutin sagte mal zu mir: "aber nur, wenn sie nicht mehr so rational sind". bis dahin dachte ich, ich sei der emotionalste mensch auf der welt. heute weiß ich, was sie meinte. und komme meinen gefühlen auch langsam näher. aber es gibt immer wieder dieses ablenkungs-risiko."

so, das reicht. mal schauen, wie es wird liebe grüße und alles gute euch. kiwi
anna54
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Re: Licht und Dunkelheit

Beitrag von anna54 »

Hallo ihr Lieben
liebe kiwi
ich drück dir beide Daumen für dein Erstgespräch!
Natürlich kann hier jeder schreiben,und auch wie er will!
Ich habe mich gefreut,von dir zu lesen.
Erstgespräche sind fürchterlich,kann ich gut verstehen,vorher Angst und Sorge,und dann die Frage,bin ich verstanden worden,was hätte ich besser anders gesagt?
Das geht fast allen so,ich selbst kann mich fast nie vorbereiten,ich muss auf die Situation vertrauen,weil ich immer "aus dem Bauch" reagiere.
Einen Plan kann ich nicht machen,weil die Emotionen stärker sind.
Aber Zettel helfen mir,was darf ich nicht vergessen?
Letzte Woche hatte ich das zweite Gespräch in der Klinikambulanz,total schwierig,keine Mimik bei meinem Gegenüber. Das kann ich nicht aushalten,mir fehlt dann der wichtigste Baustein.
Nach so einem Gespräch muss ich mich erst mal erholen,das dauert Tage,bis ich wieder im Gleichgewicht bin.
Verärgerung muss weichen,ein gesunder Abstand sich einstellen. Mir hilft dann schreiben im Forum,sprechen mit anderen.
Heute war wieder mein Ehrenamtstermin,es war schon viel leichter,ich kenne jetzt die Mitarbeiter,und meine Aufgabe.
Der Kontakt am Krankenbett ist einfach,da ist mein "Bauchgefühl" sicher.
Völlig fremde Menschen,aber ein Band ,dass einfach menschlich ist.
Ansonsten ist mein Alltag langsam geworden,mein Auto ist festgefahren,es geht nur noch zu Fuß,mein Hund freut sich.
Ich lese mehr,ich lasse mir Zeit.
Nach den langen Depressionsphasen hab ich mir immer eine Nische gewünscht,um mein Tempo zu finden,Dinge zu machen,die mich anspornen,mir Energie geben.
Letztlich ist es die Sinnhaftigkeit,die den Anschub gebracht hat,ich will den Sinn spüren,eine gute Reaktion erleben.
Ich kann nicht ins Leere agieren,das überfordert mich.
Meine Therapeutin hat mir einen Fachbericht gegeben,ich lese,was in der Theorie möglich wäre,was Fachleute als angemessene Therapie einfordern.
Ich verlasse mich nicht auf Unterstützung,ich mache liebe selber,ich kann mich letztlich nur selbst retten.
Wenn ich aus dem Tritt komme,meine Routine nicht einhalte,nicht bei mir bleibe,dann ist ganz schnell eine Überforderung da.
Ich kann sie nicht immer begründen,ich kann sie nur benennen. Da erhoffe ich mir,dass mir dann auch geglaubt wird,dass ich mich nicht "unfähig" fühlen muss.
Wer kennt nicht diese Tage,wo alles schief geht,da ist die Haut zu dünn,es setzt sich das schlechte Gefühl durch,es will gewinnen.
Ähnlich wie die Geschichte des alten Indianers,der von dem bösen und dem guten Wolf in jedem von uns erzählt.
Auf die Frage welches gewinnt: sagt er:immer der,den ich füttere.
Ich nähre die Hoffnung,jeden Hoffnungsschimmer,jedes Licht.
Die Hoffnung muss ihren Zugang zur Lebensenergie haben,sonst kann sie nicht leben,die Hoffnung braucht Sinnhaftigkeit.
Und wenn ich nur ein Brot backe,um es zu verschenken,es hat einen Sinn.
Alle Dinge haben den Wert,den wir ihnen geben.
anna54
kiwilana
Beiträge: 1622
Registriert: 14. Nov 2010, 14:10

