Ärger über den Therapeuten

Kepi
Beiträge: 18
Registriert: 10. Nov 2012, 17:23

Ärger über den Therapeuten

Beitrag von Kepi »

Hallo an alle, die sich auch manchmal über Ihren Therapeuten ärgern.

Ich bin ganz neu im Forum. Seit März mache ich auf Anraten meiner Hausärztin eine tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie. Ich hab auch schon viel über mich gelernt und bin froh, dass ich damit angefangen habe. Mein Therapeut macht sicher auch alles richtig.
Aber geht´s Euch auch so: Manchmal könnten man den Therapeuten an die Wand klatschen??! Die letzten paar Mal bin ich mit so einem Ärger rausgegangen, dass ich mir jedesmal gedacht hab, nächstes Mal geb ich ihm den Laufpass.

Sorry, muss mich einfach mal abreagieren und bin gespannt auf Eure Erfahrungen. Ich meine, ist doch legitim, mal zusammen abzulästern, oder? Also mir würd´s, glaube ich, gut tun

Liebe Grüße,
Nighty
jonojo

Re: Ärger über den Therapeuten

Beitrag von jonojo »

Hi Nighty,

> Manchmal könnten man den Therapeuten an die Wand klatschen??! Die letzten paar Mal bin ich mit so einem Ärger rausgegangen, dass ich mir jedesmal gedacht hab, nächstes Mal geb ich ihm den Laufpass.
Du könntest DAS mal zum Thema in der Therapie machen.

Ich kenne es aus meiner früheren Therapie so, dass mich mein Therapeut, wenn ich schlecht drauf war aufgebaut hat.

Wenn´s mir gut ging auch mal provoziert hat. Einmal bin ich mitten in der Stunde gegangen.
An die Wand klatschen wollt ich meinen Therapeuten allerdings nie. Das ist möglicherweise meinem Phlegma geschuldet.

LG,
Norbert
Lerana
Beiträge: 2088
Registriert: 4. Feb 2012, 18:42

Re: Ärger über den Therapeuten

Beitrag von Lerana »

Hallo Nighty,

ich gebe Norbert recht. Das klingt nach einem guten Thema für die Therapie!

Wütend auf meine Therapeutin war ich auch schon. Also so richtig: Frau Superschlau, ja klar, immer alles schön annehmen. Ich will den Scheißdreck gar nicht annehmen und wenn du beim nächsten Mal, wenn ich über meinen Mann schimpfe schon wieder so sanft nur über mich sprechen willst, dann kriege ich ne voll Krise, schießlich ist ER total doof.....

Lästern so in etwa?

Habe ich auch alles schon gedacht und oft auch angesprochen, dann allerdings in etwas gewählteren Worten und nicht ohne die Prise Selbstironie hinter der ich meine Gefühle im Allgemeinen gerne verstecke.

Aber dennoch: Im Ganzen habe ich mich bei meiner Therapeutin IMMER gut aufgehoben und ernstgenommen und vor allem wertgeschätzt gefühlt. Auch wenn sie mich oft provoziert hat: Ihnen geht es dann also schlecht und da wollen Sie auch bleiben, oder? GRRRR!

Also ich denke das ist normal und gerade die Tiefenpsychologen sind doch total aus dem Häuschen vor Dankbarkeit, wenn man sowas anspricht. Die kommen doch dann gleich mit Übertragunstheorien oder sind das nur die Analytiker?

Herzliche Grüße
Lerana
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)
Salvatore
Beiträge: 3868
Registriert: 10. Feb 2010, 18:35
Kontaktdaten:

Re: Ärger über den Therapeuten

Beitrag von Salvatore »

Hallo Nighty,

ich mache auch eine tiefenpsychologisch fundierte PT und mir ging es in der Vergangenheit schon häufiger so. Ob der Therapeut tatsächlich immer alles richtig macht? Davon ist wohl nicht auszugehen, er ist schließlich auch nur ein Mensch.

