Spüre meine Trauer nicht

kaitain
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Spüre meine Trauer nicht

Beitrag von kaitain »

Hai,

die Scheiß Depri nimmt mir sogar meine Trauer. Mein Neffe ist vollkommen überraschend gestorben. Keine bekannten Vorerkrankungen, einfach so, morgens um 5.00 Uhr, mehr oder weniger im Schlaf. Es ist so schlimm, ich denke noch heute, da hat mir jemand eine Geschichte erzählt. Es ist so surreal.

Ob dieses nicht fühlen können daran liegt, dass ich gleich ein Benzo genommen haben. Oder ist die Trauer nicht da, weil ich es nicht Glauben will. Funktioniere, stehe zur Seite und Helfe. Mein Bruder, sein Vater ist fast auf den Tag genau vor neun Jahren gestorben.

Es gibt nichts zu sagen was trösten könnte, was Halt geben könnte. Es ist schlimm.

Danke fürs lesen.

Kaitain
Clown
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Re: Spüre meine Trauer nicht

Beitrag von Clown »

Liebe Kaitain,

>Mein Bruder, sein Vater ist fast auf den Tag genau vor neun Jahren gestorben.
Was für eine Macht ist da am wirken, denke ich spontan. Ich empfinde Ehrfurcht.

Hast du so eine Angst vor Trauer, dass du gleich ein Benzo einwirfst? Entschuldige, falls meine Frage daneben ist.

Lieben Gruß,

Clown
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
Eckhart Tolle
inra12

Re: Spüre meine Trauer nicht

Beitrag von inra12 »

Hallo Kaitain,

möchte dir erst mal mein tiefes Mitgefühl bekunden.
Wenn jemand aus der Familie plötzlich ( und vermutlich in jungem Alter) verstirbt, so ganz ohne Grund und Vorwarnung, ist das ein für uns unfassbares Ereignis. Es dauert eine Zeit lang bis man so etwas realisiert und dann auch wirklich trauern kann.
Als meine Eltern starben, stand ich am offnen Grab und dachte "ich bin nicht fähig zu weinen und zu trauern??"; erst Tage später, als diese ganze unfassbare Anspannung sich löste kamen Tränenströme und tiefste Trauer aus mir heraus. Gib dir und deinen Angehörigen einfach Zeit dieses Schockereignis zu realisieren.
kaitain
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Re: Spüre meine Trauer nicht

Beitrag von kaitain »

@clown
Finde deine Frage in der Tat daneben. Habe das Medi nicht "eingeworfen" weil sie so gut schmecken. Sollte mich dafür auch nicht rechtfertigen müssen. Mir selbst geht es schlecht, die gesamtfamiliäre Situation ist angespannt. Mein Vater mit 89 muss es gesagt werden, es sind Telefonate zu führen usw. Nein, Angst vor der Trauer habe ich nicht, dafür ist sie zu wichtig. Wärend ich schreibe, merke ich wie ärgerlich ich auf dich bin.

@inra
Danke für deinen Zuspruch in diesem Moment. Wir hatten zu viele Trauerfälle in letzter Zeit. Letztendlich kommt sie und sie wird auch von mir angenommen werden. Ich werde darauf achten alle Phasen der Trauer achtsam zu durchleben. Ich Wünsche mir so sehr mein Gefühl zurück.

Kaitain
Caroline1
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Re: Spüre meine Trauer nicht

Beitrag von Caroline1 »

liebe kaitain,

dass du jetzt keine trauer spürst, hat meiner meinung nach weder etwas mit deinen depressionen, noch mit dem eingeworfenen benzo zu tun. sondern es ist eine völlig normale schockreaktion. umso mehr das ereignis völlig unerwartet eingetreten ist. deinen reflex, ein benzo eingenommen zu haben, finde ich auch nicht verwerfllich.

mache dir jetzt auf jeden fall keine vorwürfe, mit dir sei etwas völlig verkehrt oder so, nur weil du im moment nur schmerz und keine trauer spürst. das ist leider völlig normal nach so einem schlimmen ereignis.

die zeit des trauerns wird kommen, ganz sicher. gestehe dir einfach zu, dass es jetzt in dir so aussieht wie es ist. mach dir keinen zusätzlichen druck deswegen. du darfst dir alle zeit der welt dafür zugestehen.

alles liebe,

caroline
melancholia41
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Re: Spüre meine Trauer nicht

Beitrag von melancholia41 »

Hallo Kaitain,

Ich versichere dir mein tiefes Mitgefühl...
Es tut mir furchbar leid...

mein Bruder und mein Neffe sind letzes Jahr gestorben....ich schaffe es bis heute nicht richtig zu trauern...es ist oft noch so unwirklich, so weit weg, es ist so unfaßbar.
Mit und ohne Benzo´s.

