Eigentlich ist doch alles gut ...

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Hannah70
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Eigentlich ist doch alles gut ...

Beitrag von Hannah70 »

... oder doch nicht?

Guten Morgen erst einmal.

Ich bin hier gelandet, um ein wenig mehr über mich selbst und über das, was gerade mit mir passiert, herauszufinden.
Ich bin 41, habe zwei tolle Söhne und arbeite Teilzeit als Kundenbetreuerin, also mit Headset auf dem Kopf
Ich merke seit Jahren, dass es mir nicht mehr wirklich gut geht. Der Antrieb wird immer weniger und ist jetzt fast auf 0. Ich schlafe schlecht ein und seit Jahren nicht mehr durch, stehe also eher so auf, als habe ich einen Marathon gelaufen, statt geschlafen. Wirre Träume, die hin und wieder auch noch dazu kommen, tun ihr Übriges.
Beim Hausarzt wurde ich nach Blutentnahme und einem "sieht doch eigentlich Alles recht gut aus" immer wieder abgewiesen. Lediglich gegen meine aus dem Stehgreif diagnostizierten Restless Legs bekam ich Medikamente, die auch nur bedingt helfen.
Momentan bin ich an dem Punkt, an dem ich nur noch funktioniere und das auch schon recht lange. Ich stehe eigentlich nur noch wegen der Kinder auf und mir fällt alles unendlich schwer. Es bleibt immer mehr liegen und ich immer mehr auf der Strecke.
Es gibt nur noch sehr wenig, was mich erfreut, aber vieles, was mich traurig oder wütend macht.
Ich ziehe mich immer weiter zurück und möchte nicht unter Menschen sein.
Ich habe jetzt meinen Hausarzt gewechselt und hatte das Glück, an jemanden zu geraten, der im Anschluß an ein 45 minütiges Gespräch sagte, er würde den Weg gern mit mir gehen und sich für mein Vertrauen bedankte. Das erste Mal fühlte ich mich ernst genommen. Dieses Gefühl habe ich sonst bei niemanden, nicht mal bei meinem Mann.
Ich verließ die Praxis mit einer Krankschrift für (wie er mir sagte) vorerst 2 Wochen und einer Überweisung zum Psychiater. Wegen einem Psychologen bin ich schon - leider bisher erfolglos - seit Tagen am telefonieren, werde mich aber wohl jetzt auf eine der Wartelisten setzen lassen und vorerst eine Ambulanz in der nächstgrößeren Stadt als Übergang nutzen. War auch ein Tipp des neuen Arztes.
Er stellte viele, sehr punktgenaue Fragen und brachte mich mit dem Gespräch ins Nachdenken, was einerseits schmerzlich, andererseits aber hilfreich war.
Mir ist seitdem bewusst, dass sich das Ganze schon viel, viel länger aufgebaut hat, als ich dachte, und das ich eigentlich noch Ballast aus Kindertagen mit mir rumschleppe, von dem ich dachte, es sei "für mich erledigt".
Es scheint für mein Umfeld unverständlich zu sein, dass ich jetzt einbreche, wo ich doch immer so "stark" war.
Da werden Schuldfragen von meinem Mann gestellt, die ich mir garnicht stelle und die ich auch irrelevant finde. Es geht doch nicht um Schuld ...
Ich möchte gern wieder wirklich lachen können und Freude an kleinen Dingen haben. Diese Grübelei macht mich mürbe und bremst mich aus dem Leben raus.
Hm, viele Gedanken. Ich lese mich hier jetzt erstmal weiter ein.

LG

Hannah
DYS-
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Re: Eigentlich ist doch alles gut ...

Beitrag von DYS- »

Guten Morgen Hannah

Da hast Du ja einen super Hausarzt gefunden! Gratulation!

Was mir aber sofort ins Auge sprang war das Restless Leg Syndrom. Und das Gefühl morgens aufzuwachen, als seist Du einen Marathon gelaufen.

