häufige Abstürze trotz Medikamente

simwlo
Beiträge: 53
Registriert: 17. Feb 2009, 18:42

Re: häufige Abstürze trotz Medikamente

Beitrag von simwlo »

Hallo Pia,

eigentlich bin ich ja eher der stille Mitleser, aber dein Beitrag - und vor allem die Reaktionen darauf - haben mich so angerührt, daß ich unbedingt was dazu sagen möchte.

Ich bin in einem Punkt genau wie dein Mann, wenn ich ich einer schweren depressiven Phase bin, kann ich nichts mehr sagen.
Gerade in der ersten Zeit meiner Erkrankung hat mir mein Mann, ähnlich wie du, sehr geholfen. Ihm konnte ich mich manchmal noch mitteilen, und es hat sich dann für mich als sehr hilfreich erwiesen, daß er dann so etwas wie mein Sprachrohr war.
Bei meiner ersten Klinikaufenthalt hat mein Mann mich mitten in der Nacht dort hingebracht und ich habe die ersten 3 Tage kein Wort gesagt ( Ich hätte auch nicht schreiben können. ). Ich konnte es einfach nicht.
Das hatte nichts damit zu tun, daß ich ja wusste ich habe meinen Mann und muß nicht lernen mit jemand anderen zu kommunizieren.
Auch wenn es meinen Mann nicht gegeben hätte, ich hätte nicht reden können.

Es gab danach noch viele Situationen, in denen mein Mann und mein Arzt sich ausgetauscht haben ( und heute auch manchmal noch tun )
Ich habe das nie als Bevormundung empfunden, und konnte das in guten Zeiten mit ihm besprechen.
( Mein Arzt und mein Therapeut waren in Kriesensituationen überigens sehr dankbar für Informationen aus 2ter Hand, wenn ich schon meinen Mund nicht aufbekommen habe ).
Es war auch so etwas wie eine Verabredung mit ihm, daß es sein gutes Recht ist sich an meinen Arzt zu wenden, wenn er sich Sorgen macht und die Verantwortung nicht mehr alleine Tragen will und kann, oder einen Rat braucht.

Nachdem ich nun schon 4 Jahre mit der Krankheit beschäftigt bin kennt mein Arzt mich so gut, daß er an meinem Verhalten, Aussehen, Körperhaltung... erkennen kann, daß es mir so schlecht geht und ich deshalb nicht reden kann - so wie Parson das beschreibt.
Wir haben mitlerweile Wege gefunden, wie doch noch das nötigste an Kommunikation stattfinden kann.
Aber das hat gedauert - und ich glaube ich habe sehr viel Glück mit meinem Arzt.

Was ich damit sagen will, jede Beziehung hat da eine andere Dynamik, die man nicht verallgemeinern kann.
Der eine kann das Verhalten von Pia überhaupt nicht ertragen.
Ein anderer wird durch so ein Verhalten nie in die Situation kommen sich um Hilfe zu kümmern, da es ihm ja immer abgenommen wird.
Den nächsten rettet dieses Vorgehen durch die schlimmsten Zeiten der Krankheit, da er sonst durch seine " Nichtkommunikation " keine Hilfe bekommen würde, obwohl er die so dringend braucht.

Ich finde nach den paar Sätzen über Pia zu urteilen und zu sagen, ihr Verhalten sei für einen Therapeuten nicht tragbar, bevormundet ihren LG, .... ist nicht richtig.

Beziehungen mit Depressiven sind wahrscheinlich genauso vielfältig wie die Depression selbst und jeder muß da für sich einen Weg finden.

Ich hoffe mein Beitrag war nicht allzu chaotisch, aber ich finde es immer sehr schwierig meine Gedanken in ein paar Sätze zu fassen.

LG
Simone
aikido_1987
Beiträge: 1133
Registriert: 24. Jul 2011, 20:43

Re: häufige Abstürze trotz Medikamente

Beitrag von aikido_1987 »

Hallo Pia,

aus meiner Berufspraxis kann ich berichten, dass es Angehörige gibt, die darin aufblühenden ihren erkrankten Partner zu bemuttern und den Partner selbst bei Arztkontakten gar nicht mehr zu Wort kommen lassen. Für mich als Krankenschwester sind das eher die unangenehmen Angehörigen. Ich bekomme den Patienten nur im Doppelpack mit seiner Ehefrau, welche rund um die Uhr da ist, permanent spricht und selten zufrieden mit den Gegenbenheiten und der Behandlung ist. An den Patienten selbst lässt mich die Ehefrau nicht herran.
Es gibt aber auch Angehörige die sich positiv miteinbringen. Sie unterstützen ihren Partner soweit er dies möchte, sie sind offen für Vorschläge und sie entscheiden niemals ohne das Einverständnis des Betroffenen.

Schau einfach dass du die Waagschale hälst. Unterstütze deinen Partner wenn es notwendig ist, aber lass ihn auch mal alleine auf dem Weg zur Genesung gehen.

Ich habe nicht mitbekommen, ob sich deine Eingangsfrage bereits geklärt hat, weil die Antwort würde mich auch interessieren:
Ist es möglich, dass man keine depressiven Abstürze mehr bekommt, wenn man medikamentös gut eingestellt ist?

