Wollen wir (wieder) an die Sonne, oder wollen wir im Schatten bleiben?

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RoosaR
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Wollen wir (wieder) an die Sonne, oder wollen wir im Schatten bleiben?

Beitrag von RoosaR »

Ich danke Dir für Deinen Beitrag,I-AAH. Nun hast Du mich ermutigt es noch einmal zu versuchen...

Ich lese hier seit fast einem Jahr immer wieder mal rein, habe mitgefühlt, wurde zum Nachdenken angeregt und konnte über den Humor einiger Schreiber herzhaft lachen...auch die Tipps, welche hier untereinander ausgetauscht werden, empfand ich oft als wertvoll und hilfreich...

Nun wollte auch ich meine Gedanken und Erfahrungen in dieses Forum tragen...und das besondere 1. Mal ging gleich in die Hose

Im Prinzip geht es mir darum:
Ich war fast 2 Jahre an Depressionen erkrankt, habe alle Symtome dieser Krankheit durchlebt: war völlig ohne Energie, war emotionslos, war hoffnungslos...

Bis ich eines Tages beschlossen habe, dass ich so nicht mehr weiterleben kann und möchte. Also musste ich mein Leben ändern und somit zuerst meine Einstellung zum Leben...

Ich begann wieder meine sozialen Kontakte aufzunehmen, habe Verantwortung für mich und andere übernommen,habe wieder begonnen in meinem Beruf zu arbeiten...bin einfach losgegangen, hatte erste Erfolge, bin hingefallen, wieder aufgestanden und wenn nötig von vorn angefangen...

Heute würde ich mich als stabil bezeichnen- ich kann wieder meinen Tagesablauf gestalten, gehe arbeiten, treffe Freunde und Bekannte und das Wichtigste: Ich kann wieder Freude und Glück empfinden...

Noch nicht an jedem Tag, aber immer häufiger

Ich suche hier Gleichgesinnte- also Menschen mit Erfahrungen der Krankheit Depression, die aber schon so weit fortgeschritten sind, dass sie schon den Weg in Richtung Sonne/ Licht gehen können... Mit denen ich Erfahrungen auf diesem Weg austauschen kann, wo wir uns beim Stolpern wieder gegenseitig aufrichten können...

Wer mag mit mir diesen Weg in Richtung Licht gehen?
Sieglinde1964
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Re: Wollen wir (wieder) an die Sonne, oder wollen wir im Schatten bleiben?

Beitrag von Sieglinde1964 »

Wer möchte schon gerne im Schatten bleiben. Ich möchte auch gerne wieder an die Sonne. Aber der Schatten ist immer noch da. Ich bezeichne mich auch als doch wieder recht stabil. Aber dann kommen die Schatten wieder. Ich habe im vorigen Jahr einen 400,-€-Job angenommen, den ich nach 5 1/2 Monaten wieder durch Lügen seitens der Verkaufleiterin verloren habe. Man hat mich echt verar...t. Das hat mich wieder zurückgeworfen. Ich bin immer noch auf der Suche nach einem passenden Job, da ich mich für stabil genug halte einen anzunehmen. Ich bin froh, dass ich meinen Haushalt auch wieder auf die Reihe bekomme und meinen Alltag bewältigen kann, ohne dass ich mich ins Bett legen muss, weil mich das Ganze überfordert. Ich habe eine echte Hilfe an meinen Kindern und meinem Mann, dass ich mir auch mal Zeit für mich nehmen kann/darf.
RoosaR
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Re: Wollen wir (wieder) an die Sonne, oder wollen wir im Schatten bleiben?

Beitrag von RoosaR »

Danke für Deinen ersten Beitrag

Meine Therapeutin sagte vor einiger Zeit zu mir: " Sie sitzen in einem Segelboot. Sie haben nun Ihren Platz eingenommen. Auch Stürme von außen dürfen Sie nicht erschüttern und von Ihrem Platz wehen..."

Das "Außen" ist für Dich die Enttäuschung über Deine ehemalige Vorgesetzte... Ich sehe es als menschliche Schwäche, die von dieser Frau ausgeht,weil sie scheinbar weder Einfühlungsvermögen, noch Führungsqualitäten vorzuweisen hat.

Aber solche Menschen werden wir immer wieder auf unserem Weg treffen...oft wissen diese Menschen gar nicht, was sie durch ihr Verhalten in anderen anrichten..