Re: Licht und Dunkelheit

Beitrag von kiwilana »

> Letzte Woche hatte ich das zweite Gespräch in der Klinikambulanz,total schwierig,keine Mimik bei meinem Gegenüber. Das kann ich nicht aushalten,mir fehlt dann der wichtigste Baustein. Nach so einem Gespräch muss ich mich erst mal erholen,das dauert Tage,bis ich wieder im Gleichgewicht bin. Verärgerung muss weichen,ein gesunder Abstand sich einstellen.
Annilein, dann bin ich ja froh, dass das eine woche her ist. dass einen sowas (immer) so mitnimmt. genau das ist jetzt bei mir. der wichtigste baustein fehlt. und ärger ist da.

der böse wolf will nun gefüttert werden. er hat sich fest in mein hosenbein verbissen. ich wollte ihn abschütteln mit meiner serie, aber es ging nicht. beim duschen war er etwas irritiert und ruhiger, aber auch diese maßnahme konnte ihn nicht abschütteln.

ich hab versucht ihn nicht zu füttern, indem ich mich ablenke und dachte ich sage ihm damit: ich hör dir nicht zu und hab nichts für dich! hau ab!

doch er wartet. ist immer da. deshalb bekomme ich auch kopfweh beim ablenken. kann nichts genießen im moment. weil ich ihn spüre und sein fordern und zerren so anstrengend ist.

einen moment war er weg. als ich im bett lag und meinen teddy nahm. und mein inneres kind vor augen kam. sie war in ein schlammiges erdloch gerutscht und hielt sich verzweifelt an einer wurzel fest, um nicht noch mehr reinzusinken. ich beugte mich zu ihr runter, zog sie heraus und nahm sie beschützend in den arm. so saßen wir angelehnt an einen baum.

dann mussten "wir" bzw. ich haare fönen gehen (also ganz real). da war er wieder da, der böse wolf.

was ich nicht verstehe: ich will sie nicht. so wie sie war, will ich nicht mit ihr arbeiten. es macht keinen sinn. und... ich habe diesmal nicht wirklich angst nun erstmal "alleine" weiter gucken zu müssen. ich falle gerade in kein loch, weil diese in aussicht gestandene unterstützung nicht sein wird.

und trotzdem falle ich bzw. bin es schon. und stecke in einem sumpfigen schlammloch. ja, gerade gucke ich nach der kleinen... sie ist wieder drinnen.

das sagt mir, was ich machen kann. wieder zu ihr gehen. sie rausholen, gucken was ist, vielleicht entsteht ein gespräch.

ja, auch bei mir wird es ein paar tage dauern. du hast recht anna, schreiben im forum hilft dir bei sowas. mir auch. danke.

~o~

der schnee umgibt dich. dein hund freut sich. du hast vorräte, das ist gut. ich sehe dich trotzdem noch mit dem trekker zum aldi fahren das bild fand ich schön.

letztens dachte ich wieder: warum ist alles so laut. einkaufen ist mir ein greul. oft zumindest. da kam mir ein bild vor augen...

ein pferd hinter meinem haus im garten. ich ohne sattel auf dem weg zum toom. keine autos. nirgendwo. nichts schnelles. schritt-tempo, ganz gemütlich.

vor dem toom kann man sein pferd an einer western-stange wie vor einem saloon anbinden... dann dachte ich: nö... anders... der toom ist offen, man kann reinreiten die wände sind offen, keine klima-anlage, wie eine große markthalle. mit frischer luft, menschlichkeit und natürlichkeit.

dieses bild, v.a. der weg zum toom, diese ruhe und langsamkeit. das war schön.

