Belastung für Angehörige

paco
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Registriert: 19. Jan 2011, 11:06

Re: Belastung für Angehörige

Beitrag von paco »

Hallo antiope,

scheint ganz so, als hätten wir vergleichbare Erfahrungen hinter uns. D.h. hinter mir liegt es noch nicht. Erst, wenn ich wieder auf festen Grund gelangt bin. Und dazu fehlte mir die letzten Monate das nötige Glück.

Ich hoffe auch, dass ich noch festen Boden unter die Füße bekomme. Dann kann ich im Rückblick vielleicht auch meine Wirrungen als nötig ansehen, „meinen“ Weg zu finden. Und gelassen auf die jetzige Zeit mit all ihren Ängsten&Sorgen blicken. Aber noch stecke ich im Schlamassel, das meine Depri nährt.

LG & schönes Wochenende paco


PS: Mit meiner Frau habe ich inzwischen geredet. Ich mach mir meine Situation schlimmer als meine Frau sie sieht. Sie ist ein Goldstück. Die Depri hat mir gezeigt, wie unglaublich stark, unterstützend und für mich wertvoll meine Frau ist.
Antiope
Beiträge: 1695
Registriert: 10. Jan 2011, 21:38

Re: Belastung für Angehörige

Beitrag von Antiope »

Hallo Paco,

ja, ich verstehe, was Du meinst.
Aber: Du hast wieder ein kleines Wegstück zurückgelegt.
Und dabei hast Du für die jetzige Zeit etwas weniger tiefen Morast gefunden: die ÜBerzeugung Deiner absoluten Minderwertigkeit *stimmt NICHT*!!! Und Du hast gelernt, dass diese Stimme die Einflüsterung der Depression ist.
Und vielleicht hast Du auch beim Suchen festgestellt, was nicht geht, was nicht mehr geht - und wichtige Wünsche von irrealen Phantasien getrennt (nicht mehr E-Commerce-Boss von Daimler, sondern in einer mittelgroßen Firma mittendrin ...). Weil dies *viel* besser und gesuender ist ...

Ich wünsche Dir für die nächste Zeit ganz viel Kraft und Durchhaltevermögen ... Aber genau das haben wir Depressiven: stur wie zehn nackte Panzer. Sonst würden wir nicht die Tage meistern - so wie wir sie an diesem Tag zu meistern imstande sind.
aikido_1987
Beiträge: 1133
Registriert: 24. Jul 2011, 20:43

Re: Belastung für Angehörige

Beitrag von aikido_1987 »

Hallo Paco,

ich denke es wird sicher nicht immer leicht für deine Frau sein, aber sie liebt dich, so wie du bist und deswegen unterstützt sie dich in schönen wie in schweren Zeiten. Sprech mit ihr öfters mal über das Thema und deine Ängste.

Nur mein Partner und meine beste Freundinn wissen, dass ich Depressionen habe.
Mein Partner hat eine wahnsinns Geduld und hat in all den Jahren wo ich schon krank bin nie aufgegeben. Ich finde es sehr erstaunlich, wo er die Kraft dafür her nimmt. Wenn er mal schlecht drauf ist und viel jammert, halte ich das keine 3 Minuten aus. Er hält es mit mir schon 6 Jahre aus. Ich glaube, ich könnte nicht damit umgehen, wenn er Depressionen hätte.

Meine Freundinn ist auch dufte. Obwohl sie immer wieder das selbe sagt (geh in die Klinik, lass dich krank schreiben ect.) und ich es nie umsetzte, lässt sie mich nicht im Stich und bleibt immer ruhig und geduldig.
Ich habe nicht nur Hochachtung vor meinem Partner und meiner Freundinn, sondern auch vor meiner Psychiaterin, die mich immer noch erträgt und immer sehr freundlich ist, obwohl es mir jedes Mal schlecht geht.
Danke an alle!

Wir "depressive" sind für unser Umfeld kaum zu ertragen, gerade weil es auch so eine langwierige Erkrankung ist. Aber ich weiß nicht, was ich tun kann, damit die anderen es mit mir aushalten. Wenn ich meine wahren Gefühle für mich behalte, fress ich alles in mich rein. Das geht nicht. Vielleicht ist es einfach wichtig, den anderen auch mal was zurück zu geben und nicht immer nur zu nehmen.

liebe Grüße
aikido
paco
Beiträge: 310
Registriert: 19. Jan 2011, 11:06

Re: Belastung für Angehörige

Beitrag von paco »

Hi antiope & aikido,

danke für Eure Kommentare.

