Können zwei Depressive eine (glückliche) Beziehung führen?

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heike44
Beiträge: 20
Registriert: 15. Jul 2011, 14:50

Können zwei Depressive eine (glückliche) Beziehung führen?

Beitrag von heike44 »

Hallo liebe Mitstreiter,

mit beschäftigt folgendes Problem (oder vielleicht mache ich es auch nur zu einem):

Mein Freund & ich lernten uns Anfang des Jahres in der Klinik kennen (er Zwangserkrankung & Depressionen, ich schwere Depression). Inzwischen geht es mir wieder gut, ich bin in Therapie, arbeite & finde Stück für Stück wieder zurück ins Leben. Keiner von uns beiden hätte je gedacht, sich wieder zu verlieben, schon gar nicht in der Klinik, es war nun aber so & es geht uns sehr gut damit. Mein Freund ist seit Anfang der Woche in einer Tagesklinik & hatte gestern sein erstes Therapiegespräch...
& der Therapeut äußerte, es stehe *so einer Beziehung* sehr sekeptisch gegenüber...
& jetzt frage ich EUCH, warum sagt er so etwas ... er kennt weder uns noch unsere Beziehung & gibt damit nur Unsicherheit einen Nährboden ....
Ich bin wütend und diese Wut macht mich gerade mehr als hilflos ....
St.Ch
Beiträge: 29
Registriert: 30. Aug 2011, 10:54

Re: Können zwei Depressive eine (glückliche) Beziehung führen?

Beitrag von St.Ch »

Liebe Heike,

ich sehe das folgendermaßen: Wenn du davon überzeugt bist (und dein Freund auch), dass es mit euch klappt, dann lasst euch nciht dazwischen quatschen. Es ist eure Beziehung und nur eure. Natürlich darf der Therapeut seine Meinung äußern, aber du solltest deswegen nicht an euch zweifeln.
Soweit meine Meinung dazu

LG Kaya
Rede, damit ich dich sehe (Sokrates)
FrauRossi
Beiträge: 3165
Registriert: 2. Jul 2011, 11:23

Re: Können zwei Depressive eine (glückliche) Beziehung führen?

Beitrag von FrauRossi »

Hallo,

sieh es mal so: wir werden depressiv weil wir maches " falsch" gelernt haben und dadurch auch manches "falsch" machen.

Aber machen alljene die nicht depressiv sind alles "richtig"?

Der Therapeut ist dazu da uns bei den Sachen zu helfen mit denen wir nicht klar kommen. Er sollte uns nicht reinreden bei den Sachen mit denen wir klar kommen!

Wenn du und dein Freund glauben es ist gut für euch, dann ist es das auch! Punkt.

Und die Antwort auf deine Frage lautet:

JA!!!! Siehe FrauRossi und Herr Wundervoll

LG FrauRossi
anna54
Beiträge: 3713
Registriert: 14. Sep 2010, 15:08

Re: Können zwei Depressive eine (glückliche) Beziehung führen?

Beitrag von anna54 »

Hallo liebe Heike
ich glaube viele Therapeuten und Ärzte sehen zu viele "eilig" geschlossenen Beziehungen scheitern,neue große Probleme entstehen und wollen einfach keine zusätzlichen Komplikationen.
Zudem kommen Leidensgemeinschaften sehr häufig
zu falschen Erwartungshaltungen.Es gibt auch das Phänomen während einer Krankheitsphase gute Freundschaften zu schließen,die sich aber nach längerer Gesundphase nicht halten lassen.
Viel Enttäuschungen führen dann oft zu weiteren Krankheitseinbrüchen.

Aber ihr habt doch jedes Recht der Welt,eure Beziehung zu leben,zu schützen,nur ihr beiden könnt beurteilen,was euch verbindet.
Ich selbst bin 30Jahre verheiratet,und habe auch erlebt,wie meine Ärztin mir riet,mich zu trennen,nur weil unsere Ehe schwierig war und ist.

Beziehungen,Liebe gibt es nie ohne Schmerzen und Bewährungen,lasst euch nicht euer Glück stehlen,alle guten Gefühle heilen die Seele,keiner hat das Recht euch Angst zu machen.

Ich wünsche euch alles Glück dieser Welt.
anna54
ghm
Beiträge: 1665
Registriert: 25. Dez 2010, 12:38

Re: Können zwei Depressive eine (glückliche) Beziehung führen?

Beitrag von ghm »

Hallo heike,

für den Therapeuten besteht die "Gefahr", dass Ihr Zwei Euch "auf den Anderen verlasst", Euch gegenseitig eure Schwächen auszugleichen.

Dann würdet Ihr aber nicht mehr an Euch arbeiten, sondern "Lückenfüller" für den Anderen.