Als sich letzten Winter mein Bruder ...(darf hier ja nicht drüber reden), hatte meine Ärztin mich auch zwei oder drei Wochen unter Benzo´s gesetzt...Ich musste sie nehmen, anderes ging es nicht...und das sicher nicht aus Angst vor Trauer!
Da waren schwere Angstschübe, Panik, meine Angststörung eskalierte, ich war kurz vorm Überschnappen...und auch als ich damit aufgehört habe...alles war unwirklich, weit weg...ständig das Gefühl, das nur geträumt zu haben. Für mich nicht erfaßbar.... Ich saß oft zu Hause und dachte: Du bist krankgeschrieben, für irgendwas, das du dir nur eingebildet hast...Habe mehrfach (es war mir hinterher irgendwie peinlich) meine Schwester angerufen und musste nachfragen, ob es wirklich stimmt. Und immer wenn sie mir bestätigte...der nächste Angst- und Panikschub, Schweisausbrüche, Zähneklappern...aber keine Trauer....Es sind schon wieder etliche Monate vergangen und es ist immernoch so unbegreiflich. Schaffe es immer noch nicht echte Trauer zu empfinden.

Ich weiß, das es jetzt nichts gibt was ich dir sagen kann, nichts was Trost schenkt....

Ich umarme dich einfach mal und bin in Gedanken bei dir

Alles Liebe Mel
SisterGoldenHair
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Re: Spüre meine Trauer nicht

Beitrag von SisterGoldenHair »

Liebe Kaitain,
ich möchte Dir auch sagen, daß ich an Dich denke. Wenn ein Mensch stirbt, der einem nahe steht, ist das immer ein schlimmer Verlust. Wenn es so unerwartet passiert, ist es wahrscheinlich noch schlimmer.

Ich tu mich da mitunter ein wenig schwer, die richtigen Worte zu finden. Es gibt im Grunde auch nur wenig Tröstliches was man dazu sagen kann aber sei Dir gewiß, daß ich sehr gut nachempfinden kann, wie es Dir jetzt geht.

Die Medikamente dämpfen vielleicht ein bißchen (ohne hätt ich die Zeit "damals" auch nicht überstanden...) aber vielleicht ist es auch eine Schutzreaktion Deines Körpers, weil es Dir ja sowieso schon so schlecht ging.

Ich hoffe und wünsche Euch, daß Eure familiäre Situation so ist, daß Ihr gut zusammenstehen könnt in diesen schweren Tagen!

Alles Liebe
Ulli

EDIT: Schreibfehler


***

"die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann was er will, sondern, dass er nicht tun muss was er nicht will"

:o)



(Jean-Jacques Rousseau)
ghm
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Re: Spüre meine Trauer nicht

Beitrag von ghm »

Hallo katain,

auch ich will Dir mein Mitgefühl antragen,
ich weiß noch von mir, dass es mich ein wenig beruhigt hat, dass mir Menschen ihr Mitgefül antrugen.

Ich wünsche Dir Menschen in Deiner Nähe, die da sind, dass Du Dich anlehnen, weinen oder wütend sein kannst, je nachdem wonach Dir ist.
~~ Göttin, lass es Hirn vom Himmel regnen (und nimm den Menschen die Regenschirme weg) ~~
thekla
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Re: Spüre meine Trauer nicht

Beitrag von thekla »

Hallo Kaitain,

mein herzliches Beileid!

...wahrscheinlich hast du noch gar nicht richtig kapiert, was passiert ist, und funktionierst im Moment nur.

... vielleicht kommt die Trauer erst allmählich nach der Beerdigung, auch dann erst, wenn du deine Schwägerin getroffen hast... Ich bin bei plötzlichen Todesfällen immer durch alle Zimmer gegangen, um wirklich zu sehen, daß da niemand mehr ist, das hat mir geholfen. Vielleicht hilft es dir auch, wenn du dir jeden Abend noch mal die Zeit nimmst, gedanklich mit deinem Neffen zu reden, um Abschied zu nehmen?

