Was bedeutet Umgang?

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Sommerkind
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Was bedeutet Umgang?

Beitrag von Sommerkind »

Hallo Forum

Ich weiß gar nicht so genau wie ich anfangen soll. Schreibt man eine Vorstellung? Oder ist das zu aufdringlich?? Schon der Umgang mit mir und anderen überfordert mich.

Ich tus einfach mal...

1998 begab ich mich das erste Mal, auf eigenen Wunsch in ambulante psychiatrische Behandlung. Ich habe damals ein Antidepressivum verschrieben bekommen und sollte in eine Klinik. Ich habe mich zum damaligen Zeitpunkt noch täglich mehrmals selbst verletzt, war sehr antriebslos und hatte Empfindungsstörungen, massivste Ängste und Panik, sowie Zwänge. Es gab keine Erläuterungen was mir fehlen würde. Ich ging damals, aus Angst in die „Klapsmühle“ eingeliefert zu werden und dann ausgeliefert zu sein irgendwann nicht mehr zu dem Arzt. Das AD hieß Saroxat oder Seroxat ich glaube 40 mg oder 50 mg hatte es. Ich sollte ab sofort jeden Tag eine Tablette nehmen. Die Wirkung war mir unangenehm. Die Tabletten bekamen mir gar nicht und sie machten mich hoch aggressiv und übermütig. Ich beschloß sie nicht mehr einzunehmen, aus Angst ich würde mir selbst schaden. Damals hatte ich auch Suizidgedanken. Ich habe sie seit meiner Kindheit. Ungefähr seit ich 8 Jahre alt war. Zeitweise, als Kind und Jugendliche hatte ich die Absicht und den festen Plan sie umzusetzen, dies scheiterte aber immer.
Ich hatte 1998 ein anderes Leben, als das in Kindertagen, das Jugendamt hatte ich mich aus dem Elternhaus geholt und in eine Einrichtung für betreutes Wohnen verbracht. Ich wollte Behandlung und Heilung.

Ich beschloß nicht mehr zu einem Seelenarzt zu gehen. Ich nahm eine Berufsausbildung auf und lernte einen Mann kennen, bekam Kinder, heiratete.

Leider scheiterte die Ehe. Die Schwiegereltern waren zu nächst nett zu mir, aber mischten sich dann mehr und mehr in das Leben ein, das mein Mann und ich führen wollten. Er sah keinen Grund sich abzugrenzen, ich wollte so nicht leben, so trennte ich mich 2007.

Im Jahr 2008 ging es mir, nach dem ich abgestillt habe plötzlich deutlich schlechter. Mein Leistungsniveau sank von Tag zu Tag. Ich hatte noch immer massive Ängste und diese Soziale „Macke“. Ich habe Angst vor anderen Menschen, vor ihrem Urteil, vor ihrer Bewertung. Vor allem wenn es an das Thema meiner Herkunft geht. Was soll ich sagen? Ich wäre so gern offen und ehrlich, aber man kann nicht jedem auf die Nase binden, das man wie ein Lumpen in einer Ecke gehaust hat als Kind. Ein nutzloser, unwerter, unwichtiger, dreckiger, Lumpen. Wer will so eine Story auch hören? Und was bin ich dann für sie? Wieder nur der Lumpen? Also bewahre ich die Fassade. Man sieht eine starke Frau, die alles schafft, allein mit den Kindern (zu jener Zeit), die pikobello gepflegt, ordentlich gekleidet ist, der alles gelingen mag. Aber eigentlich bin ich das gar nicht. Ich komme mir immer vor wie ein Betrüger. Ja, das was man sieht ist auch da, aber das was in der Hülle steckt fühlt sich ganz anders und ich auch da. Erfolg ist nicht fühlbar. Irgendwie…
Ich bin nicht fühlbar. Ein paar Augen, wie runde Fenster zur echten Welt, das Wesen - ein Aerosol, ein nicht-Mensch. Ich fühle mich nicht wie ein echter Mensch. Ich bin nicht wie die anderen. Das Gefühl war schon immer da. Da ist eine Mauer, wie eine Nebelwand, die eiskalt und fest mich trennt von der Außenwelt. Das Leben lebt sich, das Wesen tut dies, tut jenes… Manchmal ist sie so fest, dass sie mir erscheint wie Glas und sie festigt sich zusehens.
Ich suche seit 2008 einen Therapeuten und gehe auch wieder zum Psychiater. Ich habe alle angerufen, die man mich angewiesen hat anzurufen und einige mehr selbst gesucht. Manche sagen, ich soll in einem Jahr anrufen, dann rufe ich an und sie sagen wieder das Gleiche. Manche sagen sie haben eine volle Warteliste und man kann mich nicht auch noch drauf setzen. Andere waren unangenehm am Telefon zu mir. Ich sollte nach einem kurzen Hallo gleich die ganze Lebensgeschichte berichten, dann hat man mich abgelehnt. Das sei „zu viel“. Man habe die Kompetenz nicht. Ich bringe „zu viel“ mit. Ich würde so viel Kapazität erfordern, das wäre zusätzlich zu dem Patientenstamm zu viel.
Nun gut, wenn das so ist, ist es so. Daran vermag ich nichts zu ändern. Nur fühlt es sich bedrückend an. Noch mehr wie ein Nicht-mensch, ein wunderliches Ding.
2 Optionen auf eine Therapie habe ich noch. Ich darf dort im Januar wieder anrufen.

