Wenn ich nachhause komm

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jonesy
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Wenn ich nachhause komm

Beitrag von jonesy »

Hallo ihr Lieben,
möchte heute auch mal mein Herz hier ausschütten.
Ich falle so häufig in letzter Zeit in mich zusammen, kaum das ich die Wohnung betrete. Rammele mich aufs nächste Sofa, stell die Glotze an und schlafe nach einer Viertelstunde ein.
Meine Arbeit kriege ich noch so halbwegs geregelt, aber ich merke wie die Kräfte schwinden. Es ist alles so unglaublich anstrengend. Die Regenerationszeit am Wochenende reicht einfach nicht mehr aus.
Krank schreiben lassen will ich mich aber auch nicht, weil die Arbeit mir Struktur und Halt bringt und mir die Möglichkeit nimmt, mich hier daheim einzuigeln und noch tiefer in die Depri zu sinken.
Am Wochenende versuche ich wenigstens eine Verabredung einzuhalten, auch wenn ich meist das Gefühl habe, das stiehlt mir wichtige Erholungszeit.
Es sind alles Sachen, die mir auch Spaß bringen, trotzdem habe ich das Gefühl, ich möchte das nächste halbe Jahr eigentlich nur schlafen.
Der Haushalt leidet, sieht gerade aus wie Hulle hier und ich habe das Gefühl, ich bin der einzige Mensch auf der Welt, der sein ganz normales Leben nicht geregelt bekommt.
Ich fühle mich gerade so lebensuntüchtig, so ... panne.
Dann gucke ich mir last minute Angebote nach Kuba oder die Dom.Rep. an und denke, ja.
Ja bitte. Mindestens drei Wochen und dann noch gerne mit Wellness-tamtam.
Leider habe ich keinen Urlaub mehr und Geld schon gar nicht.
Merke gerade, wie ich mich selber fertig mache und mich als Vollversager innerlich betitele.
Letzten Mittwoch hat meine Thera zu mir gesagt: Pauline, sie sind sich nichts wert.
Seien sie doch mal gut zu sich und liebevoll.
Die hat gut reden...
Woher soll ich denn wissen wie das geht?
Wenn ich das mache, was ich will( schlafen und abhängen) fühle ich mich nur schuldig, weil ich nichts geleistet habe.
Es geht irgend wie nicht in meinen Schädel, dass es langt, einfach nur da zu sein.
Ich hör jetzt auf. Hört sich an wie eine einzige Jammerarie. Ist es wohl auch.
Gehe jetzt ins Bett, der einzige Ort, wo ich wirklich sein will.
Gute Nacht von Pauline
Conny_11
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Registriert: 22. Jul 2011, 00:03

Re: Wenn ich nachhause komm

Beitrag von Conny_11 »

Hallo Pauline,

Gut, dass du jammerst!!! Lass es raus!!!! Das hilft!

Ja, arbeiten zu gehen mit einer Depression kann sehr schwierig sein. Wenn diese blöde Müdigkeit mal von uns lassen würde.... Ich weiss nicht, ob du es dir finanziell leisten kannst, aber meinst du, du könntest eine Weile auf Teilzeit gehen? Das würde dir Erholungszeit geben, ohne dir den Halt zu nehmen. Lass dir dafür vom Arzt einen Attest ausstellen.

Das mit dem Sich-Lieben-Lernen ist ein laaaanger Prozess. Es wird kommen, je weiter deine Therapie voranschreitet. Wenigstens siehst du, dass du dich quasi selber "sabotierst" indem du dir sagt "ich hab nichts geleistet, ich verdiene es nicht, mich auszuruhen". Du hast deine Funktionsweise erkannt, das ist schon mal ein erster Schritt. Eine Lösung kann ich dir leider noch nicht geben, ich leide unter sehr ähnlichen Gedanken und hab da bisher noch nicht rausgefunden, wie ich diese Gedanken abstellen kann.

Hoffe, du schläfst wenigstens gut heute Nacht!

LG
Conny
otterchen
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Re: Wenn ich nachhause komm

Beitrag von otterchen »

Guten Morgen Pauline!

