Wegbrechende Kontakte/Alleinsein

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Ghislaine
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Wegbrechende Kontakte/Alleinsein

Beitrag von Ghislaine »

Hallo,

ich fühle mich im Moment so verdammt einsam. Mein Freundeskreis ist in den letzten Jahren ziemlich geschrumpft, was teilweise auch an mir liegt, weil ich depri-bedingt viele Kontakte habe schleifen lassen. Teilweise ist es aber auch so, dass sich Freunde von mir abgewandt haben und ich nie erfahren habe, warum. Zurück blieb stets das nagende Gefühl unzulänglich, uninteressant und langweilig zu sein.

Hinzu kommt, dass ich nun auch schon längere Zeit Single bin und immer mehr anfange darunter zu leiden. Ich habe den Eindruck, immer weniger Kraft dafür zu haben, alles alleine machen zu müssen. Und das in dieser Welt, die nur aus Partnerschaften zu bestehen scheint. Ich sehe das Glück meiner Freunden/Bekannten und muss schmerzhaft erfahren, wie anders, wie unfähig, wie minderwertig ich bin.

Gerade weil ich als Single lebe, sind mir meine Kontakte zu Freunden sehr wichtig. Aber ich merke halt auch immer wieder, wie schwer es mir fällt, diese Kontakte aufrecht zu erhalten, zu pflegen. Ich habe so oft den Eindruck, dass die Initiative für ein Treffen, eine Unternehmung von mir ausgehen muss, dass umgekehrt wenig zurückkommt. Und so oft fehlt mir eben die Kraft dazu, aktiv und initiierend zu sein. Und bei den wenigen Freunden, die ich noch habe, befürchte ich, dass ich sie sich vielleicht auch irgendwann mal abwenden, weil ich zu depri, zu langweilig oder sonst was bin. Ein Großteil meiner Freunde lebt zudem in Partnerschaften und hat Familie, was es für mich nicht leichter macht, da ich mir oftmals wie das fünfte Rad am Wagen vorkomme.

Ich spüre gerade so sehr meine Bedürftigkeit nach Zuwendung, Verständnis und sehe aber auch, dass da einfach niemand ist, mit dem ich das teilen könnte oder der für mich da wäre.
Das ist doch einfach kein Leben.

Kennt ihr dieses ozeanische Verlassenheits- und Alleinseinsgefühl? Wie geht ihr damit um?

Viele Grüße
Ghislaine
jonesy
Beiträge: 546
Registriert: 25. Feb 2011, 17:42

Re: Wegbrechende Kontakte/Alleinsein

Beitrag von jonesy »

Hallo Gishlaine,
ja, kenne ich und manchmal kann man es einfach nur aushalten oder hier schreiben.
Was mir auch immer hilft, ist eine Realitätsprüfung. Ist es wirklich so, dass keiner für mich da ist, oder traue ich mich nur einfach nicht, jemanden an zu rufen?
Wann hatte ich den letzten persönlichen Kontakt usw.?
Es ist sauschwer, wenn man mitten in einer depressiven Phase steckt, die Innitiative zu ergreifen.
Ich schick dann mal ne Karte oder ne mail.
Das ist nicht so kräfteintensiv.
Was mir auffällt, ist, dass du dich sehr negativ bewertest. Es hat vermutlicher weniger damit zu tun, wie du bist, als vielmehr damit, was du erwartest.
Ich bin gerade dabei zu lernen, mit mir selbst zufriedener zu sein und mich selbst zu halten, wenn ich diesem Gefühl stecke.
Mich zu trösten und mir zu sagen: Es ist gerade wie es ist und es kommen auch wieder positive Zeiten.
Ein Partner rettet uns nicht, dass müssen wir schon selber tun.
Ich drück dich mal tröstend
Pauline
depripseudo
Beiträge: 3
Registriert: 2. Jul 2012, 22:48

Re: Wegbrechende Kontakte/Alleinsein

Beitrag von depripseudo »

Guten Morgen Ghislaine,

Ich verstehe Deine Situation sehr gut weil es mir genauso geht. Ich hatte früher Freunde, die angerufen haben, die gefragt haben ob man ins Kino mitkommt, ins Café,...
Nun ist alles anders und ich habe schon viele Strategien probiert, die aber alle nicht so richtig funktionieren: Ich melde mich nicht und es interessiert keinen, ich melde mich und erzähle normal von meiner Krankheit und es kommt kein Feedback, ich sage nicht was mit mir los ist und es kommt auch nichts zurück.

