Als gehörte ich dort nicht hin...

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aquamarin
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Registriert: 2. Jul 2011, 19:14

Als gehörte ich dort nicht hin...

Beitrag von aquamarin »

Hallo @all,

kennt jemand von euch auch dieses Gefühl, sich nicht am richtigen Platz im Leben zu befinden?

Ich merke im Moment sehr stark, dass ich vieles tue und sage und denke, einfach weil es das Gewohnte ist - aber es fühlt sich irgendwie nicht richtig an. Als gäbe es in mir eine Seite, die an meinem jetzigen Lebensstandpunkt nicht zur Geltung kommt, die aber eigentlich gehört werden möchte.

Zum Beispiel geht mir oft die Oberflächlichkeit unserer Welt auf den Geist. Ich würde lieber tiefsinniger, irgendwie ruhiger, mit intensiverem Gefühl leben können... Das bekomme ich aber nicht hin, weil schon der Gedanke daran auch wieder fremd ist und ich dann sofort in Sorge gerate, was ich dadurch alles verpassen könnte und vor allem, was das für Veränderungen nach sich ziehen würde.
Mir fehlen Menschen, denen es auch so geht, die auch die Schnelllebigkeit und all das Laufen im Hamsterrad statt haben und die meine Idee (oder ist es eine Spinnerei?) vom Leben teilen.

So fühlt es sich in jedem Fall nicht richtig an, aber der Ansatz zur Veränderung fehlt mir eben auch...

Könnt ihr mit weiterhelfen?

LG, aquamarin
John4155
Beiträge: 395
Registriert: 23. Mai 2011, 18:41

Re: Als gehörte ich dort nicht hin...

Beitrag von John4155 »

Hi,

ich weis nicht wie ich Dir weiterhelfen könnte. Wenn ich Dich richtig verstanden habe, hast Du das Gefühl im Hamsterrad zu sein und eigentlich anders leben zu wollen. Falls ich richtig liege, teile ich dieses Gefühl. Ich denke es geht vielen Menschen so.
Viele Grüße

John
wennfrid
Beiträge: 799
Registriert: 15. Feb 2010, 08:01

Re: Als gehörte ich dort nicht hin...

Beitrag von wennfrid »

Hi aquamarin
Wenn ich in einem depressiven Loch sitze, habe ich das Gefühl, daß meine Persönlichkeit verschwindet. Damit verschwindet auch meine innere Ruhe, meine Gelassenheit, mein Selbstbewußtsein ist eingeschränkt und statt Hoffnung und Zuversicht, empfinde ich nur Angst. Vielleicht ähnelt es deinem Zustand. Mich interessieren nur noch Gespräche mit Tiefgang. Oberflächliches tun und reden meide ich. Dies ist nur mit wenigen Menschen machbar.
Viel Kraft und Energie

Fridolin
Marge
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Registriert: 27. Jul 2011, 23:09

Re: Als gehörte ich dort nicht hin...

Beitrag von Marge »

Hallo aquamarin,

auch ich kenne das von Dir beschriebene Gefühl.

Ich versuche, zu leben nach dem Motto: Weniger ist mehr. Dass heißt, nicht alles haben zu wollen, nicht alles mitmachen zu wollen, nicht jede Mode mitzumachen, sondern die Dinge, die für mich in Frage kommen intensiver zu betreiben und mehr zu genießen.

Man verpasst nicht unbedingt was, wenn man mal was liegenlässt oder nicht überall dabei ist, im Gegenteil.

LG Marge
2304.1900
Beiträge: 260
Registriert: 21. Nov 2010, 00:19

Re: Als gehörte ich dort nicht hin...

Beitrag von 2304.1900 »

Hallo Aquamarin ,

schlage doch mal unter "Depersonalisation" im Google nach.

Das kommt bei einer Reihe von Psychischen Krankheiten ,unter anderm Depression öfters vor.