Dein Beitrag hätte von mir sein können - vor ein paar Jahren.
Arbeit: ok, funktioniert - und hält auch aufrecht!
Haushalt: nada
Schlafbedürfnis nach Feierabend: enorm
Energie: sehr gering

Seitdem hat sich aber zum Glück einiges getan. Mit Anleitung und Unterstützung meiner Therapeutin habe ich nämlich mit der Zeit einiges verändern können. Doch das hat seine Zeit gebraucht.

Bevor ich aber weiter dazu schreibe, möchte ich Dich fragen, welche Therapieform Du machst und wie lange schon.
Bringt ja nix, wenn ich mit Dir wie mit einem "Anfänger" rede, Du aber trotz längerer Therapie noch immer damit diesem Thema haderst.

mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
pero
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Re: Wenn ich nachhause komm

Beitrag von pero »

Hallo pauline,
mir geht es im Moment sehr ähnlich. Ich versuche gerade eine Wiedereingliederung 4 Tage a 4 Stunden und das macht mich schon völlig fertig. Ich war 7 Monate AU und am Ende habe ich mich deutlich besser gefühlt als jetzt. Im Moment habe ich den Eindruck das ich fast wieder da stehe wo ich vor einem Jahr, also vor meinem Zusammenbruch, war.

Ich bin mir auch nicht sicher wie ich damit umgehen soll. Es kann doch nicht sein das mein Leben aus 4 x 4 Stunden arbeit besteht und ich den Rest der Woche benötige das durchzuhalten...
Mal sehen was Arzt und Therapeut nächste Woche dazu sagen. Im Moment möchte ich auch nur noch jammern, aber ich habe inzwischen gelernt das das auch nicht wirklich hilft.
Ich glaube der Schlüssel liegt (für mich) darin eine sinnvollere Arbeit zu suchen...

lg
pero
Was die Raupe Ende der Welt nennt, nennt der Rest der Welt Schmetterling.
jonesy
Beiträge: 546
Registriert: 25. Feb 2011, 17:42

Re: Wenn ich nachhause komm

Beitrag von jonesy »

Guten Morgen ihr alle,
bin eben erst aus dem Bett. War zwar schon mal um 8 Uhr wach, aber nur um meine Verabredung für heute Abend ab zu sagen.
Das hat sofort den Druck raus genommen und ich habe bis eben geschlafen.
Conny, mir ist es immer schnell peinlich, wenn ich so jammerig bin. Alle dürfen bei mir, ich aber nicht. Ich habe auch immer Supertipps für Andere, die ich selber nicht einhalte.
Otterchen, ich mache schon eine Weile Therapie und war auch schon mal viel weiter. Bei mir kommt Ptbs dazu, deswegen bin ich schon 11 Jahre dabei und immer noch nicht schlauer. Der Verstand weiß alles und ich dachte auch , ich hätte alles gut im Griff, statt dessen bin ich schon wieder am Rand meiner Leistungsfähigkeit gelandet. Macht auch viel mein Beruf, denke ich, obwohl der mir so viel Freude bereitet. Aber es sind halt viele Schwerstkranke und da den nötigen Abstand zu halten gelingt mir auch nicht immer.
Jetzt habe ich wieder nicht rechtzeitig die Reißleine gezogen und wundere mich, dass ich auf dem letzten Loch pfeife.
Ich mache übrigens tiefenpsycholgische Th., mit längeren Unterbrechungen zwischen durch.
Die kriegt bestimmt auch schon Hörner mit mir...
Pero, ich würde das so gerne machen, meine Stunden zu reduzieren. Leider reicht mein Gehalt gerade immer so eben, da ist einfach kein Spielraum. Dabei leiste ich mir kaum Luxus, außer einem fetten verfressenen Kater<g>.
Ich träume davon, mal nur 20 Stunden die Woche zu arbeiten, ohne Bereitschaftsdienst am Wochenende oder in der Woche.
Das würde mir so gut tun.
Dieses Vollversagergefühl ist immer noch da, deswegen muss ich jetzt wenigstens ein bißchen putzen.
Sich nur über Leistung zu definieren, ist Scheiße, ich weiß das wohl. Aber die Gefühle sind da, obwohl ich nicht mal weiß, ob das wirkliche Gefühle sind, oder nur mein antrainiertes Verhalten.
Muss immer alles so schwierig sein?
Bin ich zu doof, um zu lernen, was gut für mich ist?
Danke, dass ihr einfach da seid.
LG v. Pauline
I-AAH
Beiträge: 347
Registriert: 2. Dez 2009, 16:34

