Möchte mich kurz vorstellen

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Monchichi
Beiträge: 9
Registriert: 20. Jul 2011, 09:55

Möchte mich kurz vorstellen

Beitrag von Monchichi »

Guten Abend zusammen,

ich freue mich sehr, dass ich dieses Forum gefunden habe. In den letzten Tagen habe ich schon einige Beiträge gelesen und bei beinahe jedem zustimmend genickt.

Kurz etwas zu mir. Ich bin 34, weiblich, lebe in einer Beziehung, arbeite und habe im Grunde ein völlig normales Leben. Bis auf die Tatsache, dass vor einigen Wochen erneut die Diagnose Depression ausgesprochen wurde und ich mal wieder total in den Seilen hänge.

Ich hatte vor einigen Jahren schon einmal eine schlimme Krise, in der es mir wahnsinnig schlecht ging. Damals ging ich erst zum Arzt, als ich anfing, über Suizid nachzudenken. Dieses mal habe ich eher reagiert und versuche nun, mit Tabletten wieder in eine gesündere Balance zu kommen.

So vieles von dem, was ich hier schon gelesen habe, quält mich auch. Dieses immerwährende grundlose Traurigsein, die Schwere im Körper, die so lähmt. Das Taubheitsgefühl, die emotionale Ratlosigkeit gegenüber Menschen, die mir eigentlich wichtig sind. Und das Gefühl, mit diesem Problem so ganz allein zu sein, weil ich einfach niemandem erklären kann, was mit mir los ist. Ich liege oft nachts im Bett und heule mich in den Schlaf, sehe dann am nächsten Tag aus, als hätte ich im Boxring übernachtet. Und jeder Kollege spricht mich an und will wissen, was ich habe. Ich sei so still geworden, sähe so schlecht aus, lache nicht mehr. Und ich kann bzw. will nicht jedem gegenüber so offen sein und zugeben, dass ich krank bin.

Ich ziehe mich von vielen zurück, konzentriere mich nur noch auf wenige Menschen und selbst das überfordert mich nicht gerade selten. Meinen Haushalt kriege ich gar nicht mehr auf die Reihe, was dazu führt, dass ich mich selbst zu Hause nicht mehr wohlfühle. Aber ich kann mich ja nicht in Luft auflösen, muss es also irgendwie hinkriegen, zumindest einen Ort zu schaffen, an dem ich Ruhe und Ausgeglichenheit finde. Aber ich kriege es nicht hin.

Klar, es gibt auch Tage, an denen nicht alles schwer ist, aber die sind sehr selten zur Zeit. Mein Freund tut mir ein wenig leid, weil er ja auch unter der Situation leidet und mich so nicht kennt. Aber ich bin zu schwach, um ihn zu stärken, damit er mir helfen kann. Kann mir ja nicht mal selbst helfen.

Ich denke, Ihr versteht mich, und es fühlt sich gerade gut an, dieses Verständnis voraussetzen zu können.

Danke jedenfalls, dass ich hier einen Platz für die nächste Zeit finden kann.

Viele Grüße,
Monchichi
Es gibt kein Leben, außer man lebt es.
Mini1005
Beiträge: 35
Registriert: 17. Jul 2011, 22:10

Re: Möchte mich kurz vorstellen

Beitrag von Mini1005 »

Herzlich Willkommen hier in diesem Forum!
Ich bin auch erst seit vorgestern als "Schreiber" aktiv und habe vorher auch schon heimlich gelesen
Ich habe hier schon viele Informationen einfach nur durch das lesen erhalten und es tut unendlich gut zu merken, dass es noch andere Menschen gibt, die genauso empfinden...

Liebe Grüße
Nina
Emstaler
Beiträge: 26
Registriert: 5. Jul 2011, 18:22
Kontaktdaten:

Re: Möchte mich kurz vorstellen

Beitrag von Emstaler »

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Bitte hör nicht auf zu träumen , von einer besseren Welt .

Fang wieder an aufzuräumen ,bau sie auf wie sie dir gefällt .

-X.Naidoo-
Monchichi
Beiträge: 9
Registriert: 20. Jul 2011, 09:55

Re: Möchte mich kurz vorstellen

Beitrag von Monchichi »

Danke Euch beiden.

Das ist ein schönes Zitat von Naidoo - sehr treffend.

LG,
Monchichi
Es gibt kein Leben, außer man lebt es.
Monchichi
Beiträge: 9
Registriert: 20. Jul 2011, 09:55

Kann gerade nicht mehr...