Es liegt sicher auch an mir aber nicht nur. Ich weiss, dass ich manchmal verzweifelt rüber komme was niemand hören will. Ich weiss, dass ich manchmal fordernd (Bitte helft mir) rüber komme, was keiner hören will. Ich habe auch schon gehört so gute Freunde waren wir nie oder du bist ja kein fun.
Das zu ändern ist nicht leicht aber leider ist es eben bei mir zumindest auch so, dass dies den Kreislauf - keine Freunde und dadurch stärkere Depri, stärkere Depri und dadurch keine Freunde - nur beschleunigt.
Es liegt aber wie Du sagst auch den anderen weil sie in einem anderen Lebensabschnitt sind und Familie oder so wichtiger ist bzw mehr Zeit beansprucht. Ich weiss das alles aber das hilft mir nicht und ich frage mich immer was ich noch tun kann. Ich gehe raus, auf Leute zu aber es ergeben sich auch keine neuen Kontakte und alte brechen weg. Wenn Du magst melde Dich mal.

Liebe Grüße

Depripseudo
petra3741
Beiträge: 2172
Registriert: 17. Jun 2009, 20:05

Re: Wegbrechende Kontakte/Alleinsein

Beitrag von petra3741 »

hallo ghislaine,


ich kann das einsamkeitsgefühl gut verstehen.
ich hab das zur zeit auch öfters.

ich habe meine depression immer sehr verschwiegen, da ich eine kleine firma habe und ich nicht wollte dass das rum kommt, denn ich dachte immer da gilts du dann als inkompetent.
ich habe zwei drei freunde, die wissen davon, dass ich damit probleme habe.
und es ist da auch ok, wenn ich es anspreche.
eine aus dem depriforum hier, wo ich privat dsehr viel emails schreibe.
und ein bruder von mir und meine mutter, na ist wohl eher familie.
andere freunde wissen nichts davon. das ist auch bewußt von mir so gemacht.
dann bin ich auch gezwungen über anderes zu reden. wenn es mir schlecht geht, hilft es mir auch besser über ganz normales zu reden,
wie über das, was mir eh ständig im kopf rum geht.
ich denke, dass normale leute damit einfach überfordert sind.

lg
petitigre
Beiträge: 8
Registriert: 9. Jul 2012, 14:52

Re: Wegbrechende Kontakte/Alleinsein

Beitrag von petitigre »

Hallo Ghislaine,

ich habe im Moment mit den gleichen Sorgen, Fragen und Zweifeln zu kämpfen wie Du. Es tut mir gut zu lesen, dass ich damit nicht allein bin.

Ich fühle mich auch oft einsam und vergessen und zuweilen ohnmächtig. Ich arbeite nicht, meine Ausbildung habe ich im Dezember unter- und vor kurzem abgebrochen. Da fehlt die soziale Struktur.
Es interessieren sich zwar noch einige wenige Freunde u. Bekannte tatsächlich für mich, aber in Anbetracht der Vielzahl an Kontakten, die ich vorher hatte, bleiben davon nun erschreckend wenig zurück.

Ich lebe seit fast 2 Jahren in fester Partnerschaft, und das gibt einem natürlich halt. Aber manchmal reicht es einfach nicht. Und ein Partner kann einen auch nicht wieder gesund machen. Nichts desto Trotz verstehe ich Deine Sehnsucht nach einer Beziehung.

Ich weiß mittlerweile, dass mein Verlassenheitsgefühl von innen heraus kommt. Da ist etwas in mir so verletzt und einsam, und das braucht meine Zuwendung und Annahme. Das fällt mir noch unheimlich schwer, aber ich bewege mich darauf zu.