Re: Wenn ich nachhause komm

Beitrag von I-AAH »

...
ecureuille

Re: Wenn ich nachhause komm

Beitrag von ecureuille »

Liebe auline,

noch vor einem halben Jahr ging es mir genauso wie dir. Ich habe entweder gearbeitet oder zu Hause auf dem Sofa gesessen oder geschlafen, weil auch ich das Gefühl hatte mehr einfach nicht zu schaffen. Die Ruhehasen zu brauchen um meine Arbeit, die ich auch so liebe, zu schaffen.

Vielleicht macht es dir Mut, wenn ich dir sage, dass es heute anders ist. Ich gönne es mir mal bis mittags zu schlafen oder einen Tag mal gar nichts zu machen, rumzugammeln, aber ich nehme mir auch ganz bewusst Zeit für Freizeit: Sort, Freunde treffen, etwas unternehmen. Ich dachte auch immer das stehle mir meine Ruhehasen, aber mit der Zeit habe ich gemerkt und gelernt, dass deas Gegenteil der Fall ist. Der Freizeitausgleich gibt meinem Leben endlich wieder einen Sinn und die Arbeit geht mir wieder leichter von der Hand.Und bin ich wirklich mal am Ende bleibe ich mal einen Tag zu Hause. Mein Chef weiß von meiner Erkrankung und er sagt ich solle lieber mal einen Tag zu Hause bleiben. Klar ist besser als wieder wochenlang auszufallen.

Was ich aber gelernt habe ist mich nur noch mit Menschen zu umgeben, die mich gut kennen, die mich so nehmen und lieben wie ich bin, die mir gut tun und den Rest habe ich aus meinem Leben verbannt. Ich habe gelernt, dass ich nicht immer etwas besonderes leisten muss um geliebt zu werden) sondern dass es reicht so zu sein wie ich bin und so viel zu machen wie ich kann, was für meinen Gesundheitszustand schon eine Menge ist. Und ich schaue nicht mehr darauf, was die anderen machen. die kochen auch nur mit Wasser und mussten nicht all das erleben was ich erlebt habe, sind nicht so krank wie ich. Ich vergleiche mich nicht mehr mit anderen sondern bin stolz auf das was ich zu leisten vermag und dass ich gelernt habe gut für mich zu sorgen. Und seitdem machen mir auch einige Dinge wieder viel mehr Saß.

Das war ein langer und steiniger Weg dorthin und ich weiß, dass es schnell wieder bergab gehen kann. Aber es kann gelingen und ich genieße jede Minute und versuche mir diese positive Entwicklung in dunklen TŹeiten zu bewahren.

Liebe Grüße
ecureuille
jonesy
Beiträge: 546
Registriert: 25. Feb 2011, 17:42

Re: Wenn ich nachhause komm

Beitrag von jonesy »

Ach Mensch, ihr seid soooo lieb. Kann gerade vor lauter Tränen nix sehen. Schreibe später mehr. Danke.
Pauline
katyfel
Beiträge: 1181
Registriert: 21. Aug 2011, 18:08

Re: Wenn ich nachhause komm

Beitrag von katyfel »

Hallo Pauline,

ich finde mich in deinen Erzählungen so wieder.. dieser Zusammenbruch in den eigenen vier Wänden...
Das hab ich sogar hier in der Klinik in meinem Zimmer, wobei das hier ja eigentlich sogar noch ein totaler Schutzraum ist, in dem das "Draußen" eigentlich vom Privatbereich Zimmer ja nun nicht so ganz verschieden ist...

Wichtig finde ich, wie die anderen auch, dass es genau richtig ist, da auch mal zu "jammern", und wenn es nur deswegen ist, weil du dir dann nicht mehr so alleine vorkommst mit diesen Problemen...

Auch das Gefühl, den eigenen Therapeuten schon zu nerven (ich mache auch tiefenpsychologische Therapie) kenne ich. Mein ambulanter Therapeut versteht es sehr gut, mir diese Zweifel und dieses schlechte Gefühl wieder zu nehmen.