Zu einer Gelegenheit hat mein Therapeut (im Scherz) zu mir gesagt, er hätte gerade Angst, ich würde ihm gleich eine scheuern.
Wenigstens ist Wut eine Emotion und ich halte es für einen Fortschritt, wenn man in der Depression überhaupt etwas fühlen kann.

Meine Vorschreiber haben recht, dass das gut ein Thema für die nächste(n) Stunde(n) sein kann. Lerana trifft das ganz richtig, dass Tiefenpsychologen bei sowas "ganz aus dem Häuschen" sind! (@Lerana: ja, Übertragung/Gegenübertragung ist auch bei der TfP ein großes Thema, es ist ja ein Kind der Psychoanalyse.)

Nighty, es ist völlig legitim, sich aufzuregen oder zu lästern! Und es gibt keinen denkbaren Grund, sich deswegen schlecht zu fühlen.
Bei mir sind es vor allem bestimmte Sätze, die mich auf die Palme bringen, z.B. zum 100sten Mal "Und wie geht es Ihnen jetzt damit?" oder "Kennen Sie das von sich?". Da muss ich oft an Fußball denken, wenn ein dämlicher Reporter nach einer Null zu Vier Niederlage den Spieler fragt "Wie fühlen Sie sich jetzt, nachdem der Gegner Sie so dominiert hat? (Ja wie wohl!!! Ganz bestimmt super...)

Eine Mitpatienten, mit der ich mich immer noch treffe, kennt meinen Therapeuten auch. Gefundenes Fressen!

Lg, Salvatore
Blog: http://www.oddyssee.de
Instagram: Oddysee@meine_oddyssee
Kepi
Beiträge: 18
Registriert: 10. Nov 2012, 17:23

Re: Ärger über den Therapeuten

Beitrag von Kepi »

Hallo Ihr Lieben,

jaaaaa, genau sowas wollte ich hören! Hurra! Ich bin so froh, dass das anderen, also Euch genauso geht. Ich war schon an mir am zweifeln, ob ich überhaupt therapietauglich bin...

Also meiner macht auch noch Psychoanalyse, aber mit mir die tiefenpsychologisch fundierte PT.

Ich nehme mir so oft vor, jetzt geh ich mal hin und sag ihm die Meinung und überhaupt hör ich jetzt dann auf mit der Therapie, Rumheulen kann ich schließlich auch allein zuhause... aber dann sitz ich wieder nur da wie ein Häufchen Elend und heule rum. Wie ich mich dann hasse! Und jetzt glaube ich auch, der will mich einfach nur provozieren, aber selbst diese Tatsache nervt mich total!

Bei mir gehts meistens um den Job und dann tut er immer so überheblich und will mir tolle Tipps geben und ich denk mir bloß: "He, du hockst hier in Deiner schicken Praxis und weißt doch gar nicht, wie es in der freien Wirtschaft wirklich abgeht (außer vom Hörensagen, ha ha)!" Und will mir erklären, wie ich mich dort behaupten soll. Da könnt ich platzen.

Vorgestern war ich in der Sitzung, ich hatte 3 Tage durchgeheult, ich war komplett am Ende, ich wollte nur noch, dass er mich krank schreibt und mir irgendwelche Tabletten gibt, damit ich mich endlich nicht mehr in alles so reinsteigere. Und am Ende sagt er "Machen Sie sich nicht immer so klein und bis nächste Woche dann!" Woahh, ich war soooo sauer!!! Naja, und genau das wollte er wohl erreichen. Dass ich mal richtig explodiere. Aber den Gefallen tu ich ihm nicht...

Machtkampf mit dem Therapeuten, auch irgendwie krank, oder?
29100
Beiträge: 27
Registriert: 13. Okt 2012, 19:30

Re: Ärger über den Therapeuten

Beitrag von 29100 »

Mal davon abgesehen, das mein Therapieende von einem Tag auf den anderen kam - ohne Vorwarnung...

...hat mich die harte Art meines Therapeuten erst richtig weitergebracht.
Es gab keine Stunde, wo ich nicht provoziert wurde.

Das einzig aufbauende, was er immer wieder gesag hat war...das ich nicht schuld wäre.