VG
anna54
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Registriert: 14. Sep 2010, 15:08

Re: Spüre meine Trauer nicht

Beitrag von anna54 »

Liebe kaitain
schicke dir mein Mitgefühl und lass dir Zeit,die Trauer wird kommen.
Trauern geht nicht sofort,zuerst ist häufig ein "Nicht-wahrhaben-wollen", ja auch Abwehr.

Jetzt jeden Tag die Kraft haben ,für das Funktionieren müssen,Formalitäten,ja auch die Beerdigung aushalten, das hoffe ich für dich.

Keiner kann ermessen,wie schwer es für dich ist,wir können dir nur sagen,wir sind hier,gut dass du dich mitteilst.
Trauer überfällt auch,ich habe es erlebt,dann braucht es Menschen,die zuhören,Raum geben,Zeit haben.
Alles gute für dich und deine Angehörigen.
anna54
Annanym

-

Beitrag von Annanym »

Zarra
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Re: Spüre meine Trauer nicht

Beitrag von Zarra »

Hallo Kaitain,

>dass du jetzt keine trauer spürst, hat meiner meinung nach weder etwas mit deinen depressionen, noch mit dem eingeworfenen benzo zu tun. sondern es ist eine völlig normale schockreaktion. umso mehr das ereignis völlig unerwartet eingetreten ist.
Diesem Satz von Caroline würde ich mich am ehesten anschließen.

Selbstverständlich ist es individuell, je nachdem wie sehr man konkret involviert ist, wieviele Trauerfälle und in welcher Weise einen in letzter Zeit betroffen haben, ...

Doch ich habe genau so wie Du auf den völlig überraschenden Tod einer Kollegin ("vom Rad gefallen - am Nachmittag tot") reagiert - ich habe es erst einmal einfach fast gar nicht geglaubt, es war unvorstellbar, daß sie nicht gleich um die Ecke kommt ... Und ich glaube nicht, daß diese Reaktion depressionsbedingt war. Ich habe einfach nur "Leere" und "Unverständnis" und "Schock" gefühlt, sofern man das fühlen kann. (Ein paar Gedanken, die ich Tage später hatte, waren depressionsbedingt gefärbt, aber das ist etwas anderes.) - Falls Dein Neffe Dir nahestand, wird sich das eventuell auch noch verändern. Doch: Trauer hat individuelle Gesichter.

Alles Liebe,

Zarra
Lerana
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Re: Spüre meine Trauer nicht

Beitrag von Lerana »

Liebe Katain,

auch ich möchte dir in dieser Situation vor allem mein Mitgefühl aussprechen.

Nimm dich in dieser Situation erst einmal so an, wie du gerade bist, wenn auch emotional distaziert. Du bist deshalb nicht gefühlskalt oder hartherzig, sondern wahrscheinlich ist es für dich im Moment der einzige Weg, damit umzugehen.

Trauer braucht Raum und Zeit und vielleicht, wenn alles geregelt ist, kannst du dir diese nehmen.

Ich wünsche dir Kraft und Unterstützung!

Mitfühlende Grüße
Lerana
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)
DYS-
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Re: Spüre meine Trauer nicht

Beitrag von DYS- »

Liebe Kaitain

Es tut mir wirklich leid.

Du schreibst selber, es sei surreal was da gerade passiert. Ich vermute, die Trauer wird sich erst einstellen, wenn Du die Situation realisieren kannst.

Alles Gute Dir!
dys
°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°

Gerade weil wir alle in einem Boot sitzen,

sollten wir heilfroh darüber sein,

dass nicht alle auf unserer Seite stehen.
FönX
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Re: Spüre meine Trauer nicht

Beitrag von FönX »

Hallo kaitain,

auch ich möchte dir mein Mitgefühl mitteilen.

Trotzdem möchte ich hierauf eingehen:
> @clown
> Finde deine Frage in der Tat daneben.
Die selbe Frage kam auch in mir hoch, und das liegt vielleicht an deiner Formulierung, die mir wie eine ziemliche Steilvorlage an Clown für ihre Frage vorkommt. Sei ihr doch bitte nicht mehr böse!