Ich an Deiner Stelle würde das mal von einem Schlafmediziner abklären lassen! Sonst kannst Du noch so viel Gespräche führen oder auch Antidepressiva nehmen, es wird nicht besser wenn Du nachts keine Ruhe bekommst!

So meine spontane Idee!

Gruß dys
°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°

Gerade weil wir alle in einem Boot sitzen,

sollten wir heilfroh darüber sein,

dass nicht alle auf unserer Seite stehen.
bibo
Beiträge: 359
Registriert: 13. Jan 2012, 10:54

Re: Eigentlich ist doch alles gut ...

Beitrag von bibo »

Liebe Hannah70!

Erst einmal herzlich willkommen hier im Forum!
Ich kann Deine Empfindungen und Gefühle gut nachvollziehen. Ich denke, dass es vielen hier so oder so ähnlich ergeht wie Dir.
Ich bin 43 Jahre alt, zwei Kinder und bin verheiratet. Vor fast 4 Jahren hatte ich einen Einbruch und habe mir Hilfe gesucht. Oft dachte ich ähnlich" Es ist doch alles gut", aber eben nicht. Ich habe mühsam für mich lernen müssen, dass ich mehr für mich tun muss. Nach außen sieht alles gut aus und ich habe sehr lange eine Fassade aufrecht erhalten bis es nicht mehr ging. Du hast einen Arzt gefunden, der Dich unterstützt. Das ist wirklich toll!
Außerdem hast Du Dich auf die Suche nach weiterer Hilfe gemacht. Ich weiß selber, wie schwierig es ist zeitnah einen Platz beim Psychologen zu bekommen.
Mein Ehemann hat sich auch schwer getan meinen Zustand zu verstehen, aber mit der Zeit und seit gemeinsamen Gesprächen mit meinem behandlenen Psychiater hat er mehr Verständnis. Es ist oft ein mühsamer Weg, aber ich finde er lohnt sich! Außerdem hast Du den ersten großen Schritt getan und hast Dir Hilfe organisiert.
Ich drücke Dir die Daumen, dass Du sehr bald einen Termin beim Psychologen wie auch Psychiater bekommst.

Viele Grüße
bibo
Lerana
Beiträge: 2088
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Re: Eigentlich ist doch alles gut ...

Beitrag von Lerana »

Hallo Hannah,

>>Momentan bin ich an dem Punkt, an dem ich nur noch funktioniere und das auch schon recht lange.<<
Da Gefühl kenn ich auch von mir. Ich habe oft gedacht, mich gibt es in Wirklichkeit gar nicht mehr. Ich bin nur meine eigene To-do-Liste.

Aber ich finde, du machst das genau richtig. Hol dir Hilfe, denn mit Unterstützung kannst du dich ganz bestimmt wieder freuen.

Auch ich erlebe noch Höhen und Tiefen, aber vor ca. zwei Wochen habe ich im Auto gesessen und gedacht: Das Leben ist schön! Das zu deknen und auch noch zu empfinden, war toll!

Ich wünsche dir viel Zuversicht auf deinem Weg. Die ersten Schritte gehen genau in die richtige Richtung.

Herzliche Grüße
Lerana
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)
Hannah70
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Registriert: 14. Apr 2012, 10:02

Re: Eigentlich ist doch alles gut ...

Beitrag von Hannah70 »

So, hier die aktuellste Rückmeldung:

Der Psychiater war recht nett. Auch hier gab es wieder viele Fragen.
Schlussendlich habe ich Mirtazapin verschrieben bekommen. Ich soll mit 6 Tagen à 15 mg starten und dann auf 30 mg hoch gehen. Einnahme am Abend so eine gute Stnde, bevor ich sonst ins Bett gehe. Schaun wir mal.