Beitrag von Monchichi »

Guten Morgen Ihr Lieben da draußen.

Ich bin gerade mitten im Strudel und muss reden. Bzw. schreiben. Was für ein besch*** Tag.

Es ist mein erster Urlaubstag und er begann mit der Nachricht eines Freundes, dass er nicht mehr mit mir befreundet sein kann. Er ist ein Kollege, mit dem ich in den letzten Monaten eine intensive Freundschaft aufgebaut habe. Wir haben ganze Abende durchgechattet, teilweise über die Grenzen von Kollegialität und Freundschaft hinaus. Ich gestehe, dass ich ein wenig in ihn verknallt war/bin - und ich glaubte, dass es ihm auch so ging. Naja, ich war wohl der Thrill, den er im Leben suchte.

Er ist verheiratet, ich in einer Beziehung. Es ist außer Chats nicht passiert und ich glaube, dass es das auch nie wäre. Wie auch immer, seine Frau hat unseren letzten langen Chat gelesen und seitdem hatte er Streß zu Hause. Nun ist es so eskaliert, dass er, um seine Ehe zu beruhigen, mir die Freundschaft gekündigt hat. Per mail. Ich verstehe ihn und besonders verstehe ich seine Frau. An ihrer Stelle hätte ich nicht anders reagiert. Aber trotzdem bin ich gerade so unglaublich traurig.

Er war in den letzten Wochen, in denen es mir so schlecht ging, der einzige Mensch, der sich für mich so richtig und aufrichtig interessiert hat. Der mich gefragt hat, wie es mir geht. Der es geschafft hat, dass ich mal zeitweise nicht darüber gegrübelt habe, ob ich auf dieser Welt wirklich noch einen Platz habe. Er war nie ratlos, wenn ich geweint habe. Er ist nicht weggegangen, wenn ich nicht sagen konnte, was mich so umhaut. Er war einfach da und mir ein Freund. Und jetzt ist er weg und ich weine, wann immer ich kann, ohne mich vor meinem Partner rechtfertigen zu müssen.

Das Gefühl, dass meine gute Zeit ihm geschadet hat, macht mich zusätzlich fertig. Ich kann nichts tun, um es ihm und seiner Frau leichter zu machen. Ich kann nichts tun, um es mir leichter zu machen.

Ich hab keinen Freund mehr, ich hab einen Partner, der mit meiner Krankheit nicht umgehen kann und ich hab das Gefühl, gerade keinen Halt mehr zu finden. Ich, ich, ich... Meine Welt dreht sich wieder nur im Kreis und wieder nur um mich, ich versteh mich selbst gerade kein bisschen mehr.

Warum richte ich immer nur Chaos an? Warum kann ich nicht einfach mal mit dem zufrieden sein, was ich habe? Warum muss ich immer mit Anlauf in die nächste Katastrophe rasen? Und warum tue ich ständig Dinge, von denen ich weiß, dass am Ende ich diejenige bin, die nachts rumsitzt und heult, obwohl ich einfach mal NEIN sagen könnte. Ich kriegs nicht hin. Ich krieg dieses beschissene Leben einfach nicht hin.

Bei anderen scheint es so einfach. Sie treffen eine Entscheidung und leben damit und alles ist fein. Und ich schlittere rum, kann mich nicht festlegen, erwarte immer noch mehr und komme vor lauter Wollen nicht zum Tun. Und wenn ich mal was tue, dann garantiert etwas, was mich wieder Meilen zurückwirft.

Verstehe mich nicht. Kein bisschen...
Es gibt kein Leben, außer man lebt es.
FrauRossi
Beiträge: 3166
Registriert: 2. Jul 2011, 11:23

Re: Möchte mich kurz vorstellen

Beitrag von FrauRossi »

Guten Morgen Monchichi,

ich kann dir kein einziges deiner Warum's beantworten, nur mich virtuell zu dir setzen und dir den Kopf streicheln bis der Sturm sich legt.

LG FrauRossi
Reve
Beiträge: 753
Registriert: 4. Jun 2008, 17:35

Re: Möchte mich kurz vorstellen

Beitrag von Reve »

Hi Monchichi,

>Bei anderen scheint es so einfach. Sie treffen eine Entscheidung und leben damit und alles ist fein

Du, ich kenn viele, bei denen das auch nicht einfach ist. Die sich mit Fragen geradezu quälen. Die immer überlegen, wie „es“ beim anderen ankommen könnte. Das ist ja auch charakterlich bedingt...