Entscheidend ist doch aber letztendlich, wie wir auf solche Situationen reagieren- lassen wir uns aus dem Boot werfen, oder halten wir unseren Platz fest...und freuen uns darüber, dass wir dieses "Machtspiel" durchschauen können, aber nicht mehr mitspielen wollen
kiwilana
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Re: Wollen wir (wieder) an die Sonne, oder wollen wir im Schatten bleiben?

Beitrag von kiwilana »

schöne idee ich wollte heute eigentlich einen thread zu einem gefühls-thema bei mir machen, das mich traurig macht. aber etwas in mir weigert sich seit ein paar monaten oft, gesonderte threads zu machen...

denn eigentlich geht es mir ja (viel) besser als am anfang, als ich hier einstieg. und irgendwie will ich gar nicht mehr, dass trauriges/ernstes bei mir soviel raum bekommt. deshalb danke für diesen thread er klingt nach einer schönen mischung. je nach bedarf gutes und ernstes. hach ja, lange einleitung, dann versuch ich´s mal:

ins rollen kam mein stein, nachdem ich mich von meinem ex-freund trennte - danke nochmal an alle, die mir hier derzeit halfen und halt gaben danach beantragte und machte ich eine medizinische reha. denn ohne schaffte ich nicht, was ich danach schaffte: auch auszuziehen aus der wohnung mit dem ex-freund und hund.

arbeitsfähig bin ich noch nicht. das wurde in 3 monaten beruflicher reha klar, die ich gerade machte. mehrere diagnosen, langsam(er) üben... nun zum aktuellen: in der reha lernte ich meinen neuen freund kennen *herz*

einige wissen, wie schmerzlich und entbehrlich meine letzte beziehung war. und dass ich mich in ihr jahrelang wie ein single fühlte. deshalb bin ich nun so dankbar doch (m)ein stolperstein auf (m)einem weg ins licht...

mit den ersten gefühlen kam ich zurecht. die angst verletzt zu werden wich langsam einem gefühl von wärme. ich spürte zuneigung und wärme - dank ihm und für ihn. sozusagen die ersten zarten gefühle einer beziehung.
das war mehr, als ich je gedacht hätte, nochmal erleben zu dürfen. ich dachte, mich würde nie wieder jemand "toll finden". doch jetzt... haben sich meine gefühle weiterentwickelt. und das macht mir wahnsinnige angst.

wenn ich sowas wie "Liebe" zulasse, bin ich verloren. dann verliere ich mich im anderen. dann war das ganze autonomie-üben für den arsch. so denke ich wohl. "zu recht!", denke ich. denn so war es bisher immer.

über Liebe philosophieren möchte ich nicht. ich meine einfach dieses starke gefühl der zuneigung, bei dem mir 3 worte in den kopf kommen. allerdings noch nicht im alltag. da bin ich noch zu angespannt. nur in der stille und sehr nahe. wie soll ich sagen... im schlafzimmer halt. und das ergebnis ist: ich finde ihn immer toller, will ihn länger und öfter sehen, vermisse ihn öfter und stärker und bin empfindlicher/verletzlicher. na super! kacke!

ich komme mir vor wie ein kind. die erwachsene ist auch wieder da. aber das anhängliche/einsame kind auch.

ich laufe insgesamt gerade gut ins licht, finde ich. bis auf das. mal gucken, wie´s morgen ist. gute nacht
timmie2002
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Re: Wollen wir (wieder) an die Sonne, oder wollen wir im Schatten bleiben?

Beitrag von timmie2002 »