Je nach veranlagung ,können und wissen ,lässt sich das mehr oder weniger leicht ertragen.

Ich habe damit nur geringe Probleme ,da solche Gefühle schon etwas langvertrautes sind.

viele Grüße ,
Stefan
Liber
Beiträge: 1491
Registriert: 4. Jun 2006, 18:09

Re: Als gehörte ich dort nicht hin...

Beitrag von Liber »

Hallo Aquamarin,

oh ja, dieses Gefühl kenne ich sehr gut.

Ich glaube aber eher nicht, dass es eine Depersonalisation im Sinn einer neurotischen Störung ist.
Es ist bei mir eher so, dass ich derart lange fremdbestimmt gelebt habe, dass ich nicht mehr weiß, was eigentlich meine ganz eigenen inneren Wünsche und Seiten sind, wer ich selbst eigentlich bin.

Das Leben wird dann zwar irgendwie "abgespult", ich funktioniere, aber ich bin nicht wirklich mit dem Herzen dabei. Und dies bewirkt so ein Gefühl der Leere und der Sinnlosigkeit.

Solange ich zu mir selbst zu wenig Kontakt habe, fühle ich auch keine direkte Verbindung zu meinen Mitmenschen oder zu irgendwelchen Zielen. Ich weiß dann nicht, ob Gedanken oder Ideen, "meine" sind oder ob sie von der Fremdbestimmung kommen. Oder es kommt soweit, dass ich gar keine eigenen Ideen habe, sondern nur noch re-agiere. Chronische Depressionen sind die Folge.

Es fühlt sich an, als lebe ich nur mit Bruchteilen meiner selbst, auf der Funktionieren-Ebene, und als wäre das "Eigentliche" in mir verschlossen.


Ich mag Gespräche über Oberflächliches auch oft nicht. Es erscheint mir dann, als ob sie ein Zeichen dafür sind, dass da nichts "Eigentliches" ist.

Aber ich weiß ja selbst nicht, was das Eigentliche ist. Fühle ich mich mit einem Menschen nämlich tiefer verbunden, kann ich mit ihm auch ohne Weiteres über Oberflächliches reden. Das widerspricht sich dann nicht.

Nur wenn das Oberflächliche das Einzige ist - dann fühle ich mich massiv unwohl.

Wahrscheinlich ist der einzige Weg, uns auf die Suche nach uns selbst zu machen. Ein Austausch mit Gleichgesinnten kann dabei auf jeden Fall sehr helfen!


Liebe Grüße
Brittka
aquamarin
Beiträge: 262
Registriert: 2. Jul 2011, 19:14

Re: Als gehörte ich dort nicht hin...

Beitrag von aquamarin »

Danke euch allen für eure Antworten! Es ist gut zu hören, dass ich mit meiner Wahrnehmung nicht alleine dastehe...

@ John: Ja, das ist einer der Punkte, dieses Hamsterrad. Was aber hindert uns daran, den Ausgang zu suchen und wirklich ANDERS zu leben, wenn wir es doch so nicht wollen? Mir fehlt wohl die Alternative, weil ich mein Leben bisher nur so kenne...

@ Fridolin: "Die Persönlichkeit verschwindet", das erscheint mir ein passende Beschreibung zu sein. Ich bin nicht ich selbst und suche in den Gesprächen mit anderen nach meiner verlorengegangenen Persönlichkeit. Leider gibt es tatsächlich nur wenige Menschen, mit denen soviel Tiefgang möglich ist. Und außerdem haben auch die nicht meine Persönlichkeit bei sich, um sie mir zurückzugeben. Ich muss wohl selbst suchen - bloß wo damit anfangen?

