Umgang mit sexuellen Gefühlen gegenüber dem Therapeuten

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johanna73
Beiträge: 293
Registriert: 11. Okt 2011, 20:22

Umgang mit sexuellen Gefühlen gegenüber dem Therapeuten

Beitrag von johanna73 »

Liebe Forianer,

kennt Ihr das, gegenüber Eurem Therapeuten sexuelle Gefühle zu haben? Während meiner Analyse war das eigentlich in jeder Stunde der Fall. Was dazu führte, dass ich viel Energie darauf verwendet habe, diese Regungen in mir zu unterdrücken, weil es mir unendlich peinlich war.

Nun, wo ich seit einigen Monaten in einer anderen Stadt arbeite, suche ich mir gerade wieder Hilfe. Ich habe extra nach einer Therapeutin gesucht, damit mir das nicht wieder passiert. Nächstens steht ein Erstgespräch bevor. Und was träume ich? Dass ich mit dieser mir unbekannten Frau (!) etwas Sexuelles habe. Nun habe ich schon im Vorfeld dieses Gefühl der Scham, was sogar noch schlimmer ist.
Ich komme mir widerlich und monströs vor. Wenn ich ihr das verschweige, wird es mir die ganze Zeit über im Kopf herumspuken und mich nicht gerade freier werden lassen beim Sprechen.

Erzähle ich der Therapeutin gleich zu Beginn, dass ich in meinen Träumen bereits ihren Körper in Besitz genommen habe, wird sie mich womöglich als schwierigen Fall vor die Tür setzen.

Was tun? Doch wieder einen Mann aufsuchen? So komme ich mir wenigstens nicht mehr so monströs vor mit meinen Gefühlen, wenn mir das dort wieder passieren sollte.

LG
j.
jep

Re: Umgang mit sexuellen Gefühlen gegenüber dem Therapeuten

Beitrag von jep »

Hallo Johanna,

ich kenne das Problem bei meiner Therapeutin so nicht, was sicher die Therapie einfacher macht, obwohl ich mich auch schon gefragt habe, ob ich sie nicht zusehr mag. So im Sinne der Entwicklung einer Abhängigkeit.
Allerdings weiss ich noch aus meiner Schulzeit, das ich den einen oder anderen Lehrer mehr als nur nett fand, das war sicher ähnlich und nicht gut für die Noten
Ich bin eine "Hetero", kenne aber einige lesbische Frauen, und auch Frauen, die erst spät ihre diesbezüglichen Neigungen entdeckt haben.

Was ich mich jetzt frage, warum fühlst du dich "noch Monströser", wenn es um eine Frau geht? vermutlich-reine Spekulation, das dies nicht in dein Selbstbild passt. Noch schwieriger finde ich die Frage, weshalb solltest du überhaupt "Monströs"- also ein "Monster" sein, wenn du sexuelles Begehren fühlst?
Ich denke das es für die Therapie schwierig sein könnte, vor allem, weil du dich dann nicht so gut auf dich und deine Probleme einlassen kannst. Und deshalb würde ich deine sexuellen Gefühle, auch das das schon in der letzten Therapie so war, von Anfang an thematisieren- bei niemanden kannst du so sicher sein, das es niemand sonst erfährt. Wenn sie damit nicht klarkommt, dann ist sie nicht die Richtige für Dich!
Ich hoffe, das du noch Antworten von anderen bekommst, denen es wie dir geht.

Liebe Grüße

annette fee
Regenwolke
Beiträge: 2214
Registriert: 15. Apr 2006, 12:46

Re: Umgang mit sexuellen Gefühlen gegenüber dem Therapeuten

Beitrag von Regenwolke »

Hallo,

ich hatte das auch schonmal bei einer Therapeutin, allerdings nicht bei anderen Therapeuten, egal ob männlich oder weiblich.

Was machst du denn für eine Therapie? In einer analytischen oder tiefenpsychologisch fundierten Therapie könnte das ein wichtiges Thema sein. Freud, der "Urvater" dieser Therapieschulen ging sogar davon aus, dass es regelmäßig zu Liebes- und sexuellen Gefühlen gegenüber dem Therapeuten oder der Therapeutin kommt.

Ich denke schon, dass du das ansprechen solltest, sobald du dich bereit dazu fühlst. In den genannten Therapieformen wird es Raum geben, diese Gefühle genauer anzusehen und zu ergründen, ob dahinter nicht auch andere Wünsche stecken. In einer Verhaltenstherapie wird es wohl nicht so eine Rolle spielen, aber es wäre ja vielleicht für dich eine Erleichterung, zu hören, dass es in Ordnung ist, so zu empfinden.

Ich habe das damals leider erst ganz am Ende der Therapie (war ein Klinikaufenthalt) angesprochen, was ich im Nachhinein schade finde, weil es glaube ich gut gewesen wäre, sich damit zu beschäftigen, ich dann aber keine Gelegenheit mehr dazu hatte.

LG, Wolke
Jessi1980
Beiträge: 450
Registriert: 25. Jan 2010, 18:23

Re: Umgang mit sexuellen Gefühlen gegenüber dem Therapeuten

Beitrag von Jessi1980 »

Hallo Johanna,

ich kenne diese Gefühle meinem Therapeuten gegenüber auch sehr gut! Hatte auch so meine Träume von und mit ihm Mir war das ganze paradox, aber ich musste ein wenig darüber schmunzeln. Denn er ist 66, ich 32...

Ich habe die Gedanken und Phantasien im Setting nicht thematisiert, sie mir aber auch nicht verboten. Mein Therapeut sprach nur einmal davon, dass ich eine starke sexuelle Anspannung hätte. Irgendwann jedoch sind sie weniger geworden und mittlerweile habe ich diese Gedanken und Träume nur gaaaaanz selten.