Der nächste Satz war aber wieder (und das immer ) - das ich nur schuld an dem hätte, wie ich heute damit umgehen würde.

Wut und Verzweiflung nach jeder Stunde.

Aus heutiger sicht - hat er alles richtig gemacht. Denn mit auf die Schulter klopfen ...wäre ich heute nicht soweit wie ich es bin.
______________________________

Wer anfängt, mich als Selbstverständlich zu betrachten,sollte aufpassen, dass er den Zeitpunkt nicht verpasst, wo er anfängt mir egal zu werden.....
Kepi
Beiträge: 18
Registriert: 10. Nov 2012, 17:23

Re: Ärger über den Therapeuten

Beitrag von Kepi »

Hm, also aufbauendes sagt mir mein Therapeut eigentlich wenig. Ich fühle mich überhaupt wenig motiviert von ihm. Aber ich bin vielleicht auch jemand, der sich gut selbst motivieren kann?

Nur einmal, als ich einen meiner Vorgesetzten (den strengsten von allen) zu einem Gespräch gebeten habe und ihm mal meine Gefühle geschildert habe, wenn er mir nicht genügend erklärt und sich keine Zeit nimmt, da war er komplett begeistert. Wie "erwachsen" ich mich da verhalten hätte und so. Ja toll. Ich fand das gar nicht soooo super von mir und er flippt total aus vor Freude (also für seine Verhältnisse).

Aber Du hast sicher Recht, er muss irgendwas aus mir hervorlocken, ist ja sein Job. Mich regt´s halt manchmal tierisch auf. Aber eigentlich ärgere ich mich über mich selbst...
29100
Beiträge: 27
Registriert: 13. Okt 2012, 19:30

Re: Ärger über den Therapeuten

Beitrag von 29100 »

___________________________________________
<< ........und ihm mal meine Gefühle geschildert habe, wenn er mir nicht genügend erklärt und sich keine Zeit nimmt, da war er komplett begeistert......>>
__________________________________________

Wo ich das gelesen hatte, musste ich ein bisschen schmunzeln.

Ich habe meinen Threapeuten verlucht, wenn er sagte, das ich selbst schuld an meiner momentanen Situation habe.
Irgendwie wird man von niemanden so richtig verstanden....alleine gelassen usw.

Aber auch da hatte er recht...wenn man nicht sagt, was man fühlt und denkt - wie sollen einen andere verstehen?
Woher soll dein Vorgesetzter wissen, was dich verletzt, beschäftigt oder unzufrieden macht...wenn man es nicht sagt.
Es kommt halt darauf an - WIE man es sagt.

Ein schwerer Schritt...glückwunsch das du es geschafft hattest !
______________________________

Wer anfängt, mich als Selbstverständlich zu betrachten,sollte aufpassen, dass er den Zeitpunkt nicht verpasst, wo er anfängt mir egal zu werden.....
29100
Beiträge: 27
Registriert: 13. Okt 2012, 19:30

Re: Ärger über den Therapeuten

Beitrag von 29100 »

Das schreiben hier hat mich grade dazu ermutigt...eine Email an meinen damaligen Therapeuten zu schicken. Die Anfrage, nochmal einen Termin zu bekommen.....

Das habe ich nun schon ein paar Monate vor mich hin geschoben.....endlich geschafft..
______________________________

Wer anfängt, mich als Selbstverständlich zu betrachten,sollte aufpassen, dass er den Zeitpunkt nicht verpasst, wo er anfängt mir egal zu werden.....
DarkRaven
Beiträge: 1135
Registriert: 14. Jul 2010, 16:27

Re: Ärger über den Therapeuten

Beitrag von DarkRaven »

Hey Ihrs,

also ich bin da persönlich mittlerweile relativ schmerzfrei.
Wenn die Thera oder die Therapiestunde mich ärgert, sag ich das.
Hab der Thera heute auch gesagt, dass das mit Abstand die schlimmste Therapiestunde war und sie mir tierisch auf den S... geht.
I.d.R. gibt das Aussprechen der Wut / des Ärgers aber häufig sehr interessante Stunden/Gespräche.

