Ein folgenschwerer Fehler

elas
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Re: Ein folgenschwerer Fehler

Beitrag von elas »

Liebe Frau Rossi,


Du bist momentan krank und hast Fieber.
D.h. Dein Körper schreit nach Ruhe und nach dem langsam_modus.
Berechtigterweise, bei allem, was Du renoviert und gemacht und getan hast. Du bist körperlich und seelisch erschöpft.
Nicht mehr und nicht weniger.

Und in dieser Erschöpfung werden aus den Ängsten, die vielleicht in so einer neuen Situation jeder Mensch hätte, da werden aus diesen Ängsten Riesen.

Ich kenne das gut auch von mir. Sobald ich körperlich krank werde, egal was, dann türmen sich meine seelischen Befindlichkeiten in riesige Gebirge, die sich vor mir auftun. Bedrohlich und unbezwingbar.
Aber sobald es mir körperlich wieder besser geht, geht es der Seele auch wieder besser.

Ich denke, jetzt ist erst einmal Ruhe angesagt, um Deine Infektion zu kurieren.

In irgendeinem meiner oder Deiner Threads hast Du mir / uns ja erzählt, aus welcher Familie Du kommst, mit welchen Traumata etc. etc.
Diese Herkunftsprägungen werden Dich immer ein wenig empfindlicher machen in Liebes-und Beziehungsdingen, als vielleicht einen robusteren Menschen mit einem anderen Lebenshintergrund.
Aber, das ist eigentlich gar nicht schlimm, denn mit Vielem lässt es sich umgehen lernen.
Glaub mir.
Gewisse Angstbereitschaften diesbezüglich bleiben bestimmt.
Deine Therapeutin, so sagst Du, hat Dich ja darauf vorbereitet. Ganz große Klasse.
Aber, Du Du hast Dir so sehr gewünscht, dass alles superklasse läuft, so wie im Bilderbuch in der Werbung , wo wir permanent nur glückliche Paare sehen, die alles, aber auch alles gemanagt kriegen.

Aber, irgendwie ist Liebe auch Arbeit, ist das Zusammensein, Zusammenleben auch "Sich Zusammenraufen" etc. etc.

Ich meine, diese Situation der Nähe triggert irgendwelche Dinge in Dir.

Ich würd Dich sogerne mal kurz umarmen, wenn ich es so darf, und Dir Mut machen, nicht gleich alles hinzuwerfen. Es ist die Angst.
Und Angst ist kein guter Ratgeber.

Vielleicht kannst Du Deinem Freund einfach signalisieren, dass es Dir gerade auf der ganzen Linie, körperlich und auch seelisch beschissen geht, und Du durch den Wind bist.

Und, so denke ich, Deine Thera, die wird Dir sicher helfen können, die Geschehnisse und Empfindungen wieder an ihren richtigen Platz zu stellen.

Und___falls Du doch zu dem Entschluss kommst,
dass dieses Zusammenziehen zu diesem Zeitpunkt eine falsche Entscheidung war, dann lässt sich dies doch auch revidieren.
Getroffene Entscheidungen dürfen auch wieder zurückgenommen werden.

Geh sanft mir Dir und der neuen Situation um.
Sei gut zu Dir.
Egal, was auf Dich zukommt, und wie Du entscheidest.


Ganz ganz herzlich
Selas
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flocke
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Re: Ein folgenschwerer Fehler

Beitrag von flocke »

Oh das ist wirklich eine belastende Situation in der du steckst und ich kann gut verstehen dass du aus der Situation einfach so schnell wie möglich fliehen willst.

Deine Gefühle und Gedanken kannst du wunderbar in Worte fassen, daher möchte ich dir zu einem Brief raten, oder sogar dazu ihm deine Posts hier auszudrucken. Letzteres hat den Vorteil, dass du duck nicht zurückgenommen hast, sondern ganz frei geschrieben hast.

Weist du, ich war in einer ähnlichen Situation wie dein Partner und glaube mir, den Partner durch die bloße Anwesenheit zu belasten ist zwar keine schöne Erkenntnis, aber nur durch dieses Wissen kann man Rücksicht nehmen.

Fordere dir deine Ruhe nach dem Nachtdienst, schick ihn fort. Sag ihm dass du Zeit brauchst, nicht nur für dich, sondern auch um dich an die Situation zu gewöhnen.