liebe grüße, kiwi

PS: für jeden, der es nicht kennt, ein schöner text zum thema kränkungen/verletzungen.

http://www.gestalt.de/wardetzki_kraenkungen.html
anna54
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Registriert: 14. Sep 2010, 15:08

Re: Licht und Dunkelheit

Beitrag von anna54 »

Hallo ihr Lieben
liebe kiwi
starke Bilder,aber starke Bilder sind deutlich,klar und Reaktionen sind leichter.
Wie oft hab ich schon von dem inneren Kind gelesen,für mich ist das noch völlig fremd.

Ich habe eine starke Bindung zu hilflosen Kindern,das überfällt mein Herz,das kann ich kaum aushalten.
Die beiden Wölfe kenne ich gut,der böse,den hab ich gut im Blick,der kriegt hier keinen Fuß mehr an den Boden.
Du wirst dich wundern,welch ein Feigling der ist,klare Ansagen,klare Grenzen,oder werf ihn einfach raus.
Der andere ist in der letzten Ecke verschwunden,der traut sich nicht mehr,der ist fast verhungert,der kann nicht mehr.
Gib ihm Zeit,bedränge ihn nicht,er wird kommen,aber dann,wenn er kann.
Leise Gesten braucht er,eine leise Stimme,keine großen Gesten,irgendwann kannst du ihn zu deinem Begleiter machen.
Er wird dich beschützen,verteidigen,dir treu sein.
Immer wird der andere auch da sein,aber du bist der Hausherr,du gibst ihm seinen Platz,sei streng und hart mit ihm,er versteht nicht die Sprache der Seele und des Herzens,er ist böse, etwas anderes kennt er nicht. Zähmen kannst du ihn nur mit Strenge.

Jetzt wo die Natur uns durch den Schnee verlangsamt,haben wir andere Gewohnheiten,auch laufen geht nur langsam,einige wenige Menschen stapfen durch die Schneeberge.
Dieses Stopzeichen tut mir gut,wir sind nicht die ersten auf der Autobahn des Lebens.
Kommen alle heile wieder zurück,wer durchgefroren ist kriegt erst mal eine Suppe oder einen heißen Kakao.

Immer noch habe ich die Bilder meiner Küche,der große Tisch,der allen einen Platz gibt,der Ofen,der uns alle wärmt,die Stube,die zum ausruhen einläd.
Wieder habe ich einen alten Sessel gefunden,jetzt steht er erst mal nur da,aber er ist der Platz für Zeit haben,ein Buch lesen,ausruhen,bei mir sein.

Wenn der Schnee geht,entzaubert alles wieder,dann muss ich mir eine andere Nische suchen.
Dann suche ich Knospen,Zeichen des Aufbruches,Zeichen des Frühlings.
Früher brauchte ich das alles nicht,ich hab es weder gesehen noch wahrgenommen.
Jetzt ist es mir eine große Stütze,ich halte mich fest an Ritualen.
Jedem Tag seinen Inhalt geben,heute mehr Ruhe bei mir,gestern mutige Schritte,morgen ein wichtiger Termin.
Keiner kann seine Krücken einfach wegwerfen,sie wollen ihren Dienst tun,aber gute Schritte,allein wieder zu gehen,das versuche ich täglich.
Wieder sind es erlebte Bilder,sehe ich nur die "Gesunden",sehe ich nur eine Seite,viel mehr im Leid wachsen die Menschen.
So waren meine Gespräche gestern wieder so wertvoll,ich durfte zuhören,auch mal eine Hand halten,aber auch herzhaft lachen.
Ich war nur im Krankenhaus.

Dankbar bin ich für so gute Gespräche,ich bin an meinem Platz,kein Arbeitsplatz mehr,(noch immer schlimme Träume) eine Aufgabe,entdeckt in der Zeitung,und einfach den Mut gehabt,mich zu melden.
Ich gehe langsam,meine Zeit ist nicht begrenzt,ich kann einfach da sein.