Das ist mir dazu eingefallen. Leider habe ich noch keinen guten Umgang mit der Situation und den ganzen Gefühlen (Enttäuschung, Wut, Traurigkeit) gefunden. Ich versuche ab und zu ein bisschen Klärung in meine Beziehungen zu bringen, aber das erfordert viel Mut u. Kraft, die ich nicht immer habe.

Ich wünsche Dir, dass Du neue, gute Erfahrungen machst und lernen kannst. Alles Gute,

petitigre
Ghislaine
Beiträge: 52
Registriert: 5. Sep 2010, 02:16

Re: Wegbrechende Kontakte/Alleinsein

Beitrag von Ghislaine »

Hallo,

vielen Dank für eure Rückmeldungen.

@ Pauline: Danke fürs Drücken.
Du hast recht: es ist immer wichtig, zu überprüfen, ob die aktuelle Situation tatsächlich so ist oder durch meinen depressiven Tunnelblick so schwarz und negativ gesehen wird. Ich habe ja einige Freunde, die sich ab und zu melden. Aber realistisch betrachtet ist es schon so, dass sich die Anzahl meiner Freunde verringert hat. Und das macht mir schon Angst, weil sich neue Kontakte/Freundschaften einfach nicht so auf die Schnelle ergeben und mit zunehmendem Alter erst recht nicht.
Ich versuche mich auch immer wieder zu trösten, mit ähnlichen Sätzen wie du. Nur hält das leider nicht lange vor.

Dies habe ich nicht so ganz verstanden: „Was mir auffällt, ist, dass du dich sehr negativ bewertest. Es hat vermutlicher weniger damit zu tun, wie du bist, als vielmehr damit, was du erwartest.“ Magst du mir noch erklären, wie du das gemeint hast?

@ Depripseudo:
Es ist schwer auszuhalten, wenn kein Feedback kommt. Das kenne ich auch und das verunsichert mich zunehmend. Es bleibt eben immer so eine Ungewissheit zurück, wenn sich bestimmte Leute nicht mehr melden. Bei mir kommen dann sehr schnell Selbstzweifel, was dann letztendlich auch in starke Selbstentwertung mündet.
Gut finde ich, dass du trotzdem raus und auf Andere zugehst. Auch wenn sich bislang noch keine Kontakte ergeben haben, ist das ja immerhin schon ein erster Schritt.

@ Reglus:
Bei mir ist es ähnlich wie bei dir. Es wissen nicht so viele Menschen in meinem Umfeld von meinen Depressionen. Einige wenige, ganz enge Freunde, die mich schon sehr lange kennen, wissen Bescheid. Meine Familie (Eltern, Geschwister) wissen nichts davon. Manchmal denke ich, dass es vielleicht besser wäre, offener mit meiner Erkrankung umzugehen, gleichzeitig habe ich Bedenken, weil ich mich dann noch verletzbarer machen würde, als ich es sowieso schon bin. Mit meinen Freunden, denen meine Depressionen bekannt sind, kann ich über meine „Zustände“ und mein Befinden reden, aber so ganz schonungslos ehrlich bin ich dann doch nicht, weil ich Angst habe, sie zu überfordern oder auch zu nerven. Ich nerve mich ja selbst, weil ich so unzufrieden und so viel am Jammern bin.

@ petitigre:
Danke für deine Wünsche!
Ich arbeite und habe daher zumindest berufliche Kontakte. Ich glaube, ohne Arbeit würde ich total in ein Loch fallen.
Direkt angesprochen hat mich dein Satz: Ich versuche ab und zu ein bisschen Klärung in meine Beziehungen zu bringen, aber das erfordert viel Mut u. Kraft, die ich nicht immer habe.
Das ist nämlich auch immer wieder mein Thema; dass ich das Bedürfnis habe, etwas zu klären und anzusprechen, mir damit aber sehr schwer tue. Innerlich habe ich dann die Befürchtung, dass es zu Konflikten kommen könnte und letztendlich zum Bruch. Ich weiß, typische Depri-Sicht.