>Das Gefühl, dass meine gute Zeit ihm geschadet hat, macht mich zusätzlich fertig. Ich kann nichts tun, um es ihm und seiner Frau leichter zu machen.

Musst du auch nicht. Mach dich nicht fertig, da gehören mindestens 2 dazu und überhaupt, warum soll chatten verboten sein. Das muss eine Beziehung schon aushalten… meine Meinung… das kann ja sogar auch mal belebend wirken (ich hatte übrigens auch eine Zeitlang mit einem ehemaligen, wieder getroffenen Arbeitskollegen gemailt,mein Mann wusste das,… das ging in Ordnung…)

Dass du jetzt den Freund im Moment verloren hast, ist schlimm, würde mir auch so gehen. Ich würde da jetzt aber nicht zu sehr in die Zukunft sehen ... schieb den Gedanken wenn irgendwie möglich weg … schwierig ich weiß…

Wichtig wäre jetzt das Heute und Hier, der Urlaub….
Was könntest du aktuell tun, um dich zu stabilisieren???

Du hast doch geschrieben, dass du vor ein paar Jahre Medikamente genommen hast. Könntest du nicht da wieder ansetzen. Dass du besser schlafen kannst, ausgeruhter bist, entsprechend fitter,…. Vielleicht könntest das Laufen beginnen, oder nur regelmäßige Spaziergänge, den Tag gleich mit einer Wechseldusche starten, kleine Rituale festlegen, das wirkt sich stabilisierend aus....

Hast du schon mal über therapeutische Begleitung mittelfristig gesehen nachgedacht, wäre vielleicht auch nicht so schlecht… gerade um solche Dinge wie Nein-sagen zu besprechen….

Das wäre es soweit von mir, gute Besserung!

LG, Carin
Monchichi
Beiträge: 9
Registriert: 20. Jul 2011, 09:55

Re: Möchte mich kurz vorstellen

Beitrag von Monchichi »

Hallo Ihr Zwei,

lieben Dank für Eure Antworten. Der Sturm legt sich nur zeitweise. Eigentlich nur, wenn er muss. Er muss, wenn mein Freund da ist. Weil ich ihm nicht sagen kann, dass und warum es mir schlecht geht.

Konnte heute mit einer Freundin reden, die ähnliche Probleme hat wie ich. Für einen Moment hat mich das aufgebaut, aber jetzt sitze ich wieder hier und die Gedanken kreisen. Ich werde aggressiv, kein gutes Zeichen. Ich mache das Gesicht meiner Stiefmutter, das sie immer machte, wenn sie ausbrach wie ein Vulkan. Ich hab keine Kontrolle mehr. Und ich will nicht, dass es mir so geht.

Derzeit nehme ich Opipramol. Vielleicht sollte ich mit meinem Arzt reden, ob er mir etwas anderes geben kann. Eine neue Therapie wäre sicher auch keine schlechte Idee. Seit der letzten sind so viele Dinge, die ich nicht verarbeiten kann... Mein Opa starb, meine Oma hat sich erhängt, kurz danach entführte mein Vater meinen Bruder mit dem Ziel, sich und ihm das Leben zu nehmen (hat er Gott sei dank nicht vollendet), dann die harte Trennung und Scheidung von meinem Ex-Mann, nun die Beziehung mit einem Mann, der auch keine Stärke hat, um mich in Zeiten wie diesen halten zu können. Und zu guter Letzt immer wieder die Frage, warum das alles. Ich glaube, dass viele Menschen ein schlimmeres Schicksal haben, aber ich komme mit meinem Mini-Schicksal gerade nicht ins Lot.

Die Dinge, die mir Spass machen, sind mir im Moment herzlich egal. Ich überlege eigentlich nur, was ich tun kann, damit irgendwer merkt, wie bescheiden es mir geht. Sagen kann ich es nicht, weil ich es immer noch nicht erklären kann. Die Sache mit meinem Kollegen ist dumm gelaufen und sicher nur Katalysator, aber nicht Auslöser. Den kenne ich nicht. Und würde ich ihn kennen, wüßte ich keinen Weg, ihn abzuschaffen.