Meine Therapeutin hier in der Klinik kann das nicht so gut, also hier habe ich quasi nur noch diesen Eindruck- immer das Gleiche zu erzählen, immer die gleichen Probleme da anzusprechen usw. (kennst du ja sicherlich)- aber trotzdem würde ich dir gerne sagen;
Das ist ihr Job! Therapeuten haben studiert und sind dafür ausgebildet, sie bekommen auch eine Menge Geld dafür, dass sie sich das anhören und mit dir arbeiten!

Ich wünsche dir auf jeden Fall schon mal, dass du weiterhin alles ansprechen kannst, was dir wichtig ist und du auch dieses spezielle Problem des "Runterfahrens" in den Griff bekommst...
Und vielleicht kannst du dannja nochmal ein paar hilfreiche Tipps hier posten?!

Liebe Grüße, Sinfonia
So ist das Leben, sagte der Clown und malte sich ein Lächeln auf
susi9701
Beiträge: 7
Registriert: 23. Nov 2011, 10:19

Re: Wenn ich nachhause komm

Beitrag von susi9701 »

Hallo Pauline,
ich denke, daß du keineswegs am jammern bist. Ich kann deine Körperliche Verfassung sehr gut nachempfinden. In meiner schlimmsten Zeit, die war etwa vor 4 Jahren, bin ich morgens aufgestanden, habe meine Kinder zur Schule geschickt und mich dann wieder ins Bett gelegt und tief und fest 2-3 Stunden geschlafen. Oder aber Mittags stundenlang, bin aufgestanden und zwei Stunden später wieder zu Bett gegangen. Ich hatte alle möglichen Beschwerden, aber keine Schlafstörungen,im Gegenteil. Die kleinste Arbeit hat mich erschöpft: 10min. Staubsaugen, 1Stunde ausruhen. Und weißt du was? Mein Haushalt sah aus wie nach einem Bombenanschlag. Logisch, außer mir hat ja auch keiner irgendwas gemacht. Irgendwann habe ich damit aufgehört, alles schaffen zu wollen und mir einfach gesagt: es geht nicht, ich kann nicht. Wenn man das einmal akzeptiert hat, fällt es auch leichter, anderen gegenüber sich zu erklären, warum es einfach nicht geht. Ich habe nachdem ich meine Diagnose: schwer depressives Syndrom, bekommen habe angefangen, meine Krankheit nicht mehr zu verheimlichen, sondern immer Klarheit geschaffen, so wie ich es bis heute auch noch tue, wenn das Gespräch auf dieses Thema kommt. Ich lebe bis heute damit und weiß, daß ich nocht nicht wieder völlig gesund bin. Nach einer langen guten Phase erlebe ich gerade auch wieder die ersten Müdigkeitssymptome, die auf private Problem zurückzuführen sind. Diesmal lege ich mich dann aber auch ruhigen Gewissens auf mein Sofa und gönne mir diese Ruhepause.
Mach dich daher bitte nicht noch kleiner, wenn du es nötig hast. Nimm dir die Zeit wenn du sie brauchst und auch so lange wie nötig. Denn wie heißt es so schön: in der Ruhe liegt die Kraft.
Viele liebe Grüße und viel Kraft weiterhin
jonesy
Beiträge: 546
Registriert: 25. Feb 2011, 17:42

Re: Wenn ich nachhause komm

Beitrag von jonesy »

Hallo ihr Lieben,
danke für eure Unterstützung. Das habe ich anscheinend gerade sehr gebraucht, auch wenn es mir gleich die Tränen in die Augen getrieben hat.

Liebe iaah,
dich würde ich nie als Versager betiteln, das mache ich nur bei mir. Bei Anderen bin ich viel großzügiger, ich wünschte, dass wäre ich bei mir selbst auch. Ich arbeite schon lange daran, mich selbst nicht so scharf zu kritisieren, aber es klappt nicht wirklich gut.