Na ja, heute war ich danach nur übelstlaunig, weil man meiner Meinung nach, nicht immer alles der Übertragung zuschieben und analysieren kann.
Der Mensch hat halt auch mal einen schlechten Tag (auch ein depressiver)

Probiert es einfach mal aus. Mir hat es (bisher) immer geholfen.

Lg, DarkRaven

PS: Yvi, wenn du quatschen willst
Kepi
Beiträge: 18
Registriert: 10. Nov 2012, 17:23

Re: Ärger über den Therapeuten

Beitrag von Kepi »

Hey, danke für Eure Beiträge!

Ich kann meinem Thera gegenüber noch nicht so gut zugeben, dass ich direkt sauer auf ihn bin. Weil ich ja insgeheim weiß, dass er Recht hat.

@Anke29100: Ja genau, am Schlimmsten ist es, wenn er mir vor Augen hält, dass ich selbst "schuld" bin. Aber vor lauter Wirrwarr und Gefühlschaos finde ich oft einfach keine Lösung, keinen Ausweg, etwas das ich in Zukunft anders machen kann.

Aber jetzt kommt die Fortsetzung der Erfolgsstory: Ich hatte letzte Woche einen ganz schlimmen Depressionsschub, den schlimmsten eigentlich, den ich je hatte. Auch die Therapiesitzung war in dieser Phase.
Der Satz "Machen Sie sich nicht immer so klein" hat mich tierisch geärgert und gewurmt. Und Ihr werdet es nicht glauben, zwei Tage später ist der Knoten geplatzt und ich habe glasklar gesehen, was ich machen muss!

Ich habe die Sache schon angepackt und wenn ich nicht total vom Glück verlassen bin, wird sich eine bahnbrechende Wende in meinem Berufsleben vollziehen. Möchte es noch nicht verschreien, aber nächste Woche werde ich mehr wissen. Und selbst wenn diese eine Sache jetzt nicht klappen sollte, wo weiß ich doch jetzt ganz genau, wo es hingeht.

Ist das nicht irre? Also nochmal an alle da draußen: Das Ärgern scheint sich irgendwie zu lohnen!

Motivierende Grüße,
Nighty
ConnyP
Beiträge: 44
Registriert: 12. Nov 2012, 22:27

Re: Ärger über den Therapeuten

Beitrag von ConnyP »

Hallo zusammen,

also, ich bin ja noch nicht so therapieerfahren wie die meisten von Euch (hatte gestern meine 10. Stunde von 50 beantragten) und vorher noch nie etwas mit Psychotherapie zu tun. Wenn ich jetzt hier lese, das Therapeuten auch provozieren, bekomme ich Herzflattern.

Bislang war mein Therapeut immer sehr freundlich zu mir, lobte mich schon mal wegen eines Fortschritts, hört aktiv zu und weckt meine Ressourcen (die ich wiederentdeckt habe ). Hat er etwa sein wahres Gesicht noch nicht gezeigt? Oder gehen Therapeuten anfangs grundsätzlich mit einem noch behutsam um?

Bin für jede Antwort dankbar.

LG,
Conny
29100
Beiträge: 27
Registriert: 13. Okt 2012, 19:30

Re: Ärger über den Therapeuten

Beitrag von 29100 »

Hallo Conny,

mach dir darüber keine Gedanken.

Ich denke, es kommt auch darauf an, wie man selbst "mitmacht".
Dein Therpeut wird schon wissen, wie er/sie mit dir umgehen muss.

Meine liebste Antwort bei der Therapie war: "Kann ich nicht" oder "Schaffe ich nicht"...und da hilft halt nur noch "ein Tritt in den Hintern".
Mit "auf die Schulter klopfen" hätte ich es nicht geschafft - aus meiner schlimmsten Zeit rauszukommen.

Lass es auf dich zukommen...

lg
______________________________

Wer anfängt, mich als Selbstverständlich zu betrachten,sollte aufpassen, dass er den Zeitpunkt nicht verpasst, wo er anfängt mir egal zu werden.....
ConnyP
Beiträge: 44
Registriert: 12. Nov 2012, 22:27

Re: Ärger über den Therapeuten

Beitrag von ConnyP »

Hallo Anke,

lieben Dank für Deine Worte.