…manchmal denke ich ohnehin ich sollte eigentlich zu einem Kindertherapeuten gehen. Es ist so als ob in mir eingefroren noch das Kind lebt, das in meiner Kindheit schwer beschädigt wurde. Eines aus jeder Altersstufe, eines aus jeder Situation ist erhalten geblieben und friert und weint und leidet. Sie schlafen nicht, wenn ich schlafen will, sie schweigen nicht wenn ich den Lärm nicht mehr ertrage den sie ständig verursachen, sie hören nicht auf mich mit Erinnerungen zu füttern. Es ist nicht mit dem Willen zu steuern, nicht zu beenden und nicht zu verursachen. Ich habe sie nicht gemacht, nicht gerufen und kann sie nicht verscheuchen.

Ich bin berentet seit 2010. Ohne Rehaversuch, ich war nie in einer Klinik. Ich war nur bei dem Gutachter. Mehr nicht. Er hat mit mir geredet und mich berentet. Ich habe zu dem Zeitpunkt noch meine Haare ausgerissen und hatte damals nicht mehr ein langes Haar auf dem Kopf. Das konnte man sehen, alles andere musste ich berichten und er glaubte mir. Ich habe das erste Mal im Leben das Gefühl gehabt, mein Wort hat gereicht. Das hat mir ein Stück weit sehr geholfen.
Ich weiß nicht, wie es weiter gehen soll, wenn ich keinen Therapeuten finde. Mein Psychiater ist geduldig und hört sich alle 6 Wochen meine sich ewig widerholenden Berichte an. Ich bin trübsinnig, verängstigt und werde starrer. Ich versorge mein Haus sehr exzessiv, aber meine Finanzen kann ich nicht mehr alleine regeln. Ich gehe nicht mehr regelmäßig aus dem Haus. Ich esse kaum noch.
Das macht so alles keinen Sinn. Ich wünsche mir, dass ich all diese Dinge wieder kann, die ich nicht mehr kann. Dass ich unterlassen kann, was ich nicht zwanghaft tun will (Zwänge und PTBS habe ich bei den Diagnosen vergessen und insgesamt ist meine Gedächtnisleistung miserabel).
Wäre ich mein Tier, würde ich mich einschläfern lassen, denke ich manchmal. Ich bin eine Belastung für meine Familie. Bin nichts wert.
Kann ich nur alle 6 Wochen zum Psychiater marschieren und wieder gehen und auf einen Therapeutenplatz warten und weiter so vegetieren wie ich bin oder wie sollte der Umgang damit aussehen?

Das ist nicht alles Depression, aber sie rührt überall drinn herum. Was also soll ich tun mit ihr?
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rockme
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Re: Was bedeutet Umgang?

Beitrag von rockme »

FrauRossi
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Beitrag von FrauRossi »

Minze
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Re: Was bedeutet Umgang?

Beitrag von Minze »

hallo

>…manchmal denke ich ohnehin ich sollte eigentlich zu einem Kindertherapeuten gehen. Es ist so als ob in mir eingefroren noch das Kind lebt, das in meiner Kindheit schwer beschädigt wurde. Eines aus jeder Altersstufe, eines aus jeder Situation ist erhalten geblieben und friert und weint und leidet. Sie schlafen nicht, wenn ich schlafen will, sie schweigen nicht wenn ich den Lärm nicht mehr ertrage den sie ständig verursachen, sie hören nicht auf mich mit Erinnerungen zu füttern. Es ist nicht mit dem Willen zu steuern, nicht zu beenden und nicht zu verursachen. Ich habe sie nicht gemacht, nicht gerufen und kann sie nicht verscheuchen.

also, das berührt mich sehr und vielleicht wäre ja ein Therapeut hilfreich, der sich genau damit auskennt: die Arbeit mit deinem inneren Kind.

