Diagnose?

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Hagebutte
Beiträge: 198
Registriert: 11. Jun 2009, 15:44

Diagnose?

Beitrag von Hagebutte »

Hallo an alle,

ich habe mal eine Art Umfrage. Im Grunde eine Frage, die mich schon lange beschäftigt:

Wer hat Eure Diagnose gestellt? Psychologe, Psychiater, Hausarzt oder vielleicht Ihr selbst?
Wer hat Euch z.B. gesagt, dass Ihr an einer Depression leidet?
Und wie wichtig ist es für Euch, die genaue Diagnose zu kennen?

Ich würde mich wirklich freuen, wenn ich mir ein Bild machen könnte, da ich in den letzten Jahren nur die Aussage meines Hausarztes habe. Als Jugendliche machte ich eine kurze Therapie wegen Ängste, aber eine Diagnose habe ich nicht bekommen (hat aber geholfen, damals).
Desweiteren habe ich mich durch Bücher und eigenen Recherchen informiert.

Lieben Gruß,
Hagebutte
qwertz
Beiträge: 27
Registriert: 17. Apr 2012, 22:43

Re: Diagnose?

Beitrag von qwertz »

Hallo Hagebutte,

den ersten Verdacht hat meine Betreuerin geäußert (übers Jugendamt, habe 9 Monate in einer Jugend-WG gewohnt). Sie ist dann einmal mit zur Psychotherapie gekommen, und meine Therapeutin hat ihr zugestimmt. Da hatte ich aber selber schon den Verdacht, dass mit mir "nicht alles in Ordnung" ist. Von meinem Psychiater, zu dem ich dann überwiesen wurde, habe ich die Diagnose "rezidivierende depressive Störung (F33)" bekommen, die auch auf einigen Attesten auftaucht. Mein Hausarzt hatte damit garnichts zu tun, weil ich über die Therapie den Termin beim Psychiater bekommen habe. Dieser "Prozess" von der Vermutung zur Diagnose hat so ca. 2 Monate gedauert.

Wichtig war die Diagnose für mich, weil ich mich mit einem Problem besser auseinandersetzen kann, wenn es einen Namen hat. So konnte ich mich genauer informieren, habe u.a. dieses Forum gefunden und hatte endlich einen logischen Grund für meine vielen Fehlzeiten etc. Ich konnte aufhören, mich für mein "Versagen" zu schämen und mich immer wieder schuldig zu fühlen.

Liebe Grüße
qwertz
Sonnenschein08
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Registriert: 9. Mai 2012, 18:42

Re: Diagnose?

Beitrag von Sonnenschein08 »

Hallo Hagebutte,

die 1. Diagnose hat mein Hausarzt gestellt, da dieser mein erster Anlaufpunkt war. Anschließend hat die Psychiaterin die Diagnose nochmal bestätigt.

Bei mir hatte mich eine Arbeitskollegin darauf angesprochen. Ich habe mich dann etwas informiert, aber wollte es nicht ganz so wahr haben und bin somit aus allen Wolken gefallen als mein Hausarzt mir die Diagnose gesagt hatte.

Mir ist es schon recht wichtig die Diagnose zu kennen, denn somit kann ich mich damit auseinandersetzen. Welche genaue Depression ich habe weiß ich nicht. Mir wurde lediglich Depression genannt.

Hoffe das ich dir helfen konnte.

Viele Grüße
Sonnenschein
lae
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Registriert: 14. Feb 2012, 12:37

Re: Diagnose?

Beitrag von lae »

Hallo Hagebutte,

über die Schwierigkeiten (Unmöglichkeit)psychiatrischer Diagnosen habe ich mich an dieser Stelle schon mehrfach ausgelassen. Da ich mehrere Psychiater aufgesucht habe, habe ich natürlich auch mehrere Diagnosen. Sie reichen von "Die schlimmste Depression, die ich jemals gesehen habe!" bis "Was soll das sein: eine Depression? Sie wissen gar nicht was das ist, eine Depression!"

Diagnosen sind in meinen Augen auch nur nötig für Gutachten im Umgang mit Behörden.

Für das tägliche Leben interessiert mich nur: unter welchen Symptomen leide ich (ein anderer oder die Umwelt)); kann ich was dagegen tuen oder muss ich es akzeptieren; wenn ich meine, etwas dagegen tuen zu können, verbessert es das Symptom wirklich oder ist es nur Aktivismus, weil ich glaube, die Realität nicht aushalten zu können und verschlimmert es evtl. die Situation in Wirklichkeit?