Sollte es nicht klappen, hat keiner Schuld, dann pas ste es entweder nicht, oder die Zeit war nicht die richtige. Wenn es aber klappt (und dafür musst ihr beide etwas tun) dann werdet ihr irgendwann über eure gemeinsamen Anfänge lächeln und anderen gute Tipps geben können.


FrauRossi schrieb:
> Hallo,
>
> Heute ist mein Freund bei mir eingezogen.
>
> Es ist ein Fehler. Ich freue mich nicht und ich halte diesem Erwartungsdruck nicht stand.
>
> Es ist einfach falsch! Ich wünsche mir er würde einfach wieder gehen.
>
> Ich halte das nicht aus.
>
> LG FrauRossi
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sandy1
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Re: Ein folgenschwerer Fehler

Beitrag von sandy1 »

Hallo Frau Rossi,

deine Beiträge haben mir immer sehr viel Kraft und Zuversicht gegeben, deshalb möchte ich dir sagen, wie sehr ich mit dir fühle. Anders als bei dir, stürzen mich Veränderungen oftmals in eine Krise, ich kenn das Gefühl. Wenn man glaubt einen Fehler gemacht zu haben, der sich nicht oder nur schwer wieder rückgängig machen lässt. Und wenn noch andere Personen beteiligt sind und evtl. verletzt oder enttäuscht werden, um so bitterer.

Gut, dass du morgen Therapie hast. Vielleicht gelingt es dir, einen Teil deiner Zweifel dort loszulassen.

Du sagst, wenn du nach der Arbeit nach Hause kommst, brauchst du erst mal Ruhe. Das warst du gewohnt. In einem Jahr denkst du vielleicht, wie schön es ist das dein Freund da ist und dich in die Arme nimmt. Wer weiss? Auch wenn du dir das im Moment nicht vorstellen kannst, ist es doch nicht unmöglich, oder?

Lass erst mal ein paar Tage vergehen, deine Erkältung abklingen und dann sehen.

Hab Geduld und gib euch Zeit. Ihr müsst euch beide erst an die neue Situation gewöhnen.
Ich weiss, du bist jetzt in einem Loch und wahrscheinlich wird wenig zu dir durchdringen aber das geht vorbei...Erfahungssache

Notfalls, wenn es wirklich nicht geht, kann dein Freund ja versuchen eine Wohnung in der nähren Umgebung zu finden, so dass euch keine 500 sondern nur 5km trennen.

Alles Gute dir
LG Sandy
otterchen
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Re: Ein folgenschwerer Fehler

Beitrag von otterchen »

Hallo zusammen,

darf ich bitte eine sehr... hm... schwierige... Frage stellen?

Warum sagt Ihr alle "halte aus"?
Warum sagt niemand "mach diese Entscheidung rückgängig"?

Nein, es soll jetzt nicht provokativ gemeint sein - ich wundere mich nur wirklich darüber, dass generell beruhigend auf Frau Rossi eingewirkt wird und dass sie dies-und-jenes machen und denken und sich vorstellen soll, um die Situation besser ertragen zu können.

Was sind Eure Beweggründe dafür?
Ich würde mich sehr freuen, wenn jemand mir das zu erklären versuchen würde.
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sandy1
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Re: Ein folgenschwerer Fehler

Beitrag von sandy1 »

Hi Otterchen,

nein, Aushalten wäre falsch.
Aber es ist alles noch ganz frisch - 1Tag.
Gefühle verändern sich, Situationen verändern sich. Beide müssen erstmal bei sich und beieinander in der neuen Situation ankommen. Diese Chance sollten sie sich geben.

Nach einem Tag zu sagen, geht nicht, will ich nicht halte ich für zu früh. Danach könnte sich das Gefühl einen Fehler gemacht zu haben, genauso einstellen.

Deshalb wäre es vielleicht nicht schlecht, ein zeitliches Limit sezten und dann Bilanz zu ziehen und sagen, es funktioniert oder es funktionert nicht und die Konsequenz daraus ziehen.

Ein Aushalten wäre es für mich, wenn sich die Gefühle/Bedenken in den nächsten Tagen/Wochen nicht verändern würden und Frau Rossi dennoch an der Situation nichts änderte bzw. daran festhielte.