Entschuldigt, dass ich so wirr schreibe, ich kann gerade nicht geradeaus denken.
Es gibt kein Leben, außer man lebt es.
Schwert10
Beiträge: 257
Registriert: 9. Mär 2011, 15:50

Re: Möchte mich kurz vorstellen

Beitrag von Schwert10 »

Hi Monchichi,
HalloH?????????
Wie kommst du darauf, daß jemand mit solchen Ereignissen in der Familie alles einfach so wegstecken kann? oder überhaupt können muß?
Mach dich doch nicht so fertig! Mal ganz davon abgesehen, daß sich niemand rechtfertigen muß, eine Depression zu haben, finde ich, daß du eine ganz schöne Last zu tragen hast mit dem , was in deiner Familie vorgefallen ist. Ich war wirklich erschrocken...
liebevolle Grüße wakora
Das Leben ist wertvoll

ob es nun strahlend ist wie ein diamant

oder dunkel wie kohle

beide sind aus demselben stoff.
FrauRossi
Beiträge: 3166
Registriert: 2. Jul 2011, 11:23

Re: Möchte mich kurz vorstellen

Beitrag von FrauRossi »

Hallo Monchichi,

auch von mir ein fettes "HAAALLOOHO"!!!
Für andere wäre nur ein Teil deiner Geschichte mehr als sie aushalten könnten.

Deine Erlebnisse sind gewaltig! Du bist zweifelsfrei sehr stark, wenn du all das aushälst. Aber jetzt ist Zeit an dich zu denken. Ein Therapiewechsel schreibst du. Was machst du denn für eine Therapie?

Ich kann dir wieder nicht helfen, nichtmal mit Anlaufstellen oder Beratungsstellen, aber die gibt es bestimmt. Ich wünsche dir daß es hier jemanden gibt der besser Bescheid weis als ich. Der dir Tipps geben kann.

Aber du must dich nicht rechtfertigen für deine Drpression!!!

Der eine Mensch wird depressiv weil er seine Lieblingsbriefmarke verliert.
Der andere Mensch wird depressiv wenn er eine Geschichte wie du hat.
Da gibt es keine Bewertung! Beiden Menschen geht es schlecht! Basta! Wieso weshalb warum, spielt nur für den Betroffenen eine Rolle.

Hat deine Oma einen Abschiedsbrief hinterlassen? Hat dein Vater etwas zu seinen Motiven erklärt?

Schreib wann immer du kannst. Du musst auch nicht Antworten. Ich bin hier und lese dich!

Ich wünsche dir gaaaanz viel Kraft.

LG FrauRossi

p.s. Eine Therapie kann dir bestimmt helfen und ich vermute auch eine Selbsthilfegruppe für Angehörige von Selbst-aus dem Leben scheider.
julcas
Beiträge: 569
Registriert: 11. Mär 2011, 17:57

Re: Möchte mich kurz vorstellen

Beitrag von julcas »

Hallo Monchichi,

auch ich finde das du eine enorme Last zu tragen hast. Das ist kein Minischicksal. Du bist stark. Du hast dieses Forum gefunden und bist auf der Suche nach Hilfe.
Ich bin nicht betroffen, "nur angehörig". Dieses Forum hilft mir sehr diese verflixte Krankheit wenigstens teilweise zu verstehen und nicht am Leben zu verzweifeln. Ich wünsche dir das du ganz viel Hilfe findest und das Erlebte verarbeiten kannst, damit es dir wieder besser geht.

LG julcas
Monchichi
Beiträge: 9
Registriert: 20. Jul 2011, 09:55

Re: Möchte mich kurz vorstellen

Beitrag von Monchichi »

Ihr Lieben,

Ihr glaubt nicht, wie sehr Ihr mir gerade helft. Es tut so unheimlich gut, verstanden zu werden. Ich will versuchen, Eure Fragen so gut wie möglich zu beantworten.

Meine erste Therapie machte ich vor einigen Jahren, weil ich nicht mit meinen Kindheitserlebnissen fertig wurde. Meine Eltern ließen sich scheiden, als ich zwei Jahre alt war, mein Vater nahm mich mit in eine neue Ehe. Meine Stiefmutter hat mich sieben Jahre lang regelmäßig verprügelt, seelisch mißhandelt, in jeder ihr möglichen Art traktiert. Dann zog ich zu meinen Paten. Dort Konkurrenzkampf mit deren Kindern, ständige Suche nach Anerkennung, die ich nicht bekam. Mit 16 bin ich dort rausgeflogen, zwei Wochen vor meinem Schulabschluß. Habe dann für ein paar Wochen bei meinem Vater und seiner neuen Frau gewohnt, bis ich aus Geldgründen auch dort wieder weggehen musste. Die nächsten Jahre habe ich immer für Wochen oder Monate bei Freunden gewohnt, aber immer nur akzeptiert - bestenfalls als die "gute Tat" meiner Beherberger.

