Was ist das überhaupt?

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Lil
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Was ist das überhaupt?

Beitrag von Lil »

Hallo!

So nachdem es mir mal wieder schlecht ging und jetzt wieder besser, habe ich mich mal gefragt, was schlecht gehen für mich eigentlich ist und irgendwie weiß ich nicht, ob das überhaupt alles zur Depression gehört.

Weil es irgendwie nicht so ist, dass es mir die ganze Zeit so passiv schlecht geht.
Also, das, was ich jetzt schreibe, muss man sich so vorstellen, dass sich das über Monate erstreckt:

- manchmal tagsüber habe ich ständig, das Gefühl, dass ich weinen müsste, mal stärker und mal weniger stark - aber das fürhrt nie dazu, dass ich weinen muss, es ist einfach nur so dieses Gefühl


- ich schade mir manchmal selbst, aber nur mit Dingen, die man nach Außen nicht sieht. Zum Beispiel rauch ich eigentlich nicht, wenn ich aber dieses Gefühl habe, mir selbst schaden zu müssen, kaufe ich eine Schachtel Zigaretten und rauche die innerhalb von einer Stunde, so dass mir dann total schwindelig ist oder
ich trinke zu wenig...
Früher bin ich dann in solchen "Zuständen" auch mal nachts auf stark befahrenen Straßen rumgelaufen und so, mit der unterschwelligen Absicht, dass ich vielleicht angefahren werde

- ich hab auch ständig dann so ein inneres Anspannungsgefühl, so wie ein permanentes Stress- oder Angstgefühl oder so was ähnliches, also ich fühle mich auch dadurch ständig so extrem unwohl

- in ganz seltenen Fällen habe ich auch mal gar keine Emotionen

- aber dazwischen gibt es auch immer wieder Tage, wo das alles etwas in den Hintergrund geht. Also ich hab dann zwar immer noch dieses Unwohlanspannungsgefühl, aber trotzdem empfinde ich dann sowas wie Freude und freue mich über Dinge und so.

- so und dann gibt es Monate, in denen ich eigentlich ganz normal lebe, aber dann kommen immer wieder diese krassen Phase und das jetzt schon seit ein paar Jahren. Also ich hab dann 1 bis 2 Mal im Jahr sowas, wo es wirklich extrem wird.

- nachts beim Einschlafen habe ich so Bilder im Kopf, wie ich aufgeschnitten irgendwie so daliege, also in allen Details und das beruhigt mich irgendwie.

Ich frage mich halt, ob ihr sowas hier auch kennt? Gehört das überhaupt alles zur Depression?

Früher fand ich das Alles einfach normal. Aber mittlerweile komme ich mir vor wie so ein totaler Psycho: 1. weil mir das andere Menschen auch irgendwie immer so vermitteln, dass das nicht normal ist und ich das 2. jetzt Alles langsam auch nicht mehr normal finde. Vor allem, weil ich das ja immer mitkriege, was ich in dem Zustand so mache und in anderen Zeiten kann ich das dann gar nicht mehr nachvollziehen.

Und kriegt man das irgendwie hin, dass man diese extremen "Abstürze" nicht mehr hat? Ich habe nämlich festgestellt, dass ich das wirklich nicht mehr will. Früher wollte ich diese ganze Selbstzerstörung irgendwie, aber jetzt gerade nicht mehr. Trotzdem produziert mein Hirn aber so etwas.
Ok, ich nehme gerade auch Medikamente und so. Dadurch ist das alles gerade quasi kontrollierbarer irgendwie. Aber ich will auch nicht Ewigkeiten Medikamte nehme

Liebe Grüße
Lil
xerxes
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Re: Was ist das überhaupt?

Beitrag von xerxes »

Hallo Lil,

zunächst mal zur Beruhigung: ja, natürlich ist das normal, was da bei dir abläuft - so "normal", wie wir halt sind Du stehst jedenfalls nicht allein damit da.

> - manchmal tagsüber habe ich ständig, das Gefühl, dass ich weinen müsste, mal stärker und mal weniger stark - aber das fürhrt nie dazu, dass ich weinen muss, es ist einfach nur so dieses Gefühl
Das kenne ich, es gehört definitiv zur Depression. Ich habe mal die Formulierung gehört, Depression sei "Leben in Aspik" - man fühlt sich so distanziert, ja abgeschnitten von der Welt, aber auch von seinen eigenen Gefühlen. Depressiv zu sein heißt ja nicht (nur) traurig sein - es heißt eher, dass man Gefühle wie Trauer oder Traurigkeit <b>nicht</b> äußern kann. Frag mich nicht, warum man das nicht kann, aber ich will auch oft weinen und kann es nicht (und hatte gerade gestern ein Wahnsinns-Erfolgserlebnis, als ich in einem Moment, wo ich das Gefühl hatte, jetzt muss ich eigentlich weinen - tatsächlich weinte ).