hallo kiwilana. ich bin auch neu hier und deshalb interessierte mich dein beitrag. ich denke, dass jeder zurück in die sonne will, denn keine will depressiv sein. das kennen wir ja wohl. ich habe im umgang mit vielen mitpatienten die erfahrung gemacht, dass der weg in die sonne, für jeden anders ist. wenn ich deinen beitrag ehrlich kritisieren darf,(wenn nicht, überspringe die nächsten zeilen)finde ich ihn etwas diskriminierend denjenigen gegenüber, die sich noch mehr im schatten befinden. bitte nicht übel nehmen!!!
aber dein beitrag hört sich für mich so an, als ob du nur mit personen kommunizieren möchtest, die die krankheit zum großen teil überwunden haben und recht stabil sind. vllt. ist das ja nur mein eindruck, aber wenn es so ist, finde ich das irgendwie nicht fair. das forum- so habe ich es verstanden- soll u.a. dazu dienen, dass sich betroffene solidarisch stützen und helfen können. diese grundidee war mein grund, mich anzumelden. ich denke, dazu gehört auch die bereitschaft, sich als stabiler betroffener nicht so stabilen zuzuwenden. ich weiß noch, wie sehr mir die gespräche mit mitpatienten in der klinik geholfen haben. meine meinung seitdem: mitpatienten sind die besten therapeuten. deshalb finde ich dieses forum gut, weil sich betroofene austauschen können und da sollte es keine ausgrenzung geben.
wenn ich zu heftig bin, entschuldige ich mich schon jetzt dafür.
ansonsten glaube ich aber, auch von deinen erfahrungen profitieren zu können.
timmie2002
Beiträge: 1706
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Re: Wollen wir (wieder) an die Sonne, oder wollen wir im Schatten bleiben?

Beitrag von timmie2002 »

sorry, der betrag richtet sich an roosa
RoosaR
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Registriert: 28. Sep 2012, 21:21

Re: Wollen wir (wieder) an die Sonne, oder wollen wir im Schatten bleiben?

Beitrag von RoosaR »

Hallo finalfreak

Ich finde es nicht einfach auf Deinen Beitrag zu antworten, aber ich versuche mal meine Sichtweise aufzuzeigen:

Du schreibst es ja bereits selbst: Die Entwicklungsstufen innerhalb der Depression sind sehr unterschiedlich. So ist der Eine vielleicht gerade erst in der Anfangsphase und ein anderer in der Phase, wo er sich schon aus der Depression heraus bewegen kann.

Ich selbst empfinde diese Krankheit als eine Art Labyrinth- man fühlt sich wie in einem Irrgarten, wo man den Weg heraus sucht, aber zuerst viele, viele Anläufe benötigt, um den Weg heraus zu finden...

Schön formuliert finde ich Deinen Satz, dass die Mitpatienten die besten Therapeuten sind. Denn diese Erfahrung habe ich auch gemacht. So viele Informationen über diese Krankheit und wie man mit ihr am besten umgehen kann, habe ich in keinem Ratgeber finden können... Selbst erlebt ist immer noch wertvoller, als jede theoretische Hilfestellung

Gerade deshalb habe ich mich nun, wo ich das Schlimmste hinter mir habe,dazu entschlossen hier im Forum "Gleichgesinnte" zu finden. Ich möchte sehr gern meine Erfahrungen austauschen, benötige aber für meinen Weg auch die Erfahrungen der anderen Betroffenen.

Meine persönliche Erfahrung ist: In den unterschiedlichen Phasen kann es auch zu Missverständnissen kommen- Menschen, welche noch in der akuten Phase sind, können die "Fortgeschrittenen" nicht verstehen. Auch laufen die "Fortgeschrittenen" Gefahr, wieder erneut runtergezogen zu werden.

Dies ist kein Vorwurf, sondern meine Erfahrung! Genau deshalb habe ich in meinem Thema nach Menschen gesucht, die auch schon auf dem Weg der Genesung von dieser Krankheit sind...

Selbstverständlich dürfen hier ALLE Betroffenen oder deren Angehörige schreiben- Ich freue mich, wenn ich helfen kann, oder Hilfe bekomme.

Meinen Titel habe ich übrigens bewusst gewählt- Wir wollen alle wieder an die Sonne... Doch noch ist der Weg das Ziel... und über diesen Weg möchte ich mich so gern austauschen...
timmie2002
Beiträge: 1706
Registriert: 2. Nov 2012, 13:32

Re: Wollen wir (wieder) an die Sonne, oder wollen wir im Schatten bleiben?

Beitrag von timmie2002 »