Was würdest du tun, wenn dir so ein Kind begegnen würde? Wenn es weint und leidet und rebelliert? Vielleicht würde es dir helfen, genau dies zu lernen, nämlich, wie du so ein verletztes Kind auffängst und ihm Halt gibst?

LG Minze
Anne Blume
Moderator
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Registriert: 7. Dez 2006, 13:25

Re: Was bedeutet Umgang?

Beitrag von Anne Blume »

Hallo Sommerkind,
ich möchte Sie unbedingt in Ihrem Vorhaben bestärken einen Therapeuten zu suchen. Vielleicht können Sie mal in den Notfallnummern, oben rechts auf dieser Seite nachschauen, ob es eine Stelle in Ihrer Region gibt, die Ihnen einen Kontakt vermitteln kann.
Anne Blume
jonesy
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Re: Was bedeutet Umgang?

Beitrag von jonesy »

Liebes Sommerkind,
eine heftige Geschichte, die du da mit dir rum schleppst und du brauchst so dringend Hilfe.
Es ist eine Schande, dass du keine finden kannst und ein Armutszeugniss für die entsprechenden Psychologen, die du kontaktet hast. Wenn sie dir schon nicht helfen können, könnten sie dir zumindest jemanden nennen, der das kann.
Da springt mir gerad der Draht aus der Mütze, was dir momentan aber auch nicht weiter hilft.
Kennt denn dein Psychiater niemanden, an den du dich wenden kannst?
Ich wünsche dir die Kraft, dass du weiter versuchst, dir Hilfe zu holen und das sich auch jemand finden lässt.
Alles Liebe von Pauline
jolanda
Beiträge: 1147
Registriert: 16. Okt 2003, 10:29

Re: Was bedeutet Umgang?

Beitrag von jolanda »

Hallo!

Da hast du ja einiges mit dir rum zu tragen.
Ehrlich gesagt hört sich das für mich an, dass es mehr ist, als "nur" eine Depression.
Was sagt denn dein Psychiater dazu? Hast du eine Diagnose? Kann er dir denn nicht irgendwie helfen, dass du eine passende Therapie bekommst?
Natürlich ist es frustrierend, wenn Therapeuten sagen, das sei ihnen "zu viel". Aber das ist immer noch besser, als eine Therapie an zu fangen und irgendwann merkt der Therapeut, dass er überfordert ist. Das ist mir passiert - wurde nach gut einem Jahr in die Wüste geschickt. Dann nochmal vertrauen auf zu bauen ist noch schwerer.

Den Gedanke, eigentlich müsste es ein Kindertherapeut sein, kenne ich auch.

LG, jolanda


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Feedom's just another word for nothing left to lose (Janis Joplin)
Sommerkind
Beiträge: 5
Registriert: 24. Dez 2011, 19:54

Re: Was bedeutet Umgang?

Beitrag von Sommerkind »

Hallo,

ich versuche mal zu antworten. Struktur kommt vielleicht von allein hinzu.

Jaa, da sind noch mehr als nur Kinder. Aber oftmals der Grund für die Ablehnung. Einer der Therapeuten, den ich kennenlernte, hat mir in den 5 Sitzungen, die man haben kann einiges Erklärt und viel hilfreiches mitgegeben, sie haben auch mit ihm geredet und er hat sie nicht für Hirngespinste gehalten, aber die Kapazität reicht nicht für meine Wenigkeit.
Ich finde den Gedanken gut, erlernen zu können wie man sein verletztes Innenleben versorgt.

Ich war schon bei einer Beratungsstelle. Deren 3 Therapeuten die sie mir nannten, wollten mich nicht. Mein Psychiater hatte auch welche genannt, bei denen es nichts wurde. Ich habe den Eindruck er tut was er tun kann. Ich habe wirklich sehr nette Menschen kennen gelernt, denen es z.T. auch merklich leid tat mir nicht weiter helfen zu können. Ich klage niemanden an. Die Dinge sind wie sie sind.
Es gibt mehr Diagnosen als die Depression, aber die Depression ist bei allem gerne mit dabei. Ich finde auch, sie ist mir die gefährlichste. Soziale Inkompetent zu sein bringt mich nicht um.