Für mich bist Du ganz schön mutig, Deinem Therapeuten sagen zu können, dass Du bestimmte Dinge nicht schaffst oder nicht kannst. Momentan traue ich mich das nicht, sondern möchte immer stark ihm gegenüber wirken. Habe zwar einiges in der Klinik gelernt und konnte es auch dort in Rollenspielen umsetzen, aber in der realen Welt fällt mir das einfach noch schwer. Allerdings glaube ich, dass er sehr wohl merkt, wenn ich etwas sage, dass ich vom Ursprung her eigentlich etwas anderes sagen wollte.

Mein Problem liegt darin, dass ich grundsätzlich, also nicht nur bei ihm, immer einen guten Eindruck hinterlassen möchte (so nach dem Motto, bloß nicht auffallen ).

Vielleicht brauche ich einfach nur noch etwas mehr Zeit, so richtig aus mir rausgehen zu können???

Für heute liebe Grüße,
Conny
Salvatore
Beiträge: 3868
Registriert: 10. Feb 2010, 18:35
Kontaktdaten:

Re: Ärger über den Therapeuten

Beitrag von Salvatore »

Hallo Conny,

das:
>Mein Problem liegt darin, dass ich grundsätzlich, also nicht nur bei ihm, immer einen guten Eindruck hinterlassen möchte (so nach dem Motto, bloß nicht auffallen

ist ein prima Thema für die Therapie, hast du das schon mal angesprochen? (Welche Therapieform machst du? Wenn es Tiefenpsychologisch ist oder Analyse, dann dreht sich dein Therapeut dabei wahrscheinlich vor Begeisterung im Kreis.)
Probiere es mal! Würde sich lohnen.

Lg, Salvatore
Blog: http://www.oddyssee.de
Instagram: Oddysee@meine_oddyssee
Kepi
Beiträge: 18
Registriert: 10. Nov 2012, 17:23

Re: Ärger über den Therapeuten

Beitrag von Kepi »

Hi Conny,

erinnert mich stark an mich: Am Anfang wollte ich auch noch dem Therapeuten "gefallen" (genau das ist auch mein problematisches Muster). Tendenziell geht mir das immer noch so... aber so kommt man in der Tat nicht weiter, wie Anke richtig geschrieben hat.

Anfangs war er auch noch recht verständisvoll und eher passiv (was mich auch genervt hat). Aber seit ca. der 20. Sitzung versucht er schon häufiger, mir etwas dagegen zu halten. Von wegen "Das kann ja gar nicht sein. Ich glaube Ihnen nicht, dass die Umstände in Ihrem Job so negativ sind. Da würden Sie ja in der Sklaverei arbeiten. Sie haben doch Rechte...?!"

Und da könnte ich echt ausrasten, schließlich muss er nicht hier arbeiten! Aber was er im Grunde meint ist: Stell Dich mal auf die Hinterbeine, sei mal ein bisschen entschlossener. Dass ich das nicht kann, bringt mir nämlich einen Haufen Probleme ein. Ich will immer nett sein und es allen Recht machen. So kann man aber nur verlieren.
Kepi
Beiträge: 18
Registriert: 10. Nov 2012, 17:23

Re: Ärger über den Therapeuten

Beitrag von Kepi »

Es ist wirklich komisch: Nachdem ich mich jetzt die letzten Wochen nach den Sitzungen immer tierisch über meinen Therapeuten geärgert habe (deshalb auch die Eröffnung des Threads), ist das Gefühl heute z.B. wieder verflogen.

Wir konnten heute konkret über die Fortsetzung der TP sprechen und außerdem über ein aktuelles Thema, ein Vorstellungsgespräch, das ich letzte Woche geführt habe. Vorstellungsgespräche haben ein sehr viel psychologisches Potenzial, finde ich. Da kann man SEHR viel für sich herausholen, wenn man sie analysiert! Das nur so nebenbei...