Seit dieser Einsicht vor über 16 Jahren habne ich keinen Rückfall mehr gehabt und brauchte auch keinen Psychiater oder Therapeuten mehr. Ich fühle mich im Umgang mit meiner Krankheit sehr sicher.

Fazit: Am Ende müssen wir die Verantwortung für unsere Krakheit wie für unser Leben selbst übernehmen und keiner, auch kein "Experte", kann sie uns abnehmen.

laetitia
Dendrit
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Re: Diagnose?

Beitrag von Dendrit »

Hallo Hagebutte,

den ersten indirekten Hinweis beikam ich von einem Neurologen (war sowas wie Vertrauensarzt). Also er erklärte mir, weil ich eine neurologische Krankheit hab, bin ich bei einem Facharzt, der sich Neurologe nennt. Wenn ich psychisch krank bin, muss ich zu einem Facharzt, der sich halt "Psychiater" nennt - gibt halt keine andere Bezeichnung. Und dass es nichts schlechtes ist, wenn ich dort hin gehe. (Ich hatte ihm irgendwas erzählt, wg. meiner Psyche.) Also hat schon mal den Weg bereitet, zu einem Psychiater zu gehen.

Direkt diagnostiziert wurde als "affektive Störung" in der Geschlossenen (von einem Psychiater also). Da ich mit der Uni gute Erfahrungen machte, ging ich nach einem regionalem Umzug dort in die nächste Uni. Dort musste dann "überprüft" werden, ob uni- oder bipolare Störung, dass ich zum richtigen Arzt komm.

Später war ich in einer Klinik, die schrieben sonst welche Diagnosen auf, mit denen ich mich gar nicht identifizieren konnte. Ich hatte sogar Angst, dass der Psychiater mich abwertender behandelt/mit mir redet. Aber er meinte, ihm ist es relativ egal, was die da reinschrieb, denn er kenne mich schon seit Jahren und die nur 8 Wochen.

Obwohl mein HA top war und der jetzige ist, hat er mich nie direkt auf Depri angesprochen.

Den Punkt wg. genauer Diagnose hab ich vergessen: wichtig ist mir das schon, um mich selbst identifizieren zu können. Kann ich das nicht, kann ich auch die Diagnose nicht annehmen und bedeutet Gespräch mit dem Arzt.

LG, Manuela
wütend

Re: Diagnose?

Beitrag von wütend »

Liebe Hagebutte

ich halt es für sehr wichtig, seine Diagnosen zu kennen und auch zu hinterfragen.
Denn nur so bin ich in der Lage zu beurteilen ob mein Therapie angemessen ist. Oder ich mir lieber einen anderen Theraputen suchen sollte.

Meine Diagnosen

erster Psychiater 2004:
- Dysthymia,
- generalisierte Angststörung,
- schwere depressive Episode mit leichten psychotischen Symptomen ( F32,2 - F32.3)
.

zweiter Psychiatiker u. erster Psychotherapeut (TfP) in Personalunion 2005:
- Dysthymia,
- rezidivierend depressive Störung, schwere Episode gegenwärtig remitiert,
- Nazisstische Persönlichkeitsstruktur
.

zweite Psychotherapeutin (VT) 2008:
- rezidivierend depressive Störung, mittelgradig Episode gegenwärtig remitiert,
- Dysthymia
- kombinierte PS (BPS + NPS)
- 2009 hat mir diese Therapeutin dann mitgeteilt, das eine PS nicht vorliegt.
- 2010 von dieser Therapeutin diagnostiziert:
rezidivierend depressive Störung gegenwärtig mittelgradig Episode
.

dritter Psychiater 2009:
- rezidivierende depressive Störung gegenwärtig mittelgradige Episode
- Dysthymia

Januar 2012
- Dysthymia von selben Psychiater aufgehoben
- rezidivierende depressive Störung mittelgradige Episode, gegenwärtig remitiert.
.

erster Psychotherapeut(2005) im Januar 2012:
- Dysthymia aufgehoben
- rezidivierende depressive Störung mittelgradige Episode, gegenwärtig remitiert.
MKMUC
Beiträge: 8
Registriert: 29. Okt 2011, 14:07

Re: Diagnose?