hallo roosa.
erstmal danke, dass du meine kritik nicht übel nimmst. deine erklärung akzeptiere ich, zumal du ergänzt, dass alle betroffenen sich äußern könnnen.
was du über die unterschiedlichen entwicklungsphasen depressiver schreibst, entspricht auch meinen erfahrungen, besonders intensiv in der tagesklinik gemacht. im gruppengespräch fiel es mir immer besonders schwer mit den "jammerern" und absoluten "negativisten" umzugehen. aber gerade diese benötigten erstmal die hilfe der gruppe, um einen anfang zur änderung ihres blickwinkels zu finden. in dieser phase ist ein ganz beswonders sensibler umgang mit den mitpatienten nötig. meine erfahrung ist auch, dass man sie ruhig auf ihre fehlerhafte sichtweise ansprechen soll. sie nehmen es in dem moment nicht an, aber irgendwann kam bei jedem der klick, dass jammern nicht hilft. die meisten meiner mitpatienten waren im nachhinein auch immer froh, dass man sie mit ihren defiziten konfrontiert hat. es ist eben ein prozess. sowieso, musste man in den gruppengesprächen oft viel ertragen, was einen patienten- auch mich- runtergerissen hat. auf der anderen seite waren diese gespräche in ihrer positiven wirkung am intensivsten.
für deinen thread wünsche ich dir und mir viele positive beiträge, am besten solche, die sagen: komm, wir nehmen auch dich mit auf unserem weg in die sonne.
RoosaR
Beiträge: 23
Registriert: 28. Sep 2012, 21:21

Re: Wollen wir (wieder) an die Sonne, oder wollen wir im Schatten bleiben?

Beitrag von RoosaR »

Du hast Glück- ich lese gerade das Buch von Will Bowen: "Einwand frei". Der Inhalt: Man darf 21 Tage am Stück nicht jammern, klagen,kritisieren,tratschen...



Es tut mir so gut und hat mir aufgezeigt, dass ICH in meiner Depression zu einem "Jammerlappen" geworden bin *seufz

Will Bowen hat mir (wieder) bestätigt, dass der Weg des positiven Denkens Berge versetzen kann Immer, wenn Zweifel, Klagen in mir hochkommen wollen, dann kann ich sie nun mit einem Lächeln wegwischen und meine Gedanken ins Positive steuern... Ein sehr gutes Gefühl

Warum sollte ich Dir Deine Gedanken übel nehmen? Wir sind doch gerade deshalb hier- zum Gedankenaustausch, oder?
BD
Beiträge: 1136
Registriert: 24. Feb 2007, 10:55

Re: Wollen wir (wieder) an die Sonne, oder wollen wir im Schatten bleiben?

Beitrag von BD »

Hallo Roosa,

was mir bei deinem Beitrag sofort aufgefallen ist, waren die Worte >
> Bis ich eines Tages beschlossen habe, dass ich so nicht mehr weiterleben kann und möchte. Also musste ich mein Leben ändern und somit zuerst meine Einstellung zum Leben...
>
Ich habe schon zweimal eine längere Depression gehabt und stecke jetzt wieder in einer Phase. Die letzten beiden Male kam immer irgendwann der Punkt, wo der Umkehrschwung einsetzte und es besser wurde. Aber leider kann ich nicht genau sagen, was das bewirkt hat. ich würde interessieren wie Du an diesen Punkt gekommen bist. Es hört sich so einfach an, zu sagen, ich will so nicht mehr weiterleben, also muss ich mein Leben ändern und wieder Schritte gehen.
Ich will nicht wieder jahrelang unter Depressionen leiden und möchte gerne jetzt schon Schritte in die Sonne machen.
Wie sah das bei Dir am Anfang aus, z.B. wenn Angst Dich gelähmt hat (falls das so war), ich habe oft und viel Angst, vor allem da nicht rauszukommen.
Im Grunde interessiert mich also vor allem, was Dir bei dem Umschwung geholfen hat. Reicht es wirklich den Entschluss zu fassen, ich will so nicht mehr leben?

Ich hoffe, die Frage ist o.k., weil Du ja wohl eher Austausch über fortgeschrittene Stufen suchst.

Liebe Grüße
Waldsee
kiwilana
Beiträge: 1622
Registriert: 14. Nov 2010, 14:10

Re: Wollen wir (wieder) an die Sonne, oder wollen wir im Schatten bleiben?

Beitrag von kiwilana »

edit: oh, meine antwort ist wohl etwas veraltet. ich schrieb sie im hintergrund, ihr wart schneller ...

wortwahl und inhalt von texten können bewegen. es hat oft viel mit uns selbst zu tun. wie etwas berührt, ggf. wunde punkte trifft. gesund (gesünder) und frei werden: "ich darf"... (dazu gab es einen thread, der mir sehr half). ich darf meine gefühle, meinung, sicht ausdrücken (Finalfreak). ich darf mir wünschen mich mit ähnlich erlebenden auszutauschen, auch wenn dies nicht alle anspricht (Roosa). und auch ich kann nicht mehr wie am anfang hier lesen und schreiben (überall). wir dürfen... jeder muss, nein darf gucken, was geht, kann, will.
Eliana
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Registriert: 13. Jul 2012, 21:17

Re: Wollen wir (wieder) an die Sonne, oder wollen wir im Schatten bleiben?