LG Sandy
bodenlos
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Re: Ein folgenschwerer Fehler

Beitrag von bodenlos »

Das meinte ich vorhin: dass ich mich sicher genauso anhöre, wie es Depressive nicht wollen "Halte aus" oder "reiß dich zusammen"

Nun, mein Rat beruht vor allem darauf, dass es je Gründe gegeben hat, warum Frau Rossi die Entscheidung getroffen hat, mit ihrem Freund zusammen zu ziehen...und bis vor drei Tagen wäre man hier nicht zwingend auf die Idee gekommen, dass sie sich unwohl fühlt.

Auch wenn das wahrscheinlich der vollkommen falsche Ansatz ist, sehe ich, als Angehörige" aber auch den Partner! Kann sein, dass dadurch meine eigene Wut und Hilflosigkeit aus mir spricht, aber ich würde an seiner Stelle davon ausgehen, dass mein Gegenüber seine Entscheidung durchdacht hat. Falls es jetzt doch anders ist (was ja duchaus passieren kann- es ist ja wieder rückgängig zu machen), würde ich jedoch Offenheit erwarten. Inwzischen: nach 8 Monaten Depression und vielem Lesen hie komme ich immer mehr zu der Frage: Was wollt ihr von euren Partnern??????? Ich komme immer mehr zu der Überzeugung, dass man sich dann entscheiden sollte, denn Bezieheung kann nicht immer Verzicht, Zurückweisung etc bedeuten. Jeder Angehörige ist sicher bereit sich dem Ganzen zu stellen und mitzuarbeiten und mitzuwirken, und das sicher auch über lange Zeit.....doch ich denke (vielleicht denke ich auch zu viel), dass es gewisse Grenzen gibt.

Ich schätze, Frau Rossi steckt in einem Dilemma und alles, was man sagen kann, ist falsch. Natürlich sollte sich in der Situation wohlfühlen und nicht so ängstlich und hilflos erscheinen, wie es momentan der Fall ist, aber nach zwei Tagen Zusammenlebens, den Auszug einzufordern geht in meinen Augen zu weit. Das würde ich dann sogar als egoistisch betiteln- (ich kenne das Problem mit den Selbstvorwürfen und dem Schuldigfühlen, aber ich kann nun mal nicht um den heißen Brei herumreden). Versetze man sich doch einmal in die Situation des Mannes- otterchen, wie würdest du dich fühlen. Also kann die "Lösung nur heißen: "REDEN". Es muss an Frau Rossi, aber auch an den armen Kerl gedacht werden.
elas
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Re: Ein folgenschwerer Fehler

Beitrag von elas »



otterchen, ich empfinde Deine Frag als sehr berechtigt, da ich ja beim Lesen von Frau Rossis Beiträgen auch beide Gedanken im Kopf habe.
Gehen oder Bleiben.

Das ist die Devise.

Das ist die Devise doch so oft im Leben, egal ob am Arbeitsplatz, in einer Wohnsituation, in einer Liaison, in einer Liebesbeziehung.....etc. etc.

Gehen oder bleiben.

Nun, otterchen, auf mich wirkt es so, als hätte die Beziehung von Frau Rossi, so wie sie es beschreibt, eine Chance verdient.
Eine Chance, mit allen Ecken und Kanten, sich aneinander zu gewöhnen, Immerhin lieben die 2 sich ja schon ein ganzes Jahr.

Und nun komme ich zu mir. Ich selber bin schon oft gegangen, (auch gegangen worden), aber jeweils nach reiflicher Überlegung, und nicht ohne großen Leidensdruck.

Ich denke immer, zu schnell sollte man, frau nix hinschmeißen im Leben, egal, um welche Entscheidung und Lebenssituation es sich handelt.
Aber, wenn das schwierige und schlechte Gefühl nicht aufhört, dann mach ich mich für meinen Teil jedenfalls regelmäßig zu neuen Ufern auf.

Hmmh. Das könnte das Thema eines ganz neuen Threads werden.
Gehen oder bleiben.

Ich werd diesbezüglich gleich mal was ins Forum "Literatur, Film und Fernsehen" setzen.