Das neue Jahr hat mich ein Stück weiter gebracht,ich gebe mir trotz aller Bedenken,eine Chance wieder einen kleinen Fuß in die Tür zu setzten,wo ich beruflich immer zu Hause war.
anna54
krimi56
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Re: Licht und Dunkelheit

Beitrag von krimi56 »

Heute hatte ich beide Seiten der Medaille. Erst Schatten, dann Licht.

Heute Morgen hatte ich zwei Elterngespräche. Das Erste, dass schwierig werden sollte, ging ganz entspannt von statten. Meine Konrektorin sagte später: "Der Vater war heute ja richtig flauschig.“

Das Zweite am Telefon, obwohl ganz normal, forderte mich mehr und ich muss es morgen weiterführen. Heute jedenfalls bemerkte ich, dass mir auf einmal das Reden immer schwerer fiel.
Ich konnte nur noch langsam reden. Meine Zunge fühlte sich taub und steif an. Und ich wusste, wenn ich das Telefongespräch jetzt nicht beende, würde ich in ein paar Minuten gar nicht mehr reden könne. So gut es ging verlegte ich das Gespräch auf morgen.

So etwas passiert mir, wenn sich mein Gehirn gestresst fühlt. Wenn es nicht ganz abschaltet.

Das sind so Gefühle, Erlebnisse die ich niemanden erklären kann, sodass der andere es auch versteht.

Nun hoffe ich, dass es mir morgen besser gelingen wird, das Elterngespräch fortzuführen und zu einem guten Ende zu bringen.

Am Nachmittag habe ich mich mit zwei guten Bekannten in einem Bauernhofcafé in unserem Ort verabredet.
Wir wollten nur Kaffee oder Tee trinken und ein leckeres Stück Torte essen, von den hiesigen Landfrauen gebacken.
Wir blieben hocken. Ich konnte mir einiges über meine Krankheit von der Seele reden und dabei wurde es so langsam Abend.

Die Kundschaft in dem Kaffee wechselte und wir stellten fest, dass viele Musikinstrumente dabei hatten.
Also fragten wir die Bedienung danach. Es traf sich ein Kreis von Hobbymusikern, die Musik machten. Alte Schlager, Evergreens und auch etwas klassische Musik. Wir blieben, bestellten uns noch eine Kleinigkeit zum Abendbrot, hörten der Musik zu und unterhielten uns weiter.

Einer der Musiker hat diesen Kreis gegründet und jeder der möchte und ein Instrument spielt, kann da mitmachen oder auch nur einfach zuhören.
Jeden 4. Mittwoch im Monat treffen sie sich in diesem Café. Im Sommer spielen sie auch im Freien. So wurde es uns erklärt.

Es ist nicht die Musik die ich heute höre, aber es war die Musik, mit der ich teilweise aufwuchs. Gut geeignet, sie im Hintergrund zu hören.

Meine Bekannten und ich trafen uns bei mir, machten am Nachmittag einen Spaziergang zu diesem Café und am Abend durch eine schöne winterliche Landschaft, bei einem fast wolkenlosen Himmel und scheinendem Mond wieder zurück.

Nach einem anstrengenden Vormittag hatte ich einen entspannenden Nachmittag und Abend.

Das hat mich von meinen Problemen abgelenkt und Entspannung gebracht.

Ich fühle mich bis jetzt wirklich gut.

Gute Nacht!

