Neuling

Antworten
Nico_26
Beiträge: 8
Registriert: 3. Nov 2011, 21:44

Neuling

Beitrag von Nico_26 »

Hallo liebes Forum

Ich bin ganz neu hier und stelle mich vielleicht erst mal vor.
Ich bin 19 Jahre alt und gehe seit 2 1/2 jahren zur Therapie. Vor ca. 2 Jahren wurden bei mir Depressionen diagnostiziert und fast genau so lange nimm ich auch schon Antidepressiva.

Ich würde gerne eure Geschichten hören sozusgen und wie ihr dieses Forum für euch nutzt. Ich selber habe mich hier angemeldet in der Hoffnung mehr verständnis zu erfahren. Es ist nicht so, dass meine Freunde sich keine Mühe gegen würden ( ganz im gegensatz zu meiner Familie) aber natürlich haben sie ihre Grenzen und können vieles einfach nicht nachvollziehen.

Ich persönlich habe langsam das Gefühl einfach festzustecken. Ich sehe zwar schon Besserungen dank der Therapie. Aber die guten Tage sind ein Kampf und kosten mich unfassbar viel Energie. Mit anderen Menschen zusammen zu sein oder aktiv den Alltag anzugehen macht mich einfach nur müde. Es braucht so viel aber es reicht so wenig um alles zusammenbrechen zu lassen. Ich kämpfe sozusagen schon seit mehr als 3 Jahren gegen das alles an und ich frage mich langsam wie es weitergehen soll. Denn immer wenn ich denke, langsam komm ich klar passiert wieder i.was neues und alles holt mich ein.
Ich frage mich, wie meine Zukunft dann aussehen soll.

Ich würde mich freuen, wenn einige vll. hier drauf antworten würden und ihre Geschichte erzählen. Ich kenne niemand der das selbe hat wie ich und ich würde einfach gerne wissen, wie ihr damit lebt.

Liebe Grüße
Aihaba
shehari

Re: Neuling

Beitrag von shehari »

Antiope
Beiträge: 1695
Registriert: 10. Jan 2011, 21:38

Re: Neuling

Beitrag von Antiope »

Hallo Aihaba,
Hallo Shehari,

herzlich willkommen hier.

Das Gefühl, alles holt einen wieder und wieder und wieder ein, kenne ich auch "nur zu gut".

Es hat bei mir lange gedauert, aber irgendwie sind diese Wiederholungen nicht mehr so schlimm, reißen mich zwar vom Hocker, aber nicht mehr so extrem lange.
Es hat sich also was verändert. Das ist die gute Aussicht.

Für mich waren die ganzen Jahre wichtig, sportlich unterwegs zu sein (Laufen und Radfahren). Manchmal schaffte ich nicht viel, aber das war nicht so extrem wichtig - viel wichtiger war, dass es feste Termine waren, die ich dann wahrnahm. Beides hat mich auch gelehrt, meine zu diesem Zeitpunkt aktuellen Grenzen (hier der körperlichen Belastbarkeit) wahrzunehmen und zu akzeptieren. Es gab Tage, wo es nicht gut ging - dann machte ich halt weniger. Aber getan habe ich immer was.
Für mich sind auch gute Erfahrungen gewesen, Tai Chi mal auszuprobieren oder in die Sauna zu gehen.

Es gab lange Zeiten und sehr viele Momente, wo ich nicht mehr wusste, wie es weitergeht, wie ich den nächsten Monat hinbekomme, wo ich aufgrund der Umstände am Boden war. Aber es ging dann doch wieder. Beim letzten Mal (Jahreswechsel 2010/2011) habe ich ganz bewusst gesagt, ich will dasselbe nicht mehr nochmals, sondern habe mich für ein paar Wochen zurückgezogen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich wieder die Arbeit verloren, diesesmal hatte ich wirklich alles an Hoffnung und Energie investiert und hatte alles verloren. Die Pause (anschließend mit Reha-Aufenthalt) war notwendig und okay so. Obwohl ich dadurch eine weitere Stelle verloren habe und eine weitere Stellenzusage - ich hätte es in dieser Situation vermutlich wieder nicht auf die Länge geschafft. Weil ich keine Kräfte mehr hatte, meine Grenzen, die mir die Depression gesetzt hatte, nicht respektiert hätte und dadurch wieder gescheitert wäre.

