Entlassung aus der Klinik?

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katyfel
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Entlassung aus der Klinik?

Beitrag von katyfel »

Bei mir steht grade ein riesig großes Fragezeichen im Kopf, eins, das ich hier mal formulieren muss und hoffe, dass mir die Thematisierung hier vielleicht ein wenig Klarheit verschafft.

Ich bin jetzt seit knapp 5 Wochen in einer (privaten) Klinik und der Bewilligungszeitraum der Krankenkasse ist nächste Woche zuende.

Jetzt stellt sich bei mir die Frage; bleiben oder nicht bleiben?

Im Moment geht da bei mir alles durcheinander, aber jetzt mal die wichtigsten Umstände und Einflüsse, die mir grade einfallen:

- da ich schon mal hier war, die gleiche Therapeutin wieder hatte und eben schonalles kannte, habe ich mir eine schnellere Eingewöhnungszeit und dadurch auch mehr und schnellere und bessere Fortschritte vorgstellt, was vermutlich eine überzogene Erwartung war, aber z.t. finde ich sie immernoch gerechtfertigt... man müsste mir doch irgendwie helfen können, oder?!

- nächste Woche fängt das Wintersemester an, in das ich wieder "normal" einsteigen wollte.
mit ein bisschen weniger Programm (22 Wochenstunden) und einem neuen Fach. beides Dinge, von denen ich mir eine Verbesserung der Situation erhoffe.

- ich bin hier vor 5 Wochen hergekommen mit einem übermächtigen Gefühl von Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit, Versagensgefühl und Unfähigkeit, den (Studien)Alltag zu bewerkstelligen.
Und das Schlimme ist; daran hat sich noch (fast?)nichts verändert, es geht mir noch ziemlich genauso, nur dass der Druck größer geworden ist, dass es mir doch langsam mal besser gehen müsste...

- meine Therapeutin hier hat mir relativ offen gesagt, dass sie auch nicht wüsste, wie sie mir weiter helfen sollte (vor 2 Wochen), ist allerdings auch während meines Aufenthalts hier im Moment das 2. Mal für eine Woche im Urlaub, sodass ich insges. schon bei 3 Therapeuten war hier.

- ein Medikament, was hilft, wurde meines Empfindens nach immer noch nicht gefunden, die beiden, die wir bis jetzt ausprobiert haben (angekommen bin ich mit Venlafaxin, grade nehme ich Fluoxetin), helfen nicht und vom abendlichen Mirtazapin merke ich auch nichts (mehr?).

Das alles ist ziemlich unbefriedigend auf der einen Seite und macht mir auf der anderen auch eine Menge Druck und Angst;
kann ich jetzt gehen ohne dass eine wirkliche Verbesserung erreicht wurde? ich bin ja schließlich nicht "einfach so" in die Klinik gegangen...
kann ich das Semester überstehen und dabei noch meinen eigenen Anforderungen und denen von außen gerecht werden, in dieser Verfassung?
Aber auf der anderen Seite; was bringt es mir, noch hierzubleiben, wenn mir bis jetzt nicht wirklich geholfen werden konnte? und wie soll das dann mit dem Studium weiter funktionieren?

Ich weiß nicht, ob hier jemand schon mal in einer ähnlichen Situation war und mir helfen kann oder sich einfach aufgrund des Textes eine Meinung zu allem bilden konnte...?
Ich würde mir sehr wünschen, da mal durch einen Blick von außen eine andere, neue Sichtweise zu erfahren... weil ich im Moment einfach nicht mehr weiter weiß.
Danke schonmal...
So ist das Leben, sagte der Clown und malte sich ein Lächeln auf
FSKF
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Re: Entlassung aus der Klinik?

Beitrag von FSKF »

Hallo Sinfonia,

ich war ein halbes Jahr in der Klinik und es hat mir nicht geholfen. Was mir geholfen hat, war es eine Auszeit zu nehmen mit mehrjähriger Krankschreibung, sodass ich die Möglichkeit hatte, in meinem Tempo neue Dinge auszuprobieren und mich dadurch auch weiterzuentwickeln und Perspektiven zu finden.