Ich habe schon sehr lange depressive Phasen bzw. denke ich, dass es eher in Richtung Dysthymie einzuordnen ist. Ich bin latent depressiv mit vereinzelten Schwingungen nach oben oder auch nach unten. Im Moment bin ich gerade wieder eher im unteren Bereich.
Und das hält nun schon recht lange an. Aktuell fühle ich mich im Hinblick auf meine Zukunft ziemlich hoffnungslos. Wenn ich dann so Bilanz ziehe, was mein Leben beinhaltet, wie mein Leben aussieht, muss ich eben mit Trauer feststellen, dass ich so lebe, wie ich eigentlich nie leben wollte.
Ich wollte einen stabilen, verlässlichen Freundeskreis, wollte Beziehung, Familie und auch Kinder. All das habe ich nicht. Ich bin meistens mit mir allein und es kostet mich Kraft, die Kontakte, die ich habe, aufrecht zu erhalten. Und dann kommen eben die Minderwertigkeits- und Unzulänglichkeitsgefühle, wenn ich sehe, dass andere Menschen Freunde, Partner, etc. haben und es für sie auch so selbstverständlich ist. Oder wenn ich mitbekomme, mit welcher Leichtigkeit neue Kontakte geknüpft werden können usw.
Und da fühle ich mich so „anders“ und zum Teil eben auch unfähig. Nicht dazugehörend, irgendwie übrig geblieben.

Sorry fürs Jammern und danke fürs Lesen.

Ghislaine
DYS-
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Re: Wegbrechende Kontakte/Alleinsein

Beitrag von DYS- »

Hallo Ghislaine

Das was ich jetzt schreibe hilft Dir wahrscheinlich auch nicht sonderlich weiter. Aber mich beschäftigt etwas ähnliches.

Ich versuche in meinem Kokon zu bleiben und lasse kaum noch Kontakte zu. Ich bin ein ziemlich langweiliger Mensch. Auch sonst habe ich ein sehr schlechtes Bild von mir. Ich glaube wirklich das ich so bin wie ich mich sehe auch wenn mir immer wieder was anderes erzählt wird.
Klar, kaum jemand mag es einen ins Gesicht sagen das man gewisse Makel hat. Und wenn dann auch nur jemand so kleine Anmerkungen macht das ich unzureichend bin, sauge ich es auf wie ein Schwamm und fühle mich bestätigt. Das würde ich gerne ändern, aber das ist irgendwie automatisiert.

Ich bin seit knapp 30Jahren verheiratet und habe drei erw. Kinder. Aber sie alle können mir keine Stütze sein.

Gedanken mache ich mir darüber, WARUM der Mensch das Bedürfnis nach Zuwendung hat. WARUM ich manchmal gerne ein nettes Wort hören möchte. Warum ich gerne mal hören möchte das mein Gekochtes gut mundet? Warum würde ich es gerne jemanden mitteilen wenn ich etwas Schlimmes erlebe? Warum schmerzt es wenn man einsam ist?

Woher kommen diese Bedürfnisse und können wir sie uns nicht selbst befriedigen?

Kein Mensch ist für uns erw. Menschen verantwortlich und man darf von keinen Menschen erwarten das er/sie etwas für unseren Seelenfrieden tut.
Wenn einige Menschen es doch geben, muss man einfach dankbar sein.

So meine Gedanken dazu

dys
°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°

Gerade weil wir alle in einem Boot sitzen,

sollten wir heilfroh darüber sein,

dass nicht alle auf unserer Seite stehen.
petra3741
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Re: Wegbrechende Kontakte/Alleinsein

Beitrag von petra3741 »

Guten Morgen Ghislaine,


ich wollte einfach mal hallo sagen.
Danke für Deine Rückmeldung.
Bei mir kommt einfach dazu, dass ich nicht so
einfach mal eine geburtstagsfeier besuchen kann oder in einen Kurs oder Verein gehe.
Mir wird das immer gleich zuviel. Solche Leute finde ich haben es leichter, die in vereinen sind....oder da spontan sind und genügend energie haben.
Bei mir sind gerade meine beiden Jungs quasi im Urlaub, das ist für mich immer schwierig.
Aber man muss da einfach dabei bleiben, man kann auch im fortgeschrittenen Alter Kontakte knüpfen.
Aber es ist schwierig da immer dran zu bleiben, es gibt einfach in jeder Beziehung Enttäuschungen und Schwierigkeiten.