@ dys: die Restless Legs waren auch Thema. Ich habe ihm geschildert, wie ich es empfinde, also eher ein heftiges Spannungsgefühl in den Beinen, wie kurz vor einem Krampf. Ich fange dann an, mit dem Fuß zu wippen, was manchmal recht heftig ist und nicht hilft. Immer helfen tut Aufstehen und umher gehen. Allerdings ist es so, dass die Medikamente, die ich hier bekomme meiner Einschätzung nach eher wenig helfen. Es ist vollkommen egal, ob ich sie regelmäßig oder sporadisch in einem akuten Schub nehme. Die Schübe kommen auch trotz regelmäßiger Einnahme. In Absprache mit dem Psychiater lasse ich sie erstmal komplett weg und bei meinem nächsten Termin in knapp 2 Wochen sehen wir dann weiter.



Ansonsten war es heute ein ermüdender Tag, der von Terminen geprägt war und ich bin gerade vollkommen fix und alle und werde gleich couchen gehen.

@ bibo: die Fassade steht nach aussen immer noch und dafür bin ich momentan auch dankbar. Ich habe nicht wirklich die Energie, jetzt auch noch auf Fragen zu antworten und auch noch das Gefühl zu haben, mich rechtfertigen zu müssen. Momentan entscheide ich noch, mit wem ich rede und mit wem nicht und das ist auch gut so.
Auf der Arbeit habe ich einen tollen Teamleiter, der mein vollstes Vertrauen genießt. Er weiß ein wenig mehr, aber das bleibt auch bei ihm und ich muss mir keinerlei Sorgen machen.
Hm, mein Mann ist ein etwas anderes Thema. Es gab hier schon mehr als einmal - scheinbar auf beiden Seiten - das Gefühl, es geht nicht mehr und eine Trennung wäre besser. Eigentlich aus dem Gefühl heraus, missverstanden zu sein. Es ist wahnsinnig schwierig mit ihm zu reden. Er interpretiert alles anders, als ich es sage und legt das meiste als Vorwurf oder Angriff aus, auch wenn ich betone, es nicht als solche zu meinen.
Ich denke, die Idee mit einem gemeinsamen Gespräch beim Psychiater/Psychologen ist garnicht schlecht. Selbst habe ich schon daran gedacht, evtl. so eine Art Buch anzulegen, wo jeder von uns reinschreibt, weil die schriftliche Kommunikation erstaunlicherweise meist deutlich besser ist, als die verbale.

@ Lerana: wie schön, mich freut Dein Gedanke sehr und gibt mir Hoffnung, irgendwann auch wieder spontan so denken zu können. Ich habe überlegen müssen, wann ich mich das letzte Mal einfach so wohl in meiner Haut gefühlt und meine Umgebung wirklich wahr genommen habe. Das ist lange her. Ich habe vor langer Zeit mal sehr gern fotografiert und konnte mich ewig mit einer kleinen Hummel als Motiv beschäftigen, die mich einfach nur zum Lächeln brachte. Diese Motivation fehlt mir derzeit komplett und meine Kamera staubt langsam aber sicher vor sich hin.
Die lebendig gewordene To-Do Liste ... das beschreibt es sehr gut. Lange war ich mir dessen nicht bewusst bzw. es war mir egal, aber ich bin jetzt soweit, dass es mich nervt, über meine Kraft geht und ich mich am liebsten, wie ein kleines Kind in der Trotzphase, auf den Boden werfen mag und einfach nur "wiiiiiiiiiiiilllllll nicht" schreien möchte. Reizvoller Gedanke und vor allem die Vorstellung an die Reaktion der Umgebung ....
Hannah70
Beiträge: 25
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Re: Eigentlich ist doch alles gut ...

Beitrag von Hannah70 »

Heute nur ganz kurz, da ich schlichtweg nicht kann: hab nen Totalabschuß von den ADs und kämpfe mich hier heute regelrecht durch den Tag. Die Nacht war grauenhaft, da ich zwar mehr als müde war, aber dank meiner verrückt spielenden Beine fast nicht schlafen konnte. Das habe ich dann den Tag über dafür etappenweise getan.

Hoffe, morgen geht es schon deutlich besser. Hatte mich eingelesen und war gottseidank auf die Eingewöhnungsphase mit den Medis vorbereitet.
pero
Beiträge: 970
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Re: Eigentlich ist doch alles gut ...