Liebe ecureuille,
ja, deinen Zeilen haben mir Mut gemacht. Zu hören, dass man das irgend wann wieder auf die Reihe kriegt, ist tröstlich.
Ich bin auch gerade dabei zu sondieren, wer mir wirklich gut tut und wer mir noch mehr Kraft aus den Knochen saugt. Ich kann so schwer los lassen und dann zu sagen, mit der oder dem treffe ich mich nicht mehr scheint mir ein Ding der Unmöglichkeit. Den Weg, den du gehst, halte ich für sehr gesund und wünschte, ich wäre auch schon so weit.

Liebe Sinfonia,
was du da aus der Klinik erzählst, kenne ich auch. Ich war 2009 zur Reha und es konnte mir grottenschlecht gehen. Bei der Visite habe ich immer behauptet, es ginge mir gut.
Die ersten drei Wochen habe ich Mitpatienten therapiert und alte Omas im Wald aufgesammelt, statt mich um mich zu kümmern. So lange hat es gebraucht, zu begreifen, dass ich auch wichtig bin.

Liebe Susesanne,
es ist einfach so sauschwer, zu zugeben, dass man einfach nicht mehr kann und sich dann die Zeit auch zu geben.

Alle:
Heute habe ich diesen Tag nur damit verbracht, mich auszuruhen und mir gut zu tun.
Leider bin ich mir selbst der schärfste Kritiker und diese Stimme in meinem Kopf, die sagt, du solltest dies und musst das ist so schwer ruhig zu kriegen.
Bin heute nicht ans Telefon und hab nichts gemacht, was ich nicht wirklich wollte.
Eigentlich brauche ich niemanden um Erlaubnis fragen. Ich lebe allein und entscheide, wie ich meinen Tag verbringe. Aber die alten Muster sind so schwer raus zu kriegen und es dauert so lange, bis sich da was tut.
Manchmal habe ich das Gefühl, ich kriege das nie hin, aber wenn ich dann hier lese, sehe ich, dass es doch zu schaffen ist.
Von mir auch? Das ist die große Frage.
Die ganze Leichtigkeit ist aus meinem Leben verschwunden, alles ist nur muss und sollte.
Danke, dass ihr mir antwortet. Es ist für mich ein komisches Gefühl, wenn sich jemand um mich kümmert, aber ein schönes.
Gute Nacht von
Pauline
jonesy
Beiträge: 546
Registriert: 25. Feb 2011, 17:42

Re: Wenn ich nachhause komm

Beitrag von jonesy »

Noch mal an pero:
Ja, ich denke, eine Arbeit zu haben, die einen erfüllt ist wichtig.
Mich macht meine Arbeit glücklich, frisst mich manchmal aber auch auf. Da den Mittelweg zu finden, ist einfach schwierig.
Manchmal wünsche ich mir dann schon eine Arbeit zu haben, wo nicht so viel Emotionales mit rein spielt und wo ich einfach nachhause gehen kann und das wars dann.
Vielleicht solltest du der Eingliederung einfach noch einen längeren Zeitraum gewähren, was meinst du?
aquamarin
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Registriert: 2. Jul 2011, 19:14

Re: Wenn ich nachhause komm

Beitrag von aquamarin »

Hallo Pauline,
hallo @all,

gerade sitze ich gemütlich auf meinen Sofa, die Lichterkette spendet Gemütlichkeit und es läuft (vor)weihnachtliche Musik - und das Beste daran ist: Ich GENIEßE es und freue mich darüber, dass ich diese Möglichkeit heute habe.

Bis dahin allerdings zu kommen, war für mich - wie für alle anderen hier - ein schwerer, steiniger Weg und das entstandene, neue "Gebilde" des SelbstWertes ist auch (noch) nicht immer stabil.

Für mich war ganz entscheidend, zu lernen, dass ich eigene Bedürfnisse HABE und dass ich diese auch hören und danach HANDELN darf.
In den Zeiten meiner größten Erschöpfung erging es mir genau wie dir, Pauline, und wie so vielen anderen: Arbeit und danach nur noch Müdigkeit und überhaupt keine Lust mehr, den eigentlich schönen Dingen nachzugehen.
Anfangs konnte ich das Ausruhen auch überhaupt nicht akzeptieren - aber es war notwendig und als es ein wenig besser wurde, habe ich begonnen, mich mit mir und meinen Lebens- und Gedankenmustern auseinander zu setzen. Ich musste feststellen, dass ich meine Bedürfnisse völlig verleugnet hatte.