@ Marge: Da bist Du wohl schon einige Schritte weiter als ich. Ich lebe in dem Gefühl, den anderen zeigen zu müssen, dass es mir gut geht, dass ich alles schaffe, was von mir erwartet wird und dass ich da mitmachen muss, wo alle anderen mitmachen. Das entspricht oft nicht meinen wirklichen Interessen. Wenn ich aber denen nachgehe (obwohl ich manchmal glaube, ich weiß gar nicht, was sie sind), dann fürchte ich unangenehme Bemerkungen und eine Bewertung von außen, die mich den Spaß verlieren lassen... Vielleicht habe ich früher zu oft zu spüren bekommen, dass ich als ICH komisch, anders, merkwürdig, nicht angesagt bin... Manno...

@ Stefan: Ich habe kurz schon einmal in die Definition reingelesen und finde vor allem den Punkt "emotionale Taubheit" für mich treffen. Wirkliche Erlebnisse, die etwas in mir hinterlassen hätten, kenne ich schon lange nicht mehr. Richtig fühlen kann ich dann, wenn ich meinen Körper anstrenge, mich richtig auspowere. Aber visuelle Eindrücke zum Beispiel lösen nichts mehr in mir aus. Früher konnte ich mich erfreuen oder ereifern oder aufregen, heute ist alles irgendwie gleichermaßen egal.

@ Brittka: Du sprichst mir aus der Seele! Ziemlich genau so empfinde ich und weiß einfach nicht mehr damit umzugehen. Das es am mangelnden Kontakt zu mir selbst liegen könnte, daran habe ich noch nicht gedacht.
Aber in meinem letzten Beratungsgespräch kamen wir auch schnell dahin, dass ich mich auf die Suche nach dem machen sollte, was MICH wirklich ausmacht. Bloß weiß ich noch nicht einmal, wo ich wie suchen soll, weil ich das noch nie getan habe. Hast Du Tipps oder konkrete Vorgehensweisen? Ich bin nämlich auch viel zu lange fremdbestimmt und fremdgesteuert durch mein Leben "geeiert" und nun kenne ich mich überhaupt nicht mehr.


Irgendwie wird alles nur noch verworrener, je mehr ich mich damit befasse... Als ich hier angefangen habe zu lesen, dachte ich, dass ich über das rationale Begreifen schnell einen Weg für mich finde, aber das klappt so gar nicht. Weil die emotionale Ebene das Problem ist...

Was hilft da?

Ratlose Grüße von aquamarin
e621
Beiträge: 260
Registriert: 5. Nov 2009, 17:19

Re: Als gehörte ich dort nicht hin...

Beitrag von e621 »

Nàbend,

gutes Thema, mein Thema.

Wusste nur nie so recht wie ich es beschreiben soll.
Halte mich erstmal kurz, muss nachdenken.
Aber die Taubheit...ist schon mal meins.

Gruß
Honk
Eva-M
Beiträge: 105
Registriert: 10. Jul 2011, 21:35

Re: Als gehörte ich dort nicht hin...

Beitrag von Eva-M »

Hallo,

ich kenne das Gefühl am falschen Platz zu sein auch. Habe aber inzwischen rausgefunden, das es dann, wenn das Gefühl auftaucht, Zeit für eine Auszeit ist. Die 7 Wochen die ich in einer psychosomatischen Reha war, waren da ganz sinnvoll. Da habe ich mich um nicht viel kümmern müssen und konnte mich mehr auf mich selbst konzentrieren. Letztes Jahr habe ich mir 5 Monate Sabbatical gegönnt, weil ich rausfinden wollte welcher Beruf mich wirklich interessiert und weil ich einfach aus dem Alltag raus wollte. In den 5 Monaten war ich in Australien und habe einen Sprachkurs gemacht. Meinen Job habe ich dafür gekündigt und nach dem ich wiede zurück war auch nach einem anderen, entspannteren Job gesucht. Auch wenn ich jetzt weniger Geld verdiene wie vorher, ich fühle mich besser und kann auch meine Freizeit mehr geniesen.

Ich weiß das das viel Mut erfordert (und man auch finanziel planen muß) aber ich hatte so die Schnauze voll das ich mich getraut habe. Und es hat mir gut getan.