Ein Klinkaufenthalt ist m. E. immer nur ein Anstoß - der Weg zur Besserung braucht einfach viel Zeit. Welche Ziele hattest du?

Ist jetzt der Zeitpunkt, um ein neues Studium anzufangen? Würde es dich motivieren, dir Kraft geben? Gibt es dir eine Perspektive oder baut es nur Druck auf?

Mir persönlich half es in Verbingung mit einer guten ambulanten Therapeutin und einer Betreuerin den Druck für mich abzubauen und so Phasen ohne Depression erleben zu können.

Liebe Grüße
Abendstern
katyfel
Beiträge: 1181
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Re: Entlassung aus der Klinik?

Beitrag von katyfel »

Hallo Abendstern,

erstmal lieben Dank für die schnelle und liebe Antwort!

Meine Ziele in der Klinikzeit waren eigentlich eher "einfach" und genereller Natur;

Als erstes wollte ich an mir und meiner "Fassade" arbeiten; nicht mehr gegenüber allen und jedem eine gute Laune etc. zu spielen und zu funktionieren.
Das habe ich z.t. erreicht, würde ich sagen, allerdings gab es eben gestern wieder eine Situation, in der es mir ganz schlimm ging und ich versucht habe, dass auch einem vom Pflegepersonal zu erklären, woraufhin der aber meinte, er fände es nicht gut, dass ich mich jetzt "der Gruppe entziehen" würde, sodass ich dann da doch noch hingegangen bin (Depressionsgruppe), also funktioniert habe...

Mein zweites "Ziel", wenn man es so nennen kann, war, eine merkliche und als Start zu begreifende Verbesserung der Stimmung/ Gefühle/.. zu erreichen.
Das hat eben überhaupt nicht geklappt, ich fühle mich noch genauso von Grund auf verunsichert und "schwach" wie zum Zeitpunkt meiner Einweisung.
Dabei finde ich schon, dass das ein Ziel war, was man während eines Klinikaufenthalts dieser Länge und Intensität (3x die Woche Einzelgespräch, 2x Gruppe,...)erreichen kann.
Zudem ich es ja bei einigen meiner Mitpatienten auch sehe; die gehen nach 4-8 Wochen deutlich gelöster und mit besserer Grundstimmung als wie sie gekommen sind.

Da fangen bei mir natürlich auch die Selbstzweifel schon wieder an;
Will ich eigentlich gar nicht, dass es mir besser geht?
Will ich zu viel auf einmal?

Vor allem aber eben im Moment;
ist es besser, mir (und den Therapeuten etc.) hier noch ein bisschen Zeit zu geben,

oder ist es besser, das Semester zu beginnen und ambulant weiterzuarbeiten (mein ambulanter Therapeut ist toll... aber ich weiß eben nicht, ob das reicht und ob ichs kann) und auf die aufbauende Wirkung von Studium und Alltag zu bauen

???
So ist das Leben, sagte der Clown und malte sich ein Lächeln auf
FSKF
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Re: Entlassung aus der Klinik?

Beitrag von FSKF »

Liebe Sinfonia,

die Depression verläuft m. E. bei jedem anders - darum kann man sich nicht mit den Mitpatienten vergleichen. Letzen Endes muss jeder seine Methoden finden, die ihm helfen. Und man muss akzeptieren, dass der Weg hinaus oft ein langer ist. Ich habe gelernt, mich über Kleinigkeiten in meiner Entwicklung zu freuen und das "ich muss" aus meinem Denken zu kriegen, sondern stattdessen ein "was möchte ich eigentlich?" zu entwickeln. Ist das Studium ein "ich muss" oder ein "ich möchte?".

Ich weiß nicht, wie lange du schon diesen Zustand kennst - bei mir waren es über 15 Jahre, also seit meiner Kindheit, und ich konnte mich an kein anderes Leben erinnern, habe aber jetzt erstmalig Monate ohne Depression erleben können.