Suizidgedanken oder so das Gefühl mir selbst schaden zu müssen. Außerdem ist dann da immer dieses Gefühl weg/raus zu müssen.
Autodestruktive Tendenzen kenne ich auch. Suizid erscheint dann manchmal als "Notausgang" - ich hatte hier ja mehrfach schon Hesses <i>Steppenwolf</i> erwähnt, wo Selbstmord genau so beschrieben wird. Aber der Wunsch zu sterben ist Teil der Krankheit, die wir haben, und die meisten gescheiterten Selbstmörder sind später froh, dass sie gescheitert sind.

> - ich schade mir manchmal selbst, aber nur mit Dingen, die man nach Außen nicht sieht. Zum Beispiel rauch ich eigentlich nicht, wenn ich aber dieses Gefühl habe, mir selbst schaden zu müssen, kaufe ich eine Schachtel Zigaretten und rauche die innerhalb von einer Stunde, so dass mir dann total schwindelig ist
So was. Ich dachte immer, ich sei der Einzige, der solche Sachen macht Bei mir ist es keine ganze Schachtel, etwas milder, aber das Prinzip ist dasselbe. Und ich merke, dass mir die Kippen nicht "schmecken", ja, dass ich manchmal noch nicht mal dieses Gefühl des "Kicks" genießen kann, den einem das Nikotin verschafft, wenn man ansonsten nicht raucht - stattdessen geht es mir darum, mir etwas Böses anzutun.

> - ich hab auch ständig dann so ein inneres Anspannungsgefühl, so wie ein permanentes Stress- oder Angstgefühl oder so was ähnliches, also ich fühle mich auch dadurch ständig so extrem unwohl
Mit Ängsten habe ich ebenfalls oft zu tun. Ich wollte darüber gleich mal einen neuen Thread aufmachen, wenn ich dazu komme.

> - aber dazwischen gibt es auch immer wieder Tage, wo das alles etwas in den Hintergrund geht. Also ich hab dann zwar immer noch dieses Unwohlanspannungsgefühl, aber trotzdem empfinde ich dann sowas wie Freude und freue mich über Dinge und so.
Das ist sehr gut. Genieß diese Zeiten, es ist nicht selbstverständlich, dass es sie gibt.

> - nachts beim Einschlafen habe ich so Bilder im Kopf, wie ich aufgeschnitten irgendwie so daliege, also in allen Details und das beruhigt mich irgendwie.
Ja, ich hole mir diese Beruhigung manchmal durch die lebhafte Vorstellung, mich zu erschießen (liebe Moderatoren, ich tue das dann aber nicht in echt, okay? Habe die Ausrüstung gar nicht!). Es ist wirklich erstaunlich, wie viel Übereinstimmung ich zwischen uns bemerke. Auch die dazwischenliegende Normalität.

> Ich frage mich halt, ob ihr sowas hier auch kennt? Gehört das überhaupt alles zur Depression?
Hoff ich mal. Sonst hätte ich auch noch ein paar weitere Macken Aber gerade dieser mangelnde Zugang zur eigenen Gefühlswelt ist mW eigentlich ganz typisch.

> Früher fand ich das Alles einfach normal. Aber mittlerweile komme ich mir vor wie so ein totaler Psycho
Okay, die schlechte Nachricht ist: Alle, die wir uns hier tummeln, haben das eine oder andere psychische Problem, und wenn man ein böses Wort dafür sucht, sind wir natürlich irgendwie "Psychos" und unnormal und abgedreht. <b>Aber</b> ich glaube nicht, dass diese gesellschaftliche "Normalität" daher rührt, dass die meisten Menschen keine psychischen Probleme haben - ich glaube, sie rührt daher, dass man nicht darüber redet. Wenn jeder das täte, dann würden wir uns nicht mehr qualitativ, sondern nur noch graduell vom Gros der Bevölkerung unterscheiden.

