Umgang mit Panik und Dissoziation

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FrauAhnungslos
Beiträge: 84
Registriert: 19. Dez 2011, 13:20

Umgang mit Panik und Dissoziation

Beitrag von FrauAhnungslos »

Hallo,

ich war bis Ende Juli wegen Depression und Panikstörung in eine Tagesklinik. Erst jetzt gelingt es mir wieder, hier etwas zu schreiben. Daher zunächst an diejenigen, denen ich womöglich vor 2 Monaten nicht geantwortet habe: Entschuldigung!

Ich habe zu Beginn des Jahres in meiner Therapie herausgefunden, dass es in meiner Kindheit traumatische Erfahrungen gegeben hat, an die ich mich nach und nach in Teilen erinnere.
Die Tagesklinik war für mich wegen meiner häufigen Panikattacken sehr anstrengend und belastend. Nun bin ich zur Zeit krankgeschrieben und werde in diesem Jahr auch nicht mehr arbeiten gehen können.

In den letzten Wochen habe ich vermehrt Phasen, in denen ich dissoziiere... oft verbunden mit Panikattacken, die ich aber in dem Ausmaß bisher nicht hatte. Am Wochenende war es ganz schlimm. Ich habe plötzlich starken Schwindel bekommen und dachte, ich falle in Ohnmacht. Dieser Zustand hielt über Stunden an. Ich habe mich übergeben und habe mich gefühlt, als sei ich nicht mehr "in dieser Welt".
Es fällt mir schwer, das zu beschreiben, weil mir alleine die Erinnerung an diesen Zustand große Angst macht. Dieses Gefühl, den Halt zu verlieren, die Kontrolle, auch über seinen eigenen Körper, empfinde ich als sehr belastend und ich neige dazu, mich völlig zuhause einzuigeln, um jegliche Überforderung zu vermeiden.

Meine Therapeutin hat mit mir eine Liste erarbeitet mit Dingen, die ich in diesen Momenten tun kann, um mich zurückzuholen in die reale Welt. Aber bisher ist es mir kein einziges mal gelungen, diese Liste erfolgreich abzuarbeiten. Die Panik ergreift so sehr Besitz von mir, dass ich mich dazu nicht in der Lage fühle.

Nach diesen Attacken bin ich körperlich ziemlich erledigt und mag eigentlich nur schlafen. Das wiederum fällt mir aber auch schwer, weil ich immer denke, ich müsse am Leben weiter teilhaben und würde etwas verpassen.

Das ist alles sehr widersprüchlich und klingt bestimmt doof.
Ich weiß im Moment nicht, wie ich damit umgehen soll, dass es mir schlechter geht. Kennt ihr das, dass ihr es einfach nicht akzeptieren könnt, dass nichts mehr geht außer Ruhe?

Liebe Grüße,
Christine
Salvatore
Beiträge: 3868
Registriert: 10. Feb 2010, 18:35
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Re: Umgang mit Panik und Dissoziation

Beitrag von Salvatore »

Hallo Christine,

willkommen zurück!
Beides kenne ich auch, aktuell sind bei mir die Unwirklichkeits- und Fremdheitsgefühle stärker, Panikattacken sind seltener geworden.

Ich habe in der Therapie auch Techniken gelernt, welche hast du denn ausprobiert, die nicht geholfen haben?
Bei mir war es z.B., sich auf etwas in der Umgebung zu konzentrieren und möglichst detailreich zu beschreiben oder laut ein Gedicht aus dem Gedächtnis aufsagen (das Hirn mit anderen Dingen auslasten).
Außerdem starke Reize, z.B. etwas Scharfes oder Saures essen, Ammoniakkapseln riechen etc.

Muss dazu sagen, dass ich selbst kein Trauma habe, aber ich denke in diesem Punkt sind die Techniken wohl nicht so unterschiedlich.