Beitrag von MKMUC »

Hallo,
den ersten Verdacht hat bei mir ein Internist, den ich wegen meiner Schlafprobleme aufgesucht habe; der hat mich ganz schnell an eine Psychiaterin verwiesen (war im selben MVZ), die dann beim ersten Termin die Diagnose Depression gestellt hat, zu diesem Zeitpunkt noch ohne Schweregrad, weil sie zuerst davon ausging, dass es sich um eine kleinere Anpassungsstörung handelt.
Als sich aber über Monate keine Besserung einstellte, sondern eher das Gegenteil, gings dann über mittelschwere D. bis zur schweren (F32.2).
Nach einem Klinikaufenthalt wurden mir letzten Jahr im Herbst nur noch minimale Symptome bescheinigt, aber leider war das nur von kurzer Dauer; in der gewohnten Umgebung war leider bald das meiste wieder da; aber in der Klinik habe ich gelernt, 1. mit der Depression umzugehen und 2. den Zustand zu akzeptieren (die meiste Zeit wenigstens).
Eine konkrete Diagnose zu haben, war mir schon wichtig, dann hatte das Kind wenigstens einen Namen, war die erste Erleichterung, auch wenn ich am Anfang so meine Zweifel hatte, unter Depression hatte ich mir immer was anderes vorgestellt, depressiv, das waren ganz andere Leute, aber ich doch nicht.
Aber gerade die fixe Einteilung bei der Diagnose, Hauptsymptome, Nebensymptome, soviel davon, soviel davon, macht die Krankheit für mich viel fassbarer.
Viele vor allem in meinem beruflichen Umfeld wollen das lieber Burnout nennen, aber das ist ein Begriff, mit dem ich gar nichts anfangen kann, weil er a. (finde ich) den Zustand viel zu wenig beschreibt und b. weil jeder darunter was anderes versteht.
Also bin ich depressiv, basta.
DYS-
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Re: Diagnose?

Beitrag von DYS- »

Wer hat Eure Diagnose gestellt? Psychologe, Psychiater, Hausarzt oder vielleicht Ihr selbst? ---> Erst ich selbst, dann Hausarzt.

Wer hat Euch z.B. gesagt, dass Ihr an einer Depression leidet? -----> Ein sehr eng befreundeter Arzt. Aber im privaten Gespräch.

Und wie wichtig ist es für Euch, die genaue Diagnose zu kennen? ----> Über einige Diagnosen schmunzel ich. Ich habe schon Diagnosen bekommen damit mir der Arzt gewisse Medikamente verordnen darf. Oder damit gewisse Therapieformen vor der Krankenkasse gerechtfertigt sind.
Wenn einem die Diagnose wichtig ist, sollte man sich weniger auf das verlassen was in Gutachten oder Arztbriefen steht, sondern man soll sich mit dem behandelnen Arzt unterhalten.
°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°

Gerade weil wir alle in einem Boot sitzen,

sollten wir heilfroh darüber sein,

dass nicht alle auf unserer Seite stehen.
Vaf-2Gal
Beiträge: 134
Registriert: 18. Dez 2011, 12:21

Re: Diagnose?

Beitrag von Vaf-2Gal »

Mir war selbst klar, dass ich eine Depression habe. Wurde dann vom Hausarzt bestätigt.
Mit stellte sich dann die Frage Depression oder Burnout? Aber da streiten sich ja die Geister, ob Burnout einfach eine Erschöpfungsdepression ist oder ob die Depression ein Zeichen eines fortgeschrittenen Burnouts ist.
Ich habe für mich beschlossen, dass mir die Antwort egal ist. In der Klinik bekam ich als Abschlussdiagnosen: Depression, Burnout und nichtorganische Schlafstörung.

LG
Lächeln
Hagebutte
Beiträge: 198
Registriert: 11. Jun 2009, 15:44

Re: Diagnose?

Beitrag von Hagebutte »

Vielen, vielen Dank Euch allen

Ich habe alle Beiträge 2 x durchgelesen und bin überrascht über die Antworten. Das muss ich erstmal sacken lassen, bevor ich Euch nochmal dazu schreibe. Mir ist so einiges eingefallen beim Lesen.

Danke für Eure Offenheit
Hagebutte
FrauRossi
Beiträge: 3165
Registriert: 2. Jul 2011, 11:23

-

Beitrag von FrauRossi »

Lerana
Beiträge: 2088
Registriert: 4. Feb 2012, 18:42

Re: Diagnose?

Beitrag von Lerana »

Hallo Hagebutte,

angefangen hat alles, weil ich zu einer Therapeutin gegangen bin, da ich ständig Streit mit meinem Partner hatte. Ich konnte einfach nicht entscheiden, ob ich mich trennen sollte oder nicht.