> Und kriegt man das irgendwie hin, dass man diese extremen "Abstürze" nicht mehr hat?
Die Möglichkeit, Medikamente zu nehmen, kennst du schon. Das kann solche Abstürze u.U. verhindern. Und ich würde mich an deiner Stelle nicht gleich unter Druck setzen, dass du nicht "ewig" Medis nehmen willst. Eins nach dem anderen. Um Medikamente überflüssig zu machen (wenn das überhaupt gelingt, es gibt ja viele, die tatsächlich "ewig" Medis nehmen, und wenn es ihnen damit besser geht als ohne, warum nicht), braucht es i.d.R. eine Psychotherapie, und die braucht Zeit, bis sie anschlägt. Bis dahin kann man sich mit Medis über Wasser halten. Natürlich kann man auch darauf spekulieren, dass irgendwann alles von selber besser wird, aber ich fürchte, hier habe ich schon wieder eine schlechte Nachricht, was die Chancen angeht... Klar beeinflussen auch äußere Geschehnisse die Depression, und wenn man nie mehr irgendwelche Probleme im Leben hätte - finanziell, persönlich, gesundheitlich - würde das wahrscheinlich manche Therapie sparen. Aber darauf sollte man nicht setzen

Ich fühle mit dir. Mehr noch, ich freue mich, jemanden zu treffen, dem es in so vielerlei Hinsicht ähnlich ergeht und die ähnliche Strategien entwickelt hat.

Grüße,
Xerxes
Lil
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Re: Was ist das überhaupt?

Beitrag von Lil »

Hey Xerxes!

Danke
Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich durch die Medikamente weinerlich werde, weil ich jetzt schon wieder das Gefühl hab, heulen zu müssen, weil du das geschrieben hast
was sonst wirklich nicht meine Art ist.

Also momentan kann ich gerade nicht mehr dazu schreiben. Vielleicht schreib ich später noch was.

LG
Lil
xerxes
Beiträge: 45
Registriert: 17. Sep 2012, 18:49

Re: Was ist das überhaupt?

Beitrag von xerxes »

Hallo Lil,

kein Stress. Schreib, wann immer dir danach zumute ist. Schlimmstenfalls geht der Thread vorübergehend vergessen, weil er in der Anzeige nach hinten rutscht (das geht in diesem gutbesuchten Forum sogar recht schnell), aber mit der nächsten geposteten Antwort ist er auch wieder vorne dran.

Grüße,
Xerxes
Nico Niedermeier
Moderator
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Registriert: 21. Mär 2003, 11:10

Re: Was ist das überhaupt?

Beitrag von Nico Niedermeier »

Hallo an Sie Lil,
ich habe nur eine Kleinigkeit an Ihrem Beitrag editiert, siehe dazu auf der Startseite "Umgang mit Suizidalität"...diese Dinge können andere Leser triggern!
UND, einfach die Art wie Sie die Dinge beschreiben, würde mich daran denken lassen, dass es sich eventuell auch NICHT um eine klassiche Depression handeln könnte, sondern um eine emotional instabile Störung. Natürlich kann man das von hier aus nicht diagnostizieren und natürlich geben Sie keine klaren Hinweise, es ist eher die Art des Gefühls, dass Sie in Ihrem Posting transportieren. Einfach mal nachgoogeln und mit der/dem Behandler besprechen:-)?
Beste Grüße
N. Niedermeier
Lil
Beiträge: 85
Registriert: 23. Aug 2011, 01:20

Re: Was ist das überhaupt?

Beitrag von Lil »

Hallo!

>ich glaube nicht, dass diese gesellschaftliche "Normalität" daher rührt, dass die meisten Menschen keine psychischen Probleme haben - ich glaube, sie rührt daher, dass man nicht darüber redet. Wenn jeder das täte, dann würden wir uns nicht mehr qualitativ, sondern nur noch graduell vom Gros der Bevölkerung unterscheiden.


Vielleicht - obwohl ich das irgendwie nicht glaube.
Weil ich zum Beispiel in letzter Zeit immer so dieses "Gefühl" habe, mir selbst schaden zu müssen. Was ich nicht tue. Aber ich bin ja die ganze Zeit zum Beispiel damit beschäftigt gegen dieses Gefühl anzukämpfen, weil ich das gerade einfach nicht will.
Ich kann mir absolut nicht vorstellen, dass irgendjemand so ist wie ich - also irgendjemand vielleicht schon, also ein kleiner Prozentsatz. Und du vielleicht, irgendwie so ansatzweise.
Aber trotzdem glaube ich nicht, dass alle mit solchen bescheuerten Gefühl rumlaufen. So als Beispiel. Und da sind ja noch viel mehr Dinge.