Selas
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otterchen
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Re: Ein folgenschwerer Fehler

Beitrag von otterchen »

Danke!

Ja, jetzt kann ich klarer sehen.
Und Hascherl: das hatte nichts mit Deinem Posting zu tun, das habe ich generell herausgelesen.

Ja, vielleicht hilft auch Zusammenraufen - wenn beide das hinbekommen... sowie der Zeitfaktor.
Offene Kommunikation hilft natürlich auch dabei...
und sich selbst im Hinterkopf freisprechen:
selbst, wenn ich das irgendwann beenden muss und jemand anderen damit in arge Schwierigkeiten bringe: ich DARF das, um mein Wohlergehen zu schützen.

(fände ICH für mich wichtig)

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bodenlos
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Re: Ein folgenschwerer Fehler

Beitrag von bodenlos »

otterchen, das ist ja auch richtig und das macht es ja auch immer wieder für mich so schwer im Umgang mit der Krankheit und meinem Freund, denn ICH vermisse die Dinge, die durch die Krankheit verloren gehen, ER wahrscheinlich nicht oder weniger. Aber ER ist der Kranke und um ihn geht es. Ich mag es ja auch nicht, wenn Dinge nur mir Zuliebe geschehen....inzwischen merke ich das auch schon und das vereltzt mich noch mehr. Vom Kopf her habe ich das auf jeden Fall schon verstanden. Aber das wirft für mich dann die alte Frage wieder auf: Können Gesunde und Kranke dann überhaupt ein gemeinsames Leben führen??? Vielleicht ist die Frage leichter zu beantworten, wenn man sich bereits mit Krankheit kennenlernt. Uns hat es jetzt nach über zwei Jahren aus heiterem Himmel getroffen....

Ich bin auch der Meinung, dass ein Depressiver nur für sich und vor allem in seinem Sinne entscheiden sollte und muss. Allerdings geht es nicht ohne ein ABER: wie kommt es dann zu solchen Situationen wie das Zusammenziehen?
elas
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Re: Ein folgenschwerer Fehler

Beitrag von elas »



otterchen, Du sagst
>..selbst, wenn ich das irgendwann beenden muss, und jemand anderen damit in arge Schwierigkeiten bringe: ich DARF das, um mein Wohlergehen zu schützen.<

Ich denke , dieser Satz gilt doch für die meisten von uns hier, wenn ich jetzt so im Plural sprechen darf.

Es ist ja nicht immer leicht, in den zwischenmenschlichen Beziehungen zu entscheiden, was tut mir noch gut, wo erleide ich nur noch, wo hätte ich längst einen Trennungs_Strich ziehen müssen.

Also ich für meinen Teil kann mich trennen, aber das ist regelmäßig ein Rumgeeiere davor.
Egal, was es für eine Situation war.
Und auch danach bin ich ebend von Trauer, Schmerz, Einsamkeit und Selbstzweifeln nicht frei.

Wessen Leben ist leichter??
Das desjenigen, der sich trennt,
0der das desjenigen, der, die verlassen wird.

Ich meine, keins.

Hey, das könnte schon wieder ein neues Thread_Thema sein.


Auf viele neuen Diskussionen und Anregungen freut sich
Eure Selas
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flora80
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Re: Ein folgenschwerer Fehler

Beitrag von flora80 »

Hallo Otterchen,

ohne jetzt die anderen Antworten gelesen zu haben (wollte eine unverfälschte Antwort), möchte ich dir sagen, warum ich schreibe "halte aus".

Als allererstes einmal denke ich, dass man in einer neuen und ungewohnten Situation schnell einmal Panik kriegen kann. Wenn ich alles, wo ich am Anfang die Panik bekommen habe, direkt rückgängig gemacht hätte, so wäre mein Leben um einiges ärmer verlaufen. Das hat also schlichtweg den Hintergrund von persönlicher Erfahrung.