Das erlebte ich am Mittwoch.
"Denk nicht daran, wie viel zu tun ist, welche Schwierigkeiten zu bewältigen sind oder welches Ziel erreicht werden soll, ...sondern widme dich gewissenhaft der kleinen Aufgabe, die gerade ansteht."
- Elisabeth Tova Bailey -
anna54
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Re: Licht und Dunkelheit

Beitrag von anna54 »

Hallo ihr Lieben
liebe krimi
bei dir lese ich ganz deutlich,man darf sich nicht verkriechen,wenn ein Tag schwierig war,man muss den guten Dingen auch eine Chance geben.
Ich kenne auch so ein Cafe,wo eine Frau aus ihrer Berufung einen Ort geschaffen hat,wo es nur schöne Dinge gibt.
Alte Dinge,an denen Erinnerungen hängen.
Ich bin gerne dort.
Heute habe ich etwas Abstand von dem schwierigen Arztgespräch,ich war sogar so mutig,meine Bedarfsmedikamente zu sortieren,ich habe nur wenig gebraucht,das war gut.
Ich will einen normalen guten Umgang mit Bedarfsmedikamenten,ich will keinen Vorrat,ich will aber ernst genommen werden,wenn ich entscheide,ich brauche Bedarf.
Wie tief diese Verletzung des Vorwurfes "ich würde unangebracht mit Bedarf umgehen" war,zeigt meine Haut,sie ist im Alarmzustand,die Augen entzündet,alles nur geschwollen und rissig.
Nach Aktenlage habe ich zwei mal seit September ein Rezept bekommen,über jeweils 10 Tabletten.
Ich fühle mich "verurteilt,ich fühle kein Vertrauen und auch keine Basis für Vertrauen.

In Krisenzeiten geht es mir sehr schlecht,ich kann nicht essen,(Kloßgefühl),ich schlafe nicht,mein Körper,vor allem meine Haut spinnt.
Ich kann dann Seroquel erhöhen,aber halt auch Bedarf nehmen,das mache ich selten.
Der Alltag ist ein besserer Helfer,ich zwinge mich wieder in einen normalen Rhythmus. Das ist schwer,aber mein Weg.
Schubladen hasse ich,Ärzte lieben Schubladen,da ist dann alles schnell "weg vom Tisch" und so geordnet.

Wer mich jetzt erlebt,und neu kennenlernt,glaubt mir meine Krankheit nicht.
Das ist auch gut so,ich ja nicht nur depressiv.
Aber ich erwarte schon von einer Ärztin für Psychiatrie,dass sie sich erst mal ein Bild macht,von verschiedenen Terminen.

So trage ich wieder Ballast,der nicht zu mir gehört,also weg damit.
Ein früherer Arzt in der Ambulanz hat einmal zu mir gesagt( in der vollen Anmeldung): meine Tochter sei viel zu nett zu mir.
Ich bin erst gegangen,im Auto dann zusammengesackt,ich konnte nicht fahren.

Dann habe ich den Arzt angerufen,ich wurde (Gott sei Dank) wütend,ich habe ihm gesagt: Sie haben mich platt gemacht,ich bin in einer hilflosen Lage.
Wenn Sie Sorge um meine Tochter haben,dann sagen Sie mir das im Gespräch,und nicht vor allen Leuten in der Anmeldung.

So schnell hingeworfenen Sätze,Einschätzungen und Meinungen,die können arg verletzen. Es kommt auch sehr auf den Zeitpunkt an,heute kann ich gut über meine Tochter und deren Verhalten reden,aber damals hatte ich sieben Monate Klinik hinter mir.
Eine Mutter wird immer angegriffen,eine kranke Mutter erst recht.
Ich kann nicht allen gerecht werden,ich muss erst mal mir gerecht werden.
Manche Verletzungen heilen nicht mehr,viele kann die Zeit zusammenwachsen lassen,aber einige Scherben,Lebensscherben,sind gefährlich.
An denen schneide ich mich tödlich,wenn ich sie wieder in die Hand nehme,ich kann sie nur liegen lassen,oder bestenfalls entsorgen.

Meine Mutter hat 10 Kinder geboren,zwei sind nach der Geburt gestorben,als Jugendliche habe ich sie gefragt: was haben dir die Ärzte damals gesagt,als das Baby gestorben ist: sie habe sicher zu heiß gebadet,als Schwangere.