Aber ich habe hier noch nicht mal alles geschrieben, sondern ich habe es ja schon ziemlich abgemildert.
z. B.
>Bei mir ist es keine ganze Schachtel, etwas milder,
Also auch bei dir ist es nicht so krass, habe ich zumindest das Gefühl.
In letzter Zeit denke ich hat total viel darüber nach und verstehe mich selbst irgendwie nicht.
Aus dem Grund habe ich da auch noch niemandem so direkt erzählt. Die Version die ich anderen erzähle, da lasse ich eigentlich fast alles weg.
Deshalb:
>Einfach mal nachgoogeln und mit der/dem Behandler besprechen:-)?

Habe ich das auch noch nie mit irgendjemandem besprochen. Außer in Internetforen.
Außerdem habe ich das vor längerer Zeit schon mal selbst überlegt mit der anderen Diagnose. Aber letztendlich will ich glaube ich lieber meine "Depressions-Diagnose" behalten, weil ich mit einer anderen Diagnose Nachteile hätte, denk ich zumindest.

Irgendwie fällt es mir auch gerade schwer zu denken, dass man da irgendwas dran ändern kann.
Ich mein, ich habe jetzt in 2 Wochen das Erstgespräch bei einer Therapeutin. Aber irgendwie weiß ich nicht mehr, warum ich überhaupt da hingehe. Vielleicht gehe ich da auch einfach nur hin, weil mir alle gesagt haben, dass ich das machen soll. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es etwas ändert, weil ich mich gerade extrem wie ein hoffungsloser Fall fühle. Also ich könnte alle Medikamente der Welt nehmen und alle Therapien der Welt machen und es würde nichts ändern.

Außerdem habe ich das Gefühl, dass die Medilkamente auch nicht mehr so wirken wie am Anfang. Das würde ja bedeuten, dass ich die Medikamente alle paar Wochen hochdosieren müsste, falls ich mich selbt ruhig stellen will, was irgendwie will. Keine Ahnung. Das ist auch irgendwie wieder so ein bescheuertes Gefühl, dass man sich selbst ruhig stellen will. Und dann denke ich, dass die Medikamente ja dann noch mehr schädliche Nebenwirkungen haben. Aber das finde ich dann gut, weil es mir ja dann gleichzeitig schadet. Ich habe die Medikamente hauptsächlich so regelmäßig also jeden Tag genommen, wegen der extremen Nebenwirkungen, die im Beipackzettel standen. Das war wirklich meine Hauptmotivation. Wäre das irgendso ein Baldrian Zeugs so fast ganz ohne Nebenwirungen gewesen, hätte ich sie vermutlich abgesetzt. Solche Sachen und Gefühle gehen halt ständig in meinem Kopf vor und ich kann mir echt nicht vorstellen, dass das bei anderen auch so ist.
Andere sind wahrscheinlich froh, wenn sie keine Nebenwirkungen haben. Ich hatte übrigens in den ersten Wochen Nebenwirkungen, was sich dann ja auch irgendwie gut angefühlt hat. Ich habe auch manchmal überdosiert usw.

Wenn ich dann so objektiv darüber nachdenken, finde ich mich wirklich gestört. Und irgendwie macht mich das manchmal auch traurig, dass ich immer mir solchen komischen Sachen beschäftigt bin, als einfach irgendwie zu leben. Ich sollte das alles einfach sein lassen, aber ich kann es nicht.

Lil
DYS-
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Re: Was ist das überhaupt?

Beitrag von DYS- »

Hallo Lil
Hm, ich denke, dass Du eher Vorteile hättest, wenn die Diagnose gesichert würde.
Stell Dir mal vor, Du würdest in einem Forum für Magengeschwüre schreiben, das Du Probleme mit der Nahrungsaufnahme hast. Da bekommst Du wirklich gute Tips für Menschen mit Magengeschwüren. Wenn Du aber nicht erzählst, das dein Hals entzündet ist, sind diese Hilfen recht unproduktiv.
Ich glaube, da würdest Du nicht denken Nachteile bei der „richtigen“ Diagnose zu haben, oder?

Die Hilfestellung, die Du hier bekommst, werden Deine beschriebenen schlimmen Symptomen nicht gerecht.