Mit 18 habe ich angefangen, Drogen zu nehmen. Wollte meinen Kopf nicht mehr hören, meinen Körper nicht mehr spüren. Alles einfach mal vergessen können. Hat soweit auch geklappt, bis ich fast meinen Ausbildungsplatz verloren hätte. Dann totaler Entzug mit den ersten schlimmen Depressionen. Als ich anfing, darüber nachzudenken, ob es wohl weh tut, wenn ich aufpralle oder der Zug mich trifft, wusste ich, dass ich entweder jetzt oder nie wieder etwas machen kann. Also habe ich mir eine Therapeutin gesucht.

Die nächsten Jahre gingen dann ganz gut. Klar hatte ich immer mal wieder schwache Tage, aber die habe ich durch das, was ich in der Therapie gelernt hatte, ganz gut überstanden.

Als es in meiner Ehe zu kriseln begann, habe ich wieder mit Drogen und Alkohol angefangen. Hat zeitweise dafür gesorgt, dass ich taub genug war, auszuhalten, wie mein Mann war. Als das nicht mehr reichte, habe ich angefangen, mir nach dem Essen den Finger in den Hals zu stecken. Klappte super, ich fühlte mich wieder viel besser. Von Größe 42 auf 36 in sechs Monaten.

Dann kam der Tag, an dem mein Vater anrief und sagte, dass meine Oma gestorben sei. Die Welt geriet völlig aus den Fugen, weil nur wenige Wochen zuvor mein Opa an den Folgen eines Schlaganfalls gestorben war. Am nächsten Tag rief mein Vater wieder an und erzählte von dem Brief, den Oma hinterlassen hatte. Ich begriff zuerst gar nichts und schrie nur immer wieder "Was für ein Brief?" Erst da erzählte er mir, das Oma sich im Türrahmen mit einer Wäscheleine erhängt hatte. Sie schrieb in ihrem Brief, dass sie Angst hätte, von der Familie in ein Altenheim abgeschoben zu werden und dass sie nun zu ihrem Heinz (Opa) gehen würde. Mein Vater hatte sie gefunden und ist seitdem ein seelisches Wrack. Er hat furchtbar viel getrunken in der Zeit und immer wieder gedroht, sich das Leben zu nehmen. Erst als ich zusammenbrach und ihm sehr deutlich gesagt habe, dass ich ihm nicht helfen kann, dass er sich professionelle Hilfe suchen muss, kam er wieder einigermaßen in die Spur. Er hat bis heute keine Therapie gemacht, obwohl ich glaube, dass er sie immer noch dringend braucht.

Irgendwann vor dieser Zeit hatte sich seine langjährige Freundin von ihm getrennt und er hatte große Angst, dass er seinen Sohn, den er mit ihr hatte, nie mehr sehen dürfe. Das war der Grund, weshalb er mit ihm durchgebrannt ist und mit ihm aus dem Leben gehen wollte. Ich weiß gar nicht mehr, warum er es nicht getan hat, wahrscheinlich hatte er irgendwann einen hellen Moment und ihm ist die Unsinnigkeit seines Vorhabens klar geworden.

Meine Eltern sind beide depressiv, meine Mutter war schon mehrfach zu Therapien in Tageskliniken. Aber diese Aufenthalte helfen ihr immer nur zeitweise.

Wisst Ihr was? Während ich so schreibe, wird mir etwas klar: Ich habe eine Sch***angst davor, dass mein Leben so werden wird wie das meiner Eltern. Immer von der Krankheit bestimmt, immer irgendwie betäubt durch die Tage gehen zu müssen. Und immer auf der Suche nach dem einen Menschen, der in der Lage ist, mich aus diesem Sumpf zu ziehen. Meine Eltern waren mehrfach verheiratet und sind immer wieder geschieden worden. Normal ist das doch nicht, dass auch ich es nie schaffe, langfristig in einer Beziehung glücklich zu sein, oder?