Ein zweiter ganz wesentlicher Punkt ist: Es ist nicht die alleinige Entscheidung einer einzelnen Person. Person zwei ist davon ist ganz großem Ausmaß betroffen. Und ich fühle, wenn ich ehrlich bin, in diesem Fall viel mehr mit Person zwei. Wenn ich der Freund wäre, wäre ich tief gekränkt, würde Frau Rossi einen kompletten Vogel zeigen, wutentbrannt meine Sachen packen und sie für völlig unzurechnungsfähig erklären. Und es wäre mir in dem Moment dann auch völlig egal, ob sie damit klarkommt oder nicht. (Entschuldige Frau Rossi, ich beschreibe nur, was meine Reaktion wäre, wenn das jemand mit mir machen würde... Du machst es ja nicht!). Denn: Ich hätte sehr, sehr viel aufgegeben, hätte nicht nur Mühen, sondern auch Kosten auf mich genommen. Evtl. einen großen Einschnitt im Job gehabt,etc. Es war ausreichend Zeit, um darüber nachzudenken und zu sagen "nein, das geht nicht". Aber wenn man sich dann dazu entschieden hat, dann kann man den anderen nicht einfach so aus dem ersten Impuls heraus wieder wegschicken. Denn daran hängen schwerwiegende Veränderungen des Lebens. Es geht nicht um einen Fehlkauf bei Modehaus XY, wo man den grünen Pulli jetzt doch wieder zurück gibt. Ich würde mir an seiner Stelle schäbig und ausgenutzt und wie ein Spielzeug vorkommen, das man erst aufwändig herlocken und dann einfach fallen lassen und wegwerfen kann.

Deshalb fänd ich es einerseits extrem unfair, so zu handeln. Andererseits glaube ich eben auch, dass man die Situation nicht in diesem Zustand ernstahft beurteilen kann. Wenn man körperlich krank, überarbeitet und am Ende ist, ist glaub ich kein guter Zeitpunkt, um Lebensentscheidungen zu treffen.

Aber das ist nur meine ganz persönliche Sicht der Dinge. Natürlich kann ich verstehen, dass es sich für dich @ Frau Rossi, jetzt gerade ganz furchtbar anfühlt. Aber meine Einschätzung ist, es eben erst mal auszprobieren und dem ganzen eine realistische Chance zu geben. Wenn sich nach längerer Zeit herausstellt, dass es wirklich nicht geht, dann kann man immer noch GEMEINSAM neu entscheiden.

Viele Grüße von Flora
FrauRossi
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Re: Ein folgenschwerer Fehler

Beitrag von FrauRossi »

Hallo ihr Lieben,

ich habe jetzt etwas geschlafen und bin etwas ruhiger.

Was mir halt so gemein vorkommt ist, dass ich meine Krankheit immer neu erklären muss.

Es geht mir eigentlich insgesamt schon viel besser als in der ganz tiefen Krise. Das ist wahrscheinlich für andere Menschen, so auch meinen Freund, einfach nicht zu verstehen. Wie auch? Was haben andere in den letzten Wochen von mir gesehen? Dass ich trotz Arbeit wie der Wirbelwind streiche, lackiere, baue. So was tut ein Kranker nicht, denken andere vielleicht? Ich rede ja auch nicht täglich über die Depri, weil ich zum einen denke ich muss vorwärts sehen, ich brauche das Gefühl etwas gegen die Krankheit zu unternehmen, zum anderen will das doch niemand auf Dauer hören, man wird zur Last wenn man nur "klagt".

Aber auch das können andere nicht sehen. Sie sehen nicht dass das für mich kleine und große Siege oder Schritte sind. Ich tue nur was "normal" ist, wie sollen Außenstehende das als Schritte in einer Krankheit begreifen?
Ich gehe zur Therapie, ja das sehen sie, das wird auch abgenickt: "ja die arme hatte eine schlimme Kindheit"

Mann muss mich deswegen nicht mit Samthandschuen anfassen, aber im heute, da bräuchte ich etwas mehr Einfühlungsvermögen.

Wisst ihr was ich heute vor meinem Mittagschlaf dachte?: Ich wünsche mir eine Mutter! Ich wünsche mir so sehr eine Mutter, die hier wäre und mir hilft das Geschirr einzuräumen und zu spühlen. Die dabei Geschichten erzählt wie das bei der Tante damals war und bei der Cousine. Die sagt ach das wird schon und mich warm umarmt und erstmal Suppe kocht.

Ich habe mich von meiner Panic fortreißen lassen. Mehrere von Euch fragten: Ist da Liebe?
Ja! Da ist Liebe! Ich spühre es nur oft nicht. Ihr kennt das doch? Ihr fragt selbst so oft: Bin ich eine schlechte Mutter, Vater, Partner, Freund, Freundin?

