Wirken Antidepressiva?

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lae
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Registriert: 14. Feb 2012, 12:37

Wirken Antidepressiva?

Beitrag von lae »

Hallo,
ich bin neu hier im Forum und wundere mich sehr über die große Diskussion über die Wirksamkeit verschiedener Antidepressiva. Ich bin 55 Jahre alt und und wie ich heute weiß auch 55 Jahre "depressiv". Mein Bruder,der wie ich die körperliche und psychische Belastungsstörung von meinem Vater geerbt hat, ist als Psychotiker diagnostiziert. (Die Themen "Entstehung psychischer Erkrankungen" und "Diagnosen im psychiatrischen Bereich" sind ein weiteres Thema.)1993 bin ich nach einer Überlastung derart zusammengebrochen, dass ich für 3 1/2 Jahre das Bett bzw. Haus vor Schwäche, Schwindel und Ohnmachtsanfällen nur selten verlassen konnte. In dieser Zeit habe ich Antidepressiva aus allen Wirkstoffgruppen in allen möglchen Kombinationen und Dosierungen eingenommen habe - ohne Erfolg.Eine Gesprächstherapie habe ich in dieser Zeit auch absolviert. Ja, es war ganz schön, dass ich mit jemanden über diesen Horror reden konnte, aber an meinen Symptomen änderte sich nichts.In meiner Verzweiflung rief ich nach der Verschreibung von "Fluctin" bei der Herstellerfirma Lilly an.Die Antwort: bei stärkeren Depressionen wirken Antidepressiva nicht, da müssen Sie mindestens Neuroleptika nehmen. Seit 1996 nehme ich regelmäßig eine Kombination aus einer geringen Dosis Anafranil und 2mg Tafil (Benzodiazepin) täglich. Diese Kombination hat mir eine ganz neue Lebensqualität gegeben. Mein Leben ist immer noch sehr eingeschränkt, aber kein Vergleich mehr zu den grausamen Jahren im Bett. Mein Bruder nimmt seit 11 Jahren Zyprexa und Benzodiazepine nach Bedarf. Er arbeitet bis heute. Seit 11 Jahren besuche ich auch eine Angehörigengruppe. Auch hier die gleiche Erfahrung: Die Kranken bleiben am Stabilsten, wenn sie eine Kombination aus Antidepressivum bzw, Neuroleptikum und regelmäßig oder bei Bedarf ein Benzodiazepin erhalten. (Wichtig ist auch das richtige Umgehen mit physischen und psychischen Belastungen!!!)
Bei vielen Beschreibungen hier im Forum habe ich das Gefühl, dass die Betroffenen zu niedrig oder falsch dosiert sind.
Allerdings darf man als Patient auch nicht die Erwartung haben, dass Psychopharmaka heilen könnten oder dass sie keine Nebenwirkungen haben. Ich habe z.B. 40kg zugenommen.Aber wenn ich jeden Morgen vor der Frage stehe: abnehmen und zurück in das Grauen oder dick sein und einigermaßen leben können, entscheide ich mnich immer wieder für das Zweite.Die richtigen Medikamente in der richtigen Dosierung helfen nur mit der "Behinderung" besser umzugehen.

Traurig, aber wahr
lae
Erdgespenst
Beiträge: 99
Registriert: 2. Mai 2011, 16:52

Re: Wirken Antidepressiva?

Beitrag von Erdgespenst »

Grundsätzlich wirken AD, statistisch beweisen das die entsprechenden Studien im Rahmen der Zulassung, bei mir persönlich hat Moclobemid sehr deutlich angeschlagen. Dass AD bei schweren Depressionen grundsätzlich nicht wirken würden und dann nur Neuroleptika wirken würden, ist blanker Unsinn.

Es ist allerdings so, dass nicht jedes AD bei jedem Patienten anschlägt. Vielleicht kannst Du hier ja mal auflisten, was Du schon alles ausprobiert hast.

Ob Neuroleptika eingesetzt werden, hängt übrigens nicht von der Schwere der Depression ab, sondern von der Frage, ob eine zusätzliche Erkrankung z.B. aus dem schizophrenen Formenkreis vorliegt. Auch bei vielen sehr schweren Depressionen kann eine Behandlung alleine mit AD Erfolg haben. Bei einer Komorbidität z.B. mit Schizophrenie können Neuroleptika dagegen schon eingesetzt werden, wenn in Punkto Depression noch nicht sämtliche Alarmglocken klingeln.

