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FrauAhnungslos
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Registriert: 19. Dez 2011, 13:20

Re: Wenn das Gefühl der Einsamkeit siegt

Beitrag von FrauAhnungslos »

Hallo Pusteblume,

deine Worte haben mich gerade sehr berührt... du sprichst mir aus dem Herzen.
Gerade heute Abend war ich zu einem Abend in großer Gesellschaft eingeladen. Anfangs habe ich mich sehr darauf gefreut, doch je näher dieser Abend rückte, desto mehr Angst bekam ich. Dennoch bin ich hingegangen und liege nun schlaflos im Bett. Es waren viele mir bekannte Menschen dort und dennoch habe ich mich so einsam gefühlt wie schon lange nicht mehr. Irgendwann bin ich einfach gegangen. Ich konnte mich nichtmal mehr verabschieden, es war wie eine Flucht... mit dem Gedanken, dass es wahrscheinlich sowieso niemandem auffallen wird, dass ich weg bin.

Ich kann neben meinem Freund sitzen und mich dennoch so unglaublich einsam fühlen... woher kommt das bloß? Können wir diese Nähe, die wir uns eigentlich wünschen, nicht mehr aufbauen? Oder wollen wir nicht? Vielleicht haben wir Angst? Ich weiß es nicht...
Aber ich kann sehr gut verstehen, was du meinst.

Liebe Grüße!!
leolamm
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Re: Wenn das Gefühl der Einsamkeit siegt

Beitrag von leolamm »

Guten Morgen Ihr Beiden,

als ich Eure Beiträge gelesen habe, war mein erster Gedanke: das kommt von mir, genauso geht es mir auch.

Was mich jetzt sehr zum Nachdenken bringt, ist die 'Unzumutbarkeit' für Andere. Das hat sofort was in mir zum Klingen gebracht.

Mehr weiß ich leider im Moment nicht zu sagen, wollte nur asudrücken, daß es mir ebenso geht.

Liebe Grüße
Leo
2011
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Re: Wenn das Gefühl der Einsamkeit siegt

Beitrag von 2011 »

Liebe Pusteblume,

mir geht es ähnlich, wenn ich in Gesellschaft bin, dann komme ich mir sehr häufig als nicht dazu gehörig und einsam vor. Dies ist auch so wenn mein Mann dabei ist oder eine gute Freundin. Ich freue mich auf Geselligkeit und möchte Umgang mit anderen Menschen pflegen. Habe aber mitten in einer " gemütlichen Runde " dieses furchtbare Gefühl der Einsamkeit. Ich kann den Gesprächen nicht mehr folgen, höhre nur noch wie durch Watte, bekomme Angst ( vor den Menschen ) fühle mich eingesperrt,hilflos,minderwärtig und erdrückt.
Manchmal hilft es mir wenn ich mich auf die Toilette/ oder einen anderen unaufälligen Ort zurück ziehe und versuche mich selbst zu motivieren und zu ergründen warum es jetzt wieder so weit ist.

Oftmals hilft aber nur nach Hause gehen.

Dieser Zustand der Einsamkeit in Gesellschaft hängt bei mir auch mit Minderwärtigkeitsgefühlen zusammen. Wie ich dies in den Griff bekomme, daran versuche ich zu arbeiten. Gibt leider zur Zeit nur Rückschritte.

Ich glaube aber, das es ein Teil unserer Krankheit ist, die keine Objektivität zulässt und das wir dann an unseren Lieben zweifeln und keinen "Nutzen" mehr im Umgang miteinander sehen. Verzeih, kann es nicht besser ausdrücken.

stürmische Grüße von der Nordsee

Zwiebelchen
Taffy

Re: Wenn das Gefühl der Einsamkeit siegt

Beitrag von Taffy »

Also ich hab son Gefühl nich. Meine Freunde und Bekannte kann ich an einer Hand abzählen! Mehr sind es wirklich nicht und mehr brauch ich auch nich. Ich würde lieber in ne einsame Hütte in Skandinavien ziehen, als jeden Tag Menschen zu sehn. Wenn ich Gesellschaft haben will, geh ich ins www.
Ich musste halt irgendwann akzeptieren das ich der Einzelgänger bin und jetzt ist es halt so. Ich komm damit klar.
katyfel
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Re: Wenn das Gefühl der Einsamkeit siegt

Beitrag von katyfel »

Hallo Pusteblume und ihr Anderen,

dieses Einsamkeitsgefühl, vor allem unter Leuten, die offensichtlich gut gelaunt sind, kenne ich auch; Parties, Feiern, einfache Treffen mit Freunden,... manchmal blitzt es "nur" dauernd auf, manchmal nistet es sich bleibend ein...