Beitrag von pero »

Hallo Hannah,
werte das nicht negativ.
Ich hatte im letzten Jahr einen Zusammenbruch und habe die ersten Tage mit AD's fast nur geschlafen.
Die Zeit davor hatte ich mich so unter Stress gesetzt das mein Körper ständig unter Strom stand und so auch die letzten Energiereserven verbrannt.
Durch die AD's hat sich der Körper das geholt was er brauchte, und das war Ruhe und Erholung.

Vielleicht ist es bei Dir ähnlich.
Ich freue mich für Dich das Du so einen guten Arzt gefunden hast. Für mich ist das der beste Start zu einer Veränderung.


Und Du hast recht, es geht nicht um Schuld. Es geht nur darum was wirklich passiert, da ist es egal wer daran "Schuld" ist.
Meist ist das eine Sache von 2 Menschen, der eine der es macht und der zweite der es bei sich zulässt. "Schuld" sind dann eigentlich beide... oder keiner?

Häufig hat es damit zu tun das man die Konsequenzen des Handelns nicht richtig sieht.

Aber ich glaube das Du auf dem richtigen Weg bist.
Mach so weiter.

lg
pero
Was die Raupe Ende der Welt nennt, nennt der Rest der Welt Schmetterling.
Doscho
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Re: Eigentlich ist doch alles gut ...

Beitrag von Doscho »

hallo hannah,
dein job als kundenbetreuerin...ist das nicht zugleich verkäuferin? stehst du unter Leistungsdruck? - Deine Geschichte klingt ähnlich wie die Meinige.... war Banker 31 Jahre lang....aber sicher 10 jahre zu lang.

vielleicht wäre es auch hilfreich, wenn nicht nur du dich hier einliest... zeige doch diverse Beiträge mancher Leidensgenossen auch deinem Mann... druck dir interessante Beiträge aus... auch er muß lernen damit umzugehen.

Dies halte ich für sehr wichtig. Im Normalfall ist es doch so, daß dein Mann das Wort "Burn-out" kennt, oder "Depression" für ihn eine eher unbekannte Krankheit ist.

Binde ihn von Anfang an mit ein, - ich glaube daß er damit besser mit manchen Situationen klar kommt. Selbst du suchst ja noch nach deiner Krankheit... dein Mann steckt nicht in deinem Körper - und kann sich noch viel weniger darunter vorstellen.

Ich kann dir zu Deiner Krankheit natürlich auch nur wenig sagen - dazu gibt es experten.
ich wollte dir nur helfen vorzubeugen, - daß du nicht innerhalb der Familie noch mehr streßfaktoren ausgesetzt bist.


lg

toni
Wenn Du mal deprimiert bist - Denk dran, - DU warst mal das schnellste Spermium...

Hannah70
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Re: Eigentlich ist doch alles gut ...

Beitrag von Hannah70 »

Menno, ich komme mit mir immer schlechter zurecht.

Zumindest habe ich festgestellt, dass die Restless Legs auch unter den ADs da und recht heftig sind. Nehme die Tabletten jetzt wieder mit dazu, weil an schlafen trotz massiver Müdigkeit durch die AD nicht zu denken war und nun klappt es auch mit dem Schlafen.

Allerdings bekomme ich den Kopf absolut nicht zur Ruhe. Wird sicher noch eine ganze Weile dauern, ich weiß.

Schwierig ist hier die familiäre Situation. Mein Mann lädt nach wie vor seinen gesamten Frust bei mir ab und das, obwohl ich ihn mehrfach darum gebeten habe, es nicht zu tun. Er hat irgendein Problem mit meinem großen Sohn (ist nicht sein Sohn) und ich höre mir dann an "Sag ihm dieses" .... "Er soll jenes machen" ...

Ich kann und will das nicht mehr, zumal er mir dann hier auch jedes Mal die Hölle heiß macht und einfach nicht aufhört.