Das Problem ist, dass manche Patienten tatsächlich auf gar kein Antidepressivum ansprechen. Dass diese Gruppe relativ klein ist, ist für die betreffenden Patienten natürlich ein schwacher Trost. Hier kann die Hoffnung einerseits in nichtpharmazeutischen Behandlungen wie z.B. der Elektrokonvulsionstherapie liegen. Andererseits macht die Entwicklung neuer Medikamente auch permanent Fortschritte, so dass immer mehr Menschen geholfen werden kann.

Daher als Antwort auf die Frage: Ja, sie helfen. Leider (noch) nicht jedem. Das Instrumentarium an verfügbaren Medikamenten ist aber ausserordentlich groß und leider werfen auch einige Kliniken sehr schenll die Flinte ins Korn und behaupten eine Nichtbehandelbarkeit, anstatt einmal mehr einen neuen Wirkungsmechanismus auszuprobieren.

Was das Gewicht angeht: Dessen Bedeutung wird insbesondere von Frauen gerne mal überschätzt. Man sollte aus gesundheitlichen Gründen schon auf das Gewicht achten. Aber man sollte sich nicht runtermachen und dadurch noch kranker werden, wenn sich die Kurven nicht ganz so verhalten, wie von der Besitzerin des Körpers erwünscht.

P.S. Ich hatte auch schon mal eine mollige Freundin. Mir ist es wichtig, dass mir eine Frau seelischen Rückhalt gibt. Ansonsten ist das Beuteschema der Männer allgemein recht flexibel. Auch eine mollige Frau kann einem Mann noch immer das geben, was er von einer Frau erwartet. Eine Figur wie Claudia Schiffer ist für mich durchaus dekorativ. Wenn eine Frau aber mehr als nur Dekorationsobjekt sein soll (und das gilt auf lange Sicht für jeden Mann), dann relativieren sich derlei Dekorationseigenschaften aber ziemlich drastisch.
Erdgespenst
Beiträge: 99
Registriert: 2. Mai 2011, 16:52

Re: Wirken Antidepressiva?

Beitrag von Erdgespenst »

Übrigens, was die Erfahrung mit psychiatrischen Diagnosen angeht, wird teilweise wirklich der Hase abgeschossen.

Während meines Klinikaufenthaltes wurde mir bescheinigt, definitiv keine Depression zu haben, da die Oberärztin wörtlich sagte "Ich bin eine sehr gute Psychiaterin und erkenne jede Depression." Und junge Männer würden ihrer Ansicht nach sowieso so gut wie nie Depressionen haben. Nachher wurde das wieder relativiert und es hieß, ich hätte so ziemlich alle Symptome einer schweren Depression, aber eine Depression an sich - auch in leichter oder mittelschwerer Form - sei völlig ausgeschlossen (warum wurde mir auch auf ausdrückliche Anfrage niemals mitgeteilt). Viel mehr sei einem Suchtproblem nachzugehen, was allerdings durch den absolut negativen Laborbefund der Blut- und Urinproben kompliziert werde, zumal der Patient jeglichen Substanzmissbrauch abstreiten würde. In jedem Fall war sich die "sehr gute Psychiaterin" absolut sicher, dass mir Medikamente nicht helfen würden und ich einfach nur zu wenig Druck in meinem Leben erfahren hätte (wenn es nicht so traurig wäre, könnte man sich kringeln vor lachen). Die Abschlussdiagnose lautete "sonstige Persönlichkeitsstörung, psychiatrisch nicht behandelbar."

Mittlerweile nehme ich ein Antidepressivum ein, das mir von einer Ärztin ausserhalb der Klinik verschrieben wurde und bekomme meinen Alltag wieder in den Griff, verspüre sogar hin und wieder sowas wie Lebensfreude. Ein paar Baustellen - insbesondere mit Ängsten - gibt es noch. Diese Baustellen sind aber wesentlich harmloser im Vergleich zu dem, was mich noch vor einem halben Jahr niedergedrückt hat.
kormoran
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Re: Wirken Antidepressiva?

Beitrag von kormoran »

hallo laetitia,

willkommen im forum .

du hast ja eine lange leidensgeschichte. gut, dass für dich schließlich, endlich, mit der kombination von neuroleptikum und benzodiazepin eine medikation gefunden wurde, die deine lebensqualität deutlich verbessert hat.

in deinem posting klingt durch, dass du annimmst, dass die behandlung mit "normalen" antidepressiva, SSRI, nicht wirkt und für viele eine kombi wie bei dir besser wäre.

nun - für manche mag das der fall sein. wenn viele AD durchprobiert wurden und keines wirkung gezeigt hat, dann ist das sicherlich überlegenswert.
aber für viele, viele, wirken die antidepressiva ja sehr wohl - und ein neuroleptikum wäre schlicht fehl am platz.

zu wünschen ist jedem/r gute, kompetente fachärztliche betreuung und wohl so eine mischung aus vertrauen und gesunder skepsis.

liebe grüße
kormoranin
 http://www.depressionsliga.de
*** zurück ins leben!
reslii33
Beiträge: 79
Registriert: 28. Dez 2011, 09:35

Re: Wirken Antidepressiva?