Nimm doch diese Gedanken mal mit zu der Therapeutin. Sei ehrlich damit Dir geholfen werden kann.
Ich wünsche Dir alles Gute
°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°

Gerade weil wir alle in einem Boot sitzen,

sollten wir heilfroh darüber sein,

dass nicht alle auf unserer Seite stehen.
Lil
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Re: Was ist das überhaupt?

Beitrag von Lil »

Hallo Dys!

>Ich glaube, da würdest Du nicht denken Nachteile bei der „richtigen“ Diagnose zu haben, oder?

Nein, da natürlich nicht. Ich meinte das mit den Nachteilen ja auch anders.

>Nimm doch diese Gedanken mal mit zu der Therapeutin. Sei ehrlich damit Dir geholfen werden kann.

Mmh. Mal sehen. Ich hab' halt irgendwie Angst, dass das dann "zuviel" ist für eine Therapie, dass ich dafür dann irgendwie zu gestört bin, wenn ich einer Person Alles erzählen würde. Das wäre halt irgendwie so die Gefahr.
Aber für mich ist das Alles ja quasi "normal". Mir ist es auch irgendwie immer peinlich, wenn Menschen dann so eine große Sache daraus machen.
Außerdem hab ich morgen vormittag wieder einen Termin beim Psychiater, übernächste Woche, dann bei der Therapeutin ... -,-
Aber eigentlich würde ich mich lieber selbst vergessen, anstatt mich ständig mit mir selbst zu beschäftigen. Aber das ist wohl egal und interssiert auch keinen.
Anscheinend soll ich halt einfach funktionieren und das machen, was alles von mir erwarten. Therapie, Medikamente nehmen usw.
xerxes
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Re: Was ist das überhaupt?

Beitrag von xerxes »

Hallo Lil,

du sollst ja nicht deshalb eine Therapie machen, weil andere von dir erwarten, dass du funktionierst. Sondern weil es dir selbst damit besser geht.

Wer hat denn das größte Interesse daran, dass wir unsere Depris (oder was auch immer wir haben) loswerden? Doch wohl wir selbst! Dass wir dann hinterher besser funktionieren, ist ein für die Gesellschaft angenehmer Nebeneffekt, aber es ist doch nicht der eigentliche Grund, warum wir zu Therapien marschieren. Wir spüren den Leidensdruck, das ist es doch! Und der Start einer Therapie ist auch ein Statement, dass man keinen Bock mehr auf diese Leiden hat.

Ich glaube auch nicht, dass es dir langfristig gut tun würde, dich selbst zu vergessen. Zugegeben, Therapien bergen tatsächlich die Gefahr, dass man sich irgendwann nur noch mit sich selbst beschäftigt. Dem geht man am besten aus dem Weg, indem man - nach den eigenen Möglichkeiten - versucht, möglichst intensive Sozialkontakte aufrechtzuerhalten. Die sorgen in der Regel dafür, dass man die Bodenhaftung behält.

Und mach dir keine Sorgen, dass ein Therapeut oder eine Therapeutin es unangemessen finden könnte, wenn du so "eine große Sache" daraus machst - das ist ihr Job

Grüße,
Xerxes
Lil
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Re: Was ist das überhaupt?

Beitrag von Lil »

>> du sollst ja nicht deshalb eine Therapie machen, weil andere von dir erwarten, dass du funktionierst. Sondern weil es dir selbst damit besser geht.

Ja, vermutlich.

>>Wer hat denn das größte Interesse daran, dass wir unsere Depris (oder was auch immer wir haben) loswerden?

Natürlich oft hab ich dieses Interesse.
Aber manchmal will ich eher das es mir noch schlechter geht, ehrlich gesagt.

Deshalb weiß ich auch nicht so ganz wie ich das mit der Therapie auf die Reihe kriegen soll.
Naja.

Ich hoffe einfach mal, ich kann das unterdrücken währenddessen.

Aber zum Beispiel jetzt, hab ich einfach so die Medikamente abgesetzt, hab mich zwei Tage total betrunken...

Ja, sehr vernünftig und so. Ich kann es ja immer nur eine begrenzte Zeit "unterdrücken" und dann mache ich schon wieder die nächste Sache, wo ich mich dann mittlerweile im Nachhinein frage: Warum das jetzt schon wieder?




Lil.
Nico Niedermeier
Moderator
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Re: Was ist das überhaupt?

Beitrag von Nico Niedermeier »

Aber zum Beispiel jetzt, hab ich einfach so "die Medikamente abgesetzt, hab mich zwei Tage total betrunken...