Bei mir ist da ganz stark das auch schon benannte Gefühl der "Unzumutbarkeit" dabei, das bleibt mir eigentlich immer. Dieses Gefühl, eben gar nicht "liebenswert" zu sein- damit sind ja die Menschen, die mich trotzdem mögen und bei irgendwas dabeihaben wollen, letztendlich komisch und so...

wenn ich das so lese, klingt es total doof und verwirrt, aber... Gefühle sind eben nicht immer logisch.

Übrigens geht es mir da eben nicht nur in größeren Gruppen so, sondern auch mit wenigen Freunden, auch wenn ich mich mit nur einer Person treffe, innerhalb meiner Familie oder im Studium bzw. jetzt grade im Praktikum...

Leider habe ich dagegen noch kein "Rezept" gefunden,
aber ich weiß, was der falsche Weg ist:
Niemanden mehr an sich ranlassen, sich komplett isolieren, glauben, man kann auch ohne andere Menschen zufrieden leben und bestehen.
Sicherlich gibt es einige Menschen, die das tatsächlich können, wenigstens auf Zeit.
Letztendlich sind wir Menschen (so doof das jetzt klingen mag) aber nun mal soziale Wesen und nicht für dauerhafte Einsamkeit geschaffen...

Grade deswegen würde auch ich dieses Rückzugsverhalten (mit gleichzeitiger Hoffnung; vielleicht kümmert sich doch noch jemand etc.) als "Teufelskreis" beschreiben.

Dazu fiel mir grade noch ein Artikel ein, den ich vor einiger Zeit mal gelesen habe;

http://www.fluter.de/de/freundfeind/thema/9478/

Liebe Grüße, Sinfonia
So ist das Leben, sagte der Clown und malte sich ein Lächeln auf
KaMa
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Re: Wenn das Gefühl der Einsamkeit siegt

Beitrag von KaMa »

Ich fühle mich ebenfalls einsam, abartigst einsam. Ich könnte nur noch schreien. Aber das Schlimmste ist, ich bin nicht in der Lage, es zu ändern. Ich fühle mich wie paralysiert, bin völlig kraftlos. Kann vor Scham und Kraftlosigkeit nicht mal darüber schreiben.

(Bitte obiges nicht zitieren, ich will das wieder löschen können.)
Liber
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Re: Wenn das Gefühl der Einsamkeit siegt

Beitrag von Liber »

Hallo zusammen,

ich kenne dieses Einsamkeitsgefühl auch.

Allein, aber auch in Gesellschaft, wie hier beschrieben.

In Gesellschaft tritt bei mir sehr schnell so ein Automatismus ein, als müsste ich mich entweder den Themen oder den Stimmungen der anderen anpassen - oder, wenn mir das nicht gelingt, bin ich komplett außen vor. Dass ich mich einbringen, dass ich das Zusammensein selbst mitgestalten könnte, dieses Gefühl habe ich dann meist nicht.

Ich glaube zudem, dass diese Einsamkeit mit zweierlei zu tun haben kann: zum einen mit diesen Minderwertigkeitsgefühlen, die von ganz früher aus der Kindheit stammen: "ich bin es nicht "wert", dass man mir zuhört, auf mich eingeht usw.".

Zum anderen aber spielt bei dieser tiefen Einsamkeit aber noch etwas anderes eine Rolle.
Da ist eine ganz tiefe Sehnsucht in mir, von einem Gegenüber "gesehen", wahrgenommen zu werden. Die stammt zum einen aus einem Mangel an Gesehenwerden in der Kindheit, aber da ist auch noch etwas anderes. So eine spirituelle Sehnsucht ist das, die denke ich, jeder Mensch irgendwie kennt.

