Angst nach gut bewältigter Herausforderung

Antworten
FSKF
Beiträge: 87
Registriert: 14. Feb 2011, 15:16

Angst nach gut bewältigter Herausforderung

Beitrag von FSKF »

Hallo, heute melde ich mich mal, weil ich mich gerade nicht verstehe.

Früher war es so, dass ich vor einem Ereignis (Referat halten, einen Kurs leiten, usw.) Angst oder besser gesagt Panik hatte. Im Moment verschiebt sich das gerade. Ich habe gestern einen Kurs gegeben und war die Tage davor relativ ruhig. Der Kurs selber ist auch ganz gut gelaufen, es war nicht alles perfekt (Powerpoint hat erst nicht funktioniert, ich habe mich mehrmals beim Reden verhaspelt, usw.) aber bei der abschließenden Feedbackrunde habe ich positive Rückmeldungen von den Teilnehmern bekommen.

Ich bin seit mehreren Jahren krank geschrieben. Ich habe starke Angst vor dem Reden und habe jetzt zum ersten Mal "offiziell" einen Kurs geleitet. Es ist auch das erste Mal, dass ich in einem Bereich gearbeitet habe, der zu meinem Studium passt. Ich müsste megastolz und zufrieden sein.

Stattdessen komme ich seitdem der Kurs vorbei ist nicht mehr runter. Ich habe keine negativen Gedankenspiralen, aber körperlich ist es kaum auszuhalten. Herzrasen, Übelkeit, das Gefühl, als läge eine Bleiplatte auf meiner Brust. Eine Überflutung negativer Gefühle, ein innerer Kritiker der sich gerade ganz ordentlich austobt.

Es fing an, als ich den Kursraum verlassen habe. Ich verstehe das nicht, denn in dem Kurs ist nichts schlimmes passiert und vor dem Kurs ging es mir gut. Dummerweise ist meine Therapeutin krank, sie könnte mich "runter holen", aber ich hatte jetzt seit drei Wochen keinen Termin.

Samstag gebe ich einen neuen Kurs, bis dahin möchte ich diese negativen Gefühle losgeworden sein. Gerne würde ich sie auch verstehen. Kennt das vielleicht jemand, dass Panikattacken nach einem gut bewältigten Ereignis eintreten?

Liebe Grüße
Abendstern
morgain
Beiträge: 29
Registriert: 5. Nov 2012, 14:47

Re: Angst nach gut bewältigter Herausforderung

Beitrag von morgain »

Lieber Abendstern,
erstmal finde ich das ganz toll, dass Du trotz Deiner Redeangst Kurse machst und da so aktiv mit umgehst. Dieses schlechte Gefühl nach solchen Kraftakten kenne ich auch, der innere Kritiker bleibt aber bei mir auf der Gedankenebene. Dauernd kommen dann irgendwelche Situationen hoch, die vielleicht nicht ganz so perfekt waren und quälen mich.
Ich leite inzwischen seit mehreren Jahren Gruppen, am Anfang war das ein ziemlicher Horror. Hatte und habe Redeangst, Referate waren für mich immer ganz schrecklich, freiwillig sage ich in Gruppen nie was. Habe Angst, vor einer Gruppe zu stehen und ich habe zeitweise sehr gelitten. Aber ich glaube, es ist gut, dranzubleiben, nicht aufzugeben, wenn es einem möglich ist, mit der Erfahrung ist für mich vieles leichter geworden. Darum möchte ich Dir auch einfach Mut machen, die Situation zu akzeptieren und trotzdem den Weg weiter zu gehen.
Wenn die Probleme körperlicher Natur sind, ist es vielleicht möglich und sinnvoll, auch auf Körperebene damit umzugehen? Atmen, stampfen, spazierengehen? Oder hast Du mit Kursteilnehmern guten Kontakt und kannst da noch mal drüber reden?
Habe immer mal wieder mit Herzrhythmusstörungen zu tun. Mir hilft dabei Homöopathie.
Ich finde es schön, dass Du schreibst, die Herausforderung GUT bewältigt zu haben, dass Du das wahrnehmen und für Dich annehmen kannst!
Wünsche Dir viel Mut und Kraft und einen liebevollen Umgang mit Dir!!
FönX
Beiträge: 3370
Registriert: 2. Jul 2008, 11:37

Re: Angst nach gut bewältigter Herausforderung

Beitrag von FönX »

Hallo Abendstern,

ich habe vor meiner Erkrankung in unserer Gemeinde über Jahrzehnte unzählige öffentliche Reden gehalten und Studien- und Diskussionsgruppen geleitet. Heute geht das nicht mehr. Von Zeit zu Zeit teste ich es mal wieder. Aber mir geht es vorher sehr schlecht, und meistens muss ich doch absagen.