@dys Das ist eine interessante Überlegung, warum Einsamkeit weh tut? Das war mir noch gar nicht bewußt, obwohl ich es ja merke.
Menschliche Kontakte und Anerkennung scheint man ja zu brauchen...oder sie tun auf jedenfall gut.

Lg petra
Ghislaine
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Registriert: 5. Sep 2010, 02:16

Re: Wegbrechende Kontakte/Alleinsein

Beitrag von Ghislaine »

Hallo liebe Dys,

vielen Dank für deine Gedanken!

den Automatismus auf negative, bzw. vermeintlich negative, ablehnende, abwertende Äußerungen, Gesten, Rückmeldungen etc. anzuspringen, kenne ich nur allzu gut. Es ist mir bewusst, ich kenne das, ich weiß das und kann es einordnen – vom Verstand her. Aber vom Gefühl her ist es genau so, wie du es beschreibst: ich fühle mich in meiner Minderwertigkeit und in dem Nichtliebenswertsein bestätigt.

WARUM ich manchmal gerne ein nettes Wort hören möchte. Warum ich gerne mal hören möchte das mein Gekochtes gut mundet? Warum würde ich es gerne jemanden mitteilen wenn ich etwas Schlimmes erlebe? Warum schmerzt es wenn man einsam ist?
Ich glaube, weil wir Menschen soziale Wesen sind und dadurch eben auf die positive Resonanz anderer ein stückweit auch angewiesen sind. Ohne Liebe, Anerkennung, Zuwendung und Wertschätzung von Anderen würden wir alle verkümmern; daher sehe ich diese Bedürfnisse als zutiefst menschlich an.

Woher kommen diese Bedürfnisse und können wir sie uns nicht selbst befriedigen?
Die Bedürfnisse nach Zuwendung, Gesehenwerden, Wahrgenommenwerden, letztendlich das Bedürfnis nach Geliebtwerden haben alle Menschen - behaupte ich nun einfach mal . Nicht-Depressive haben wohl ein gesünderes Maß an Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein und kippen daher nicht so schnell aus den Latschen, wenn sie mal auf Ablehnung stoßen und stellen ihr Selbst auch nicht so schnell in Frage.
Mein Selbstvertrauen ist total wackelig und wenig ausgeprägt. Ich bin seit meiner Kindheit innerlich total verunsichert und habe kaum die Erfahrung machen können, einfach so, wie ich bin, geliebt zu werden. Irgendwie meinte ich immer, anders sein zu müssen, damit mich Andere anerkennen und gerne haben. Durch Therapie und jahrelange Selbstreflexion kann ich mittlerweile mit dem Kopf einiges zurechtrücken. Aber das ist eben auch das Problem: dass mein Kopf viel weiß, dieses Wissen aber nicht bei meinen Gefühlen ankommt.
Warum wir uns diese Bedürfnisse nicht selbst befriedigen können und so sehr auf die Resonanz von Außen angewiesen sind?
Schwere Frage. Ich glaube, der wichtigste Punkt ist dabei die eigene Wertschätzung. Wenn ich mich selbst genügend wertschätze und liebe, brauche ich das von anderen nicht mehr in so großem Maße und es macht mich innerlich unabhängig von den Meinungen anderer.

Aber da schließt sich für mich gleich die nächste Frage an: wie kann ich es lernen, mich selbst wertzuschätzen? So wertzuschätzen und so mit mir selbst umzugehen, das ich nicht darauf angewiesen bin, dass Andere meine Bedürfnisse erfüllen und dass ich auch relaxter damit umgehen kann, wenn sich Andere von mir abwenden.

Viele Grüße
Ghislaine
DYS-
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Re: Wegbrechende Kontakte/Alleinsein

Beitrag von DYS- »

Liebe Ghislaine, liebe Regulus, liebe Leser

Ach, es ist schon irgendwie alles recht kompliziert.
Der Kopf sagt mir, dass die Gefühle zu einem Kleinkind gehören, welches auf die Zuwendung der Eltern angewiesen ist um zu überleben. Ohne die Zuwendung der Eltern würde ein Kleinkind verhungern, verdursten….