Diese Art Einsamkeit und Sehnsucht kann Geselligkeit mit anderen Menschen nicht erfüllen, jedenfalls bei mir nicht. Geselligkeit kann, denke ich, viele Menschen davon ablenken, aber das funktioniert bei mir eben auch nicht.

Diese Sehnsucht gilt ... ja wem oder was? Manche würden es vielleicht Gott nennen, vielleicht ist es auch etwas in mir selbst...?

Ich glaube, ein ganz kleiner erster Schritt ist schon mal, diese Einsamkeit zu benennen, um sich aus dem Schamkreislauf zu befreien.

Denn das ist nichts zum Schämen, es ist vollkommen menschlich, diese Einsamkeit zu empfinden.

Liebe Grüße an euch alle
sandy1
Beiträge: 98
Registriert: 5. Jan 2011, 21:27

Re: Wenn das Gefühl der Einsamkeit siegt

Beitrag von sandy1 »

Hallo Brittka,

das hast du gut formuliert.
Ich sehe viele Parallelen...auch in den anderen Postings. Tut gut zu wissen, dass man nicht "allein" ist

LG Sandy
Sprotte
Beiträge: 202
Registriert: 6. Sep 2011, 23:00

Re: Wenn das Gefühl der Einsamkeit siegt

Beitrag von Sprotte »

Hallo an alle,

ich kenne dieses Gefühl von Einsamkeit auch.
Es ist tief und es begleitet mich irgendwie wie eine Art „Grundton“, wobei es manchmal leise sein kann, manchmal ist es aber so „laut“, dass ich denke, dass ich es nicht aushalte.

Diese Einsamkeit hat nichts mit dem „Alleinesein“ zu tun, denn wie ihr auch schreibt, kann es gerade in einer Gruppe/Familie sogar noch deutlicher sein. Ich denke, weil da auch noch der Gedanke: „Hier ist es doch absurd sich allein zu fühlen“ dazu kommt oder es einem einfach noch bewusster wird.

Ich habe mir letzte Woche ein Buch von Josef Giger-Bütler („Sie haben es doch gut gemeint“) gekauft. (das Podcast Interview, das im HR2 kam, kann man leider nicht mehr anhören?).
Hier habe ich die bisher beste Antwort für mich gefunden, ich dachte immer wieder beim Lesen „das ist es“. Allerdings überschwemmen mich die vielen Gefühle, die dabei hochkommen auch und ich muss das Buch im Moment oft schnell wieder weglegen.

Ich kann das jetzt unmöglich gut zusammenfassen, dafür steht es mir selbst noch gar nicht klar genug vor Augen. Aber diese grenzenlose Einsamkeit, zumindest meine, hat etwas damit zu tun, „nicht in sich und dieser Welt verankert“ zu sein. Ein andauerndes von Kindheit an „Sich anpassen“ und „nach außen hin orientieren“- was wollen die anderen, was muss ich tun, damit mein System um mich herum funktioniert, … hat irgendwie dazu geführt, dass ich mir keine klare, feste eigene Identität aufgebaut habe. Vergessen oder nicht gelernt habe, was ich eigentlich „will“ oder bin, dass ich Grenzen habe, und diese auch schützen darf und muss. Man könnte vielleicht auch sagen: Ich habe mich verloren, oder zumindest wichtige Anteile...
Sorry irgendwie kann ich es noch nicht besser erklären…innen in der Buchbeschreibung steht:
„ Es handelt sich um Kinder, die sich ständig selbst überfordern, weil ihre Umgebung es von ihnen verlangt. Um Kinder, die versuchen, es allen Recht zu machen – außer sich selbst. Diese „Zurücknahme“ von der Welt geht soweit, bis von ihrem Selbst nicht mehr viel übrig ist. Aber diese Kinder funktionieren nach außen hin…“

Da liegt für mich ein Stück der Einsamkeit. Wie könnte man nicht einsam sein, wenn man sich selbst fehlt?