Ich habe ihm vorhin in einer solchen Situation deutlich gesagt, dass er seine Probleme mit meinem Großen bitte selbst klären und nicht so ein zermürbendes Theater mit mir veranstalten soll, weil es mir die Kraft nimmt. Als Antwort kam dann ein "erzähls doch Deinem Psychiater". Prima!!!!

Ich bin sowieso schon dabei, für mich und den Kleinen eine Mutter-Kind-Kur zu beantragen, weil ich hier einfach nur noch raus will.

Wenn ich so könnte, wie ich wollte, wäre das vorhin der Punkt gewesen, an dem ich ihm die Sachen vor die Tür gestellt hätte ...

Sorry, fürs unsortierte Ausheulen, aber es hilft mir ein wenig, es einfach aufzuschreiben.
Doscho
Beiträge: 165
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Re: Eigentlich ist doch alles gut ...

Beitrag von Doscho »

liebe hannah,

ich glaub, dein mann wird zum problem. du willst raus, du willst alleine sein, - er versteht dich nicht - und auch die krankheit nicht. Und man kann es ihm nicht übel nehmen. denn wir selbst lernen doch jeden tag ein wenig mehr uns und unseren körper zu verstehen. selbst wir "Depris" haben doch probleme die Krankheit zu verstehen. wie soll es dann jemand verstehen, der nicht in unserm Körper steckt. -- verachte deinen Mann nicht. versuche ihn für dich zu gewinnen.





sorry.... aber ich halte dies für sehr wichtig.

wünsch dir jedenfalls alles gute - und drück dir alle daumen !

lg

toni
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Hannah70
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Re: Eigentlich ist doch alles gut ...

Beitrag von Hannah70 »

Hallo Toni,

erstmal Danke für Deine Worte. Hm, Ich verachte ihn nicht, ich bin eher traurig.

Dieses Problem haben wir nicht erst, seit meiner Diagnose. Es ist eigentlich latent immer da gewesen.

Ich denke viel eher, das es so ist, wie mir mein Hausarzt sagte. Darüber habe ich die letzten Tage viel nachgedacht.

Er meinte, ich wirke sehr strukturiert und organisiert, bin es aber nicht wirklich. Und ich habe noch ein frühkindliches verhalten, nach dem ich mein Leben ausrichte. Ich habe Schwierigkeiten, Dinge anzunehmen, wie sie nun einmal sind und noch größere Probleme, auch mal unschöne Entscheidungen zu treffen und mich so der Realität zu stellen. Es ist da immer wieder die Hoffnung, aber leider wird sie seltenst erfüllt.

Er hat garnicht so unrecht, wenn ich so zurück schaue ...
Hannah70
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Re: Eigentlich ist doch alles gut ...

Beitrag von Hannah70 »

Juhu!!! Endlich, nach schier endlos scheinenden Telefonaten habe ich einen Therapeutentermin für ein Erstgespräch und das schon am 10.05..

Es ist eine Frau und sie wirkte am Telefon sehr sympathisch. Eigentlich ist auch sie ausgebucht, aber irgendwie war da wohl auf beiden Seiten Sympathie und sie hat ein bissel gedrückt und geschoben und den Termin frei gebuddelt.

Es geht wieder ein bissel vorwärts. Und ich war schon so nah am Aufgeben, weil ich jetzt schon Gott und die Welt angerufen und nur Absagen kassiert habe.

Ansonsten fühle ich mich, als hänge ich dauerhaft mit einem Kabel an einem Notstromaggregat und laufe auf Minimalversorgung, die mir in guten Momenten ein Minimum an Leistungsfähigkeit ermöglicht. Allerdings zeiht ständig jemand den Stecker und dann ist es wirklich, als sei der komplette Strom direkt ganz weg und ich flüchte mich in Schlaf oder kompletten Rückzug.
pero
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Re: Eigentlich ist doch alles gut ...

Beitrag von pero »

Na siehst Du...
Das ist doch schon mal sehr schön.