Wenn ich dich recht verstehe, steht eine sehr baldige Entscheidung an. Weiter in der Klinik zu bleiben würde bedeuten, dieses Semester noch nicht studieren zu können. Wie lange müsstest du auf einen erneuten Studiumsbeginn warten? 1 Semster oder 2? Gäbe es die Möglichkeit, in der Zeit des Wartens Seminare zu besuchen, die helfen könnten, deine Studiumsangst zu verringern? Könntest du die Zeit produktiv für dich nutzen? Oder wäre es nur verlorene Zeit? Das spräche ja dann dafür, jetzt zu beginnen.

Vielleicht geht es dir besser, wenn du diese Entscheidung getroffen hast und nicht mehr darüber nachgrübeln musst.

Liebe Grüße
Abendstern
Polarlicht
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Registriert: 7. Jun 2011, 23:46

Re: Entlassung aus der Klinik?

Beitrag von Polarlicht »

Hi sinfonia,
inwiefern stellt sich für Dich die Frage, bleiben oder nicht bleiben, wenn Deine PKV nicht mehr zahlt? Ist es egal, treten deine Eltern unbefristet ein?
Was erhoffst/erwartest Du von einem verlängertem Klinikaufenthalt? Die Therapeuten scheinen ja auch keinen Ansatz mehr zu sehen, sonst könnten sie die Verlängerung gegenüber der Versicherung durchdrücken und Dir eine Perspektive aufzeigen. Ich denke, die Versicherung zahlt nicht mehr, weil sie keine Besserung durch eine Verlängerung des Klinikaufenthaltes mehr sieht und die Therapeuten finden keine Begründung. Sie entscheiden ja nicht auf just-for-fun-Basis, sondern haben dahinter evidenzbasierte Erkenntnisse.