Jetzt lerne ich also meine Bedürfnisse kennen, versuche nach ihnen zu leben - und es wird jeden Tag ein bisschen besser. So vieles entspannt sich und was mich besonders freut ist, dass ich mit den Rückschlägen und Tiefpunkte auch gelassener umgehen kann.

Ich traue mir selbst noch nicht so ganz, höre auch mein schlechtes Gewissen immer wieder mal, aber ich versuche, mich davon nicht von meinem Weg abbringen zu lassen.
Weil ich es mir wert bin!

Pauline, ich hoffe, dass dir der Tag bewusste Auszeit gut getan hat und du vielleicht heute schon ein ganz klein wenig gelassener bist! Der Weg ist anstrengend, aber ich bin der Überzeugung, dass er machbar ist - auch für dich!!

aquamarin
pero
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Re: Wenn ich nachhause komm

Beitrag von pero »

Hallo Pauline,
das ist es genau was ich nicht einschätzten kann.
Ich habe gedacht das ich es jetzt schaffen müsste, kann es aber doch nicht. Dabei habe ich einiges für mich umgestellt, mein Verhalten angepasst und auch meine Erwartungen reduziert. Aber dennoch reicht es nicht. Ich sehe im Moment nicht was ich noch umstellen könnte. Dazu kommt das ich auf der Arbeit bisher keinen Stress von aussen bekomme, ich also quasi stressfrei arbeiten kann, aber es frisst mich dennoch auf.
Da stellt sich für mich die Frage ob es sich lohnt es noch weiter zu versuchen, oder ob ich lieber gleich etwas anders versuchen sollte.
Ich kann durchaus 8 Stunden an anderen Dingen arbeiten, also z.B. 8 Stunden im Haus handwerklich tätig sein, aber 4 Stunden Büro-Job machen mich fertig.
Daher kann ich die Situation nicht wirklich einschätzen...

lg
pero
Was die Raupe Ende der Welt nennt, nennt der Rest der Welt Schmetterling.
jonesy
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Re: Wenn ich nachhause komm

Beitrag von jonesy »

Hallo Aquamarin( schöner Name),
ich kenne das auch, es sich gemütlich zu machen, aber im Moment wäre das nur äußerlich und käme mir gekünstelt vor.
Es war heute schwer auszuhalten mit mir allein, habe ich aber trotzdem und siehe da, nachdem ich zur Ruhe gekommen bin, habe ich sogar ein paar Achtsamkeitsübungen machen können.
Das hilft mir immer sehr, ein bisschen in der Realität zu bleiben.
Ein Bild habe ich auch gemalt. Zwei Frauen unter einem Schleier, nur schwarzweiß, die Eine hat die Augen geschlossen und die Andere keine Pupillen.
Was möchte uns der Künstler damit sagen?
Keine Ahnung, aber es geht mir besser, seit dem ich das gemalt habe.
Ach, ich wünsch mir so sehr, dass ich bald wieder aus dem Loch raus komme.
Ich mag nicht einen einzigen Stern aufhängen, dabei finde ich die Adventszeit sonst so schön.
Meine Freundin habe ich am Telefon abgewürgt, dass ich das heute nicht kann, reden. Dabei sind mir gleich die Tränen gekommen.Glaube sie war sehr erschrocken.
Die starke Pauline weint.
Hier kann ich das doch auch, warum nicht im realen Leben.
Ich bringe es einfach nicht über die Lippen, dass es mir so schlecht geht.
Trotzdem gehe ich morgen arbeiten, ich brauche etwas Normalität in diesem ganzen Sumpf.
Danke für deine Worte.Momentan bin ich mir gerade nicht so sicher, ob ich da raus komme, aber ich hoffe es.