Ich bin aber schon alt. Kann mir mein Schnitzel schon bzw. noch selbst braten und den Kühlschrank selbst öffnen. Also wozu soziale Kontakte?

Warum schreit mein Inneres danach obwohl ich viel lieber auf einer einsamen Insel leben würde?

Aber ich befürchte, ich sehe gerade alles zu vernebelt. Auch wenn mich das Thema brennend interessiert, kann ich nichts Sinnvolles dazu beitragen.

Gruß dys
°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°

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petra3741
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Re: Wegbrechende Kontakte/Alleinsein

Beitrag von petra3741 »

hallo dys,


na ich weiß nur, dass ich mich gerade einsam fühle und dann suche ich halt kontake.

bei deinem posting viel mir spontan der film
ein "about a boy". Hast du den schon mal gesehen? Der Hugh Grant versucht da auch allein zu leben. Er sagt er lebt wie auf einer insel. Er teilt sein Leben in zeitabschnitte ein.
Bis ein Junge penetrant in sein Leben
eindringt.
zum Schluss sagt er: niemand ist eine Insel.
na viel mir blos gerade ein.

lg
petitigre
Beiträge: 8
Registriert: 9. Jul 2012, 14:52

Re: Wegbrechende Kontakte/Alleinsein

Beitrag von petitigre »

Zu den vorangegangenen Beiträgen ist mir folgendes eingefallen.

In irgendeinem Buch - ich glaube, es war ein Erfahrungsbericht über Depressionen - stand der Satz: "Wir sind keine schlechten Menschen, die besser werden wollen. Wir sind kranke Menschen, die gesund werden wollen."
Unsere ständige Selbstbewertung ist durch die Depression noch ausgeprägter, behaupte ich jetzt einfach mal. Ich kenne das nur zu gut, schwebt doch immer ein kleiner Richter in meiner gedanklichen Metaebene (und darüber manchmal noch einer, der den Richter bewertet.)

Ghislaine, ich sehe, wie Du Dich für Deine Unzulänglichkeit bezüglich der Kontakte (und nicht-Kontakte) verurteilst. Und ich kenne das. Meine Gefühle schwanken häufig zwischen Selbstabwertung (für die Leistungen, die ich nicht erbringen kann) und Wut (über die Leistungen, die die anderen nicht erbringen (können/wollen)). Das schale Gefühl der Ungewissheit und des Alleingelassenwerdens bestätigt mich leider in meiner Befürchtung, nicht liebenswert zu sein. So wie das hier schon beschrieben wurde.

In meinen therapeutischen Sitzungen geht es z.Z. ganz viel darum, alle Gefühle und Persönlichkeitsanteile anzunehmen, d.h. auch die einsamen und verlassenen. Eine Theorie ist, dass die (meist emotionalen, aber auch "echten") Verlassenheitserfahrungen, die wir i.d. Kindheit machen, uns im erwachsenen Alter begleiten und dazu führen, dass wir uns (emotional) selbst verlassen, z.T. weil wir es so kennen und weil die falschen Glaubensmuster so verinnerlicht wurden. (Das war jetzt ganz einfach ausgedrückt. Näheres dazu z.B. von Kathrin Asper in "Verlassenheit und Selbstentfremdung".)

Ich habe auch Angst, die Menschen, zu denen ich mir mehr Kontakt wünsche, auf die bestehende, für mich unbefriedigende, Situation anzusprechen. Ich habe Angst, zu nerven. Und ich habe Angst, in meinen Befürchtungen bestätigt zu werden, sollte es wirklich zum Bruch kommen. Ich frage mich dann: Warum will ich so sehr, dass mich dieser Mensch mag?
Oft stelle ich fest, dass ich von anderen etwas erwarte, was sie mir wahrscheinlich nie so geben werden können, wie ich das brauche.
Das sind z.T. kindliche Gefühle, die aber völlig ihre Berechtigung haben.
momadome
Beiträge: 610
Registriert: 2. Aug 2009, 15:03

Re: Wegbrechende Kontakte/Alleinsein

Beitrag von momadome »

Hallo Gishlaine, hallo dys, hallo alle!

diese Gedanken beschäftigen mich im Moment auch.