Was Todesfälle angeht, gehören offensichtlich die seltsamsten Reaktionen zum "erlaubten" oder "normalen" Repertoire. Und wenn du dich zurzeit in einer Depression UND angespannten familiären Situation befindest, ist es wenig verwunderlich, dass eine "erwartete" Reaktion nicht stattfindet, sondern "irgendwas anderes".

Ich wünsche dir viel Kraft, die Bereitschaft zur Trauer und evtl. auch die, deine momentane Gefühlsskala zu akzeptieren wie sie ist. Ich kann mir gut vorstellen, dass deine Trauergefühle noch Platz finden werden, wie andere schon sagen.

Lieben Gruß
FönX

Bei riesigen Nebenwirkungen essen Sie die Packungsbeilage oder schlagen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.
Herd04
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Re: Spüre meine Trauer nicht

Beitrag von Herd04 »

Liebe Kaitain,

dem, was schon geschrieben wurde, ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Aber ich möchte dir auch mein aufrichtiges Mitgefühl ausdrücken.
Auch ich glaube, dass die Trauer oder die im Moment noch nicht vorhandene Trauer nichts mit der Depression zu tun hat.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man in der ersten Zeit nur funktioniert und dass man es einfach nicht glaubt, dass der oder die andere nicht mehr da ist.
Die Art zu trauern kann so verschieden sein. Du musst dir überhaupt keine Vorwürfe machen, wenn du jetzt oder auch später nicht offen deine Gefühle zeigen kannst.

Ich wünsche dir, dass die Familie in dieser schweren Zeit zusammenhält un dass ihr euch gegenseitig Trost und Kraft spenden könnt.

Liebe Grüße, E.
Clown
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Re: Spüre meine Trauer nicht

Beitrag von Clown »

Hallo Kaitain,

ich bin froh, dass du mir deinen Ärger so klar gesagt hast, und hoffe, dass wenigstens das dir irgendwie gut getan hat. Schließlich hast du dich damit klar abgegrenzt und das ist doch immer gut.

Lieben Gruß,

Clown

@ FönX
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Eckhart Tolle
KaMa
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Re: Spüre meine Trauer nicht

Beitrag von KaMa »

Kaitain, ich wünsche dir, dass du es irgendwie schaffst, deinen grausamen Schmerz zu ertragen. Sei dir sicher, dass er keine Strafe ist für irgend etwas.


>Was für eine Macht ist da am wirken, denke ich spontan. Ich empfinde Ehrfurcht.
>Hast du so eine Angst vor Trauer, dass du gleich ein Benzo einwirfst?
Clown, ich glaube, es würde dich sehr viel weiterbringen, wenn du keine Angst davor hättest, dir selbst eine gnadenlos ehrliche Antwort zu geben auf die Frage, weshalb du so etwas schreibst.


Gruß
Karl
Rosenkranz
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Re: Spüre meine Trauer nicht

Beitrag von Rosenkranz »

Halle Kaitain

Auch ich möchte dir mein Mitgefühl aussprechen. Schließe mich den schon viel geschriebenen an. Du konntest dich nicht darauf vorbereiten, anders als wenn du einen schwer kranken Menschen begleitest, somit mußt du das geschehene erstmal akzeptieren und ankommen lassen, ist ja dann wirklich ein Schockerlebnis.

Wenn die Beerdigung vorbei ist und alles langsam zur Ruhe kommt, denke ich, wirst du auch die Trauer spüren und zulassen können, jeder trauert sowieso auf seine eigene Art.


Wünsch dir viel Kraft
liebe Grüße Rosalie
chrigu
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Re: Spüre meine Trauer nicht

Beitrag von chrigu »

Hallo Kaitain,

das tut mir sehr leid!

Wie viele meiner Vorschreiber glaube ich auch, dass es normal ist, erstmal nichts zu spüren. Es hängt ja auch immer damit zusammen, ob ein Tod überraschend kam oder nicht, ob man sich nahestand, ob der Mensch mitten im Leben stand oder schon sehr alt war und und und.

Ich denke auch, dass da zum einen ein Schockzustand eingetreten ist. Sehr bekannt kommt mir auch das "funktionieren" vor. Plötzlich tauchen da Energien auf, die man eigentlich gar nicht hatte, und dann organisiert man und macht und tut. Mir ging es so, dass ich erst nach der Beerdigung, wenn alles erledigt war und ich nichts konkretes mehr tun konnte, mit der Erschöpfung zusammen langsam die Trauer durchgedrungen ist.