Frauen in ihrer Generation haben das geglaubt, Ärzte und Kirche,vor allem Kirche hatten immer Recht.
Auch das Recht zu urteilen.
Frauen,ja auch Männer fühlten sich schuldig,sollten sie auch,dann waren sie lenkbar.
In meinem Beruf habe ich unendlich viel Gespräche mit Menschen geführt,die sich "abgeurteilt fühlten",in die Schublade "versteckt",dass ich mir geschworen habe,mit mir nicht.
Mit mir nicht!
Jetzt muss ich noch den Weg finden,dass mir mein Protest nicht als Krankheitssymptom angedichtet wird.
anna54
krimi56
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Re: Licht und Dunkelheit

Beitrag von krimi56 »

Hallo anna,

<em>In meinem Beruf habe ich unendlich viel Gespräche mit Menschen geführt,die sich "abgeurteilt fühlten",in die Schublade "versteckt",dass ich mir geschworen habe,mit mir nicht.
Mit mir nicht!
Jetzt muss ich noch den Weg finden,dass mir mein Protest nicht als Krankheitssymptom angedichtet wird.</em>

Warum sollte gefundenes Selbstvertrauen als Krankheitssymptom ausgelegt werden?
Es ist doch eher ein Zeichen dafür, dass es ein Schritt auf dem Weg aus der Krankheit heraus ist.

Die Generation deiner und meiner Eltern lebte in einer Zeit, da wurden Institutionen wie Medizin und Kirche nicht angezweifelt.
In der Regel wurden unsere Eltern, vor allem die Mädchen so erzogen, Dinge ohne Widerspruch hinzunehmen, die von oben angesagt wurden.

Durch diesen Thread habe ich mich emuntern lassen, den Seiten Licht und Dunkelheit ihren angemessenen Platz zu lassen und keine Seite überzubewerten.
Nicht ganz richtig. Ich lerne, der Seite der persönlichen Dunkelheit mehr Licht entgegen zu setzen.
Im Winter machen wir es doch auch, indem in der Wohnung mehr Lichtquellen angemacht werden. Und reicht es nicht, dann kommen auch noch Kerzen für das Wohlbefinden dazu.

Und jetzt werden die Tage wieder länger, es bleibt länger hell. Nutzen wir dieses mehr vorhandene Licht als Energiequelle für uns.

krimi
"Denk nicht daran, wie viel zu tun ist, welche Schwierigkeiten zu bewältigen sind oder welches Ziel erreicht werden soll, ...sondern widme dich gewissenhaft der kleinen Aufgabe, die gerade ansteht."
- Elisabeth Tova Bailey -
kiwilana
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Re: Licht und Dunkelheit

Beitrag von kiwilana »

Liebe Anna,

es liegt bei ihm, wenn er nur so und nicht anders handeln kann.
es liegt bei ihm, wenn die kraft oder der wille fehlt, ein respektvoller mensch und guter arzt zu sein.

es liegt nicht bei dir.
deshalb darfst du die kränkung bei ihm lassen.

du musst sie nicht annehmen bzw. darfst sie loslassen.

der link im letzten post behandelt genau das thema und half mir.

alles gute, kiwi
anna54
Beiträge: 3713
Registriert: 14. Sep 2010, 15:08

Re: Licht und Dunkelheit

Beitrag von anna54 »

Hallo ihr Lieben
liebe Krimi,liebe Kiwi

das wäre für mich aber die Königsdisziplin,eine Kränkung nicht annehmen?
Das ist mir völlig fremd.
Ich kenne es nicht.
Heute morgen erfasst mich beim Zeitungslesen wieder eine Meldung,die mich immer sehr ärgerlich macht.
Es wird berichtet über eine Straftat,vor Gericht ein Urteil,und dann ein Satz:
Der Täter wurde in die Psychiatrie eingewiesen.
Da hört die Meldung auf,immer.
Was soll bitte der Leser denken,was Psychiatrie ist. Forensik wird nicht erklärt.
Alles unter dem Begriff Psychiatrie,das führt immer wieder zu Missverständnissen.