Beitrag von Eliana »

kiwilana schrieb
>gesund (gesünder) und frei werden: "ich darf"... (dazu gab es einen thread, der mir sehr half). ich darf meine gefühle, meinung, sicht ausdrücken (Finalfreak). ich darf mir wünschen mich mit ähnlich erlebenden auszutauschen, auch wenn dies nicht alle anspricht (Roosa). [....] wir dürfen... jeder muss, nein darf gucken, was geht, kann, will.

Deine Worte berühren mich gerade. Es fällt mir schwer jetzt in Worte zu fassen, was gerade genau sie auslösen. Aber vielleicht das was meine Therapeutin mir auch vermitteln wollte aber noch nie so ausgedrückt hat, dass ich Dinge machen darf, wenn ich das Gefühl habe, dass es mir damit besser geht. Und nicht immer daran denke warum ich es nicht darf. Dann handel ich gegen mich und meine Bedürfnisse. Dankeschön!
RoosaR
Beiträge: 23
Registriert: 28. Sep 2012, 21:21

Re: Wollen wir (wieder) an die Sonne, oder wollen wir im Schatten bleiben?

Beitrag von RoosaR »

Hallo Waldsee

DU bist doch schon ein(e) Fortgeschrittene(r), denn Du suchst doch schon den Weg aus dem Irrgarten

Ich kann natürlich immer nur von meinen persönlichen Erfahrungen und Empfindungen berichten, und die waren:

Am Anfang war ich wie gelähmt. Ein tiefes dunkles Loch tat sich auf...und ich bin im freien Fall bis nach ganz unten gefallen... Ich war entsetzt, verzweifelt, habe mir selbst die Schuld dafür gegeben...fühlte mich wertlos, hässlich, habe mich geschämt...

Ich hatte gar keine Erfahrung mit dieser Krankheit und vertraute auf die Ärzte... Aber diese sind auch überfordert: Zu wenig Zeit, keine freien Therapieplätze...

Also gab es bei mir immer wieder nur eine Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit und ein neues Rezept für die Medikamente...

Dann kamen Gedanken auf, dass ich dieses Leid selbst durch Selbsttötung beenden könnte...
Ich sagte dies nach 7! Monaten auch meinem behandelnden Arzt: Entweder ich bekomme (endlich) ein Gespräch, oder ich kann/will nicht mehr...

Innerhalb 1 Woche habe ich einen Platz in der Tagesklinik bekommen... Ich hatte aber schon gar keine Tagesstruktur mehr...Also hatte ich Schwierigkeiten in der Tagesklinik überhaupt anzukommen...

Die Gespräche mit den anderen Patienten taten mir gut, waren wertvoller, als die Gespräche mit den Psychologen...

Dann wurde ich entlassen, obwohl ja ersichtlich war, dass ich noch lange nicht stabil bin... Ich fiel (natürlich) wieder in dieses Loch...

Und nun hatte ich die Wahl: Entweder weiter dieses ekelhafte Gefühl der Depression ertragen, oder gegen die Depression in den Kampf gehen...

DANN wachte ich eines Tages auf und hatte die Gedanken: Keiner KANN dir helfen, nur du selbst kannst deine Situation verändern...

Also habe ich beschlossen, dass ich diese Gefühle der Depression nicht mehr länger ertragen möchte...
Solch ein Entschluss hat eine magische Kraft

Ich habe wieder selbst die Verantwortung für meine Gefühle und für mein Leben übernommen... Die Ärzte hatten ja keine Zeit

Und dies scheint DAS Rezept zu sein- Nicht auf Hilfe von Außen hoffen, sondern wieder selbstbestimmt leben (lernen)...

Zuerst muss das Selbstwertgefühl wieder aufgebaut werden, dann bin ich in die Richtung gegangen, dass ich wieder Treffen mit Freunden und Bekannten verabreden konnte...

Schritt für Schritt... Nicht darüber nachdenken, was andere über einen denken- wichtig ist, was man selbst über sich denkt!!!