Wenn Du im Moment funktionierst, statt zu trauern, ist das eben genau jetzt gerade richtig so für Dich. Die Trauer wirst Du spüren, wenn es an der Zeit ist. Ich merke manchmal im Nachhinein, dass meine Seele Trauer erst dann zulässt, wenn ich auch stark genug dafür bin.

Liebe Grüße!
Chrigu
Hagebutte
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Re: Spüre meine Trauer nicht

Beitrag von Hagebutte »

Hallo Kaitain,

das ist eine ganz furchtbare Geschichte, was Du da erlebst. Da macht die Seele dicht, es ist zuviel, und wie Du schon geschrieben hast, ist noch viel zu erledigen. Schwer stelle ich mir auch das Mitteilen der schlimmen Nachricht dem Vater gegenüber vor. Das sind alles schlimme Momente, der Körper geht dann in anderen Bereichen auf Sparflamme.
Ich habe das selber schon zwei Mal so erlebt. Es ist so ein wattiges Gefühl. Nimm es im Moment an, es wird Dich durch die anstrengenden Tage bringen.

Du hast mein Mitgefühl.

Alles Gute,
Hagebutte
flocke
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Re: Spüre meine Trauer nicht

Beitrag von flocke »

Hllo Kaitain,


hier fehlen mir die Worte,ein solcher Tod ist in meinen AUgen einfach nur sinnlos und "falsch"

Jede, aber auch wirklich jede deiner Reaktionen, ist richtig und gut, so wie sie ist. Alles was du fühlst,oder nicht fühlst darf so sein.

Ich habe versucht dir eine Mail zu schreiben, aber wie du sehen wirst, kann ich bei dem Thema kaum Worte finden.

Sei gedrückt und viel Kraft dir und deiner Familie wünsche ich.

Flocke
Pessimisten sind Optimisten mit Erfahrung
kaitain
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Registriert: 13. Jan 2007, 23:31

Re: Spüre meine Trauer nicht

Beitrag von kaitain »

Hallo Ihrs,

vielen, vielen Dank an euch. Für jeden einzelnen einen herzlichen Umärmler (soweit es möglich ist). Ihr könnt es euch sicher nicht vorstellen, dass ich durch euch mehr und liebevolleren Zuspruch erhalten habe, als durch mein direktes Umfeld. Ich trage eure Zuwendung im Herzen. Gestern war ich auf dem Friedhof, hab bei meiner Mutter und meinem Bruder eine Kerze angezündet, als ich es meinem Vater sagte, war seine Reaktion „In der Jahreszeit steckt man doch keine Kerzen an“. Toll, ich habe eine tolle Familie.

Es ist noch immer alles diffus, sein Tod wirft Fragen auf, Fragen ohne Antworten. Kein Gespräch unter den Geschwistern, naja zumindest nicht mit mir. Die Gedanken tragen schwer, nicht nur die Frage nach dem warum, darauf gibt es eh nie eine Antwort. Noch nicht bestätigt ist die Annahme, dass es sich um eine Herzbeutelentzündung gehandelt hat. Ich hab ihn darauf angesprochen, auf seine Lungenentzündung, auf seine Gesundheit diesbezüglich im Auge halten (wir haben viele Herzkranke in der Familie und es sind eher die Jungs die davon was mitbekommen). Das annehmen ist schwer.

@caroline
Die Zeit der Trauer ist eigentlich da, es ist dieses dumpfe Gefühl im ganzen Körper, dieses Gefühl eigentlich in einem anderen Film zu sein. Nur hat dieser Film kein Ende. Ich werde die Benzos so lange nehmen wie ich denke, dass ich sie zum aufrechten stehen brauche. Hab Dank für deine Worte.

