Wann Psycotherapie und wann zum Psychiater?

[kristal]

Wie entscheidet man denn darüber, ob man zu einem Psychiater geht oder eine Psychotherapie macht? ......
Ich meine, wenn eine leichte Form der Depression vorliegt, sprich der Altag wird mehr oder minder geleistet, "reicht" dann der Psycotherapeut?????

[Erdgespenst]

Grundsätzlich: Die Frage ist kein "entweder oder". Man kann problemlos die Ratschläge beider Fachleute kombinieren. Therapeut und Psychiater sind keine Konkurrenten, sondern Ergänzungen zueinander.

Vielleicht mal zur Begriffsabklärung:

Der Psychotherapeut ist jemand, der Psychologie studiert hat. Er kennt eine Menge Techniken, mit denen man sein Unterbewusstsein austricksen kann, wenn es einem einen Streich spielt. Er ist zudem sowas wie ein studierter Seelsorger, kann auch häufig recht gut seelische Krankheiten erkennen. Allerdings kann der Therapeut keine Medikamente verschreiben.

Der Psychiater ist ein studierter Mediziner. Er hat in einem Großteil seines Studiums das Gleiche gelernt, wie Dein Hausarzt. Irgendwann hat er sich dann auf Krankheiten/Störungen spezialisiert, die auf das Nervensystem, namentlich auf die Hirnfunktionen wirken.

Der Psychiater ist im Wesentlichen dafür da, wenn es um die Verschreibung von Medikamenten geht. Das kann nämlich nur ein Mediziner machen und bei psychischen Medikamenten ist der Psychiater der richtige Facharzt. Auch bei konkreten Diagnosen ist ein Psychiater zuweilen die genauere Adresse, da nur der Psychiater z.B. Bluttests bei Verdacht auf Testosteron-Mangel (manchmal Ursache für Depressionen bei Männern) durchführt. Der Therapeut als nicht-Mediziner analysiert keine Körperflüssigkeiten des Patienten.

Ob man letztlich beim Therapeuten oder beim Psychiater anfängt, ist letztlich Geschmackssache. Berührungsängste sind weder beim einen noch beim andern angebracht und beide stehen unter absoluter Schweigepflicht.

Vielleicht nimmt es auch manch einem die Angst, wenn man hier die Regel erwähnt, dass jeder, der freiwillig in psychiatrische Behandlung geht, diese auch freiwillig wieder einstellen kann. Die psychiatrische Zwangseinweisung gibt es nur bei massiver Fremd- oder Eigengefährdung. Manche haben ja Angst, dass sie in der Psychiatrie eingesperrt werden, wenn sie auf einen Psychiater ein wenig "spinnert" wirken. Das ist allerdings absoluter Quatsch.

Speziell bei Depressionen soll eine Kombination aus Pharma- und Psychotherapie die besten Ergebnisse bringen. Bei manchen Leuten hilft auch die Psychotherapie alleine, bei anderen reichen auch die Medikamente an sich aus. Am Klügsten ist es aber, beide Wege gleichzeitig zu gehen. Dabei sollte man sich ausgiebig mit den empfohlenen Medikamenten auseinandersetzen, allerdings veraltete Vorurteile über Bord werfen, die leider sogar bei einigen Beratungsstellen kursieren.

Depressionen werden heute jedenfalls nicht mit Drogen kuriert und ein ärztlich verordnetes Antidepressivikum ist auch kein Einstieg in die Tablettensucht. Wer antidepressive Medikamente grundsätzlich als "Drogen" abtut (wie zwei Heilpraktiker, die ich besucht hatte und eine kirchliche Beratungsstelle, die meine Mutter konsultierte), weiss schlichtweg nicht, was er da redet.

Mein Tip: Ziehe bei beiden einen Besuch in Erwägung. Wie schlimm die Depression ist, zeigt sich dann noch. Und Du hast nicht die Wahl zwischen Psycho- und Medikamententherapie, sondern Du kannst beide Wege gleichzeitig gehen.

[otterchen]

Hallo Kristal,

hier auch für Dich ein Link:
http://deprifahrplan.jimdo.com/
Die Seite ist hier aus dem KND von Betroffenen erstellt worden und soll beim Einstieg in die Thematik helfen.
Vielleicht kannst Du etwas damit anfangen.

Ansonsten kann ich dem Erdgespenst nur zustimmen.

[wütend]

Kleine Ergänzung von mir:

>>Der Psychotherapeut ist jemand, der Psychologie studiert hat.<<

Ein Psychotherapeut ist jemand der Psychologie oder Medizin studiert und zusätzlich eine Ausbildung in Psychotherapie durchlaufen und abgeschlossen hat.

[Nico Niedermeier]

Da hat der Parson absolut Recht...
Beste Grüße
N. Niedermeier