Also: ALLES beginnt mit einem Entschluss: Entweder ich akzeptiere die Situation, wie sie ist, oder ich unternehme etwas, damit die Situation besser wird... Und dieser Entschluss setzt Kräfte in Dir frei, die Dir auf Deinem Weg behilflich sind...
timmie2002
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Re: Wollen wir (wieder) an die Sonne, oder wollen wir im Schatten bleiben?

Beitrag von timmie2002 »

zustimmung in ganzer linie: die meisten von uns haben wahrscheinliche eher gelernt, was sie nicht dürfen. irgendwann haben wir dabei verlernt, auf unsere eigenen gefühle zu hören. es ist ein schwerer und langer weg, das wieder zu erlernen. das ist auch meine erfahrung.
timmie2002
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Re: Wollen wir (wieder) an die Sonne, oder wollen wir im Schatten bleiben?

Beitrag von timmie2002 »

hallo waldsee,

dass man selber eine entscheidung treffen muss, sehe ich genauso. auch ich fasste irgendwann den entschluss, gegen die depression zu kämpfen. ob man das alleine schaffen kann, für sich und die eigenen gefühle die verantwortung wieder voll zu übernehmen, dürfte von person zu person unterschiedlich sein. ich denke, von mir behaupten zu können, dass ich eine kämpferin bin, aber ehrlich, ohne hilfe hätte ich so manchen schritt nicht geschafft. neben der psychotherapeutischen betreuung hasbe ich mir hilfe beim gesundheitsamt gesucht. dort gibt es einen psychiatrischen dienst, der einem in allen möglichen dingen weiterhilft. ich habe von dort z.b. eine schuldenberatung vermittelt bekommen, weil ich jetzt weniger verdiene und einige finazielle belastungen tragen muss. ich kann meine beraterin auch zu jedem zeitpunkt anrufen, egal ob es darum geht, dass ich lebenspraktische hilfe brauche oder dass es mir gerade schlecht geht.
es ist ganz stark, wenn man in der lage ist, sich alleine aus der depression zu holen. aber jeder kann das nicht. dafür muss man sich auch nicht schämen. also ich vertrete eher die ansicht: suche dir hilfe, wenn du alleine nicht klarkommst. das schwierigste dabei ist, einen anfang zu machen und zu finden, wo man diese hilfe bekommt.
kiwilana
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Re: Wollen wir (wieder) an die Sonne, oder wollen wir im Schatten bleiben?

Beitrag von kiwilana »

ich drücke ein gefühl aus, meine es aber nicht böse und habe eine hoffentlich gute lösung gefunden... mein stolperstein mit der liebe und angst davor, belastet mich sehr. ich komme alleine nicht gut bzw. schmerzlich langsam voran. deshalb poste ich den beitrag doch als extra-thread. irgendwie tut es weh, das gefühl, nicht gesehen zu werden. aber dieses gefühl liegt in meiner verantwortung. manchmal ist das so im leben und andere themen sind gerade präsenter. da ich mir dringend austausch wünsche, mache ich das mal so. LG!
timmie2002
Beiträge: 1706
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Re: Wollen wir (wieder) an die Sonne, oder wollen wir im Schatten bleiben?

Beitrag von timmie2002 »

hallo kiwilana, du wirst nicht übersehen oder überlesen. na gut, ich benötigte schon deinen zweiten beitrag, um nochmal genauer hinzuschauen. ich hoffe, dass mir deies als neuling verziehen sei.
bei deinem problem helfen kann ich wohl nicht.deine innere zerrissenheit ist nachvollziehbar für mich. angst ist aber kein guter ratgeber. wenn der betreffende für dich wirklich ein partner sein könnte, mit dem du gemeinsam glück erleben kannst, dann solltest du es versuchen. der mensch ist dazu geschaffen, in partnerschaft zu leben - das sage ich als überzeugter single - und eine glückliche partnerschaft ist ein wunderbares elexier gegen depri.
ich könnte mir vorstellen, dass du dich mit ihm mal in einem gespräch über deine gefühle und ängste austauschst. allein wie er dabei reagiert, könnte dir vllt. schon aufschluss geben. wenn das gespräch gut läuft, müsstet ihr gemeinsam möglichkeiten finden, deinen ängsten zu begegnen, z. b. ninsichtlich deiner autonomie. auch in einer partnerschaft kann man autonom sein. sprich mit ihm ab, wo du deine freiheiten brauchst. dukannst darüber entscheiden, ob du mit einer partnerschaft in abhängigkeit gehst oder deine individualität bewahrst.
weiß nicht ob ich die richtigen worte gefunden habe. mein imperativ an dich: die chance einer liebe sollte man immer nutzen, denn nichts macht einen menschen glücklicher.
BD
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Registriert: 24. Feb 2007, 10:55

Re: Wollen wir (wieder) an die Sonne, oder wollen wir im Schatten bleiben?