Nein! seid ihr nicht und Neun! bin ich nicht. Es ist nur schwerer mit uns als mit anderen. Unsere Krankheit ist nicht " zu sehen" wir gehen nicht an Krücken, wir haben keinen Verband, uns läuft nicht die Nase.

Da vergessen die anderen vielleicht oft das wir krank sind?

Und in meiner jetzigen Situation? Ja das ist für jeden schwer, eine Umstellung. Für mich als Depri kommt das "schwarz sehen" hinzu. Dafür kann ich nichts und es kostet mich Kraft, mich immer wieder in geordnete Bahnen zurück zubringen. Ich muss mir selbst oft erklären wo die Angst herkommt. Dafür hatte ich meine Wohnung. Da konnte ich meine Wunden lecken ohne dass es jemand sieht. Ich konnte den Ort, die Ruhe nutzen um mich selbst zurück " auf Spur" zu bringen.

An diesem Ort ist jetzt noch jemand. Der auch einen Ort zu Wunden lecken braucht und ihn hier noch weniger hat als ich. Werden wir es lernen? Ich weis es nicht. Mein Tempo ist vielleicht zu langsam. Wir werden sehen.

Die Frage von Otterchen: Warum schreibt jeder halte aus? Tja das ist eine gute Frage!
Weil ihr wisst wie es ist wenn die Pferde mit eine
durchgehen? We ihr wisst dass in der Angstspirale Tücken liegen? Weil ihr an die Liebe glaubt?
Ich glaube ja! Ich weis die Vermutung liegt nahe zu denken: Wir sind alle gut darin uns selbst zu überfahren unsere eigenen Bedürfnisse nicht wahrzunehmen oder hinten anzustellen.

Aber ich glaube das ist es nicht. Aber das Wissen darum ist da und damit bei allem auch die Angst etwas falsch zu machen.

Jemand schrieb: "es sei nicht gut diese akute Problematik hier zu diskutieren"

Doch ist es. Weil ihr mir helft! Ich bin nicht in einer akuten Deprikrise! Ich bin nur in einer schwierigen Situation. In der es mir auch nicht gut geht, klar. Aber dennoch ist das doch etwas anderes.

Und sind nicht viele Dinge die hier besprochen werden akut? Jemand hat den Täter-Vater wiedergetroffen. Das bringt akut Gefuhle und Ängste zurück. Jemand muss aus einem Anlass mit dem Über-Bruder zurecht kommen. Das bringt Akute Zweifel und Ängste. usw.

Wir geraten öfter in Situationen wo uns unsere alte. Geister plötzlich groß oder klein gegenüber stehen. Dabei helfen wir uns hier und dafür bin ich Euch dankbar.

Denn wenn ich es meiner Freundin erzähle, die versteht es wirklich nicht. Die sagt wirklich reiss dich zusammen. Hier hat das eigentlich keiner gesagt. Hier haben alle gesagt: Nimms mit in die Thera, kenne ich auch, überprüfe deine Gefuhle, versuche dies oder jenes um dich zu erden. Und es wurde auch gesagt dass es o.k. ist die Entscheidung nötigenfalls rückgängig zu machen. Das ist etwas anderes als reiß dich zusammen.

Ich danke Euch LG FrauRossi
bodenlos
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Re: Ein folgenschwerer Fehler

Beitrag von bodenlos »

Und wieder einmal kann ich nur über dich staunen, Frau Rossi!!! (im positiven Sinne!)

Stellt sich mir aber nachwievor die Frage, warum bist du diesen Schritt gegangen? Liebe ist da, schön! Aber wenn du um die Heiligkeit und Bedeutung deiner Wohnung weißt - als Ruhe- und Rückzugsort- warum hast du dich dann doch dafür entschieden?
FrauRossi
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Re: Ein folgenschwerer Fehler

Beitrag von FrauRossi »

Hallo Alle,

ich habe erstgeantwortet auf otterchens Frage und dann eure Antworten gelesen

ich muss tatsächlich schmunzeln.