Die Hoffnungslosigkeit und die Kraftlosigkeit sind leider Teil der Depression - ich weiß das auch, und muss trotz diesen Wissens mit den kraftlosen Zuständen kämpfen.
Aber genauso weiß ich ganz tief versteckt: ich habe "eigentlich" diese Kraft dazu - und ich weiß, dieser Zustand wird vorübergehen.
Ich muss nur, mehr wie andere Menschen, auf mich selbst aufpassen und ein Gespür entwickeln für Situationen, die mir nicht gut tun oder denen ich erlaube, mich herunterzuziehen. Ich muss mir erlauben, nicht so schnell und so viel wie die anderen machen zu müssen. Ich darf rücksichtsvoller sein.

Ganz sicher ist: Du hast auch eine Kraftreserve, Du hast auch einen "Heiler" in Dir - und Du wirst ihn finden.


Das Loch in der Straße

Ich gehe eine Straße entlang.
Da ist ein tiefes Loch.
Ich falle hinein.
Ich bin verloren.

... Ich bin ohne Hoffnung.
Es ist nicht meine Schuld.
Es dauert endlos, wieder hinauszukommen.

Ich gehe dieselbe Straße entlang.
Da ist ein tiefes Loch.
Ich falle wieder hinein.
Ich kann nicht glauben, schon wieder am gleichen Ort zu sein.
Aber es ist nicht meine Schuld.
Immer noch dauert es sehr lange, herauszukommen.

Ich gehe dieselbe Straße entlang.
Da ist ein tiefes Loch.
Ich falle schon wieder hinein...
aus Gewohnheit.
Meine Augen sind offen.
Ich weiß, wo ich bin.
Es ist meine Schuld.
Ich komme auch sofort wieder heraus.

Ich gehe dieselbe Straße entlang.
Da ist ein tiefes Loch.
Ich gehe darum herum.

Ich gehe eine andere Straße.

(Sogyal Rinpoche)
Nico_26
Beiträge: 8
Registriert: 3. Nov 2011, 21:44

Re: Neuling

Beitrag von Nico_26 »

Hallo ihr Zwei

Also erst einmal danke für eure schnellen und offenen Antworten! Es ist was neues solche Reaktionen zu bekommen und nicht die üblichen "du musst das mal positiv sehen" oder "mit der Zeit wird das wieder". Ich weiß, dass die leute es nur gut meinen aber teilweiße fühl ich mich dann noch schlechter, weil ich das Gefühl habe ich werde meinem Umfeld nicht gerecht!

Ich denke, dass ist gerade ein Problem von mir diese, wie ihr es treffend nanntet, von der Depression gesetzten Grenzen nicht zu beachten und zu übergehen.
In meinem Umfeld hat wie gesagt keiner diese Krankheit und kann deshalb selten voll nachvollziehen warum es mir so schwer fällt. Dadurch passiert es oft, dass ich mir selber Vorwürfe mache, weil ich die Dinge nicht so angehen kann!

Ich bin leider aufgrund körperliche Verletzungen nicht in der Lage normal Sport zu machen. Aber seit neuesten gehe ich spazieren und ich denke, dass mir das hilft.
Vor allem das einhalten von terminen ist denke ich sehr hilfrein

Die Therapie hat natürlich auch bei mir Höhen und Tiefen. Aber im großen und ganzen bin ich froh dieses Schritt gegangen zu sein.

Gerade in letzter Zeit fällt es mir sehr schwer, mich zu motivieren nach vorne zu sehen. Denn ich habe wirklich Angst,dass mein ganzes Leben so aussieht. Ein Kampf gegen sich selbst wo man zwar schlachten aber keinen Krieg gewinnt.

Ich sehe schon die Fortschritte und bin auch manchmal stolz darauf. Aber dann frage ich mich immer "zu welchem Preis?"

Habt ihr in eurem Umfeld Personen die das selbe durchmachen? Oder ist dieses Forum auch die einzige Anlaufstelle.
Antiope
Beiträge: 1695
Registriert: 10. Jan 2011, 21:38

Re: Neuling

Beitrag von Antiope »

Hallo Aihaba,

diese provokante Frage "zu welchem Preis" möchte ich gerne rumdrehen: welchen Preis würdest Du zahlen, wenn Du Dich nicht bemühen würdest, wenn Du nicht versuchst, neue Möglichkeiten zu erobern, etwas neues zu lernen??

Die andere Frage, ob es noch andere in meinem Umfeld gibt ... Ja und nein. Ja, weil sich zwei enge Bekannte mal dazu geäußert hätten, sie wären auch mal niedergeschlagen oder mal depressiv gewesen. Und gleichzeitig nein, weil sie nicht wirklich von meiner Krankheit wissen oder sie nicht richtig einschätzen können.
Statistisch gesehen müssten schon einige meiner Bekannten oder Freund mit dieser Krankheit Bekanntschaft geschlossen haben - aber ich weiß leider davon nichts.
Antworten