Ich habe den Eindruck, dass Du die stationäre Therapie überforderst - erkenne ich so gut, weil es mir auch so ging. Ich habe innerhalb von einem Jahr entsprechend der Therapieempfehlung der Klinik, den stationären Aufenthalt wiederholt und ich habe das Gleiche erlebt, was Du schilderst. Ich dachte, es würde leichter, weil ich alles schon kenne, anknüpfen kann, schneller zum Erfolg komme - aber dem war nicht so. Ich habe genau das erlebt, was Du beschreibst, anderen ging es sehr schnell viel besser und das wollte ich für mich auch. Sorry, so geht das nicht, das hängt vom Störungsbild ab und ich weiß das, ich bin ein Senior und teilweise vom Fach. Mich setzte das unter Leistungsdruck/Versagensängste und wirkte insofern kontraproduktiv. Jetzt setze ich auf mein eigenes Tempo und eigene Verfahren, für die ich z.T. viel Geld ausgebe: Personal Trainer, Heilpraktikerin, chines. Phytotherapie, Akupunktur.
Ich würde an Deiner Stelle die Klinik verlassen und mit dem ambulanten Therapeuten in Deinem Tempo weiterarbeiten. In der Klinik bringt Dir der Therapiestundenzahl nicht das, was Du erwartest. Du brauchst mehr Zeit (längerer Zeitstrahl und den zahlt keine Versicherung.
Du musst Dich dem stellen, was immer da kommt. Wenn Deine Eltern einen wochenlangen Klinikaufenthalt weiterfinanzieren können, den Deine PKV nicht abdeckt, weil sie ihn als sinnlos bewertet, dann können Deine Eltern Dich auch über ein oder mehrere Semester finanzieren. Das Problem ist nur, dass Du ihnen "das Therapieversagen/die Auszeit" klarmachen musst. Da ist nicht vordergründig die Krankheit gefragt, sondern Du als Mensch, mit einem Anspruch auf Lebensqualität. Ich weiß, dass das eine schwierige Kiste ist.
Die Klinik ist ein Schonraum, der nur demjenigen nützt, der die Schonung/kurzfristige Intensivtherapie braucht, um wieder zu sich und seinen Kräften zu finden. Nach diversen Klinikaufenthalten ist mein Fazit: leichteren bis mittleren Störungsbildern wird in der Klinik schnell und effektiv geholfen: ab einem gewissen Schweregrad braucht man dort keine Verbesserung zu suchen, sondern nur Entlastung vom Alltag. Welche Entlastung vom Alltag suchst Du dort als Studentin, die Dir kein Urlaubssemester bringen kann? Du schreibst von einer guten und effektiven ambulanten Therapie - belass' es dabei, mach' das weiter in Deinem Tempo und setz' das Studium aus, wenn es zuviel wird. Möglicherweise musst Du das Deinen Eltern erklären und kannst Dich nicht hinter einem Klinikaufenthalt verbergen - so what? Du musst Dich entscheiden, was Du willst.
Für mich glaube ich an den Effekt einer klinischen Therapie nicht mehr und dabei mache ich noch nicht mal eine ambulante Therapie. Wenn ich noch mal einen stationären Aufenthalt machen würde, dann zur Regeneration der Kräfte, nicht als Ersatztherapie oder um persönliche Reifeprozesse zu beschleunigen. Ich bin alt und berufstätig, d.h ich brauche u.U. solche "klinischen Schonräume". So habe ich in dem letzten Klinikaufenthalt von vornherein klar gemacht, das ich am Frühsport nicht teilnehmen werde, sondern in Ruhe zu frühstücken gedenke, während die Masse beim Sport ist - hat auch geklappt. Warum: ich bin berufstätig, habe außer der Klinik keine AU-Zeiten, treibe in der Freizeit viel Sport (nicht auf der Tonspur, sondern klinisch am Fitnesszustand feststellbar) usw.
Du als Studentin, finanziert von den Eltern kannst Dir die Freiräume anders verschaffen - Du musst Dich durch den "Leistungsstress" in einer Klinik nicht zusätzlich belasten.
Ich habe gesehen, wie schnell es anderen besser ging. Es hat mich unendlich belastet, weil ich mich in der Therapie nicht gut genug fand. Merkwürdigerweise hat niemals ein Therapeut gesagt, ich bemühe mich nicht genug, sondern eher das Gegenteil- ich stelle mich der Belastung, wo geringer Belastete schon lange geflohen sind. Ich brauche mehr Zeit, nicht mehr Therapieintensität zum persönlichen nachreifen, weil die Störung so substanziell ist. Das muss ich akzeptieren und somit ist jeder Klinikaufenthalt, welcher nicht der reinen Kraftregeneration dient, obsolet. Weil ich mich an fremden Orten unter fremden Menschen immer schlecht fühle, kann ich mir in der Zukunft Klinikaufenthalte schenken. Ich muss mich zur Regeneration nur von meinem Arzt krank schreiben lassen und so lange pausieren, bis ich Schlafdefizite & Co kompensiert habe - keinesfalls braucht es dafür einen weiteren Klinikaufenthalt.
Man muss Ursache und Wirkung in den richtigen Zusammenhang bringen und braucht einen "A... in der Hose", um das Ganze auch durchzusetzen.
katyfel
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Registriert: 21. Aug 2011, 18:08

Re: Entlassung aus der Klinik?

Beitrag von katyfel »

Hallo Abendstern und Polarlicht,
danke für die Antworten.

Ich glaube, ich muss erstmal eine Sache klarstellen, die zumindest bei dir, Polarlicht, falsch angekommen ist;
die Zeit, die meine Krankenkasse am Anfang bewilligt hat, quasi die ersten 6 Wochen sind nächste Woche abgelaufen.
Sie haben da wohl schon gesagt, dass sie auch mehr bewilligen würden (letztes Mal hatte ich erst 4, dann nocmal 4), aber ich bzw. meine Therapeutin hier hat eben noch keinen Antrag darauf gestellt.

Das ändert vielleicht einiges in deiner Argumentation, weil es eben nicht darum geht, dass ich oder meine Eltern jetzt noch sozusagen gegen die Absicht der Krankenkasse Zeit "dazukaufen" sondern es geht einfach darum, ob ich noch mehr Zeit hier brauche...