Liebe Grüße
aikido
Andreas01

Re: häufige Abstürze trotz Medikamente

Beitrag von Andreas01 »

@Simone,

>>>Auch wenn es meinen Mann nicht gegeben hätte, ich hätte nicht reden können.<<<

ich kenne persönlich einen Fall da ist es über Jahre schon so, ohne ihren Mann wäre diese Frau regelrecht aufgeschmissen.

Komunikation mit anderen findet bei ihr nur via SMS, Live Chat, E-Mail oder sie schreibt mir das was sie mir sagen möchte in mein Netbook und reicht es mir dann zum lesen.
Ein Therapeut schickte sie weg mir der Bemerkung: "wenn sie wieder sprechen können,können sie ja wiederkommen"

Und gerade deshalb bin ich über die Unterstellungen bezüglich "Pias" Freund, so richtig sauer.


>>>Ich finde nach den paar Sätzen über Pia zu urteilen und zu sagen, ihr Verhalten sei für einen Therapeuten nicht tragbar, bevormundet ihren LG, .... ist nicht richtig.<<<

dem kann man nur beipflichten,
das Problem ist nicht der Angehörige der sich um den Patienten/Partner etc. kümmert, sondern der Therapeut wenn dieser damit nicht umgehen kann.

Andreas
bigappel
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Registriert: 10. Dez 2010, 08:10

Re: häufige Abstürze trotz Medikamente

Beitrag von bigappel »

Liebe Simone,

vielen herzlichen Dank für Dein Statement, Dein Erfahrungsbericht und Deine aufbauenden Worte!

Ich wünsche meinem LG sehr, dass auch er diesen Weg, den Du gefunden hast, Dich gegenüber Ärzten und Therapeuten wirklich verständlich zu machen, findet.

Dein Weg wird ganz sicher nicht nur an den guten Ärzten gelegen haben; da hast Du bestimmt auch viel zu beigetragen.

Für Dich und Deinen Mann alles, alles Liebe !!!!

@ aikido:
das kann ich gut nachvollziehen.

Aber ich höchstpersönlich fühle mich da wenig angesprochen; mit Vollzeitjob, Kind und Haushalt (das übliche halt), besteht geringe Möglichkeit, meinen Freund bei alltäglichen Dinge zu unterstützen und wenn dann der Arzt auch noch nur vormittags geöffnet hat, wird ´s nahezu unmöglich.


VG
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
pumalito
Beiträge: 26
Registriert: 11. Nov 2011, 20:15

Re: häufige Abstürze trotz Medikamente

Beitrag von pumalito »

hallo pia,

<Glücklicherweise, so hoffe ich , bin ich entwicklungsfähig und lerne auch immer und
immer wieder und wünsche mir, die Gratwanderung richtig gehen zu können.
Die Zeit wird es wohl zeigen.>

nach allem was ich von dir gelesen habe, glaube ich das du entwicklungsfähig bist u. die gratwanderung meistern wirst

was deine gescheiterte ehe betrifft, kann ich auch nur zu gut verstehen! das habe ich auch hinter mir. mein exmann war mein 3. kind ! nicht unbedingt meine vorstellung einer partnerschaft.
auf gleicher höhe mit meinem partner zu sein, ist auch mein wunsch. hatte ich dann auch. nur ist sie leider in die brüche gegangen.
du weist von der erkrankung, bist dir auch bewusst was es für dich bedeutet (so kommt es bei mir an).du bist eine starke frau !! war ich auch mal!

verliere dich nicht aus den augen, das kann so schnell gehen ohne das man es gleich merkt!! wird schnell zum selbstläufer. auch das kenne ich nur zu gut.
ich denke an dich u. drücke dir die daumen das dein einsatz erfolgreich wird.
-Tina-
Beiträge: 26
Registriert: 28. Nov 2011, 23:47

Re: häufige Abstürze trotz Medikamente

Beitrag von -Tina- »

Hallo Pia4711,

ich habe hier nur Deinen Beitrag gelesen, die anderen Beiträge sind mir im Moment zu viel. Aber es geht ja auch um Deinen Beitrag.

Ich glaube, daß es oft sehr schwer ist, das richtige Medikament zu finden. Das merke ich auch bei mir. Bis jetzt hatte ich auch noch nicht das Richtige. Und solange wird man auch Abstürze erleben. Soviel verschiedene Störungen es im Gehirn geben wird, soviele verschiedene Medi´s gibt es wahrscheinlich auch. Da das Passende zu finden bedarf sehr viel Geduld, was mitunter sehr schwer auszuhalten ist.

LG Tina
bigappel
Beiträge: 1488
Registriert: 10. Dez 2010, 08:10

Re: häufige Abstürze trotz Medikamente

Beitrag von bigappel »

Liebe Tina,

danke für Deinen Beitrag.

Damit hast Du ganz sicher Recht.
Die Situation, das richtige Medikament für den einen Patienten zu finden, erscheint teilweise wie puzzeln und Geduld erscheint mir sowieso das "Zauberwort" bei dieser Erkrankung zu sein.

Geduld, Stärke, Mitfühlen, aber nicht Mitleiden, Einfühlsamkeit, Verständnis sind die Zutaten, die ein Angehöriger eines mit Depressionen erkrankten Menschen benötigen;
manchmal auch für einen Angehörigen einfach zuviel, alles in Waage zu halten.

Dann heißt es durchatmen, zurückschalten und dann weitergehen (mit der Geduld, Stärke....).

Auch für Dich, auf Deinem Weg, die richtigen Medikamente zu finden, alles Liebe und Gute!

Von Herzen
Pia
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