Ja, sehr vernünftig und so. Ich kann es ja immer nur eine begrenzte Zeit "unterdrücken" und dann mache ich schon wieder die nächste Sache, wo ich mich dann mittlerweile im Nachhinein frage: Warum das jetzt schon wieder?"




Lil...ich hatte es Ihnen schon mal geschrieben...passt auch wieder ganz klassisch zu emotional instabiler Störung..und nicht zu einer "klassischen" Depression...wenn Sie sich damit eher befassen würden (und die Symptome auch Ihrer Therapeutin mitteilen würden) wäre auch das "warum" irgendwann versändlicher:-)
Beste Grüße
N. Niedermeier
Winterkind
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Registriert: 14. Sep 2010, 10:43

Re: Was ist das überhaupt?

Beitrag von Winterkind »

Liebe Lil,

ich kenne solche Symptome - leider - auch verdammt gut. Es muss nicht zwingend zutreffen, aber für mich klingt es nach einer Mischung aus Depression und emotionaler Instabilität, für letzteres spricht:

- sich selbst Schaden zuzufügen oder "es darauf ankommen zu lassen"
- ein (überdauerndes) extrem hohes Anspannungsniveau
- der Aspekt der Beruhigung, wenn du vor deinem inneren Auge
>>"aufgeschnitten irgendwie so daliegst".
Ich bin kein Profi, aber ich denke, ein rein Depressiver hat in einer suizidialen Krise "nur" das Bild von Ruhe im Kopf, nicht die bildliche Zerstörung seiner selbst.
- starke Stimmungsschwankungen mit inkonsistentem, zu Zeiten impulsgeleitetem Verhalten (ggf. auch infolge von Dissoziation: Depersonalisation, Derealisation) -
>>"was ich in dem Zustand so mache und in anderen Zeiten kann ich das dann gar nicht mehr nachvollziehen"

>>"Und kriegt man das irgendwie hin, dass man diese extremen "Abstürze" nicht mehr hat?"
Ja, man kann es schaffen. Es braucht Zeit. Und Verständnis. Für sich selbst. Hoffnung. Durchhaltevermögen. Empathie. Therapie
Wichtig ist, dass man lernt, rechtzeitig zu realisieren, wenn es gerade steil abwärts geht (oft ist das Zeitfenster klein, man stürzt schneller ab als rein Depressive), und dann rechtzeitig gegenzusteuern.

>>"Aber letztendlich will ich glaube ich lieber meine "Depressions-Diagnose" behalten..."
- danke Lil, das hast du sehr schön formuliert, du sprichst mir aus dem Herzen. Das darfst du auch. Vermutlich lautet die Leitdiagnose auch Depression. Jeder Arzt würde mir jetzt widersprechen und vermutlich die Hände über dem Kopf zusammenschlagen (als Patient darf ich ja uneinsichtig sein ), aber für mich persönlich ist die Leitdiagnose jene, unter der ich den größten Leidensdruck verspüre. Das ist definitiv die Depression. Emotional instabile Anteile habe ich schon auch, aber eben nur einige und nur manchmal. Die Depression jedoch ist überdauernd, sie bestimmt meinen Alltag. Trotzdem kann ich die emotionale Instabilität nicht einfach ausblenden, verdrängen... sie kann mich in gefährliche Situationen bringen.

Jahrelang habe ich mich an den Wörtern "emotional-instabile Persönlichkeitsstörung", "Borderline-Persönlichkeitsstörung", "manipulatives Verhalten" usw. gestoßen, die allesamt eine negative Konnotation haben. Die klinische Beschreibung hört sich ziemlich gestört an . Mittlerweile sehe ich das anders. Als "persönlichkeitsgestört" würde ich mich nicht bezeichnen, aber als beeinträchtigt in manchen Situationen. Und bewusst "manipulativ" bin ich auch nicht. Nur unglaublich verzweifelt, hilflos, haltlos, wenn ich in einer emotionalen Krise bin. Dann kann es vorkommen, dass ich im Extremfall "Risikoverhalten" oder "Impulsdurchbrüche" zeige, um Anspannung abzubauen und ja, vermutlich unbewusst auch um meinem Umfeld zu signalisieren, wie verzweifelt ich bin, weil ich mir Hilfe erhoffe. Ich spiele damit nicht, ich bin dann vielmehr Spielball meiner Emotionen. In der neueren Nomenklatur wird das Krankheitsbild als "komplexe posttraumatische Belastungsstörung" bezeichnet, das kann ich viel besser unterschreiben.