Heute habe ich mich seit langem mal wieder ernst genommen gefühlt. Er hat mir konkrete Tipps gegeben, die mich etwas entspannt haben. Nach dem Motto, ist doch alles nicht so schlimm. Auch das kann viel helfen, wenn es einem ein unabhängiger Mensch sagt.

Ich weiß nicht woran das "Ärgern" liegt: Ärgert man sich am Ende eigentlich nur über sich selbst? Ich glaube, ja.

Angesprochen ihm gegenüber habe ich das nie. Ich schäme mich da irgendwie, so "profane" Sachen zu äußern. Ich finde es richtig und wichtig, dass ich die Therapie mache. Aber ich fühle mich manchmal ein bisschen überfordert, da ich das Gefühl habe, ich muss die Sitzungen selber "gestalten".

Allein schon, dass ich immer den ersten Satz sagen muss, finde ich sehr anstrengend. Wie geht es Euch da, v.a. mit TP?

Gruß,
Nighty

P.S. Ich weiß Eure Erfahrungen echt zu schätzen!! Ohne Euch alle hier im Forum, in dem ich viel lese, wäre ich sicher schon verzweifelt!
ConnyP
Beiträge: 44
Registriert: 12. Nov 2012, 22:27

Re: Ärger über den Therapeuten

Beitrag von ConnyP »

Hallo Nighty und alle anderen,

danke erst einmal für Eure Feedbacks.

Also, bei mir ist das auch so, dass ich immer beginne, zu reden. Wir sitzen uns gegenüber und der Therapeut schaut mich erwartungsvoll an . Das ist mir manchmal richtig peinlich.

So wirklich geärgert habe ich mich über ihn noch nicht, nur ganz am Anfang kam mir einmal der Gedanke, was er doch für ein eingebildeter Pinsel ist. Aber das ist er nicht wirklich. Ihr kennt sicher alle das Gefühl, wenn ihr jemandem neu begegnet, nehmt ihr gleich die erste Bewertung vor. Das kommt ganz unbewusst, und wir meinen, entweder der- oder diejenige ist uns sympathisch oder nicht.

Salvatore, das mit dem "immer einen guten Eindruck hinterlassen" werde ich ansprechen.

Nighty, Du hast vollkommen Recht damit, dass wenn man immer zu allen nett sein will bzw. es allen recht machen möchte, bringt mich das persönlich natürlich nicht weiter.

Interessieren würde mich, ob jemand von Euch den Therapeuten schon mal etwas Privates gefragt hat? Ich habe in einigen Ratgebern gelesen, dass man das lieber unterlassen sollte.

Wünsche Euch allen noch einen schönen Tag.

LG,
Conny
Salvatore
Beiträge: 3868
Registriert: 10. Feb 2010, 18:35
Kontaktdaten:

Re: Ärger über den Therapeuten

Beitrag von Salvatore »

Hallo Conny,

>Interessieren würde mich, ob jemand von Euch den Therapeuten schon mal etwas Privates gefragt hat? Ich habe in einigen Ratgebern gelesen, dass man das lieber unterlassen sollte.

Nein, man soll das nicht "lieber unterlassen", du kannst den Therapeuten fragen was du willst!
Es gibt aber Unterschiede, wie die Antwort ausfällt. Verhaltenstherapeuten antworten in der Regel auch schon mal ehrlich - aber nur knapp, denn es geht ja um dich und nicht um den Therapeuten.
Tiefenpsychologen sehen sich lieber als "weiße Leinwand", auf die du alles "projizieren" kannst, was dir so einfällt. Je mehr du über den Therapeuten weißt, desto "bemalter" ist dann die Leinwand. Deshalb kann es passieren, wenn du eine persönliche Frage stellt, dass er/sie sich dafür interessiert, warum du dich dafür interessierst. Aber hin und wieder erzählen sie auch schon mal ein bisschen von sich. Mein Therapeut ist Tiefenpsychologe, ich habe ihn schon oft Privates gefragt - und manchmal hat er geantwortet, manchmal nicht.
Psychoanalytiker sind oft (ncht immer) etwas "zugeknöpfter".