Das letztemal ist erst wenige Wochen her. Da habe ich die Aufgabe übernommen, vor Zuhörern eine Passage vorzulesen. Es hat alles gut geklappt, keine Versprecher, alles paletti. Nur nachher habe ich heulend die Location verlassen. Von daher kann ich es dir nachfühlen.

Für mich zählt es zum Annehmen, dass das einfach zurzeit nicht geht. Und "dranbleiben", "nicht aufgeben" sind für mich Parolen vergleichbar mit "reiß dich doch mal zusammen". Aber das muss jeder für sich selbst entscheiden.

Ein konstruktiver Tipp: Versuch mal, ob dir EFT oder PEP (beides Arten von Klopfakupressur) hilft. Ich habe hier in den Foren einiges dazu geschrieben. Versuchs mal über die Suchfunktion. Im Netz findest du auch eine Menge.

Stichworte:
PEP, Michael Bohne, "Bitte klopfen"

EFT, Gary Craig, Emotional Freedom Technique

Liebe Grüße
FönX

Bei riesigen Nebenwirkungen essen Sie die Packungsbeilage oder schlagen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.
morgain
Beiträge: 29
Registriert: 5. Nov 2012, 14:47

Re: Angst nach gut bewältigter Herausforderung

Beitrag von morgain »

Zur Klarstellung: ich meinte, dass es für mich gut und richtig war, trotz allem weiterzumachen. Natürlich muss JedeR für sich selbst entscheiden, wo die persönliche Grenze erreicht ist. Mir war es wichtig, die Erfahrung zu teilen, dass es einfach mit der Zeit leichter wurde. Es sollte auf KEINEN FALL in die Richtung gehen von "nun reiß dich zusammen", es tut mir Leid, wenn es so rüberkam. Ich finde es wichtig, solche Reaktionen wie Herzklopfen usw auch sehr ernst zu nehmen.
Der Wunsch nach einem liebevollen Umgang mit einem selbst ist mir sehr wichtig, was das auch immer für den/die Einzelne gerade heißen mag.
Ich verstehe meine Beiträge auch immer als ein Angebot. Ob das gerade zu der Situation und dem Menschen paßt, kann ich natürlich nicht wissen.
Herzliche Grüße
FSKF
Beiträge: 87
Registriert: 14. Feb 2011, 15:16

Re: Angst nach gut bewältigter Herausforderung

Beitrag von FSKF »

Liebe Morgain, lieber FönX

vielen Dank für eure netten, aufmunternden Worte!

Ich finde es sowohl beeindruckend, sich seiner Angst zu stellen, als auch zu akzeptieren, dass bestimmte Dinge im Moment nicht gehen. Beides ist nicht einfach und letzten Endes muss man sich immer wieder neu reflektieren und prüfen, was gerade das Richtige ist und wann die Herausforderung zu einer Überforderung wird.

Reden war für mich immer furchtbar. Manchmal habe ich sogar überlegt, einfach damit aufzuhören.

Aber ich habe es in den vergangen Jahren in vielen kleinen Schritten geübt und bin immer mehr in der Lage, frei zu sprechen. Es ist in der Tat eine Befreiung. Denn meine Angst und Depression haben mir immer vorgegeben, was ich machen kann, aber ich konnte nie überlegen, was ich machen will. Aber jetzt fange ich an zu tun, was ich will. Denn die Kurse vorzubereiten macht mir Spaß und irgendein Teil von mir will auch das, was ich vorbereitet habe, präsentieren.

Im Moment sage ich mir: Wenn ich es nicht versuche, erfahre ich nicht, ob ich es aushalten kann oder nicht. Und eine Hintertür habe ich, weil meine Ärztin mir jederzeit ein Attest ausstellen wird, wenn es mir zu viel ist.

Vielen Dank für den Tipp, auf die körperliche Ebene zu gehen, ich habe meine Gedanken mit Hörbüchern, Puzzeln und Stricken beruhigt, aber den Körper in der Tat vergessen. Bei dem Stichwort Klopfakupressur fiel mir ein, dass mir meine Therapeutin dies auch einmal gezeigt hat. Das habe ich nun ausprobiert und es hat wirklich etwas geholfen. Und meinen Igelball habe ich wieder aktiviert.

Die Sonne scheint und ich werde gleich ein bisschen nach draußen gehen.

Liebe Grüße
Abendstern
Antworten