Liebe pero,
vielleicht ist es einfach der Zwang der dahinter steckt, dieses müssen.
Macht es dir den gar keinen Spaß?
Wenn ja, dann solltest du dich vielleicht wirklich mal umschauen.
Nichts ist schlimmer als Arbeit, die einen nur frustriert.
Trotzdem wünsche ich die für morgen ganz viel Kraft. Mir gleich mit, denn ein bisschen Angst habe ich auch, vor den Patienten in Tränen auszubrechen. Das wäre das Allerletzte für mich. Bin gerade so heulsusig.
Allen einen guten Start in die Woche.
LG v. Pauline
Minja
Beiträge: 154
Registriert: 21. Mär 2011, 21:02

Re: Wenn ich nachhause komm

Beitrag von Minja »

Hallo, Pauline!

Dein Eingangspost könnte 1:1 von mir sein.

Ich versuche ganz dolle, nicht wieder dort hineinzugeraten, wo ich fast genau vor einem Jahr war. Aber ich weiß nicht so recht , wie.

Mein Therapeut meinte letzte Woche zu mir, das ständige Pflichtgefühl bei allen Tätigkeiten müsse aus meinem Leben raus und dafür mehr Freiwilliges und Erholendes rein.

Aber ich finde irgendwie kaum eine Tätigkeit - außer Schlafen -, die mir Energie gibt; Kraft zum Weitermachen.

Ich bin also beim Ausprobieren.


LG Minja
jonesy
Beiträge: 546
Registriert: 25. Feb 2011, 17:42

Re: Wenn ich nachhause komm

Beitrag von jonesy »

Hallo an alle,
am Montag war dann also während der Arbeit der Totalabsturz.
Die Frau eines Patienten hat mir eine Schokoladentorte gebacken und was mache ich?
Fange an zu weinen und kann absolut nicht wieder aufhören. Es war sooooooooo peinlich.
Dann habe ich mich bei meiner Chefin geoutet und bin heim gegangen. Sie hat es schon eine Weile gemerkt. So toll war meine Fassade also nicht.
Eigentlich wollte ich mich krank schreiben lassen, stellte aber fest, dass meine Hausärztin in Urlaub ist. Noch tieferes Elend. Und nu...?
Dann fiel mir mein Psychiater ein, bei dem ich vor einem halben Jahr mal war und durch einen glücklichen Zufall habe ich am nächsten Tag einen Termin bekommen. Sonst muss man da ewig warten.
Er war sehr lieb zu mir, obwohl das Wartezimmer proppevoll war und findet, ich sollte wieder Tabletten nehmen. Aber ich soll weiter arbeiten gehen.
Ich habe zwar sehr mit mir gerungen, denn eigentlich finde ich, die Dinger machen mich etwas stumpf im Gefühlsleben, aber so ist es ja auch nicht aus zu halten.
Also nehme ich seit Donnerstag wieder Tabl. und habe reichlich Nebenwirkungen, aber noch keine Wirkung. Kommt sicher noch.
Trotzdem geht es mir etwas besser, einfach, weil ich gemerkt habe, es ist Hilfe da, wenn ich welche brauche.
Und ich bin stolz auf mich, dass ich den Arsch hoch gekriegt habe und mir welche besorgt habe.
Es ist zwar nicht das, was ich mir wirklich wünsche, ein Leben mit Medikamenten. Ich hätte es lieber aus eigener Kraft geschafft und mich selbst aus dem Loch gezogen, aber es klappt nicht und sich das einzugestehen ist schwer.
Heute abend bin ich eingeladen. Erst Weihnachtsmarkt und dann DVD gucken. Dieses Mal werde ich nicht absagen, sondern mich gleich noch 1 Stunde hin legen.
Kräfte einteilen und begreifen,dass ich tatsächlich krank bin. Will ich eigentlich nicht wissen, ist aber so.
Finde Depressionen passen nicht zu mir, aber die Depressionen sehen das anders.
Es tut mir gut hier zu schreiben und das sich jemand dafür interessiert, wie es mir geht. Sonst ist es oft anders herum und für mich ein komisches Gefühl, Hilfe an zu nehmen.
Danke.
Pauline
jonesy
Beiträge: 546
Registriert: 25. Feb 2011, 17:42

Re: Wenn ich nachhause komm

Beitrag von jonesy »

Minja, entschuldige, hab dich überlesen.
Geht es dir schon ein bisschen besser?
Dieses blöde Pflichtbewußtsein ist so lästig, lässt sich aber einfach nicht abstellen.
Sei lieb gegrüßt von Leidensgenossin
Pauline
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