Dann ist es sehr wahrscheinlich, dass die Beziehung an diesem "für den Anderen dasein und nicht an/für sich arbeiten" irgendwann zerbricht.

Danach ist die Gefahr größer, dass beide (Ex)Partner einen neuen depressiven Schub erleiden und, weil sie nicht an sich arbeiteten, sondern sich auf den Anderen verliessen, weiter in Ihrer "Entwicklung" zurückfallen.
~~ Göttin, lass es Hirn vom Himmel regnen (und nimm den Menschen die Regenschirme weg) ~~
heike44
Beiträge: 20
Registriert: 15. Jul 2011, 14:50

Re: Können zwei Depressive eine (glückliche) Beziehung führen?

Beitrag von heike44 »

Liebe Kaya, liebe FrauRossi, liebe Anna, lieber Gregor,

vielen Dank für Eure Antworten, ich habe sie sehr genau gelesen & muss jetzt verarbeiten. ich habe zunächst für mich festgestellt, dass der Eintritt in dieses Forum gut für mich war, auch wenn ich erst meine Zweifel hatte. Aber genau für solche Situationen wie diese, passt es & ich bin froh hier zu sein & dass mir die Möglichkeit gegeben wird, so über meinen *Tellerrand* zu schauen & Hilfe anzunehmen.

Danke ...
lernfee
Beiträge: 19
Registriert: 27. Aug 2011, 14:36

Re: Können zwei Depressive eine (glückliche) Beziehung führen?

Beitrag von lernfee »

Liebe Heike,

ich sehe zwar auch die Probleme, die mein Vorredner anspricht. Es wird sicher schwierig, wenn man sich nur aneinander klammert und total auf den Partner verlässt.
Doch diese Gefahr besteht genauso in einer Beziehung unter "gesunden Partnern".

So ist es einfach unerlässlich für jeden der Partner, gezielt an sich weiter zu arbeiten und eigene soziale Kontakte zu haben.

Aber wenn ich mir dessen bewusst bin und mich um meine Eigenständigkeit bemühe, dann kann es sehr wohl auch mit einer guten Partnerschaft klappen. Ich denke, ich weiß durch eigene Erfahrungen wovon ich rede und merke, dass meine neue Partnerschaft mich sehr glücklich macht und mein Leben eindeutig bereichert und wieder lebenswert macht.

Leiden beide Partner an einer Depression besteht aus meiner Sicht oft ein ganz anderes Verständnis für den Partner. Die Gesunden hingegen können Vieles oft eher nicht so recht nachempfinden. Vielleicht bestünde in einer Partnerschaft mit einem psychisch völlig gesunden, starken Partner auch das Risiko, sich als kranker, schwächerer Partner dem Anderen unterzuordnen. Das wäre etwas, vor dem ich Angst hätte und es würde mir auch meine "Schwäche" ständig vor Augen führen.

Ich wünsche Dir den Mut, es selber für Dich herauszufinden, ob es Dir und auch Deinem Partner gut tut. Das ist es doch, was zählt. Die Meinung meines Therapeuten, der am Anfang auch kritisch war, habe ich versucht, etwas außer Acht zu lassen und selber in mich hinein zu hören und das war auch gut so. Schließlich lebe ich mein Leben und nicht er. Inzwischen freut mein Therapeut auch richtig über mein neues Glück nach so vielen Jahren der Einsamkeit.

Traue Dich also ruhig, etwas Neues zu probieren. Jeder Mensch ist doch eigentlich der Fachmann für sich selbst, also vertraue Dir ruhig.

Herzliche Grüße

vergissmeinnicht
Nichts ist gut oder schlecht an sich.
heike44
Beiträge: 20
Registriert: 15. Jul 2011, 14:50

Re: Können zwei Depressive eine (glückliche) Beziehung führen?

Beitrag von heike44 »

Liebe Vergissmeinnicht,

Dir ebenfalls vielen Dank für Deine Gedanken ...

Mein Therapeut war bei diesem Thema zurückhaltend, hat gefragt, ob es mir damit bzw. dabei gut geht & mir Mut zugesprochen. (ok, Probleme kommen auch von allein). Und ja, es geht mir/uns gut. Der Umgang miteinander ist in dieser Beziehung ganz anders, meine Erwartungshaltung eine ganz andere. Ich bin bestrebt, das Erworbene aus der Therapie & Klinik anzuwenden oder einzusetzen. Und unsere Gespräche sind viel intensiver, was nicht bedeutet, nicht auch mal völlig sinnfreies von sich zu geben *lach* ....