Ich denke es gibt noch Möglichkeiten, man muss sie nur suchen und hoffentlich wärend dessen nicht vergessen sie auch zu finden.

Vielen Dank für die Rückmeldungen

LG
Sommerkind
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morgenmuffel
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Registriert: 27. Okt 2008, 20:00

Re: Was bedeutet Umgang?

Beitrag von morgenmuffel »

@Pauline149 : Ich habe heute ein paar deiner Beiträge gelesen und finde deine klaren Formulierungen sehr gut!

Vielleicht hättest du Interesse mit mir in E-Mail Kontakt zu tretten? Denn ich bin hier eher unregelmäßig und doch oft von den sehr langen Beiträgen erschlagen
LG Morgenmuffel



"Unser Leben ist das, wozu unser Denken es macht.

Marc Aurel"
FrauRossi
Beiträge: 3166
Registriert: 2. Jul 2011, 11:23

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Beitrag von FrauRossi »

Sommerkind
Beiträge: 5
Registriert: 24. Dez 2011, 19:54

Re: Was bedeutet Umgang?

Beitrag von Sommerkind »

Hallo Frau Rossi,

ich weiß das es solche Foren gibt. Ich habe privaten Kontakt zu anderen Vielen Es gibt hier auch eine SHG.

Aber der Grund aus dem ich hier bin ist, dass mich meine depressiven Symptome erschlagen und ich Austausch suche um damit umzugehen.

LG
Sommerkind
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FrauRossi
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Registriert: 2. Jul 2011, 11:23

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Beitrag von FrauRossi »

Sommerkind
Beiträge: 5
Registriert: 24. Dez 2011, 19:54

Re: Was bedeutet Umgang?

Beitrag von Sommerkind »

Hallo Frau Rossi

ich finde deine Kurzfassung gut. Das kann ich nachvollziehen, wie du das geschrieben hast.

Zum Entstehen der Depression denke ich in meinem Fall auch an erlernte falsche Denkmuster und Handlungsweisen. - Für mich ist das noch schwer in Worte zu (er)fassen...

Ich wurde abgelehnt, wurde immer als schuldig & schlecht deklariert. Nicht wahrgenommen und missachtet. Ich kann mich ja nur so behandeln wie ich erlernt habe? ...erst mal...
Ich denke das ich wenig in der Lage bin zu genießen was gut ist und einen Nutzen daraus zu ziehen. Ich kann keine Ziele entwickeln. Ich habe also keinen Plan. Das löst so einen Schwebezustand aus und viel Langeweile. Das wiederrum löst Vermeidungsverhalten aus und mehr Langeweile. Ich kotze mich an, hasse mich dafür, gebe mir die Schuld und das ist alles so negativ. Und so mache ich mich unglücklich.

Das ist so in etwa das was ich erfassen kann, was so den Umgang mit mir schwer macht. So kann man nicht aus der Depression heraus. Allein fällt es mir schwer das umzukehren.

Hm... Früher habe ich Beziehungen mit Männern gehabt, was in krassem Gegensatz zu meiner Neigung stand. Ich mag Frauen. Schon immer eigentlich. Ich habe den Gedanken nie zugelassen und habe mich mit Männern eingelassen. Es befreit mich auch einer Art Korsett erfühlen zu können was ich möchte und was nicht. Das war aber auch alles nicht so greifbar, so diffus. Und es ist nicht einfach sich auf etwas zu einigen wenn man viele Meinungen wie ein Karussel in seinem Kopf schwirren hat. Ich denke, das es vielen Menschen, die mit sich allein in sich leben ganz genau so geht! es gibt das große Für und Wider. Hin und Her. Man muss sich festlegen. Ein grober Mangel an Selbstwert (den ich nie entwickelt habe) hintert einen daran den besten Weg zu erkennen, der einen selbst wiederspiegelt und sich zu entscheiden ihn zu gehen. Das ist gleich.

Manchmal tritt die Depression scheinbar an eine Stelle, die sonst der Zweifel ausfüllt. Man kann plötzlich nicht mehr. Vernatwortung entfällt, denn man kann ja nicht mehr....

Sommerkind
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