Nachdenkliche, traurige Grüße
Sprotte
FrauAhnungslos
Beiträge: 84
Registriert: 19. Dez 2011, 13:20

Re: Wenn das Gefühl der Einsamkeit siegt

Beitrag von FrauAhnungslos »

Hallo,

@Pusteblume
Du schreibst:
"So geht es mir auch, wobei sich bei mir gleich die Frage stellt: Bringt mir diese Beziehung überhaupt irgendetwas? Ist er überhaupt 'der Richtige', wenn ich mich so fühle? Oder könnte kommen, wer wolle, und ich würde mich dennoch so fühlen?

Ich verliere so langsam meine Objektivität dafür...."

...darüber muss ich in den einsamen Momenten auch nachdenken... aber ich bin für mich zum Schluss gekommen, dass mir meine Beziehung dennoch sehr viel bringt. Denn wenn ich dieses Gefühl empfinde, während mein Freund bei mir ist, fühle ich mich dennoch nicht so unwohl wie in einer Gruppe. Ich kann dies dann zulassen und habe nicht das Gefühl, weglaufen zu können. Weißt du, was ich meine?

Ich glaube auch, dass dieses Gefühl der Einsamkeit eine Facette unserer Krankheit ist. Vielleicht können wir in den Momenten nicht richtig sehen, dass wir ein Teil der Gruppe sind, in der wir uns befinden. Wir fühlen und anders und vielleicht manchmal unverstanden.

Was man dagegen tun kann, weiß ich leider auch nicht Aber ich finde es schrecklich...

Liebe Grüße!!
sandy1
Beiträge: 98
Registriert: 5. Jan 2011, 21:27

Re: Wenn das Gefühl der Einsamkeit siegt

Beitrag von sandy1 »

Hi Sprotte,

die Frage ist auch, wenn ich begriffen habe, warum und wieso, also den Grund kenne und für mich akzeptiert und angenommen habe. Ändert sich dann was?
Ich glaube nicht. Es wird mich immer begleiten und schmerzen. Wird immer mit Arbeit, Traurigkeit, Überwindung ... verbunden sein und je nach Situation die Depression verstärken oder anstossen.
Obwohl, vielleicht bin ich irgendwann soweit, das als einen Teil von mir schätzen zu lernen, etwas Gutes daran zu sehen...
Ja, doch, jetzt wo ich schreibe, kann ich mir das gerade vorstellen...irgendwann mal, vielleicht ...Gedankenblitze.
Im Moment bin ich noch nicht soweit.

LG Sandy1
FrauAhnungslos
Beiträge: 84
Registriert: 19. Dez 2011, 13:20

Re: Wenn das Gefühl der Einsamkeit siegt

Beitrag von FrauAhnungslos »

Hi Sinfonia,

ich habe gerade den Artikel gelesen, den du empfohlen hast. Danke danke danke dafür!! Genau so ist es!! Das hilft mir, ein bisschen klarer zu sehen....

Liebe Grüße!
wütend

Re: Wenn das Gefühl der Einsamkeit siegt

Beitrag von wütend »

Sich einsam fühlen in Gegenwart anderer Menschen ist depressionstypisch, denke ich.

Nicht allein sein können, hat möglicherweise mit einer ganz anderen Störung zutun.
Schau mal hier:

http://www.borderline-borderliner.de/bo ... yndrom.htm

http://www.blumenwiesen.org/borderline-abgrund.html
Anne Blume
Moderator
Beiträge: 1698
Registriert: 7. Dez 2006, 13:25

Re: Wenn das Gefühl der Einsamkeit siegt

Beitrag von Anne Blume »

Hallo Karl Mayer,
Ihre letzten Postings lassen darauf schließen, dass es Ihnen nicht gut geht. Fürs Forum ist es fast schon grenzwertig.
Sind Sie momentan in Behandlung? Können Sie morgen Kontakt mit Ihrem Therapeuten aufnehmen?

Viele Grüße
Anne Blume
katyfel
Beiträge: 1181
Registriert: 21. Aug 2011, 18:08

Re: Wenn das Gefühl der Einsamkeit siegt

Beitrag von katyfel »

Hallo Frau Ahnungslos,

freut mich, dass dir der Artikel was "geben" konnte...