Ich kann nur sagen: ich bin depressiv aber nicht blöd. Ich würde nicht sagen nach ein paar Stunden des zusammen Wohnens. Geh wieder.

Ich schreibe hier meine ureigensten Ängste auf. Unreflektiert zunächst um den Druck raus zu lassen und eben nicht über zu reagieren.

Ich habe wirklich nicht einen Beitrag als Angriff gewertet. Es ist vielleicht so wie Brittka sagt: "Warum gleich soviel Drama?"

Eben aus diesem Grund um unverfälscht meine Angst raus zu lassen.

An Hascherl: Mach dich nicht irre! Ja man kann mit Kranken zusammen leben. Aber es ist hart. Auch bei anderen Erkrankungen. Wenn es zu Selbstaufgabe führt. Dann muss man es beenden.

Aber da bin weder ich noch mein Freund. Es ist nur eine schwierige Situation.

LG FrauRossi
FrauRossi
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Re: Ein folgenschwerer Fehler

Beitrag von FrauRossi »

Nochmal an Hascherl:

sieh mal es ist doch so das kaum ein Mensch je seine aller ehrlichsten und tiefsten Gedanken seinem Gegenüber kund tut. Um seinem Gegenüber nicht zu verletzen und weil man sich selbst erstmal klar werden muss.

Glaubst du wenn ich diese Reaktion vorausgeahnt hätte, dass ich es zu dem Umzug hätte kommen lassen? Ich hätte versucht es vorher zu bearbeiten.

Du tust grad so als würde ich aus böser Absicht heraus handeln.

An dieser Stelle muss ich fragen: warum tust du dir das an? Wieso ließt du hier von den schlimmsten Ängsten?
Mach dich nicht selbst fertig! Du wirst doch auch nicht völlig unreflektiert deinem Freund etwas sagen? Egal jetzt ob krank oder nicht.

Dass du das mit dem Rückzugsort nicht verstehst kann ich wiederum verstehen

LG FrauRossi
DKT
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Re: Ein folgenschwerer Fehler

Beitrag von DKT »

Hallo liebe Frau Rossi,

hab das hier gerade erst gelesen und erkenne mich sehr deutlich wieder. Ich bin vor einem halben Jahr mit meinem Freund zusammen gezogen. Wohl überlegt, und ich hab mich sehr gefreut.

...und dann fand ich mich plötzlich in dieser Wohnung wieder und hab gedacht, ich bin im falschen Film...

Da war nichts mit grau, es war tiefschwarz.

Um dir aber Mut zu machen: es kann funktionieren, bei uns funktioniert es sogar inzwischen sehr gut. Aber nur, weil wir beide unsere Rückzugsmöglichkeiten haben, und keiner dem anderen böse ist, wenn er diese nutzt. Sprich, ich habe auch ein eigenes Zimmer ( ich weis, ist nicht immer möglich, aber die kleinste Wohnung lässt sich umsortieren).
Du brauchst wohl, genau wie ich, deine Ruhezone. Wenn ich viel erlebt habe, dann fühl ich mich einfach nur "leer im Kopf" und will meine Ruhe. Und wenn ich abends bis in die Nacht auf Hochtouren laufe, dann geht mein Freund in sein Bett, und ich halt erst dann, wenn ich soweit bin, dass ich schlafen kann. Nicht jeder Mensch kann immer Nähe und Zärtlichkeit ertragen, das hat nichts damit zu tun, dass man dann weniger liebt.

Deine Reaktion und deine Angst ist völlig normal. Dann bist du noch krank, überfordert und hast einen Deprischub...und, was haben wir gelernt, grins. NIE innerhalb einer Depression eine Entscheidung treffen.

Frau Rossi, Kopf hoch. Pfleg dich, und versuch garnicht zu denken. Und wenn du wieder fit bist, das kommt schneller als du denkst, dannn findest du nicht nur grau, sondern vieleicht auch bunt.

Ich wünsch es dir und schick dir einen dicken MUTMACHGRUSS

Fidel
FrauRossi
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Re: Ein folgenschwerer Fehler

Beitrag von FrauRossi »

Danke Fidel
KaMa
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Re: Ein folgenschwerer Fehler

Beitrag von KaMa »

flora80
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Re: Ein folgenschwerer Fehler

Beitrag von flora80 »

woran machst du das fest?