@mel
Meine Mutter ist ein Jahr nach meinem Bruder gestorben, manchmal glaube ich heute noch nicht, dass dem so ist. Ich träume manchmal von ihr und kurz bevor sie mich in den Arm nimmt, wache ich auf. Sie hat immer gesagt, wenn sie mal stirbt wacht sie unter einem blühenden Apfelbaum auf und auf der Bank darunter warten all die auf sie, die sie kennt. Mein Neffe wird nicht alleine sein, auf ihn warten auf der Bank sein Vater und seine Oma. Wir sind unendlich traurig und die beiden freuen sich auf ihn. Du hast recht, es gibt nichts was Trost spendet. Ich wünschte mir, dass wüssten mehr Menschen, dann würde nicht so viel Müll in diesen Tagen gesagt werden. Die unleidlichen Telefonate, die Informationen die weitergegeben werden müssen. Ich danke dir für deine Worte.

@Ulli
Zusammenstehen, ja das wäre schön. Es ist alles so scheinheilig. Was uns zusammenhält ist der Familienname, aber das macht noch lange keine Familie aus. Das zu spüren, vor allem in einem solchen Moment, das tut ganz tief drinnen weh. Es zerreist das wenige, was noch da war. Danke für deinen Zuspruch.

@gregor
Ja, so einen Menschen würde ich mir auch wünschen. Es ist eher so, dass sie sich an mich anlehnen. Wahrscheinlich könnte ich mich gar nicht anlehnen, einfach weil ich es nie gelernt habe. Zum einen weil nie jemand da war und ich alles alleine mit mir ausmachen musste, zum anderen weil ich nicht in der Lage bin jemanden aufrichtig zu vertrauen. Das gehört leider auch zu meinem Krankheitsbild. Eine schöne Vorstellung ist es dennoch, daher lasse ich ein inneres Bild aufziehen. Für diesen Impuls hab Dank.

@Thekla
Meine Geschwister und meine Schwägerin wohnen relativ nah beieinander, daher waren wir alle für sie da. Meine Schwester war am Nachmittag bei ihr und eine andere Schwägerin in der Nacht. Sie musste auch nicht allein mit dem Bestattungsunternehmen sein. Mein Neffe ist der erste, den ich begraben muss, den ich seit seiner Geburt kenne. Das ist noch mal eine andere Dimension. Ich werde vor der Beerdigung noch einmal zu ihm gehen, bei ihm sein und meine Wünsche mit auf den Weg geben. Das gedankliche Zwiegespräch ist eine gute Sache. Danke.

@anna
Da hast du Recht, es war ein Überfall. Ein Eimer eiskaltes Wasser, mitten im Tiefschlaf, mitten ins Gesicht. Es ist eine Art Schockstarre, die nur das reine funktionieren zulässt. Insofern habe ich doch Angst davor, wenn diese Starre wegfällt. Medis tragen ein wenig, aber das sind Wege durch die man nur alleine kann, jeder in seinem Rhythmus. Ich habe euch, ihr ersetzt wunderbar die fehlenden Menschen Vorort. Du bist eine davon, lieben Dank.

@Annanym
Es gibt ja die sieben Stufen der Trauer. Unlängst habe ich mit einer Bekannten darüber gesprochen, die sich auch dafür interessiert hat. Aus diesem Grund hatte ich ein paar Infos aus dem Internet gesucht, diese werde ich ganz behutsam nach der Beerdigung angehen. Es ist wichtig alle Stufen zu gehen, sonst hat der Schmerz freies Spiel. Danke für deine lieben Wünsche.

@Zarra
Ja, Trauer ist individuell. Zum Glück bin ich in einem Alter, in dem ich mir nicht mehr vorschreiben lasse, was „man tut oder auch nicht“. Jeder findet seinen eigenen Weg und das ist gut so. Trauer liest man nicht an dunkler Kleidung oder verheulten Augen ab, Trauer ist innen. Niemand darf und sollte sich seinen Weg vorschreiben lassen, da bin ganz bei dir. Danke.

@Lerana
Ja, es muss ein annehmen geben, damit ein loslassen möglich ist. Meine Tochter fragte mich, warum alles so schnell wieder einen (anscheinend) normalen Gang hat. Ich sagte ihr, weil das beim verdrängen hilft. Nur verdrängen tut auf Dauer nicht gut. In meiner eigenen Familie tragen wir es gemeinsam. Meine Kinder haben mich am Tag der Nachricht nicht Auto fahren lassen, beide waren für mich da. Ich liebe sie sehr. Deine Wünsche tun mir gut.