Es ist eben insgesamt ein schwieriges Thema...
So ist das Leben, sagte der Clown und malte sich ein Lächeln auf
rubbersoul

Re: Wenn das Gefühl der Einsamkeit siegt

Beitrag von rubbersoul »

aquamarin
Beiträge: 262
Registriert: 2. Jul 2011, 19:14

Re: Wenn das Gefühl der Einsamkeit siegt

Beitrag von aquamarin »

Ich fühle gerade so sehr mit euch allen und möchte mir meinen Anteil an diesen Dingen gerne ein wenig "von der Seele schreiben".

Gerade jetzt erlebe ich intensiv dieses Gefühl der von euch so passend beschriebenen Einsamkeit. Und das nach einem Nachmittag in wirklich netter Gesellschaft, mit viel Spaß und ein wenig Trubel.
"Normale" Menschen würde jetzt wohl noch über den schönen Tag nachsinnen, sich an der einen oder anderen Anekdote erfreuen und mit Vorfreude auf möglicherweise weitere Treffen mit diesen Menschen schauen...

Ich aber fühle mich leer, falsch in meiner Haut, sehne mich nach Erfüllung dieses tiefen, unangenehmen Gefühls in mir. Ich wünsche mir jemanden, der mich in den Arm nimmt, weil ich die (irrige) Hoffnung habe, dass damit die Einsamkeit, die Leere gefüllt wird.

Dieses Gefühl, denke ich, kommt aus einem Ort ganz tief in uns drin. Dort kann die Gesellschaft anderer nicht hineindringen, dort ist keine Erfüllung durch etwas Äußeres möglich. Vielleicht - dieser Gedanke kommt mir so beim Schreiben - wird uns gerade in Gesellschaft anderer bewusst (oder unter-bewusst, was zur Auslösung des Gefühls führt), dass wir selbst gar nicht ganz sind, dass uns etwas fehlt, das uns niemand geben kann, außer wir selbst.
Und an der Stelle wird es schwierig für uns, weil wir nicht wissen, es nicht gelernt haben, wie wir diese Leere füllen können, wie wir es hinbekommen, erst einmal in uns selbst ganz zu sein.

Bei mir kommt auch noch hinzu, dass ich nach den Treffen mit anderen Menschen das Gefühl habe, nicht allen wirklich gerecht geworden zu sein. Dabei kann es ja - wenn ich jetzt mal rational darüber nachdenke - nicht in meiner Verantwortung liegen, für alles und jeden zuständig zu sein. Ich kann einen Rahmen schaffen, ich kann Atmosphäre bieten, ich kann Gesprächsbereitschaft zeigen, aber ich kann nicht für das Seelenheil aller bei einer Veranstaltung welcher Art auch immer verantwortlich sein.
Das überfordert total, ist aber wohl das, was ich gelernt habe. So in der Art beschreibt es ja auch Giger-Bütler, der in den Depressiven Menschen sieht, die sich immer in der Verantwortung für andere fühlen, weil sie es als Kinder so erlebt haben. Beispielsweise: Ich verhalte mich so oder so, das führt dazu, dass Mama sauer ist/weint/enttäuscht ist - also bin ich mit meinem Handeln dafür verantwortlich, dass sie sich so fühlt.

Einen interessanten Aspekt dazu habe ich neulich mit jemandem besprochen: Ich neige dazu, von Menschen zu "erwarten", dass ihnen meine Gesellschaft doch irgendwann zuviel werden muss. Und vielfach gibt es Situationen, in denen ich dann genau das zu spüren meine. Eine andere Sichtweise ist aber: In dem Moment, wo ich dieses Empfinden entwickle, ist vielleicht gerade MIR die Situation zu viel und ICH möchte eigentlich den Rückzug antreten. Dieses Gefühl projiziere ich aber unbewusst auf die anderen...
Eine Sichtweise, die mich wirklich zum Nachdenken gebracht hat...