Ja, mein Hirn weiß das alles: dass nicht alles in meinem Leben Mist war. Mit einigen Ergebnissen kann ich mich gut sehen lassen. Und dass ich eine liebe Frau habe, die mich unterstützt und bei aller Depri zu mir hält.

Das sagt der Kopf. Aber meine Gefühlswelt ist anders. Alles grau, leer, trost- und hoffnungslos. Angst vor der Zukunft. Angst vor allem.

Da hilft es auch wenig, wenn mir meine Frau sagt und ich selbst weiß, dass das bisher immer wieder vorüber gegangen ist und bessere Zeiten kamen. Zur Zeit sehe ich keinen Lichtblick.

Ich frage mich, ob es an der Medikation liegt? Ob eine stationäre Behandlung angesagt ist? Bin zur Zeit total ratlos.

LG paco
Antiope
Beiträge: 1695
Registriert: 10. Jan 2011, 21:38

Re: Belastung für Angehörige

Beitrag von Antiope »

Hallo Paco,

Angst - oja, kenne ich. Genau jene, welche ...

Was hilft? In einem schlauen Buch stand zu lesen: zu wissen, dass es wieder besser wird. Das Seltsamste daran: man glaubt es nicht, man kann es nicht annehmen, aber es ist eines von den Wenigen, die trotzdem immer wieder gesagt werden können, die einen trotzdem erreichen und genau das Durchhaltevermögen geben, da durch zu kommen.

Es wird wieder besser!

Auch die Angst vor der Zukunft wird wieder kleiner werden. Ganz sicher.

Es wird einen Weg geben - er ist jetzt schon da, Du merkst nicht, dass Du ihn schon gehst.
Schrumpfi
Beiträge: 40
Registriert: 27. Jul 2011, 11:23

Re: Belastung für Angehörige

Beitrag von Schrumpfi »

Lieber Paco,

REDEN!!!!!!!!!!!! Ich schließe mich da ganz meinem VOrrednern an.

Bei meinem Freund und mir gab es so viele Probleme und Streits, weil er nicht mit mir reden wollte. Und dann kamen verletzende Aussprüche wie "DU kannst mich ncith verstehen" oder "DU weißt doch gar nicht,w ie es in mir aussieht". Nein, das weiß ich nicht, ich wusste nur, was Betroffene hier im Forum schreiben und habe Bücher gelesen, aber ich wollte doch wissen, wie es dem Menschen geht, den ich liebe......Diese Vorwürfe haben mich sehr getroffen.

In einer Beziehung verändert sich so viel durch die Depression, da viele Dinge, die früher selbstverständnlich waren plötzlich verschwinden. Für mich war es oft schwer zu differenzieren, ob das an mir liegt oder ob es die Krankheit ist......Reden hilft da wirklich.

Was auch sehr wichtig ist, ist Anerkennung. Das heißt nicht, das man vor seinem Partner zu Kreuze kriechen muss, weil er immer noch da ist, obwohl es schwer ist, mit einem Depressiven zusammen zu sein. Ich meine damit, dass man auch mit der Depression mal ein liebes Wort äußern oder seinem Partner eine klitzekleine Aufmerksamkeit machen kann. Den Partner mal wieder in den Arm nehmen oder sagen "Schön, dass Du da bist".

Schrumpfi
katyfel
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Registriert: 21. Aug 2011, 18:08

Re: Belastung für Angehörige

Beitrag von katyfel »

Hallo Paco, hallo ihr anderen,

ich lebe nicht in einer Partnerschaft, aber ich habe genau das Problem, eine "Belastung" für meine Angehörigen (in dem Fall Vater und Mutter) und auch für gute Freunde zu sein.

Vor allem ist es für mich so schwer, weil vor allem meine Mutter das auch klar artikuliert; dass es sie belastet, wenn es mir schlecht geht, dass es für sie schwierig ist, dass sie mir nicht wirklich helfen können, dass sie natürlich am liebsten immer wissen wollen würden, wie es mir geht,...

Das ist für mich wiederum total schwer, eben weil ich mir bewusst bin, dass das alles so ist, dass ich sie quasi mit "reinziehe" in dieses Loch, in dem ich mich befinde.

Ich finde es wichtig, dass ich mit ihnen drüber rede, dass sie mir auch ihre Bedenken mitteilen usw. aber auf der anderen Seite ist es eben auch total schwierig.

Das ist ja noch eine bisschen andere Situation als mit einem Partner, das ist mir schon bewusst, aber trotzdem beschäftigt es mich ziemlich und vielleicht kann auch dazu wer von euch was sagen?
So ist das Leben, sagte der Clown und malte sich ein Lächeln auf
bigappel
Beiträge: 1488
Registriert: 10. Dez 2010, 08:10

Re: Belastung für Angehörige

Beitrag von bigappel »

Hallo liebe Sinfonia,

ich bin - wenigstens noch derzeit - die Lebensgefährtin meines erkrankten Partners.