Das Problem ist ja unter anderem, dass meine "normale" Therpaeutin hier eben grade wieder im Urlaub ist, aber die Vertretung hat mir gestern explizit gesagt, dass von ihnen aus eine Verlängerung drin wär, es wäre eben meine Entscheidung, vor allem auf das beginnende Semester bezogen...

Das Studium ist denke ich an sich eine gute Sache, vor allem nach dem Krankheitssemester grade habe ich auch das Bedürfnis, mal wieder was zu lernen und zu schaffen und von daher kann ich glaube ich deine Frage, Abendstern, eher so beantworten, dass das Studium etwas ist, was ich wirklich möchte und was (hoffentlich...) gut für mich ist, auch in dieser "neuen" Form mit dem neuen Fach dabei.

Und trotzdem habe ich Angst und bin unsicher, ob ich das kann... es ist so blöd, dass nichts "einfach" ist im Moment...

Es kann sein, dass ich-wie du meinst, Polarlicht- die Klinik und ihre Wirkung überfordere bzw. zu viel erwarte... aber kann man denn nicht zumindest den Anstoß zu einer Besserung erwarten? Dazu ist doch ein stationärer Aufenthalt da, oder nicht?

Trotzdem danke für die lange Antwort, auch fürs Teilen deiner Erfahrungen.
Es kann sein, dass tatsächlich "nur" den leichten oder mittleren Störungsbildern hier effektiv geholfen werden kann, es beruhigt mich sogar ein bisschen, dass diese Erfahrung, andere quasi vor deinen Augen wieder "gesund werden" oder eben große Fortschritte machen zu sehen, während bei einem selber genau diese ausbleiben, nicht nur ich grade mache- danke dafür!

Die große Frage verdichtet sich bei mir glaube ich aber darauf, ob ich fähig zum Weiterstudieren mit guter ambulanter Therapie nebenher bin, oder ob ich diesen Schutzraum hier noch weiter brauche, um eine "Grundsicherheit" wiederzubekommen, die mir genau das ermöglicht.

Noch ein Urlaubssemester ist nicht die Lösung, zumindest nicht so, wie das letzte.
Das einzige, was ich mir da vorstellen könnte, wären ein oder mehrere Praktika während der Zeit, aber dafür bin ich glaube ich schon ein bisschen spät dran mit der Entscheidung...

Danke euch beiden für die Denkanstöße!
Ich will ja nicht raffgierig erscheinen, aber vielleicht gibt es davon ja noch mehr?
Ich selber scheine grade so wenig in der Lage dazu, die Situation zu beurteilen, dass mir jeder Rat von außen neue Erkenntnisse bringt und vielleicht auch den Weg klarer macht.
So ist das Leben, sagte der Clown und malte sich ein Lächeln auf
FSKF
Beiträge: 87
Registriert: 14. Feb 2011, 15:16

Re: Entlassung aus der Klinik?

Beitrag von FSKF »

Liebe Sinfonia,

eine Idee habe ich noch: Ist die Klinik in der Nähe der Uni an der du studieren möchtest? Ich weiß ja nicht, wie das individuell geregelt ist, aber als ich damals in der Klinik war gab es einige Mitpatienten, die von da aus wieder anfingen zu arbeiten und so beispielsweise den Vormittag unterwegs waren und nachmittags in der Klinik.

Ich selber habe von der Klinik aus regelmäßig Seminare in der Uni besucht.

Liebe Grüße
Abendstern
Polarlicht
Beiträge: 121
Registriert: 7. Jun 2011, 23:46

Re: Entlassung aus der Klinik?