Beitrag von BD »

Danke Roosa für Deine ausführliche Antwort und toll, wie Du das hinbekommen hast.

Aber noch eine Nachfrage: Was hast Du getan um Dein Selbstwertgfühl wieder aufzubauen?

Grüße
Waldsee
kiwilana
Beiträge: 1622
Registriert: 14. Nov 2010, 14:10

Re: Wollen wir (wieder) an die Sonne, oder wollen wir im Schatten bleiben?

Beitrag von kiwilana »

Danke Finalfreak, du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr du mir geholfen hast

ohne gedanken von anderen, worten, die nicht aus meinem hirn stammen, kam ich nicht weiter. wenn bei mir gefühls-angst-chaos ist, spüre ich manchmal nur beim lesen fremder worte, welche worte meine GEFÜHLE - hinter der angstmauer - ansprechen... mir nahe gehen, mich berühren. so bekam ich zugang zu mir. DANKE.

ich habe heute zum ersten mal seit 14 jahren einem partner gegenüber ausgedrückt: ich liebe dich. vorher lag ich auf dem bett und weinte, weil ich spürte, wie sehr die angst meine gefühle unterdrückt hat. sagen konnte ich "es" noch nicht, ich traute mich aber, es ihm zu schreiben. danach musste ich lächeln. da war keine angst.

auf dem bett vorher kam mir noch in den kopf: ich darf... lieben. da musste ich natürlich auch wieder weinen. es tut weh zu erkennen, was man sich verbietet bzw. was die krankheit einem versucht zu verbieten. aber ich weinte auch aus erlösung. nun, da erkannt, tat ich das, was ich fühlte.

Finalfreak, du hast liebe befreit, ist das nicht schön nochmal 1000 dank für deine antwort!

Eliana: setz dich nicht unter druck. lass es wirken und sacken. ich übe dieses "ich darf" z.b. immer wieder aufs neue. täglich. denn es ist immer wieder weg. alte automatismen sind stark. es braucht zeit sie umzuwandeln. früher sagte ich hier immer: schritt für schritt. heute auch noch

so, jetzt bin total alle und ko von den gefühlswallungen der letzten tage, ruhe mich schön aus und mache dann sozusagen im realen leben weiter. alles gute euch allen hier! kiwi
RoosaR
Beiträge: 23
Registriert: 28. Sep 2012, 21:21

Re: Wollen wir (wieder) an die Sonne, oder wollen wir im Schatten bleiben?

Beitrag von RoosaR »

Aber noch eine Nachfrage: Was hast Du getan um Dein Selbstwertgfühl wieder aufzubauen?

Ich bin ja noch dabei

Dies ist der Weg der kleinen Schritte... Ich lese zur Zeit sehr viele Bücher (habe endlich meine Konzentration wieder), mache mir Notizen- wichtige Leitsätze schreibe ich mir auf,lese diese immer wieder nach...

Auch heute habe ich,hier im Forum, einen schönen Satz gelesen- den merke ich mir für die nächste unangenehme Situation...

Durch die Depression habe ich mein gesamtes Selbstwertgefühl verloren! Ich habe nur noch in der "man- Form" gesprochen, war ständig unsicher, wollte um keinen Preis auffallen und am besten noch jedem gefallen...

Dies ist aber eine Situation, in welcher man sich selbst erniedrigt!

Ich taste mich also langsam ran, kann mit mir selbst wieder Geduld haben, lebe wieder bewusst (also funktioniere nicht nur), habe auch wieder Ansprüche (an mich und andere), versuche meinen Gefühlen zu folgen...

Hier mal ein Lieblingszitat von mir:

"Lass den Lärm
anderer Leute Meinungen
nicht deine eigene innere Stimme ertränken.
Und am wichtigsten:
Hab Mut, deinem Herzen
und deiner Intuition zu folgen.
Irgendwie wissen sie bereits, was du wirklich willst.
Alles andere ist sekundär."

-Steve Jobs-

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