Ich hoffe, dass ihr aus meinem etwas planlosen Geschreibsel für euch etwas herausziehen könnt... das Thema bewegt mich jedenfalls sehr, wie offenbar so viele von euch...

aquamarin
FrauRossi
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Beitrag von FrauRossi »

jonesy
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Re: Wenn das Gefühl der Einsamkeit siegt

Beitrag von jonesy »

Im letzten Jahr hatte ich so eine Phase, in der ich mich von allen verraten und verlassen fühlte. Es war so schlimm, dass ich dachte, ich muss an der Einsamkeit sterben.
Irgend wie bin ich da rein gegangen, in dieses Gefühl. Hab die halbe Nacht auf dem Boden gelegen,gewimmert und laut geklagt(Gott sei Dank waren meine Nachbarn nicht da), hab dieses Gefühl voll ausgelebt. Ich war aber auch nicht in der Lage irgend jemanden anzurufen.
Seit dieser Nacht ist es nie mehr wieder so aufgetreten und Alleinsein macht mir keine Angst mehr.
Ich habe irgend wie gespürt, ich darf sein. Mit all meinen Ängsten, mit dem Gefühl, nicht zu genügen, dem Gefühl der Andersartigkeit.
Und ich kann für mich da sein, auch in den allerschlimmsten Momenten.
Da ist eine Stärke in uns, die ich nie vermutet hätte.
Rein rational gedacht, sind wir allein seit der Durchtrennung der Nabelschnur und alles was an Bezugspersonen in unserer Lebenszeit dazu kommt, ist eine schöne Beigabe.
Bestimmte Anteile in meiner Persönlichkeit brauchen diese Zeit allein.
Natürlich will ich nicht immer allein sein, aber wenn ich das nicht will, muss ich die Initiative ergreifen.
Das ist schwer, wenn man gerade in einer Depriphase steckt und ich muss mich sehr überwinden, zu sagen, dass ich mich gerade einsam fühle und gerne jemanden zu reden hätte. Aber auch das ist ein Lernprozeß.
Sich wieder und wieder selber zu versichern, dass man in Ordnung ist genau so wie man ist, mit all den komischen Gefühlen.
Wir sind alle Teil einer Gemeinschaft, einer Art Minikosmos und wir sind auf dem Weg zu uns selbst.
Wo und zu wem sonst sollten wir auch hin wollen und wer, wenn nicht wir, soll uns aushalten?
LG v.Pauline
jonesy
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Re: Wenn das Gefühl der Einsamkeit siegt

Beitrag von jonesy »

Noch mal was speziell für Frau Rossi:
Klar kriegst du dauernd eine vor der Latz. Die Anderen müssen sich auch erst einmal umstellen.
Sie sind das nicht gewohnt von dir.
Mir geht es momentan ähnlich und ich ecke häufig an, merke aber, dass es mir gut tut, meine wirklichen Gefühle zu äußern.
Für die Gefühle Anderer bin ich nicht verantwortlich, dass liegt in deren Verantwortung. Ich habe mit meinen genug zu tun.
LG v. Pauline
FrauAhnungslos
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Re: Wenn das Gefühl der Einsamkeit siegt

Beitrag von FrauAhnungslos »

...diesen Abend musste ich über das Gefühl, allein zu sein und den Wunsch alleine zu sein, nachdenken. Wenn ich alleine zu Hause bin, fühle ich mich oft nicht einsam... aber in Gruppen tue ich das umso mehr. Wie verrückt!
Und obwohl ich oft das Gefühl habe, dass die Menschen in meiner Umgebung mich nicht verstehen, glaube ich manchmal, dass ich mich teilweise in eine Abhängigkeit begebe... ich weiß nicht recht, wie ich das erklären soll. Vielleicht als Beispiel:
Morgen gehe ich nach 3 Wochen Krankschreibung zum ersten mal wieder arbeiten und habe fürchterliche Angst. Angst vor den Reaktionen meiner Kollegen, dass ich Ärger von meiner Chefin bekomme? Auf der anderen Seite: ständig sind Kollegen bei uns krank und niemanden interessiert das im Prinzip. Nun bin ich recht schlaflos und es versetzt mich in größte Panik, dass ich diese Situation morgen früh alleine bewältigen muss. Dass ich mich von meinem Freund für 9 Stunden verabschieden muss und den Tag über alleine bin. Und das, obwohl ich doch auch oft das Gefühl des Alleine seins habe, wenn wir beieinander sind.
Versteht mich einer?

Ist ein bisschen wirr, aber das wollte ich noch los werden.