Aber alles ist natürlich immer relativ, und die Meinungen unter den Therapeuten gehen da auseinander. Ist eine Typfrage.
Aber du solltest dich nicht scheuen, eine Frage zu stellen, wenn sie dir in den Sinn kommt.
Du kannst in der Therapie nichts (!) falsch machen und je weniger du dich drum kümmerst, was wohl "angemessen" oder "weniger angemessen" ist, desto besser.

In der Therapie geht es ja auch darum, mal andere Erfahrungen zu machen als bisher. Da wäre es kontraproduktiv, sich zu sehr zurückzunehmen.
Also, mache es ihm nicht immer recht, sondern fordere ihn ruhig auch mal! Er soll ja schließlich auch was tun für sein Geld...

Lg, Salvatore
Blog: http://www.oddyssee.de
Instagram: Oddysee@meine_oddyssee
Salvatore
Beiträge: 3868
Registriert: 10. Feb 2010, 18:35
Kontaktdaten:

Re: Ärger über den Therapeuten

Beitrag von Salvatore »

Hallo Nighty,

>Allein schon, dass ich immer den ersten Satz sagen muss, finde ich sehr anstrengend. Wie geht es Euch da, v.a. mit TP?

Geht mir immer noch so und ich bin schon lang dabei. Deshalb knüpfe ich meist an die letzte Stunde an und erzähle, wie es mir danach gegangen ist und was mir so durch den Kopf ging.

Ich schreibe ein Therapietagebuch, und wenn ich das Besprochene aufschreibe, kommen mir unwillkürlich Gedanken darüber, wie ich das im Nachhinein finde, ob es sich gut und richtig anfühlt oder noch nicht. Das ist immer ein guter Einstieg.
Manchmal habe ich auch ein Thema im Fokus, so wie du z.B. das Vorstellungsgespräch.

Es gibt aber auch Stunden, da habe ich einfach nichts, aber auch daraus entwickelt sich letztlich ein Gespräch.

Lg, Salvatore
Blog: http://www.oddyssee.de
Instagram: Oddysee@meine_oddyssee
ConnyP
Beiträge: 44
Registriert: 12. Nov 2012, 22:27

Re: Ärger über den Therapeuten

Beitrag von ConnyP »

Hallo Salvatore,

ich erkenne an Deinen Antworten/Berichten, die mir allesamt gefallen, dass Du schon ein richtiger Profi bist . Du hast mir jetzt Mut gemacht und ich habe vor, ihn zur nächsten Sitzung etwas Privates zu fragen. Oder eventuell auch mal herausfordern, das gibt mir ein gutes Gefühl . Du sagtest ja, dass man nichts falsch machen kann.

Ganz ehrlich, es nervt mich selbst total, dass ich mich immer als die "Brave" aufführe. Aber ich glaube, das lässt sich nicht so leicht ablegen, wenn man es schon fast sein ganzes Leben lang praktiziert, oder? Wenigstens das "Nein-Sagen" ist mir jetzt schon mal nach dem Klinikaufenthalt gelungen, ich fühlte mich gut damit und für mich ist das schon ein Riesenfortschritt.

Alles Gute!
Conny
ConnyP
Beiträge: 44
Registriert: 12. Nov 2012, 22:27

Re: Ärger über den Therapeuten

Beitrag von ConnyP »

Hallo Salvatore,

hatte noch vergessen zu erwähnen, dass ich genau wie Du auch ein Therapietagebuch führe, das hilft mir enorm. Wenn ich die Sitzung hinterher aufschreibe, bin ich wirklich gedanklich auch noch bei der Sitzung und hinterfrage bzw. denke darüber nach, was gut gelaufen war usw. Außerdem knüpfe ich auch manchmal bei der nächsten Sitzung an die letzte an. Manchmal schreibe ich auch Zettel mit Stichworten, die ich dann mitnehme.

Was ich auch noch vergessen habe zu erwähnen: ich mache auch TP.