Wahrscheinlich fühlte ich mich persönlich durch diese Äußerung angegriffen und konnte mich nicht genug distanzieren...
wennfrid
Beiträge: 799
Registriert: 15. Feb 2010, 08:01

Re: Können zwei Depressive eine (glückliche) Beziehung führen?

Beitrag von wennfrid »

Hi Heike
Ich denke, daß jede Beziehung gut oder nicht gut funktionieren kann. Entscheidend ist doch, daß die Betroffenen miteinander ehrlich und in einer respektvollen Art und Weise miteinander umgehen. So kann jede Beziehung funktionieren oder scheitern, es liegt an den Betroffenen!
Viel Kraft und Energie

Fridolin
Phosphor
Beiträge: 194
Registriert: 5. Dez 2010, 14:19

Re: Können zwei Depressive eine (glückliche) Beziehung führen?

Beitrag von Phosphor »

Liebe Heike,

jeder Mensch ist anders und es gibt keine zwei Beziehungen, die sich komplett gleichen.

Deshalb bitte ich das Folgende als meine individuelle Erfahrung zu lesen, die keine Rückschlüsse auf *alle* derartigen Beziehungen zulässt, aber dennoch das Gesamtbild um ein Mosaiksteinchen ergänzt:

Ich bin kurz vor dem akuten Ausbruch einer längeren depressiven Phase eine Partnerschaft mit einer IMHO ebenfalls erkrankten Person eingegangen (wurde nie diagnostiziert, im Gegensatz zu meiner Erkrankung). Das gemeinsame Empfinden hat uns sehr eng zusammegeschweißt ("wir gegen den Rest der Welt" , aber im Verlaufe meiner Therapie und meiner Gesundung wurde die Beziehung zusehends brüchiger. Noch sehr lange habe ich versucht, sie zu kitten und zu retten. Leider muss ich sagen, dass es a) nicht gelungen ist, und b) es mich immense Kraft gekostet hat und meinen Gesundungsprozess sehr verzögert hat.

Ich finde es sehr ermutigend, dass ihr beide mit professioneller Unterstützung an Eurer Erkrankung arbeitet. Da habt Ihr mehr Glück als ich. Ich kann mir auch vorstellen, dass der Therapeut sich erst nach mehreren Sitzungen ein rundes Bild von eurer Beziehung machen kann. Mal sehen, was er dann sagt.
3993
Beiträge: 22
Registriert: 6. Jun 2011, 21:25

Re: Können zwei Depressive eine (glückliche) Beziehung führen?

Beitrag von 3993 »

Liebste,

ich bin seit 1 1/2 Jahren mit jm zusammen, der unter schlimmer Depression leidet. Am Anfang dachte ich auch, was ist wenn wir uns gegenseitig runterziehen?
Und dann habe ich gemerkt, dass ich mit einem "normalen, gesunden" Menschen keine Beziehung führen könnte. Meine Phasen und Verhaltensweisen kann nur er nachvollziehen, verstehen und mich unterstützen. Jeder andere hätte schon längst das Weite gesucht. Ich verstehe ihn ohne Worte und er mich. Das gibt es so nicht bei jemand andrem.

Ich würde mich NIE und nimmer auf die Worte eines Psychiaters oder Psychologen stützen. Ich habe bis jetzt auf mein Bauchgefühl und mein Herz gehört - wenn du glücklich bist und er dir gut tut, was zählt dann ob ihr beide eine "gemeinsame Krankheit" (so bezeichne ich es mal, mir fällt spontan kein anderer Begriff ein) habt. Außerdem kann ein Psychiater / Psychologe dir nie sagen,w as richtig ist sofern er nicht selber durch solch eine Krankheit gegangen ist. Er kann dir nicht sagen wie du dich verhalten sollst, weil er nicht ads fühlt was du fühlst.

Ich wünsche dir und deinem Partner von Herzen alles Gute und lasst euch nicht von dritten davon abbringen es miteinander zu versuchen!
dienstag
Beiträge: 71
Registriert: 24. Aug 2011, 11:50

Re: Können zwei Depressive eine (glückliche) Beziehung führen?

Beitrag von dienstag »

Hallo Heike44,

ich stecke gerade in einer ähnlichen Situation und möchte auch noch meinen Senf dazu geben.
Ich habe auch in der Klinik einen Mann kennengelernt, wir sind (noch)kein Paar, aber da ist was,wir treffen uns usw., was mich an diese Beziehung glauben läßt,ist, dass kaum ein anderer Mann das je verstehen könnte, wie es manchmal in mir aussieht, er schon, denn bei ihm ist es nicht anders, ich habe auch Angst, dass man sich evt zu sehr runterzieht, aber ich glaube und hoffe schon, dass wir unseren Gefühlen trauen können.Alles Gute für dich
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