Beitrag von Polarlicht »

Hallo Sinfonia,
ich finde Deine Ziele schwierig:
- an der Fassade arbeiten, nicht immer "gute Laune zu spielen" /ersetzen durch "auf Fassade verzichten, Authentizität zeigen"
- Verbesserung der Stimmung/Gefühle in der Klinik finde ich nicht erreichbar, weil die Klinik auch so eine besondere und unechte Situation ist. Es wäre Zufall, wenn Du innerhalb von 4 Wochen ein wirksames Medikament bekommen hättest. Du bist ja schon mit Medis angereist und bei einem Wechsel, musst Du mindestens 2 Wochen auf den Eintritt einer Wirkung warten. Versuch es mal mit Zielmodifikation "positive Wirkfaktoren auf die Stimmung kennen lernen". Dann erwartest Du keine bessere Stimmung, sondern, dass Du lernst, Deine Stimmung selber zu beeinflussen (s.u. Ressourcenaufbau).

Vielleicht schreibst Du uns mal, in was für einer Klinik Du Dich befindest. Ich war in psychosomatischen. Beim ersten Aufenthalt (verhaltenstherapeutisch) kam ich super voran, weil Grundlagenwissen über das Krankheitsbild vermittelt wurde. Ich konnte einfach besser verstehen, was da in mir passiert und ich sah: ich bin damit nicht allein, meine Therapeutin nahm mir die Selbstzweifel: ich bin kein Hypochonder, sondern hänge mich voll rein, die anderen haben ähnlich Symptome, auch Probleme, die Krankheit anzunehmen usw und ich habe auch gesehen, dass ich was gegen die Krankheit tun kann. Das habe ich, als ich wieder zuhause war, auch in die Tat umgesetzt, Arbeitszeit begrenzt, gesund essen, Sport treiben, nicht nebeneinander herleben und Probleme verschweigen, sondern mit dem Partner in den Kontakt gehen. Da hat die Klinik wirklich genützt.
Dass die Dinge sich dann trotzdem sehr ungünstig entwickelten, liegt an was anderem.
In keinem späteren Klinikaufenthalt, habe ich so einen Fortschritt wieder gemacht. Eigentlich ging es nach allen weiteren Klinikaufenthalten nur noch schneller abwärts. Bisher hatte ich längere Pausen dazwischen, zuletzt war ich im Abstand von einem Jahr da, erst ging es besser und bin dann doch in den freien Fall gerutscht. In der Klinik wurde sehr körperorientiert gearbeitet und weil ich nun wieder Dinge spüren konnte, aber nur negatives, geht es mir nicht besser, sondern schlechter. Wenn ich ein soziales Umfeld gehabt hätte, positive Erlebnisse mit anderen Menschen hätte machen können, dann wäre sicherlich was anderes möglich gewesen.

In sämtlichen klinischen Therapien und auch in der ambulanten hat bei mir der Ressourcenaufbau gefehlt. Es wurde immer nur an den Baustellen gearbeitet und dabei mehr in Trümmer gelegt. Das ist einfach Pech, dass es so gelaufen ist, hat was mit meiner Fassadenhaftigkeit zu tun und dass man mich daher eher überschätzt. Ich bekam auch von den Therapeuten immer positive Rückmeldung, weil ich mich reinhängte, Dinge riskierte und damit bedienten sie genau meine Leistungsschiene. Ich habe alle Gefühle abgeklemmt und funktioniert. Genau, das, was Du selber beschreibst, Du gehst in die Gruppe und funktionierst, weil es von Dir verlangt wird. Du schreibst über Ängste und da ist es richtig in die Konfrontation zu gehen, nicht wegzulaufen. Weglaufen befeuert die Ängste. Funktionieren verhindert, dass Du Dich weiterentwickelst und von der Therapie profitierst - Du verstärkst damit Dein Störungsbild noch. Der Punkt ist: Du musst hingehen und nicht funktionieren, sondern durchaus mal die Hütte aufmischen. Es ist egal, ob Dir das peinlich ist oder nicht - die Leute da siehst Du nie wieder, wenn Du es nicht willst. Das ist quasi Dein Testlabor für alternative Verhaltensweisen. Das funktioniert aber nur, wenn vorher an Deinen Ressourcen gearbeitet wird - diese Selbstwirksamkeitssprüche "man mag mich, auch mit Ecken und Kanten", "auch wenn ich jetzt scheitere, heißt das nicht, dass ich ein Versager bin. ich kann ....gut" usw. Also solltest Du jetzt erst mal keinen Fortschritt suchen, sonst findest Du Dich wie ich in einer Trümmerlandschaft wieder, sondern gezielt Ressourcenaufbau betreiben. Dafür würde ich die restliche Zeit in der Klinik nutzen. Dann hast Du eine Basis für die Therapie zuhause. Da brauchst Du das für neue Wege in einem Umfeld, was Dir wichtig ist.