@dys
Sie wird kommen die Trauer. Derzeit spüre ich sie in meinem Körper, in meinem Kopf, nicht jedoch in mir drin. Da ist nur ein riesiges großes hohles Loch. Hab dank für deine Worte.

@FönX
Ich bin Clown nicht böse, ich weiß wer da schreibt und ich weiß wie sie schreibt. Eine Steilvorlage kann ich nicht erkennen, aber mein Blickwinkel ist sicher auch ein anderer. Mir fehlt es nicht an Bereitschaft zur Trauer, ich musste leider schon viel betrauern in meinem Leben. Ich sprach lediglich von Gefühlen die ich derzeit nicht spüren kann. Für mich gibt es keine „offensichtlich seltsamen Reaktionen“ in Bezug auf Trauer. Jeder hat einen eigenen Weg mit dem Verlust umzugehen. Keine Sorge ich werde meinen finden.

@KE
Den einen Trost wird es nie geben. Ich sehe es wie du auch, das Zusammenstehen ist etwas was helfen kann. Wie soll man eine Mutter trösten die ihren einzigen Sohn verliert, nachdem sie schon ihren Mann zu Grabe tragen musste. Dafür gibt es keine Worte. Ich gebe meiner Schwägerin bei jeder Gelegenheit die Info das ich für sie da bin. Jederzeit. Das ich mit ihr Schweige, mit ihr weine oder mit ihr rede, wann immer sie es möchte. Mitgefühl ist ein sehr guter Trost, dank an dich.

@clown
Du hast Ehrfurcht? Vor was? Das mein Bruder und sein Sohn gestorben sind? An welche Mächte denkst du dabei? Ehrlich ich verstehe deine Beiträge an mich nicht. Die Bemerkung ob es mir gut getan hat auszusprechen, dass ich ärgerlich war finde ich genauso daneben wie die zu den Benzos. Aber das bist halt du, ich nehme dir das nicht übel, so schreibst du. Ich frage mich, tut dir so zu schreiben gut, tut es dir gut die Reaktionen zu lesen. Mir liegt es fern, hier und jetzt oder überhaupt zu diskutieren, du bist die einzige die keine eigene Gefühlregung in ihre Postings gepackt hat.

@Karl
Mein Verstand sagt mir auch, dass es keine Strafe für was ist. Mein Gefühl jedoch sieht es anders. Leider. Auch das gehört zu meinen Symptomen. Es ist schwer für mich hier der Realitätsüberprüfung zu glauben. Was Clown betrifft, so sehe ich es genauso wie du. Ich bin immer froh wenn ein weiterer Mensch Dinge sieht wie ich auch, denn oft will oder kann ich meinen Empfindungen nicht trauen. Ein weiterer Punkt auf meiner endlosen Symptomliste. Vielen Dank an dich.

@Rosalie
Keiner von uns konnte es glauben. Ich musste mehrmals nachfragen, wer wirklich gemeint war. Die Angehörigen die ich verständigen musste dachten alle mein Vater sei gestorben. Alle waren fassungslos, sprachlos, ohnmächtig ob dem Geschehen. Ein junger Mann mit Plänen für die Zukunft, Hochzeit, Haus. Niemals kann man so was verstehen. Am schlimmsten ist, dass dies nicht so vorgesehen ist, dass Eltern in das Grab ihres Kindes sehen müssen. Nein, das ist nicht so vorgesehen. Und dennoch es ist die schreckliche Realität. Es stimmt voll und ganz was du schreibst, das gleiche habe ich auch gesagt. Wenn jemand erkrankt ist, hat man noch gemeinsame Zeit, nicht unendliche, aber Zeit. Hier ist heute noch alles in Ordnung und am nächsten Tag möchte man, dass die Erde still steht. Danke für deine Wünsche, Kraft werde ich noch viel brauchen.

@chrigu
Das Funktionieren hat auch einen Vorteil, ich bin im Handeln, ich bin eingespannt in die Dinge die getan werden müssen, also bin ich aufrecht und nicht unter einer Decke verkrochen, auch wenn ich mich da viel wohler fühlen würde. Für die Hinterbliebenen ist es immer schlimm, denn sie müssen mit dem Verlust leben, damit zu recht kommen. Die Frage ist nur wie? Er ist mein Neffe, also ein kleines Stück weiter weg wie die Mutter, der Pate, die Großeltern, die Freundin. Wenn man es so sieht habe ich einen einfacheren Part. Er war so ein lieber Kerl, wir wollten eigentlich immer eine gemeinsame Motorradtour machen, weil er so baff war, dass ich so spät meinen Führerschein noch gemacht habe. Er hat so ein einnehmendes Lächeln, das er immer auf den Lippen hat. Er ist der Typ von Schludrichkeit und offenem Herzen, ein super Typ. Ein Bro ein Hoodie. Sorry, muss aufhören, dass passt jetzt auch nicht hierher. Danke für deine Worte.