Lg, Salvatore
Blog: http://www.oddyssee.de
Instagram: Oddysee@meine_oddyssee
Gelbkatze
Beiträge: 86
Registriert: 10. Sep 2012, 15:25

Re: Umgang mit Panik und Dissoziation

Beitrag von Gelbkatze »

Hallo Christine,

>Kennt ihr das, dass ihr es einfach nicht akzeptieren könnt, dass nichts mehr geht außer Ruhe?

ja..am Anfang hatte ich auch große Probleme damit, dass ich nicht mehr so funktionierte. Ich wollte nur Ruhe, Ruhe, Ruhe. "Lasst mich doch alle in Ruhe."
Es ist schon wichtig, dass du begreifst das du krank bist und es einfach nicht geht. Es ist wie es ist.

Eine Mitpatientin aus meinem letzten stat. Aufenthalt hat bei solchen Attacken immer eine Multivitamintablette bei sich gehabt. Die hat sie halbiert und sich in den Mund gestopft. Glaub mir, damit biste dann erstmal beschäftigt (ist ganz scheußlich - aber nicht ausspucken!) und die Attacke rückt in den Hintergrund.

Es gibt ja ne Menge Angststörungen. Bin nicht sicher, ob du hier so wirklich weiterkommst, weil es hier ja ein reines Depressionsforum ist. Vielleicht ist ja auch parallel dieses Forum was für dich.
http://www.psychic.de/panikattacken-behandlung.php
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LG Gelbkatze



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Sommerland
Beiträge: 216
Registriert: 9. Aug 2012, 08:21

Re: Umgang mit Panik und Dissoziation

Beitrag von Sommerland »

Hallo Frau AhnungsLos,

das mit der Brausetablette. mach ich auch!

Und das Empfinden, neben mir zu stehen kenne ich auch und ich mache es mir inzwischen zu nutze!

Die Brausetablette - ich nehme Magnesium-Tabletten mit Zitronen-Geschmack - brauch ich kaum noch wegen der Attacken. Hab mich einfach dran gewöhnt. Lutsche tägl. eine.

Aber wichtig ist erst einmal zu wissen, dass es keinen echten Grund für Panik gibt.
Diesen ersten, gedanklichen Schritt musste ich zunächst verinnerlichen.
Dann mußte ich lernen, möglichst früh meine Warnzeichen zu erkennen. Die ersten Anzeichen innerer Unruhe spüre ich jetzt sofort. Meine Sensibilität für Stress hab ich geschult.
Je früher ich Anzeichen bemerkte, desto besser konnte ich vom Kopf her gegenlenken.
Dabei hilft es mir sogar, mich selbst zu beobachten - also aus "sich herauszutreten".

Das können Panikpatienten gut - sie müssen es nicht erst lernen. Und es kann helfen, kommende Panik rechtzeitig zu spüren und sich davon abzukoppeln.

Die Brausetablette hilft mir dann, im realen Erleben zu bleiben, einfach weil beim Lutschen dermaßen viel Speichel entsteht, dass man damit gut beschäftigt wird. Die Konzentration wird auf das Lutschen und Schlucken fokussiert.

Liebe Grüße

Bianca
Irgendwas is ja immer...
FrauAhnungslos
Beiträge: 84
Registriert: 19. Dez 2011, 13:20

Re: Umgang mit Panik und Dissoziation

Beitrag von FrauAhnungslos »

Hallo,

vielen Dank für eure Ratschläge und den Verweis auf das andere Forum.

Den Tip mit den Brausetabletten kannte ich noch nicht, aber das werde ich auf jeden Fall testen!

Auf meiner Liste für Paniksituation stehen ähnliche Dinge wie bei Salvatore... die Umgebung genau wahrnehmen, etwas aufsagen, auf die Atmung achten.
Außerdem habe ich so einen kleinen Ball, eigentlich eine Akupressur-Kugel, die sehr stachelig ist. Die drücke ich fest in der Hand, das hilft auch.

Diese Phasen sind im Moment körperlich für mich total anstrengend. Ich könnte rund um die Uhr nur schlafen.