EDIT: Ich finde es ein bisschen anmaßend, das einfach so zu behaupten. Das können nur Frau Rossi und ihr Frenud beurteilen, denke ich...
ghm
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Re: Ein folgenschwerer Fehler

Beitrag von ghm »

Hallo FrauRossi,

das Gefühl ist ganz "normal".

Du konntest in Deiner Wohnung schalten und walten, wie Du wolltest.

Jetzt ist "etwas" neues da, und ein Teil Deiner Gefühle befürchten (wieder) "gesteuert" zu werden.

Also mach Dich ruhig und schau Dir an, was die Zukunft Dir zeigen wird.

Deine alten "ungesunden" Gefühle sind kein guter Ratgeber
~~ Göttin, lass es Hirn vom Himmel regnen (und nimm den Menschen die Regenschirme weg) ~~
anna54
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Re: Ein folgenschwerer Fehler

Beitrag von anna54 »

Hallo
was ich nicht verstehe:
die Panik war doch vor 4 Wochen schon Thema hier.
Warum dann doch der Umzug.
anna54
wütend

Re: Ein folgenschwerer Fehler

Beitrag von wütend »

>>Warum dann doch der Umzug.<<

Vielleicht, weil Frau Rossi ihr Leben nicht von einer Krankheit/Störung bestimmen lassen will.
FrauRossi
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Re: Ein folgenschwerer Fehler

Beitrag von FrauRossi »

Hallo

"warum dann doch der Umzug?"

Weil ich dachte das geht. Weil ich dachte das ist normaler Bammel. Weil ich von der Depression immer aufs neue Überrascht werde, was sie so mit mir anstellt. Weil ich das auch mit meiner Therapeutin durchgegangen bin und auch da kam der Glaube auf das geht. Weil ich es mir gewünscht habe dass es klappt. Weil ich romantische Vorstellungen hatte.

Wieviel Jahre versucht hier mancher schon therapeutisch heraus zu finden wo seine Knackpunkte liegen? Ich vesuche es erst seit Mai. Ich habe da sicher auch schon viel erreicht, aber ich bin kein Übermensch.

Wieso wird von mir jetzt erwartet, ich hätte das alles vorraussehen müssen?

Ja es ist meine Schuld. Ich habe mich in Aktivität gestürzt und die Erschöpfung provoziert. Ja ich habe mich überfahren lassen und mich nicht durchgesetzt als ich dachte es wäre besser diesen Schritt erst zu machen wenn ich auch Urlaub habe. Ja ich habe die Situation unterschätzt. Ja ich habe mir nicht vorstellen können wie sehr mich die Situation einengen könnte.
Ja ich habe mal wieder alles falsch gemacht.
Und diesmal muss nicht nur ich damit leben, es betrifft auch noch einen anderen Menschen. Ja mit dieser Schuld muss ich jetzt leben.

Schön für dich anna wenn du schon so reflektiert bist das du alles im Vorfeld erkennst. Schön für dich wenn du dich schon soweit kennst dass du nichts mehr falsch machst. Ich gratuliere dir dazu!

Ich hingegen bin nicht so perfekt.

LG FrauRossi
Winterzauber
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Re: Ein folgenschwerer Fehler

Beitrag von Winterzauber »

Guten Moregen Frau Rossi,
bin noch nicht ganz wach,
aber für mich hat nur diese Krankheit schuld.
Bestimmt nicht du, rede dir das bitte nicht auch noch ein!
Wünsch dir noch einmal sehr viel Kraft und pass' einfach auf dich auf, das ist wichtig!

Gruß
Naty
rajo1
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Registriert: 3. Okt 2006, 16:29
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Re: Ein folgenschwerer Fehler

Beitrag von rajo1 »

Der Threadtitel sagt doch einiges aus und damit wird eigentlich die Diskussion offen gehalten.
Das Eingangsposting ist resignierend.
Was erwartet jetzt die Threaderstellerin?
Verschiedene Meinungen, Anregungen, Trost, Verständnis, Zustimmung (zu ihrer Ansicht).
Ja, das bekommt sie doch.
Beide haben sich für den Umzug entschieden. Und es war auch klar, dass es Schwierigkeiten geben wird und diesen müssen sich beide jetzt stellen.
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