Wenn ich sage,ich war lange in der Psychiatrie,wo war ich dann,was sollen andere denken,was ich wohl verbrochen habe.
Mir gefällt diese allgemeine Vermischung nicht. Das ist ein Problem der Presse.
Kränkungen,ich habe viele Kränkungen nicht verarbeitet.
Kann ich über mein Verhalten,Kränkungen anders verarbeiten,mich schützen?
Es gibt ein Beispiel:
Ganz früher,als man noch keine genauen Pläne und Ortsbestimmungen hatte,wurde mit den Eigentümern eine Grenze vor Ort festgelegt,
damit die Grenze genau in der Erinnerung blieb,hat man ein Kind des Besitzers mitgenommen,und an dem Ort der Grenze ins Gesicht geschlagen.
Diese ungerechtfertigte Kränkung,an diesem Ort,würde es nie vergessen. Also war der Ort im Gehirn fest "abgespeichert".
Was in meinem Kopf unter Kränkungen alles gespeichert ist,das will ich gar nicht erinnern.
Es würde mich umwerfen,ich bin grenzenlos gekränkt.
Liebe kiwi,ich werde mich einlesen,dann wieder berichten.
Erst mal rettet mich der Haushalt.
anna54
anna54
Beiträge: 3713
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Re: Licht und Dunkelheit

Beitrag von anna54 »

Hallo zusammen
liebe kiwi
ich habe mit viel Neugier gelesen,kannte einiges wieder,werde sicher noch mal lesen und mehr verstehen.
Der wunde Punkt
ich glaube,wir alle haben viele wunde Punkte in uns. Wir wollen trotzdem ein normales Leben führen, und nicht den Verletzungen ,zu viel Beachtung geben.
Ich weiß,mag ich mich,sorge ich gut für mich,nehme ich mich gut wahr,bin ich bei mir, dann bin ich geschützt.
Ich halte den anderen auf Abstand,will nicht beurteilt werden,habe meinen eigenen Werte.

Immer wieder ist das Selbstwertgefühl der Schlüssel.
Also brauche ich eine gute Schutzhaut für meine Seele,die ich auch pflege und dadurch stärker werden lasse.
Meine Haut hat vor zwei Jahren mir gezeigt,was sie kann. Jetzt gehe ich achtsamer mit ihr um,erkenne die Warnzeichen.
Nehme die Warnzeichen ernst,schaffe einen Ausgleich für Überbelastung.
Was mir noch fremd ist,wie kann ich etwas "nicht annehmen,zurückgeben.

Ich kenne die Reaktion: der / die kann mich gar nicht meinen.
Ein gesundes Abwehren,nachfragen,oder auch zurückgeben,aber nur als Angriff.
Kinder sagen:
was man sagt---ist man selber.

Mir hilft,wenn ich gekränkt bin,zu schauen,dass ich stärker werde,besser für mich sorge, und nicht "es den anderen Recht machen wollen".
Je kleiner ich bin,je zaghafter ich bin,um so mehr lade ich andere ein,bei mir ihren Frust abzuladen..
Ich biete keine Angriffsfläche.
Ich mache mich rar,gehe auf Abstand,gebe dem anderen Zeit,seine Reaktion zu überdenken.
Was aber oft nicht stattfindet,da der andere oberflächlicher ist,meine Reaktion nicht bemerkt.
Zu meinem Arztbesuch fällt mir ein:
diese Ärztin ist immer sehr zurückhaltend,sie wirkt fast unfreundlich,sie wird ihre Gründe haben.
Das könnte mir egal sein,wenn ich nicht von ihrer Reaktion abhängig wäre.
Abhängig bin ich geworden durch die vielen Rückfälle in die schwere Depression.
Da war ich nicht mehr frei.
Da war ich mehrfach "eingesperrt".