Emotionale Instabilität ist kein Makel. Sie ist keine Schande. Oft ist sie die Reaktion auf ein tiefgreifendes, extremes Lebensereignis. Falls dies auf dich zutreffen sollte, ist es ein sehr wichtiger Aspekt in Hinblick auf deine Therapie. Wenn es dir irgendwie möglich ist, solltest du es ansprechen.

Alles Gute und liebe Grüße
Winterkind
______________________________________________________________________________

- Was ich bin, wäre unerträglich, könnte ich mich nicht erinnern, was ich war. - (Fernando Pessoa)
Lil
Beiträge: 85
Registriert: 23. Aug 2011, 01:20

Re: Was ist das überhaupt?

Beitrag von Lil »

Hi!

Ja, ich werds vielleicht mal der Therapeutin erzählen. Mal sehen.

Lil
xerxes
Beiträge: 45
Registriert: 17. Sep 2012, 18:49

Re: Was ist das überhaupt?

Beitrag von xerxes »

Hallo Lil,

deinen Gedankengang, die Depression manchmal gar nicht mehr loswerden zu wollen, kann ich nachvollziehen, auch wenn es mir selbst anders geht. Aber es ist eigentlich nur logisch, wenn man autodestruktive Tendenzen hat - die Depris behalten zu wollen ist dann praktisch die Fortsetzung des autodestruktiven Verhaltens.

Und es macht die Therapie sehr kompliziert, stelle ich mir vor.

Ich wünsche dir, dass du diese Gedanken lange genug unterdrücken kannst, um sie in der Therapie mitteilen zu können. Du bist bestimmt nicht die Einzige, der es so geht, da muss es bewährte Umgehensweisen geben. Gerade das mit dem Medi-Absetzen ist meiner Erfahrung nach ja ein recht häufiges Phänomen, denn wenn man mitten in einer Depri-Phase ist, dann ist es einem halt einfach piepegal, oder man will sich damit sogar aktiv selbst schaden. Das sollte man in der Therapie unbedingt thematisieren und gemeinsam mit der Therapeutin eine Lösung zu finden versuchen, die einen zumindest über die nächste Zeit bringt, bis die Therapie idealerweise anschlägt.

Grüße,
Xerxes
Lil
Beiträge: 85
Registriert: 23. Aug 2011, 01:20

Re: Was ist das überhaupt?

Beitrag von Lil »

Hallo!

>Das sollte man in der Therapie unbedingt thematisieren und gemeinsam mit der Therapeutin eine Lösung zu finden versuchen,

Ja, naja. Ich hab jetzt im Moment eher grundsätzlich das Problem da überhaupt irgendwas zu thematisieren, weil ich wenn ich da bin, irgendwie das Gefühl habe, dass es mir gut geht und ich quasi "lügen" würde, wenn ich jetzt alles so erählen würde. Dann fühle ich mich plötzlich so, als ob ich das Alles nur sein lassen müsste und mir ausreden müsste, dass es mir schlecht geht und alles wäre perfekt und eigentlich habe ich gar keine Probleme......
Und selbst wenn es mir am Tag vorher wirklich extrem schlecht ging, hab ich das Gefühl, dass das irgendwie überhaupt nicht so war, dass mir das gar nicht so passiert ist, weil dazu irgendwie überhaupt keinen Bezug mehr dazu habe, wenn ich da in der Therapiestunde sitze. Außerdem kann ich mich dann nicht mehr richtig daran erinnern, wie das war, weshalb ich das ja dann irgendwie nicht erzählen kann. Ich kann das dann auch selbst nicht mehr so ganz verstehen, warum ich manche Dinge gemacht habe, mich so verhalte usw..
Außerdem bin ich manchmal da so krass angespannt, echt übel.
xerxes
Beiträge: 45
Registriert: 17. Sep 2012, 18:49

Re: Was ist das überhaupt?

Beitrag von xerxes »

Hallo Lil,

geht mir auch manchmal so, dass es mir in oder kurz vor der Therapie plötzlich total gut zu gehen scheint (oder auch tatsächlich gut geht), und ich hatte auch immer ein latent schlechtes Gewissen dabei - was mache ich hier, warum nehme ich einem wirklich Kranken den Therapieplatz weg etc.