Leider steht man als Kranker ziemlich allein vor dem Problem, daher finde ich es gut das Du auch anderen so zeigst das es sich lohnt Geduld zu haben und nicht so schnell aufzugeben...


lg
pero
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Hannah70
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Re: Eigentlich ist doch alles gut ...

Beitrag von Hannah70 »

Ging mir aber auch nicht anders, Pero. Ich war auch mehr als entmutigt und habe mich dann umso mehr gefreut, dass es hingehaun hat. Ich habe inzwischen sogar zwei Termine. Eine der Damen ist Verhaltenstherapeutin, die andere Tiefenpsychologin. Ich bin mir selbst nicht sicher, welches für mich die bessere Wahl ist und werde das Donnerstag mit dem Psychiater durchsprechen.

Ich würde mir wirklich wünschen, es gäbe hier mehr Unterstützung für Hilfesuchende und es würde z.B. eine Art zentrale Vermittlingsstelle geben. Schlussendlich ist es doch realistisch eh so, dass man den Therapeuten nimmt, der zuerst einen Termin frei hat und nicht unbedingt danach gehen kann, wer einem schon am Telefon angenehm erscheint. Wenn sich dann im Gespräch beim Ersttermin oder im Laufe der Sitzungen rausstellt, dass es doch nicht passt, muss mann wohl dann leider in den sauren Apfel beißen, neu zu suchen.

Aber es ist eine fast unüberwindbare Hürde, wenn man Hilfe sucht. Zum einen ist es meist eh nicht ganz leicht, sich selbst einzugestehen, dass man Hilfe von aussen benötigt und zum anderen erfolgt die Suche ja dann meist in einem Akutzustand und es ist so entmutigend und frustrierend, dann nur Absagen zu kassieren und ich möchte nicht wirklich wissen, wie oft dann einfach wieder aufgegeben wird.

Ich war auch knapp davor, aber mein Motor ist mein jüngerer Sohn, für den ich wieder eine aktive und belastbare Mama sein möchte und muss.
Hannah70
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Re: Eigentlich ist doch alles gut ...

Beitrag von Hannah70 »

Und noch ein kurzes Update:

Ich habe jetzt schon morgen (!) ein Erstgespräch mit einer Therapeutin. Hatte ihr auf den AB gesprochen und sie rief gestern zurück.

Bin mal gespannt ... und hab auch ein bissel Angst, was da so hoch kommen mag ...
pero
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Re: Eigentlich ist doch alles gut ...

Beitrag von pero »

Hallo Hannah,
das ist doch super.

Ich hatte auch 2 Vorgespräche mit anderen Therapeuten.
Auch wenn sie mir nicht helfen konnten war es für mich doch eine positive Erfahrung über mein Problem zu sprechen und eine Reaktion von einem Fachmann dazu zu bekommen.
Ich fühlte mich dadurch bestätigt das ich auf dem richtigen Weg war.

Also kein Grund Angst zu haben.

Du spricht mit einer Fachfrau und das wird Dir helfen die Situation so zu sehen wie sie ist. Auch wenn sie Dir nicht sofort helfen kann, sie kann Dir zeigen das Du auf dem richtigen Weg bist. Da bin ich mir sehr sicher.

lg
pero
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Hannah70
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Re: Eigentlich ist doch alles gut ...

Beitrag von Hannah70 »

Danke für das liebe Feedback, Pero

Gestern war nun also ein Erstgespräch und ich war hinterher selbst erschrocken, wie sehr es auf der einen Seite regelrecht rausgesprudelt ist, aber wie wenig ich bei den meisten Sachen Emotionen dabei habe. Wenn, dann sind diese eher negativ und ich neige in den meisten Situationen dazu, sie durch Sarkasmus und Zynismus zu "vereinfachen".

Hinterher war ich wie leer und saß noch eine ganze Weile einfach mit zitternden Händen und schweißgebadet im Auto.

Und es war noch nicht einmal ein Bruchteil dessen, was in mir schlummert ...

Die Therapeutin war wirklich nett und hat mich in ihrer ruhigen Art ein wenig gebremst, wenn sich die Worte überschlugen.