Im Moment mache ich keine Therapie, ich nehme nur auf Anordnung meines Arztes die Tabletten. Meistens reicht das auch, aber an manchen Tagen schlittere ich trotz Medikation nur rum. Ich werde also Anfang nächster Woche zum Doc gehen und mir eine Überweisung für einen Therapeuten geben lassen und dann bei der Krankenkasse um Bewilligung einer neuen Therapie bitten. Ich werde außer Euch niemandem davon erzählen, ich mache das jetzt nur für mich.

Das war eine Menge Text jetzt, ich bin nicht böse, wenn das keiner lesen mag. Aber es hat mir gut getan, dass mal runterzuschreiben.

Danke Euch für´s dasein!!!
Ich geh jetzt mal meine Lieblingsbriefmarke suchen.

Euch von Herzen liebe Grüße,
Monchichi
Es gibt kein Leben, außer man lebt es.
Schwert10
Beiträge: 257
Registriert: 9. Mär 2011, 15:50

Re: Möchte mich kurz vorstellen

Beitrag von Schwert10 »

Danke für die Offenheit, mit der du uns deine Geschichte erzählt hast, monchichi.

Du wirst nicht das Leben deiner Eltern wiederholen müssen, wenn dir klar wird, daß niemand außer dir selbst und professionelle Helfer dich aus dem Sumpf kriegen. Und auf dich mußt du nicht mehr warten - Du bist da, auch wenn es dir manchmal nicht so vorkommt.

herzliche grüße und ein Kraftpaket von
wakora
Das Leben ist wertvoll

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oder dunkel wie kohle

beide sind aus demselben stoff.
Monchichi
Beiträge: 9
Registriert: 20. Jul 2011, 09:55

Re: Möchte mich kurz vorstellen

Beitrag von Monchichi »

Mir geht´s gerade so unglaublich schlecht...
Meine Mutter, die Frau, auf die ich so viele Jahre meines Lebens habe verzichten müssen, warf mir vor wenigen Minuten vor, sie total zu enttäuschen. Weil ich unsere Verabredungen immer verschiebe. Und weil mir die Familie meines Freundes wichtiger sei als sie. Sie sei nun auch psychisch krank und solche Ereignisse bräuchte sie nicht. Sie verabredet sich nun nicht mehr mit mir, um sich vor weiteren Enttäuschungen zu schützen. SIE IST MIT DER GRUND, warum ich bin wie ich bin. Verdammt noch mal, ich weiß nicht, ob ich traurig oder wütend sein soll.
Es gibt kein Leben, außer man lebt es.
FrauRossi
Beiträge: 3166
Registriert: 2. Jul 2011, 11:23

Re: Möchte mich kurz vorstellen

Beitrag von FrauRossi »

Hallo Monchichi,

Du bist schon da! Du Must nicht auf den einen Menschen warten der dich aus dem Sumpf zieht. Das machst du doch grad selbst!

Du schreibst hier, du gehst zum Arzt, du suchst dir einen Therapeuten.

Du bist so stark! Daß du das alles tust. Und was du schon getan hast. Du hast Überlebt, deine ganze Kindheit und Jugend. Du hast dich nicht mit dem Zug getroffen. Du hast dich von den Drogen befreit. Und such von der Bulemie?

Du bist nicht wie deine Eltern! Du tust etwas! Du trägst keine Schuld! Du hast ein Recht auf dein eigenes Leben.

Und wenn deine Mutter dir jetzt Vorwürfe macht. Dann lass sie damit stehn! Das ist ihr Problem, nicht deines! Du kannst ihr die Meinung sagen, aber du weißt so gut wie ich, daß es sinnlos ist. Sie wird dich nicht verstehen, dich nicht hören wollen, weil sie dazu auf sich selbst schauen müsste und das kann sie, können viele Menschen nicht. Sie hat wohl ihre eigene Geschichte. Aber das ist ihr Problem nicht deines. Du kannst Dinge nicht für deine Eltern lösen.

Aber du kannst etwas für dich tun! Du bist auf dem richtigen Weg. Die Medis helfen dir jetzt und langfristig wird dir die Therapie helfen. Du wirst dich eines Tages wieder gut fühlen. Und weißt du was? Du darfst das!

Ich weiß es ist schmerzhaft, aber deine Eltern werden nie die idealen Eltern sein die du dir wünscht. Daher brauchst du auch nicht die ideale Tochter sein!

Du schaffst das und du machst es richtig. Ich weiß es ist scheiß hart. Aber nur du zählst.

LG FrauRossi
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