Als Alternative habe ich noch an einen Urlaub im Kloster gedacht. Da hat man auch Zeit für sich, muss sich nicht um altägliches kümmern und es ist auch immer jeamnd zum reden da.

Vielleicht hilft dir das etwas weiter.
aquamarin
Beiträge: 262
Registriert: 2. Jul 2011, 19:14

Re: Als gehörte ich dort nicht hin...

Beitrag von aquamarin »

@ Honk: Du bist herzlich eingeladen, Deine eventuell gefundenen Gedanken hier mitzuteilen. Ich freue mich über jede Diskussion, die ja vielleicht auch noch anderen weiterhelfen kann. Lass Dir Zeit, ich bin jetzt sowieso ein paar Tage unterwegs...

@ Eva-M: Was Du getan hast, kann ich nur bewundern. Ich bin mir darüber im Klaren, dass ich auch gerade dringend eine Auszeit bräuchte, aber insbesondere aufgrund finanzieller Notwendigkeiten geht das nicht einfach so. Einmal alles hinter mir zu lassen, das wäre auch mein Wunsch - in der Hoffnung, auf einem neuen Weg etwas von mir wiederzufinden oder neu zu erfinden. Leider reichen die kurzen Urlaubszeiten überhaupt nicht aus, um wirklich einmal rauszukommen. Ich muss mir echt was überlegen, so kann es jedenfalls nicht weitergehen.


Ich frage mich, ob die Krankheit zu diesen Gefühle und Gedanken führt oder ob nicht umgekehrt durch das Vorhandensein dieser Gefühle und Gedanken auch die Krankheit vorangetrieben wird. Wenn ich mich falsch fühle in meinem Leben, dann entsteht sicher auf die Dauer Unzufriedenheit und vielleicht die Depression. Oder nicht? Ich möchte auch nicht in der jetztigen Phase übereilte oder gravierend in mein Leben eingreifende Entscheidungen treffen, nur um hinterher festzustellen, dass die akute Phase mich dazu geführt hat und ich doch (auch) mit anderem zufrieden wäre...

Meine Gehirnwindungen haben schon Knoten, so komplex ist das alles

aquamarin
e621
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Registriert: 5. Nov 2009, 17:19

Re: Als gehörte ich dort nicht hin...

Beitrag von e621 »

Moin,moin.....

Ich möchte zuerst meine Erleichterung kundtun.
Ich dachte immer, es würde nur mir so gehen.

Nun habe ich alle Postings mehrmals durchgelesen und finde mich in jedem wieder.
Diese emotionale Taubheit und verm. falsche Wahrnehmung machen mich depressiv.
Ich tue dann Dinge um ein Gefühl zu bekommen und die Leere zu füllen.
Leider klappt das nicht.
Ich denke daraus entsteht eine Art Teufelskreis der wie schon erwähnt wurde, in eine chronische Depression führt.
Oft habe ich in Situationen den Eindruck, nicht da zu sein.
Körperlich und geistig schon, aber eben ohne Emotionen.
Schlimmer manchmal, habe ich den Eindruck das die anderen, das sehr wohl mitbekommen und sich abwenden.

Geht es euch auch so, das ihr Lob bekommt, ihr aber gar nicht fühlt wofür ?

Gruß
Honk
aquamarin
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Registriert: 2. Jul 2011, 19:14

Re: Als gehörte ich dort nicht hin...

Beitrag von aquamarin »

Mit dem Lob gestaltet es sich bei mir noch ein bisschen anders. Ich kann ein Lob erst gar nicht annehmen, weil ich denke, ich hätte es nicht verdient. Das ist einer der Punkte, an denen ich im Moment bewusst arbeite - einfach "Danke" sagen, wenn ich gelobt werde. Und ja, der nächste Punkt ist dann, auch gut zu fühlen, wenn ich dieses Lob angenommen habe. Das ist schwierig, eben weil ich sowieso nicht viel fühle...