Schönen Abend,
Conny
Kepi
Beiträge: 18
Registriert: 10. Nov 2012, 17:23

Re: Ärger über den Therapeuten

Beitrag von Kepi »

Hallo Conny und Salvatore,

also mein Therapeut ist Arzt, Psychoanalytiker und macht auch TP. Also mit mir macht er TP. Psychoanalyse... o Gott, das könnte ich mir gar nicht vorstellen. Da so herumzuliegen und zu reden... Was meint Ihr dazu?

Zum Thema was Privates Fragen: Also das traue ich mich bei dem überhaupt nicht. Der blockt das so richtig ab und ich dachte immer, das "gehört" sich wohl auch nicht in einer Therapie. Ich freu mich schon halb tot, wenn der mal ein bisschen lächelt oder lacht. Das ist für mich schon wie Weihnachten!! Ich würd gern ein bisschen humorvoller mit dem ganzen Thema umgehen, aber ich habe den Eindruck, das darf ich nicht.

Da ich keinen Vergleich habe, dachte ich bisher immer, so wird es wohl zugehen, in einer Therapie. Da wird nicht gelacht, sondern gearbeitet. Jawohl!

Vielleicht fällt es mir auch deshalb so schwer, hinzugehen und vielleicht ärgere ich mich deswegen auch manchmal über die ganze Situation...

Aber dennoch muss ich sagen, ich hab schon so viel über mich gelernt, das hätte ich allein nicht geschafft. Also prinzipiell: Danke, Therapeut.

Da ich im Grunde ein humorvoller Mensch bin, muss ich mich eben anderweitg "austoben".

@Conny: ich musst so lachen! Meiner schaut mich am Anfang auch immer mit so einem komischen aufmunternden Blick an. Da könnte ich ihm manchmal schon eine scheuern (tschuldigung, ich bin sonst total friedlich, echt!). Wenn er mir doch wenigstens mal ein Stichwort geben würde... Meistens erzähl ich auch erstmal, wie es letzte Woche war und er hakt dann irgendwo ein. Die ganze Woche überlege ich mir schon immer fieberhaft das Einstiegsthema. Man kriegt echt nix geschenkt
Salvatore
Beiträge: 3868
Registriert: 10. Feb 2010, 18:35
Kontaktdaten:

Re: Ärger über den Therapeuten

Beitrag von Salvatore »

Hallo,

@Conny: Danke schön! (Lob annehmen musste ich auch erst lernen...)

@Nighty: So ganz ohne Humor kann ich mir das gar nicht vorstellen, in meiner Therapie wird schon auch gelacht.
Mein Therapeut hat einen ähnlichen Humor wie ich (eher norddeutsch-trocken). Das heißt jetzt natürlich nicht, dass es eine reine Spaßveranstaltung ist, aber trotzdem. Manchmal entschärft und erleichtert ein Lachen auch schwierige Situationen und Erkenntnisse.
So ganz bierernst, das wäre nichts für mich.
Ich finde auch, in der Therapie sollte nichts "verboten" oder unerwünscht sein.

Ich habe ihm übrigens mal gesagt, er soll nicht so erwartungsvoll gucken, weil mich das verunsichert. Da hat er gefragt "Wie soll ich denn gucken?"

Lg, Salvatore
Blog: http://www.oddyssee.de
Instagram: Oddysee@meine_oddyssee
ConnyP
Beiträge: 44
Registriert: 12. Nov 2012, 22:27

Re: Ärger über den Therapeuten

Beitrag von ConnyP »

Hallo Nighty und Salvatore,

jetzt muss ich wirklich auch lachen

Das mit dem Anschauen hat meiner auch so an sich, ich würde fast sagen, der so genannte "Dackelblick".
Das mit dem erwartungsvollen Blick find ich natürlich auch klasse, aber ob ich mich traue, so etwas zu sagen


Ich habe mich jetzt wirklich köstlich über Eure beiden Beiträge amüsiert, ich hoffe nur für mich, dass ich morgen früh um exakt 9:30 Uhr nicht daran denke, wenn mein Setting beginnt und ich dann auch noch anfange zu lachen.

Vielen Dank Euch beiden für die lustigen Worte und schönen Abend noch,

Conny
Antworten