Aber dann passieren mir wieder Sachen, wie sie auch hier im Forum gepostet werden, auch von dir, und ich denke: Irgendwie hängt das doch alles zusammen, und wenn es mir in der Sitzung gut geht, darf ich das schon auch erzählen, kann ja sein, es ist schon ein Erfolg der Therapie, kann auch sein, es ist eine böse Verdrängung meiner wahren Befindlichkeit ... wie auch immer, ich habe die besten Erfahrungen damit gemacht, meiner Therapeutin möglichst ungefiltert zu erzählen, wie es mir geht und zwischenzeitlich ging, und sie kann das i.d.R. gut einordnen. Klappt nicht immer, weil ich u.U. dann doch von spontanen Stimmungsschwankungen hingerissen werde, aber so im Groben.

Ich denk an dich und hoffe, dass du einen modus vivendi findest. Und ich auch.

Grüße,
Xerxes
Rujo
Beiträge: 29
Registriert: 29. Okt 2012, 18:40

Re: Was ist das überhaupt?

Beitrag von Rujo »

Hallo Lil,

ich weiß auch nicht(wenn es mir nicht gut geht und ich sehr destruktive Gedanken habe), wem ich was sagen kann. Auch hier ist das schwer. Ich will niemanden triggern oder selbst getriggert werden.

Also wohin mit dem Mist? Meine VT ist "abgelaufen", bei meinem Psychiater habe ich Angst, er behält mich in der Klinik, wenn ich ehrlich bin. Gleiches gilt für sonstige Anlaufstellen.

Und - das ist jetzt eine auch eine Frage an die Moderatoren - was tun, wenn man nicht platzen will, keine Chilischote hilft und auch kein Dauerlauf bis zum Erbrechen?

Keine Sorge: ich habe mich im Griff, aber das ist ein Thema, das mich schon oft beschäftigt hat. (Gerade merke ich wie wütend mich das macht)

Vielleicht ist der Therapeut doch die richtige Stelle!?

LG Kardamohn

PS Nein, ich bin ich kein Borderliner und eigentlich sollte einem das Etikett auch wurscht sein (wenn die Diskriminierung nicht wäre)
Lil
Beiträge: 85
Registriert: 23. Aug 2011, 01:20

Re: Was ist das überhaupt?

Beitrag von Lil »

Hallo!

Ich hab gerade das Gefühl, dass ich mein Leben irgendwie insgesamt kaputt mache, aus verschiedenen Gründen.
Weil mir vieles einfach so egal ist.
Aber zwischendurch krieg ich dann immer so leichte "Panik" und denke mir, dass das so auf keinen Fall weiter gehen kann. Aber dann geht es trotzdem so weiter.
Also eigentlich bräuchte ich jemand der ständig neben mir steht und sagt: "Nein, mach das jetzt nicht." - "Mach das!".
Ich hab das Gefühl, sonst mache ich alles kaputt.
In eine Klinik will ich aber auch nicht.

Ich mein, klar, ich bin für mich selbst verantwortlich und so. Ich müsste das selbst wissen und können.
Ich hoffe, ich kriege das hin bevor ich zuviel kaputt gemacht habe und es dann doch irgendwann vielleicht wirklich bereue.

Sorry, kann gerade nicht so auf die anderen Beiträge eingehen, weil es mir insgesamt gerade nicht so gut geht und ich gestern etwas nicht so tolles erlebt habe:
Ich war gestern total betrunken, so dass ich nichts mehr sehen konnte. Also ich hab die ganze Zeit nur noch extrem verschwommen gesehen und hatte echt Schwierigkeiten nach Hause zu finden. Und ich bin durch die Stadt nach Hause, allein, nachts. Und auf einmal war da so ein Mann, der mich gefragt hat, ob ich mit ihm nach Hause komme. Ich habe gesagt, nein. Er hat mich dann aber einfach festgehalten und sogar geküsst ich fand das einfach nur so ekelhaft, weil der Typ so ekelhaft war Er wollte mich nicht gehen lassen. Irgendwie habe ich es dann aber geschafft mich loszureißen und konnte den irgendwie abhängen.
In dem Moment kam mir das gar nicht so krass vor. Ich mein eigentlich ist es ja nicht so schlimm. Es ist ja nichts passiert. Aber trotzdem, ich weiß nicht. Halt irgendwie so, dass ich mich in diese Situation gebracht habe. Das war ja im Grunde total unvernüftig so betrunken durch die Stadt nach Hause zu laufen. Aber es fuhr halt keine Bahn mehr :-s.
Ich weiß auch echt nicht, wie ich es geschafft habe, nach Hause zu finden.


Lil
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