Sie hat mir ein paar kleine Tipps zur akuten Situation gegeben und ich habe darüber gestern Abend noch mit meinem Mann gesprochen, um so eine Art "Waffenstillstand" auszuhandeln, also vorerst keine Auseinandersetzungen und er wird auch mich bremsen, wenn er merkt, dass ich zu sehr bei etwas hoch gehe.

Kurantrag war gestern in der Post und ich habe mich da heute früh schon durchgeackert. Jetzt geht es gleich zum Doc, der ab Montag 2 Wochen Urlaub hat und ich hoffe, wir bekommen seinen Part noch heute ausgefüllt. Leider lag kein Antrag für meinen Kleinen zur Begleitung dabei, das muss ich dann nachhher noch mit der Rentenversicherung abklären.

Zudem war ich gestern auch wieder beim Psychiater. Ich bin sehr dankbar, dass auch hier jemand zu sein schein, der mich ernst nimmt. Ich habe von dem Mitrazapin innerhalb von 1,5 Wochen knapp 2 kg zugenommen und war kreuzunglücklich, da ich eh schon zu viel auf die Waage bringe. Ich hatte unter diesen ADs irgenwie kein Sättigungsgefühl und Fressflashs ... diese bevorzugt im "halbwach" Zustand, so dass ich es nicht wirklich steuern konnte.

Er hat mich jetzt auf Opipram umgestellt und ich bin gespannt, wie ich damit zurecht komme.

Krank geschrieben bin ich weiterhin und hatte gestern ein wirklich gutes Telefonat mit meinem Teamleiter, dem ich vertraue. Er kennt die Diagnose und ich weiß, dass es bei ihm bleibt und er dafür Sorge tragen wird, dass es eben nicht auf der Arbeit die Runde macht. Ich habe von der Seite Verständnis und grünes Licht und soll an mich denken und mir die Zeit nehmen, die ich brauche. Das tat wirklich gut und ich hoffe, das bleibt auch so.

Bei der Therapeutin habe ich jetzt fortführend wöchentlich meine Termine.

Ich fühle mich zwar noch immer kein Stück anders, wie vor ein paar Wochen, aber ich kann zumindest in der Rolle des Beobachters positiv sehen, dass sich etwas tut und wirklich alles im Laufen ist, um wieder auf die Beine zu kommen.

Beobachter ... das ist momentan so eher meine Position. Ich habe wirklich das Gefühl, ich sehe mir von aussen zu und bewerte dann recht kalt und rational, was ich sehe. Leider sieht das eher abwertend aus, was mich und mein "Versagen" (so sieht es zumindest der Beobachter in mir) betrifft.

Mal schaun ...

Die Therapeutin deutete gestern schon das innere Kind an und ich hatte darüber vorher schon einiges gelesen und es fühlt sich an, als seien wir gemeinsam auf dem richtigen Weg.

LG

Hannah
pero
Beiträge: 970
Registriert: 8. Apr 2011, 09:23

Re: Eigentlich ist doch alles gut ...

Beitrag von pero »

Hallo Hannah,
man kann zwischen den Zeilen förmlich Deine Erleichterung lesen

Ich finde das Du alles richtig machst.
Für mich bist Du auch kein Beobachter, Du hast alles in Rollen gebracht was Du beeinflussen kannst. Mehr kannst Du im Moment nicht tun. Applaus Applaus Applaus....


Jetzt ist es Zeit für Dich sich auf den Prozess einzulassen. Alles wird Zeit brauchen. Sowohl die Therapie als auch der Reha-Antrag. (Ich warte jetzt fast 3 Monate auf eine berufliche Reha...)

Aber das soll Dich nicht runterziehen, es kann bei dir auch ganz anders laufen...
Ich möchte nur sagen das Du Dich jetzt nicht selbst unter (Zeit) Druck setzten solltest. Jetzt hast Du Zeit für deine wunde Psyche...

Liebe Grüße
pero
Was die Raupe Ende der Welt nennt, nennt der Rest der Welt Schmetterling.
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