Gute Nacht
FrauRossi
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Beitrag von FrauRossi »

Secret
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Re: Wenn das Gefühl der Einsamkeit siegt

Beitrag von Secret »

Hallo zusammen,

nach einen Computerfreien Sonntag habe ich gerade diesen Thread gelesen, habe kürzlich selber "Allein unter anderen Menschen" reingesetzt und sehe mich in allen Beitägen wieder.

Es ist wirklich ein Minderwertigkeitskomplex, ich bekomme mit wenigen Menschen ein wertvolles Gespräch zustande.

Die meisten erscheinen mir auch so oberlächlich und reden so als wäre alles in Ordung und über Kinofilme, andere Freunde, Hobbies, Sport usw.

Bin ich mit einem oder wenigen Menschen zusammen schleicht sich eine bleierne Sprachlosigkeit zwischen uns ein. Sind mehrere Menschen da, die miteinander sich gut unterhalten bin ich aussen vor und nur Zuhörer, kann gar nicht mitreden, komme nicht zu Wort.

Das was wir in diesem Forum so miteinander besprechen könnte man ja auch nicht auf einen Elternabend oder einer Familienfeier so ansprechen. Wie leehr kommt mir da die Frage : "Wie geht es Dir?" vor!!!

Im Alltag fühle ich mich auch einsam ohne Job, doch mit Job fühle ich mich eben auch einsam unter Menschen!!

Und dieser interessante Bericht über Freunde § Feinde habe ich gelsen, es ist wohl wahr. Doch das Problem bei dem Pflegen von Freundschaften ist wirklich, dass man einerseits es will und anderseits wieder meidet. Ich habe heute abend auch keine Lust auf den Elternaben, weil ich genau weiss dass die anderen sich unterhalten und ich wie allein zwischen allen sitzte und nicht mitreden kann, obwohl ich es ja einerseits möchte, aber anderseits auf einer anderen Wellenlänge bin. Das gleiche bei einer VHS - Gruppe Selbstverteidigung, das Treffen habe ich unter Vorwand keinen für die Kinder zu haben versäumt. Habe aber noch eine mail für ein zweites Treffen erhalten, es kostet mich viel Kraft da jetzt mitzumachen, aber es gibt sonst eine Abwärtsspirale, wenn man sich nich versucht mal selber zu motivieren.


LG
Secret
LG

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DieHüterin
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Re: Wenn das Gefühl der Einsamkeit siegt

Beitrag von DieHüterin »

Ein herzliches Grüß Gott, alle zusammen!

Auch mir ist dieses Gefühl von Einsamkeit sehr bekannt.... Es begleitet mich ständig.

Früher hatte ich auch ständig Freunde um miuh herum, war ständig aus und unterwegs, hab auch mal gerne was allein unternommen. Und jetzt....

Bei mir hat das glaub ich auch was mit dem Selbstvertrauen zutun, was sich im Laufe der Jahre evtl sogar schon zu einer fast SozialPhobie entwickelt hat.

Ich war früher viel engagiert, versuche das auch immer noch. Sei es kirchlich oder in der Schule der Kinder. Ich stelle mich zwar immer wieder zur Verfügung und sage zu, doch sobald es zu einem Treffen kommen sollte, habe ich einfach nicht die nötige Kraft daorthin zu gehen.
Traue mir auch nicht mehr so wie früher auch die Leute anzusprechen und offen ein Gespräch zu beginnen; und sei es nur für ein SmallTalk.

In der Zwischenzeit ist es wirklich so, dass ich seit mehreren Jahren keinem Menschen mehr vertraue und ich auch schon ewig keine Menschen mehr einladen mag. Ich habe Angst vor der Zurückweisung, Angst dass sie mein Vertrauen ausnützen könnten. Ich wünschte mir nichts sehnlicher als eine(n) Freund(in), doch habe ich nie das Gefühl bei einem Menschen, das er es auch wert ist.