Beitrag von reslii33 »

Bei mir haben Antidepressiva (aber auch Imap, daß ich mal ne zeitlang gespritzt bekam) bislang noch nie gewirkt, d.h. ich hatte auch keine Nebenwirkungen. Leider hat nur ein Arzt bislang mal den Speigel im Blut gemessen
(anscheinend wird das nicht unbedingt von den Kassen gezahlt?) , dabei sah man quasi trotz ambulanter Höchstdosis des trizyklischen ADs daß ich damals bekam nur Spuren des Wikrstoffes, weit unter dem Wirkniveau. Der Arzt meinte dann stoffernd daß ich einen sehr seltsamen Stoffwechsel hätte und er mir ambulant medikamentös wohl ncith weiterhelfen könne, ich müsse dazu schon in eine Klinik...das wollte ich damals aus diversen Gründen nicht... Momentan mach ich mal weider einen medikamentösen Versuch, bin froh, daß der derzeitige Psychiater mir jetzt die Dosierung verdoppelt hat nachdem ich ihn auf die Laborergebnisse von damals hingewiesen hatte und ich bekomme in 3 wochen dann auch Blut abgenommen..ich finde es allerdings schade daß ich als patient den Arzt auf sowas aufmerksam machen muß (hatte die unterlagen vom Vorbehandler inkl., Labiorberichten dem Arzt schon beim ersten Termin zum Lesen gegeben) zumal wenn bei jmeanden wie mir schon 7 verschiedenne Medikamente wirkunghslos blieben.

Ich denke wie hier schon erwähnt wurde daß ein ANtidepressivum in vielen Fällen unerlässlich sit um überhaupt die stabilität zu gewinnen die für eine Psychotherapie erforderlich ist. Wenn ich jeden Tag Scherzen habe, mich mit Mühe vom Tisch zur Couch bewegen kann, mich eher wie im Wachkoma fühle als wirklich lebendig, dann macht meines erachtens wenig sinn zB wies bei mir der Fall war in einer Psychoanlayse traumatische Kindheitserlebnisse oder die Beziehung zur Mutter aufzuarbeiten - das geht dann schlichtweg nicht meienr Meinung nach. Ich kann jedenfalls nicht verstehen warum manche Betroffenen eine Scheu haben ADs zu nehmen, Nebenwirkungen igbt es bei lalen medikamenten und ich hööttte zB auch mit dem zunehmen ein problem, aber bevor mein leben den bach runtergeht weil ich meine kinder und mich nicht mehr versorgen kann, mich komplett isoliere, zu keiner arbeit mehr imstande bin, werd ich wohl doch lieber dick.

Ich werde auf jeden fall auch weiterhin Medikamente ausprobieren solange mir eine art die chance dazu gibt.

Grüsse,
reslii
reslii
lae
Beiträge: 188
Registriert: 14. Feb 2012, 12:37

Re: Wirken Antidepressiva?

Beitrag von lae »

Hallo Erdgespenst,
vielleicht habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt. Mein Hauptanliegen war zu sagen, dass ich der Meinung bin, dass ich viele Betroffene hier im Forum als falsch oder zu niedrig dosiert empfinde und dadurch Leid besteht, das neben dem unvermeitlichen Leid, nicht bestehen müßte. Und dass bei der Wahl der Medikamente keine Denkverbote bestehen sollten auch nicht gegenüber Benzos. Gerade bei dir könnte eine gelegentliche Gabe oder eine niedrigschwellige Dauerdosierung gegen die Ängste sehr wirksam sein. Angeblich wirken Antdepressiva und Neuroleptika nur auf bestimmte Neurotransmitterkreise im Gehirn. Benzos wirken auf das GABA-System, das alle Kreise steuert. Sie wirken folglich immer.

Zu deinen Erwartungen an eine Frau: was du dir wünscht, wünschen sich glaube ich alle Menschen. Es ist vielfach auch ein Problem in meiner Ehe. Wenn ich aber ganz, ganz tief in mich gehe, sehe ich, dass ich oft auch wenig Unterstützung oder Verstännis geben kann. Und ich kann von anderen nichts erwarten, das ich selbst nicht geben kann.
lae
Beiträge: 188
Registriert: 14. Feb 2012, 12:37

Re: Wirken Antidepressiva?

Beitrag von lae »

Hallo Reslii,
ich finde Deine Einstellung richtig und wünsche Dir, dass Du bald das richtige Medikament findest.
Liebe Grüße
laetitia
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