@Hagebutte
Ja wattig ist ein guter Ausdruck. Mein Vater ist eine eigene Marke, aber auch hier waren wir alle. Zuerst ich mit meiner Schwägerin, dann sind meine Kinder dazugekommen und dann der Rest. Ich tröste mich ein wenig mit dem Gedanken, dass wir nicht gefragt werden ob wir geboren werden wollen und auch nicht gefragt werden ob wir gehen wollen. Leider ist das der Kreis des Lebens. Es soll alles einen Sinn haben? Beim Tod meines Neffen versteckt er sich gut, denn ich kann ihn weit und breit nicht erkennen. Dank für deinen Zuspruch.

@Flocke
Ich mail dir im laufe des Tages zurück.



Alles was geschieht und uns zustößt, hat einen Sinn,
doch ist es oft schwierig, ihn zu erkennen.
Auch im Buch des Lebens hat jedes Blatt zwei Seiten.
Die eine, die obere, schreiben wir Menschen, mit unserem Plänen, Wünschen und Hoffen,
aber die andere füllt die Vorsehung, und was sie anordnet, ist selten unser Ziel gewesen. Nisami



Danke das ihr da seit,
Kaitain
ghm
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Registriert: 25. Dez 2010, 12:38

Re: Spüre meine Trauer nicht

Beitrag von ghm »

Hallo kaitain,

wenn Du gut mit inneren Bildern arbeiten kannst, dann "erschaffe" Dir doch eine Person, bei der Du Dich anlehnen kannst.

In meinen schlechtesten Zeiten hatte ich ein Stofftier, ein Marsupilami (auch als Personersatz), meine Kuscheldecke und mein Kuschelkissen
~~ Göttin, lass es Hirn vom Himmel regnen (und nimm den Menschen die Regenschirme weg) ~~
melancholia41
Beiträge: 408
Registriert: 17. Dez 2010, 19:39

Re: Spüre meine Trauer nicht

Beitrag von melancholia41 »

ach weißt du kaitain...die Leute...

zu uns kamen sie auch Haufenweise...sie wollten sicher nur nett sein, aufmerksam sein...keiner redet mit Absicht Blech...Es ist so eine Hilflosigkeit...man möchte was nettes sagen, aber eigentlich gibt es nichts "richtiges"
Viele Freunde meines Bruders kamen zu Besuch, um uns ihr Mitgefühl auszudrücken...aber ich habe allen die Hilflosigkeit angesehen...es war für beide Seiten einfach zu VIEL
Meiner Mutter hat es glaube ich gut getan, das so viel seiner Freunde da waren um ihr ein wenig beizustehen.

Die ersten zwei Wochen war ich garnicht in der Lage, bei meinen Eltern aufzuschlagen....meine Angststörung war völlig eskaliert, und mein Psychiater wollte mich in die Klapse einweisen.Bin damals gerdae noch mal so dran vorbei geschlittert.

Vor ein paar Wochen, als wir an einem Sonntag alle zusammen bei meinen Eltern waren, fragte plötzlich mein kleiner Neffe (2,5J) warum denn der Onkel xy nicht mehr mit uns essen tut. Ich habe wieder einen Angstschub bekommen, wir mussten uns alle so zusammenreißen...wir alle saßen völlig erstarrt am Esstisch, und jeden war es zum Heulen zumute, als der Kleine uns so unverblümt und erwartungvoll angesehen hat und auf eine Antwort wartete.
Wir haben ihn dann erklärt: Der der Onkel xy sitzt jetzt auf einer Wolke und wacht über dich...weil du doch immer soviel Blödsinn machst...und jetzt hast du jemanden der auf dich aufpasst.

Zu einer sinnvolleren Antwort waren wir in dem Moment nicht in der Lage.

Gruss Mel
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