Ich mag Gesellschaft, genauso wie meine Stunden alleine in einem Schwimmbad etc, Doch habe ich einfach nicht mehr den richtigen (keine Ahnung was)....
Sprotte
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Registriert: 6. Sep 2011, 23:00

Re: Wenn das Gefühl der Einsamkeit siegt

Beitrag von Sprotte »

Liebe Sandy1 und alle anderen,

deine Frage, ob sich was ändert, wenn man die Hintergründe versteht, ist eine gute Frage, die ich mir gerade auch immer, immer wieder stelle, auch bei anderen Themen.
Was also ändert für mich das Verstehen? (ich versuch es mir mal mitzuerklären

Zum einen nimmt es dem Empfinden/der Situation das Bedrohliche für mich. Das, was mir „zustößt“ bekommt einen Namen, ich weiß wo es herkommt etc. und damit ist es fassbarer. Ich kann z.B. das Gefühl von Einsamkeit dann „einordnen“.

Das Verstehen ist für mich auch wichtig, um es anzunehmen bzw. Mitgefühl für mich zuzulassen. Trauer, Einsamkeit aber auch andere ähnlich „negative“ Gefühle sollte ich früher z.B. nicht haben. Dann „musste alles wieder gut sein“. Aber erst seit ich das erkannt habe bemerke ich wie verzwickt das jetzt natürlich ist. Denn wenn ich traurig werde kämpfen jetzt verschiedene Muster gegeneinander. Das, das sagt: du darfst nicht, das ist man nicht. Also fühle ich mich auch noch schuldig, wenn ich es bin. Und die weggedrückte Trauer wird immer größer. Meine Aufgabe ist es jetzt sagen zu üben und es irgendwann zu können: man darf traurig sein, solange man traurig ist. Dem Gefühl erlauben da zu sein (neues Muster). Wie grotesk: Ich muss eigentlich für mich darum kämpfen traurig sein zu dürfen. Und das obwohl das Ziel dahinter ja wiederum auch ist: Traurigkeit/ Niedergeschlagenheit „überwinden“ bzw. auf ein Normalmaß bringen (wie auch immer das aussieht Kompliziert…Aber wenn ich Schritt eins nicht verstanden hätte, dass ich nicht traurig sein sollte…dann hätte ich nicht den richtigen „Gegensatz“ –ich darf traurig sein- gefunden. (und: abgesehen vom dürfen muss ja noch gefunden werden: warum überhaupt traurig?Und die antwort liegt irgendwo bei der Einsamkeit) Aber du hast recht: nur mit verstehen ist es nicht getan. Es muss danach auch oft oft oft oft geübt werden. Und umso tiefer die Überzeugung sitzt, desto schwerer ist es wahrscheinlich zu einer anderen zu kommen. Ja, ich ahne es und das schmerzt finde ich auch: Es wird nur schrittweise zu machen sein und kann lange begleiten. Ich hoffe aber, dass es immer weniger wird. (oh, und ich bin so ungeduldig! Schneller…;-))

Ich finde bei manchen Themen ist das, was aus dem Verstehen folgt, konkreter. Bei Einsamkeit ist es für mich schwer. Denn es ist irgendwie ein tief verankertes Lebensgefühl und viele, viele andere Themen greifen quasi mit hinein. (vielleicht, wenn man die nach und nach knackt und neu füllt, dann füllt sich auch das Loch namens „Einsamkeit“?)
Darum wird es nicht so schnell „weggehen“. Leider. Manchmal kommt es mir auch alles so umfassend vor, dass ich gar nicht weiß wo ich ansetzen soll. Z.B. die Erkenntnis: Ich habe nicht geguckt, was ich will—ich weiß nicht was ich will—heißt ja wohl: Also lernen zu schauen, was man möchte und das auch umsetzen. Aber was will ich denn? Tja…ähh…also…und das herauszufinden braucht (oh nein Geduld und Zeit und ich befürchte auch viele Griffe, die daneben gehen.

Sorry, das war jetzt ziemlich lang…aber soweit meine Gedanken, was es bringt was zu Verstehen..

Liebe Grüße an alle! Sprotte

@Pusteblume: ja ich finde die Erkenntnisse auch furchtbar traurig und damit umzugehen und den Schmerz auszuhalten ist eine sehr schwierige Aufgabe

@aquamarin: Die Sichtweise, dass man das eigene „mir ist es zu viel“ Gefühl auf andere überträgt finde ich wirklich einen guten Anstoß, danke!
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