Viele Grüße!!
Christine

FrauAhnungslos schrieb:
> Hallo,
>
> ich war bis Ende Juli wegen Depression und Panikstörung in eine Tagesklinik. Erst jetzt gelingt es mir wieder, hier etwas zu schreiben. Daher zunächst an diejenigen, denen ich womöglich vor 2 Monaten nicht geantwortet habe: Entschuldigung!
>
> Ich habe zu Beginn des Jahres in meiner Therapie herausgefunden, dass es in meiner Kindheit traumatische Erfahrungen gegeben hat, an die ich mich nach und nach in Teilen erinnere.
> Die Tagesklinik war für mich wegen meiner häufigen Panikattacken sehr anstrengend und belastend. Nun bin ich zur Zeit krankgeschrieben und werde in diesem Jahr auch nicht mehr arbeiten gehen können.
>
> In den letzten Wochen habe ich vermehrt Phasen, in denen ich dissoziiere... oft verbunden mit Panikattacken, die ich aber in dem Ausmaß bisher nicht hatte. Am Wochenende war es ganz schlimm. Ich habe plötzlich starken Schwindel bekommen und dachte, ich falle in Ohnmacht. Dieser Zustand hielt über Stunden an. Ich habe mich übergeben und habe mich gefühlt, als sei ich nicht mehr "in dieser Welt".
> Es fällt mir schwer, das zu beschreiben, weil mir alleine die Erinnerung an diesen Zustand große Angst macht. Dieses Gefühl, den Halt zu verlieren, die Kontrolle, auch über seinen eigenen Körper, empfinde ich als sehr belastend und ich neige dazu, mich völlig zuhause einzuigeln, um jegliche Überforderung zu vermeiden.
>
> Meine Therapeutin hat mit mir eine Liste erarbeitet mit Dingen, die ich in diesen Momenten tun kann, um mich zurückzuholen in die reale Welt. Aber bisher ist es mir kein einziges mal gelungen, diese Liste erfolgreich abzuarbeiten. Die Panik ergreift so sehr Besitz von mir, dass ich mich dazu nicht in der Lage fühle.
>
> Nach diesen Attacken bin ich körperlich ziemlich erledigt und mag eigentlich nur schlafen. Das wiederum fällt mir aber auch schwer, weil ich immer denke, ich müsse am Leben weiter teilhaben und würde etwas verpassen.
>
> Das ist alles sehr widersprüchlich und klingt bestimmt doof.
> Ich weiß im Moment nicht, wie ich damit umgehen soll, dass es mir schlechter geht. Kennt ihr das, dass ihr es einfach nicht akzeptieren könnt, dass nichts mehr geht außer Ruhe?
>
> Liebe Grüße,
> Christine
FrauRossi
Beiträge: 3166
Registriert: 2. Jul 2011, 11:23

Re: Umgang mit Panik und Dissoziation

Beitrag von FrauRossi »

Hallo,

mir ist es auch schon so ergangen. Aber ich lag bewegungslos da, hätte also garnichts holen können, oder irgendwas scharfes oder saures essen.

Ich konnte auch nicht aufstehen, ich konnt mich auch visuell auf nichts konzentrieren weil die wirklichkeit vor meinen Augen verschwand.

Gottseidank lief bei mir beid diesem schlimmen Anfall der Fernseher und in diesem eine Rateshow.

Ich habe versucht mich auf die Stimme im TV zu konzentrieren und mitzuraten. Gleichzeitig habe ich mit dem Arm immerwieder versucht auf den Tisch zu schlagen. Was anfänglich nicht ging, da ich mich nicht bewegen konnte. Hinterher schon. Und als ich eine Frage aus dem Quiz beantworten konnte, war der Bann gebrochen.

Ich fühlte mich danach auch müde und erschöpft. Habe mir den Schlaf und die Erholung dann aber gegönnt.

Schwieriger war es bei den Panikanfällen, wenn ich sie auf der Arbeit hatte, dann habe ich mich versteckt und gewartet bis es besser wurde. Danach habe ich dann versucht möglichst viel Smaltalk mit Kollegen zu machen um mich zu "erden"

LG FrauRossi
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