Ich lebe seit 18 Monaten allein, meine Kinder sind erwachsen und außer Haus, mein Freundeskreis ist klein (aber fein und krisenerprobt).

Immer öfter stelle ich mir in letzter Zeit die Frage, was wäre der optimale Lebensraum für mich?

Mit jemandem zusammenleben? Kann ich mir nicht mehr vorstellen. Ich will mich nicht mehr so total auf einen Menschen einlassen. Ich will keine sexuelle Beziehung mehr. Ich brauche viel Freiraum und kann mit Druck jeder Art nur schwer umgehen (dazu gehört schon regelmäßiges kochen, so als Beispiel). Also nicht besonders partnerkompatibel.

Immer alleine leben? Das klappt z.Zt. ganz gut, aber manchmal fehlt einfach Ansprache. Klar, ich kann Freunde anrufen, mich verabreden. Aber die Freunde haben auch Familie, eigene Interessen, Berufe; sie sind also nicht immer ansprechbar.

Mein Traum ist so eine Art Gemeinschaftswohnen. Ein Haus mit vielen Wohnungen, die für jeden Bewohner der jeweilige private Rückzugsbereich sind und Gemeinschaftsanlagen und Räumen, in denen man sich trifft, zusammen redet, sich unterstützt, Gemeinschaft pflegt ohne Zwang. Bloß, wo findet man sowas?

Liebe Grüße

jojoma
DYS-
Beiträge: 1838
Registriert: 19. Mär 2003, 17:28
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Re: Wegbrechende Kontakte/Alleinsein

Beitrag von DYS- »

Jojoma, ja das hört sich gut an.


Hier gibt es sowas.: http://www.haz.de/Nachrichten/Panorama/ ... r-Senioren

Aber dafür sind wir vielleicht noch etwas zu jugendlich
°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°

Gerade weil wir alle in einem Boot sitzen,

sollten wir heilfroh darüber sein,

dass nicht alle auf unserer Seite stehen.
kessy4949
Beiträge: 228
Registriert: 16. Apr 2003, 23:08

Re: Wegbrechende Kontakte/Alleinsein

Beitrag von kessy4949 »

Moin,

vielleicht lest ihr das ja noch. Ich bin zwar noch etwas jünger, beschäftige mich aber auch mit alternativen Wohnprojekten. Da gäbe es die Mehrgenerationenhäuser, inzwischen in vielen Städten. Ihr könnt ja mal unter www.wigwam-nuernberg.de klicken. Die sind grad dabei mehrere Projekte zu verwirklichen. Dann gibt es noch Lebensgemeinschaften unterschiedlicher Ausrichtung, die im Gemeinschaftsverzeichnis "Eurotopia" weltweit gelistet sind. Zu beziehen über das Ökodorf 7 Linden und Amazon. Zu guter Letzt gibt es noch das betreute Wohnen.
Vielleicht hat das ja dem Einen oder Anderen was gebracht.

Grüße,
Christin
momadome
Beiträge: 610
Registriert: 2. Aug 2009, 15:03

Re: Wegbrechende Kontakte/Alleinsein

Beitrag von momadome »

Danke Christin, da werde ich mich mal einlesen.

Hallo dys, ja dafür bin ich auch noch etwas zu jung, die lassen mich noch nicht rein.

Schönes Wochenende

jojoma
Chaota
Beiträge: 3
Registriert: 2. Jul 2012, 14:21

Re: Wegbrechende Kontakte/Alleinsein

Beitrag von Chaota »

Hallo, Ihr Lieben,
besser als in diesem Beitrag kann man das Dilemma nicht beschreiben !
Meine Verzweiflung steckt genau darin !!!
Im Buch von A.de Mello, die Fesseln lösen
bietet er uns Menschen, die genau darunter leiden, die Abkehr an : Bedürfnislosigkeit und Frieden mit sich selbst. Ähnlich wie der Buddhismus die ' Leere ' als Befreiung von
Leiden vorschlägt / predigt , klärt de Mello
auf. Ich hab mich auf den Weg gemacht, vielleicht haben wir doch noch Kontakte zu
unseren Pilgergefährten ?
Wünsche Dir den Zauber eines Lächelns
für heute und morgen
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