Vielleicht bist du selbst sexuell unausgeglichen?! Das war damals bei mir der Fall, weil ich in einer unglücklichen Partnerschaft gelebt habe. Offensichtlich habe ich meine Wünsche dann auf den Therapeuten projiziert.

Mach dich damit nicht verrückt. Ich denke, es ist normal. Und von einer Freundin weiß ich, dass sie die Gefühle auch einer Therapeutin gegenüber hegt, obwohl sie verheiratet ist...

Liebe Grüße
Jessy
johanna73
Beiträge: 293
Registriert: 11. Okt 2011, 20:22

Re: Umgang mit sexuellen Gefühlen gegenüber dem Therapeuten

Beitrag von johanna73 »

Ihr Lieben,

danke für Eure Antworten und Euren Zuspruch.

Es tut gut, zu wissen, dass es auch anderen so geht

Mein Analytiker hat mir auch gesagt, dass ich nicht die Erste wäre, der das passiert. Monströs komme ich mir deshalb vor, weil es so wahllos erscheint, wenn einem schon solche Phantasien kommen, bevor man eine Person überhaupt kennt. Gerade weil es so vorpogrammierbar ist, so austauschbar, ist es ein wenig so, als würde man dem anderen erst gar keine Chance geben, als ein lebendiges Gegenüber aufzutauchen.

Außerdem ist es kein Verliebt-Sein vom Kopf her, sondern eine bloß körperliche Erregung, das fühlt sich irgendwie unangenehm an.

Nun ja, ich gehe in zwei Wochen zu der Frau und werde sehen, was passiert.

Sexuell unausgeglichen, kann schon sein, neulich wäre ich beinahe fremdgegangen auf einer Dienstreise (wenn ich nicht meine Tage gehabt hätte, hätte ich für nichts garantiert) ...

LG
johanna
otterchen
Beiträge: 5118
Registriert: 3. Jan 2007, 10:43

Re: Umgang mit sexuellen Gefühlen gegenüber dem Therapeuten

Beitrag von otterchen »

Hallo,

was ist ein sexueller Trieb denn überhaupt?
Es kann ja auch etwas mit "in Besitz nehmen" zu tun haben, mit "einverleiben" und "zu eigen machen" bzw. "haben wollen" und - nicht zuletzt - "Macht über etwas / jemanden bekommen".

Insofern finde ich das Ganze gar nicht so tragisch; eher interessant. Auf jeden Fall in der Therapie erwähnenswert

Warte doch einfach mal ab, ob Du überhaupt noch so empfindest, wenn Du sie erst einmal kennengelernt hast.
Ansonsten könnte ich mir vorstellen, dass das störend für eine weitere Therapie sein könnte - also würde ich es ansprechen, denn: Störungen müssen beseitigt werden.

mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
johanna73
Beiträge: 293
Registriert: 11. Okt 2011, 20:22

Re: Umgang mit sexuellen Gefühlen gegenüber dem Therapeuten

Beitrag von johanna73 »

Liebe Otterchen,

was das Sexuelle ist, da kann man natürlich viel theoretisieren. In jedem Fall hat es sich um starke körperliche Reaktionen und ein unwillkürlich einsetzendes Gefühl der Scham gehandelt, das mich des öfteren sprachlos werden ließ.

Es stimmt, ich sollte die Frau erst einmal kennenlernen. Sie war immerhin diejenige, die am wenigsten abweisend war und deren Praxis am dichtesten von unserer Wohnung liegt. Die Stadt ist so klein, dass es weit und breit nur drei Analytikerinnen gibt.

Ebenso macht mir Angst, dass sie bereits zu DDR-Zeiten an diesem Ort Psychologie studiert hat - mein Vater kam aus der DDR, hat dort manches nicht so richtig verarbeitet. Das gibt mir das Gefühl, vorsichtig sein zu müssen. So als ob ich das ein oder andere Fettnäpfchen nicht kenne, in das ich treten könnte. Dort, wo ich arbeite, sind die alten Funktionäre aus DDR-Zeiten noch immer sehr präsent. Das ist schon immer mal wieder Thema im täglichen Arbeitsleben ...

LG
johanna
Salvatore
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Re: Umgang mit sexuellen Gefühlen gegenüber dem Therapeuten

Beitrag von Salvatore »

Hallo,

ich melde mich mal wieder mit einem Buchtipp zu diesem Thema: "Die rote Couch" von Irvin D. Yalom (http://www.deprilibri.de/doku.php?id=die_rote_couch)

Liebe dejavu, ich denke auch, dass du das in der Therapie ansprechen solltest, auch wenn es verständlicherweise sehr schambehaftet ist.
Wie einer meiner Vorschreiber schon sagte, handelt es sich wahrscheinlich um Übertragungsgefühle (dafür spricht, dass sie dir schon unbekannterweise kommen), die in der Therapie aufgelöst werden können (und sollten).

Alles Gute,
Salvatore
Blog: http://www.oddyssee.de
Instagram: Oddysee@meine_oddyssee
johanna73
Beiträge: 293
Registriert: 11. Okt 2011, 20:22

Re: Umgang mit sexuellen Gefühlen gegenüber dem Therapeuten

Beitrag von johanna73 »

Was Yalom schreibt, kommt wohl recht häufig vor. Mein erster Analytiker hat seine ehemalige Analysantin geheiratet und mehrer Kinder mit ihr. Er hat immerhin die Kurve gekriegt und sich offen dazu bekannt. So sauber ist es eben in der Praxis nicht mit der Handhabung der Technik
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