Meine Therapeutin hat mir dann ziemlich schnell gesagt, dass der Partnerschaftskonflikt nur ein Nebenschauplatz ist. Ich war über ihre Fragen ungemein verblüfft. Es ging da nur um mich. Ich wusste damals nicht, wie es mir geht (Überkompensation ahoi!). Ich war überrascht, als ich mich sagen hörte: Mich gibt es zweimal: Einmal so (selbstbewusst, stark, zeilorientiert) und einmal mein verzweifeltes Ich, das niemand kennt, oder: Ich habe ständig weiche Knie, manchmal wünschte ich mir, ich läge im Krankenhaus, dann müsst ich nichts mehr tun, oder: Oft sitze ich dann da und weiß, ich müsste jetzt etwas tun abe ich kann einfach nicht, oder: Ich will sterben.
Am Anfang hieß es dann: Anpassungsstörung mir depressiver Reaktion (Ich war mir sooooooo fremd damals. Das passte nicht zu meinem Selbstbild der starken Retterin.)

Dann ging ich zur Psychiaterin. Die diagnostizierte dann eine Depression in mittelgradiger Episode. Das ist die letzte, aktuelle Diagnose von vor vier Monaten.

Die erste Diagnose hat mich überrascht. Ich war mir so fremd, dass ich gar nicht wusste, wie schlecht es mir geht. Nur die körperlichen Symptome konnte ich beschreiben: weiche Knie, zittrige Hände, Herzrythmusstörunge. Aber mein Innenleben; das kannte ich nicht.

Die Diagnose bei der Psychiaterin hat mich dann nicht mehr überrascht.* In der Therapie habe ich gelernt, mich zu spüren. Das durfte ich früher nie. Ich musste immer fröhlich und stark sein, damit meine Mutter nicht unglücklich war. Aber mit dem Mich-Kennenlernen wurde mir auch bewusst, wie schlecht es mir eigentlich geht. Das war eine schwierige Zeit. Meine Therapeutin sagte damals, als ich sie fragte, ob ich nicht doch wieder in die Überkompensation zurück könnte, denn da hätte es wenigstens nicht so weh getan: Aber jetzt können wir uns endlich um ihren Kummer kümmern.
Und das haben wir und jetzt geht es mir sooooo viel besser und ich bin sooo viel authentischer!

*Jetzt, wo ich darüber nochmal nachgedacht habe, hat mich die Diagnose dann doch noch mal überrascht. Ich habe geadcht, ich verliere den Verstand, so wollte ich nicht sein. Es war ein langer, sehr schwieriger Weg, mich so anzunehmen, wie ich damals war, traurig, angstvoll, depressiv.

Herzliche Grüße
Lerana
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)
Hagebutte
Beiträge: 198
Registriert: 11. Jun 2009, 15:44

Re: Diagnose?

Beitrag von Hagebutte »

Hallo Ihr Lieben,

Ihr habt mir ein Stück weiter geholfen auf meinem Weg. Nämlich, was ich will, und was ich nicht will. Ihr fragt Euch vielleicht, wo ist denn die Verbindung. Ähnlich habe ich mich auch gefragt, warum mir Eure ganz persölichen Diagnosegeschichten (die mich sehr berührt haben!)so wichtig sind.

Es ist so, dass ich MEINE Geschichte als Außenseiter sah. Was mit mir seit Jugend los war/ist, habe ich aus Büchern erst viel später herausgefunden. Mein Hausarzt hat mir dann Depression/Angststörung bestätigt.
Vor gar nicht so langer Zeit ist mir dann klar geworden, dass meine Depression chronisch ist und ich als junges Mädchen Zwankgsgedanken hatte - die in leichter Form immer noch vorhanden sind, aber sie haben den Schrecken für mich ziemlich verloren. Wie ich hier schon gelesen habe: Das Kind hat einen Namen.

Eigentlich hatte ich vor, den Arzt zu wechseln. Und dann auch wieder nicht. Ich konnte einfach zu keinem Ergebnis kommen. Vorläufig ist die Entscheidung in weiter Ferne gerückt. Eure offen Beiträge haben mich in die Realität katapultiert, und die sagt mir: Es ist in Ordnung, so wie es ist

Ihr glaubt nicht, welchen Gefallen Ihr mir getan habe...auch wenn Ihr trotz meiner Erklärungsversuche dem nicht ganz folgen konnte.

Lieben Gruß
Hagebutte
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