Diese abweisenden Gesichter,dieses bewusste Wegschauen,das ertrage ich nicht.

Alle Wege gehen wieder zurück,
zu mir,ich muss mich stark machen,mir genügen,unabhängig werden.
anna54
anna54
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Registriert: 14. Sep 2010, 15:08

Re: Licht und Dunkelheit

Beitrag von anna54 »

Guten Morgen ihr Lieben
erst gestern hab ich geschafft mir die Sendung vom Nachtcafe SWR über Depression anzusehen.
Von Zeit zu Zeit ist es gut,die Ernsthaftigkeit der Krankheit wahrzunehmen.
Bei allem Kampfgeist und Anstrengungen muss auch der Feind Depression seine Ernsthaftigkeit behalten.
Mit Anstrengung und bestem Willen kann ich allein dieser Krankheit nicht begegnen.
Ein Fundament der Behandlung ist die gute ärztliche Betreuung und die richtige medikamentöse Therapie.
Eine psychotherapeutische Begleitung ist der zweite wichtige Baustein. Daher bloß nicht aufgeben,einen Therapeuten zu suchen, und Anträge zu stellen.
Wenn ich mich nicht auf den Weg mache zur Hilfe,zu mir kommt sie nicht. Ich muss hingehen,das heißt ich werde zu Hause "vergessen".
Der Leidensdruck der Depression kann so groß sein,dass ich diesen Schritt nicht mehr schaffe,das ist gefährlich,da muss ich vorsorgen,eine Begleitung finden.
Die endlosen Tage nur im Bett oder auf dem Sofa,ich bin heute noch geschockt,wie klein ich geworden bin.
Zurückkriechen in die letzte Zuflucht Bett,das war der Niedergang,da ging nichts mehr.
Ich habe unendlich gelitten und konnte es nicht benennen.
Daher bin ich ein endloser Verfechter der schrittweisen Tagesstruktur,die winzigen Schritte wagen,aber es muss auch einen Wert haben,dass ich mich so unendlich anstrenge.
Ich krieche wieder in mein Leben,gehen wäre Luxus,noch immer das Bild der Zahnbürste,die 10Kilo wiegt.
Mir fehlt der Zwischenschritt,wo ich wieder zu den Terminen gehe,da bin ich schon ganz weit gekommen,aber vorher,da bin ich mutterseelenallein mit der fast tödlichen Verzweiflung.
Lebensretter brauchen wir,keine falschen Sprüche. Die Krankheit ist gefährlich,der Tunnel wird immer enger.
Das kann ich keinem sagen,heute erst recht nicht,hab mich ja grad erst gerettet.
Letzte Woche kam eine mail von einer guten Angehörigenvereinigung,immer mehr den Focus auf die häusliche Begleitung,tolle Modelle entstehen,natürlich erst mal nur die Anfänge.

Noch immer fehlt mir die Kraft,da teil zu nehmen,aber ich kann immer wieder nur sagen,hingehen,nachsehen,begleiten.
Keiner kann sich die Unfähigkeit vorstellen, auch nur in die Dusche zu gehen.
Die Ernsthaftigkeit der Lähmung erkennen,die ersten Gehversuche stützen,das wäre Luxus.
Die Depression hat viele Gesichter,ich kann nur meine benennen,es gibt sicher noch schlimmere.
Es gibt ein Leben, jenseits der Verzweiflung,die alle Kraft frisst.
Nie wieder so tief fallen,nie wieder in diesem Tunnel stecken,nie wieder ohnmächtig dem Tod entgegensehnen.
Ich mache jeden Tag ein Zeichen der Dankbarkeit,dass ich diesem Elend entkommen bin.
Wer lächelt über meine "Heile-heile-Segen" Rituale,der hat null Ahnung,dass ich nur mein Leben rette.
anna54
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