Ich möchte auch Dir nochmal meine Sichtweise darlegen:

die Ebene Eltern / erkrantes Kind ist nochmal etwas ganz anderes, wie ich finde.
Ich bin selber Mutter und die Vorstellung, mein Kind würde das durchleben, was ich mit meinen Freund erlebe, läßt mich ergruseln, weil ich denke, fast alle Mütter (Eltern) sich wohl für ihr Kind wünschen, dass es ein eigenes, selbstbestimmtes, glückliches Leben führen kann; genug Bewältigungsstrategien mitbekommen hat, mit den Klippen des Lebens umzugehen.

Ich weiß nicht, ob Du selber Mutter bist, aber diese Ebene ist nochmal ganz anders, als wenn es sich z.B. um den Lebensgefährten handelt, finde ich.

Wenn Deine Mutter äußert, dass es sie belastet, nicht wirklich helfen zu können und sie mitleidet, zusehen zu müssen, wenn es Dir schlecht geht, möchte ich Dir die Angst nehmen, dies als Deine "Schuld" zu empfinden.

Ich kann Dir nur von meiner Erfahrung versichern, dass es einfach die Hölle ist zusehen zu müssen, dass der Mensch, den man liebt, leidet, sich quält und man kann einfach nichts tun; nicht wirklich helfen, weil es aus der erkrankten Person kommen muss.

Das ist einfach kaum zu ertragen, aber keinesfalls die Schuld des Erkrankten, sondern Aufgabe des Angehörigen, zu lernen, damit umzugehen, ggf. mit professioneller Hilfe.

Mütter, so denke ich zumindest, neigen eh dazu sich selber Vorwürfe zu machen, "was hätte ich tun können, damit mein Kind nicht so leidet, was habe ich falsch gemacht?".

Das hat rein gar nichts mit dem jeweiligen Kind zu tun, sondern ist irgendwie mutterspezifisch und nicht Dein Thema. Du bist nicht verantwortlich dafür, wenn Deine Eltern mitleiden.

Es ist einfach normal und niemand ist schuld.

Sorge Du bitte für Dich und Deine Eltern müssen für sich sorgen und versuche bitte die Situation, dass die Erkrankung belastet losgelöst zu sehen.

Wenn eine Dir nahestehende Person schwer erkrankten würde oder einen Unfall hätte, so würdest Du auch mitleiden, ohne dass die Person eine Schuld trägt, es kommt aus der Verbundenheit, der Liebe.......

Liebe Sinfonia, auch Dir möchte ich nochmal aufzeigen, dass es nicht Du in Person bist, die belastet, sondern die Erkrankung.

Ich möchte Dir es mit einem Beispiel verdeutlichen:

ich selber bin sehr schwer körperlich krank; das hat zur Folge, dass in Zeiten, in denen die Krankheit akut ist, z.B. auch meine Eltern, Freunde, mein Kind von dieser tödlichen Bedrohung, die zwar immer da ist, da ich aber sonst mit mir alleine ausmache, wieder greifbarer wird.

Das ist kaum auszuhalten. Die Ängste, die entstehen, die Unklarheiten, wie man mit dem Betroffenen umgehen sollte, das eigene Abgrenzen usw.......

All das bin ich nicht schuld, sondern resultiert aus dieser Erkrankung, die ich mir nicht ausgesucht habe.

Niemand ist schuld und trotzdem belastet es phasenweise alle.

Daher ist, so finde ich, der offene und klare Umgang damit umso wichtiger.

Dies ist sicher für psychisch erkrankte Menschen, so wie ich es bis jetzt verstanden habe, schwer.

Aber ein Feedback in irgendeiner Form und wenn es nur ein: ich kann jetzt nicht, ist, kann den Angehörigen vielleicht helfen.

Ich kann Dir nur aus den Erfahrungen mit meinem Lebensgefährten sagen, dass es für mich so schwierig ist, weil ich eigentlich so gut wie nie weiß, woran ich gerade bin und das hat zur Folge, dass ich nie weiß, wie ich mich am Besten verhalte.

Ich möchte Dich nur ermutigen, Deinen Angehörigen Feedback zu geben und wenn es gerade nicht geht? Vielleicht kann man in guten Zeiten Absprachen treffen, dass dies einfach mal so sein kann und sich niemand sorgen muss oder so ähnlich.

Alles Liebe für Dich!
LG

Pia
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
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