Das durchfragen finde ich wichtig - mache ich mangels echten Ansprechpartnern in meinem Leben immer als innerer Dialog. Damit mache ich gute Erfahrungen. Wenn ich eine Frage habe, dann habe ich ja schon mal das Problem erkannt und damit auch schon die Antwort in Griffweite. Ich setze mich hin und lasse einfach die Gedanken zur Frage kommen - freies assozieren und schreibe dann auch Dinge auf. Da findest Du reichlich Material für die Therapiestunden.

Versuch' es mal. Aus Deinem Text ergeben sich für mich direkt 2 Fragen:
1. Wovor schützt die Klinik Dich?
2. Was in der Klinik ist es, was den Schutzraum für Dich ausmacht?

Also: dableiben und auf Ressourcenaufbau konzentrieren, brauchst Du auch für die Belastungen im Studium.

Gutes Gelingen,
Polarlicht
katyfel
Beiträge: 1181
Registriert: 21. Aug 2011, 18:08

Re: Entlassung aus der Klinik?

Beitrag von katyfel »

Danke, Abendstern, für den Hinweis aufs "nebenbei studieren"- die Klinik liegt tatsächlich nah an meinem Studienort, vielleicht kann ich das also nächste Woche tatsächlich so machen und somit zumindest einen Teil der Seminare besuchen...

Und Polarlicht:
Die Klinik nennt sich "Klinik für Psychotherapie und Psychosomatik" und setzt, wie die meisten Kliniken ja, denke ich, auf verhaltenstherapeutische Methoden.

Was die Erfahrungen angeht, so geht es mir wieder ähnlich wie dir;
beim letzten Mal habe ich hier noch einiges an Neuem gelernt, über die Krankheit, Muster und Mechanismen (obwohl ich mir auch davon einiges interessenhalber schon angelesen hatte).
Jetzt habe ich den Eindruck, dass ich die ganzen Dinge nochmal gesagt bekomme... was mir aber eben nicht so richtig hilft, weil ich sie ja was die Bereiche "Gedanken" und "Verhalten" angeht schon weiß, aber das große Feld "Gefühle" davon nicht beeinflusst wird, oder sagen wir lieber; nur minimal.

Trotzdem hat mir die Therapeutin grade klargemacht, dass allein die Verhaltensänderungen schon ein positiver Schritt sind (nicht mehr so viel zurückziehen, körperlich abreagieren, versuchen, sich mitzuteilen, anfangs keinen zeitl. Druck aufbauen,...). Damit hat sie ja für sich genommen auch Recht, aber durch den Alltag komme ich damit offensichtlich trotzdem noch nicht.

Wie gesagt komme ich mit meinem ambulanten Therapeuten sehr gut klar, mit dem ich tiefenpsychologisch fundiert arbeite, wo aber (wie auch sehr häufig, glaube ich) natürlich auch verhaltenstherapeutische Methoden mit drin sind.
Dort würde ich auch sagen, dass das stattfindet, was du vermisst, der "Ressourcenaufbau", wei les eben nciht nur darum geht "was kann ich besser/anders/ gesnder machen" sondern auch "was muss als Basis vorhanden sein, was ist schon da, was habe ich trotz allen Zweifeln noch an Sicherheiten" etc.

Ich sag es gerne nochmal; ganz lieben Dank für die Anregungen und Einschätzungen, ich werde diesen Ressourcengedanken mal mitnehmen und gucken, was ich hier noch draus ziehen kann!
So ist das Leben, sagte der Clown und malte sich ein Lächeln auf
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