Was mir gerade durch den Kopf geht... Fallen euch schlechte Gefühle auch "leichter" als gute Gefühle? Ich spiele zum Beispiel manchmal gedanklich Situationen durch, die mit schlechten Emotionen verbunden waren und dann fühle ich wenigstens ÜBERHAUPT ETWAS. Oder ich male mir zukünftige Situationen mit dem schlimmsten Ausgang aus, auch dann fühle ich wenigstens etwas... Mit guten Gefühle klappt das überhaupt nicht, da ruft mich innerlich gleich etwas zurück so nach dem Motto "Das wird sowieso nicht eintreffen, weil Du das ja gar nicht verdient hast / weil Du noch nie soviel Glück hattest / weil Du dazu nicht genug geliebt wirst...". Okay, dann nehme ich eben wieder die negative Variante, dann kann ich wenigstens Schmerz fühlen... Ist das krank!

aquamarin
e621
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Re: Als gehörte ich dort nicht hin...

Beitrag von e621 »

Hi,

ein Lob überhaupt zu realisieren ist schon ein Schritt.
Schlechte Dinge zu sehen fällt mir leicht, vor allem bei anderen.
Negative Gefühle nehme ich fast ständig war, bei mir und auch bei anderen.
Bei anderen kann ich meist helfen, bei mir oft nicht.

Gruß
Honk
Eva-M
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Re: Als gehörte ich dort nicht hin...

Beitrag von Eva-M »

Hallo aquamarin,

hast du schon mal eine Reha beantragt?
Wer über die Deutsche Rentenversicherung versichert ist kann alle 2 Jahre eine Reha-Maßnahme beantragen.
Das sollte allerdings nicht der Hausarzt sondern ein Neurologe oder Psychiater machen. Und im Antrag muss drin stehen das die berufsfähigkeit gefährdet ist.
Während der Reha gilt man als krank geschrieben und bekommt für 6 Wochen sein volles Gehalt weiter gezahlt und danach dann Krankengeld.
Liber
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Re: Als gehörte ich dort nicht hin...

Beitrag von Liber »

Hallo Aquamarin,

>Brittka: Du sprichst mir aus der Seele! Ziemlich genau so empfinde ich und weiß einfach nicht mehr damit umzugehen. Das es am mangelnden Kontakt zu mir selbst liegen könnte, daran habe ich noch nicht gedacht.
>Aber in meinem letzten Beratungsgespräch kamen wir auch schnell dahin, dass ich mich auf die Suche nach dem machen sollte, was MICH wirklich ausmacht. Bloß weiß ich noch nicht einmal, wo ich wie suchen soll, weil ich das noch nie getan habe. Hast Du Tipps oder konkrete Vorgehensweisen? Ich bin nämlich auch viel zu lange fremdbestimmt und fremdgesteuert durch mein Leben "geeiert" und nun kenne ich mich überhaupt nicht mehr.

Ich wünschte, ich wüsste ein "Rezept" - aber das habe ich auch nicht. Ich bin ja selbst auf der Suche.

Ein wichtiger Schritt war für mich aber, erst mal "in Frage zu stellen". Genau das, was du hier auch tust.

Warum fühle, denke, tue ich dies alles eigentlich? Ist es aus reiner Gewohnheit? Muss das überhaupt genau so sein? Gibt es andere Möglichkeiten?

Ich habe viele Jahre tatsächlich keine Ahnung gehabt, dass es überhaupt andere Möglichkeiten GIBT! Dass ich nicht so oder so reagieren MUSS. Dass ich tatsächlich die Wahl habe! Ich wusste es nicht.

Allein das schon mal zu erkennen, war für mich ein großer Schritt.

Das nächste ist dann herauszufinden: worin bestehen diese anderen Möglichkeiten?

Und dann, auch einen Schritt in diese Richtung zu TUN. Das ist äußerst schwer, finde ich. Die alten Pfade sind tief und ausgetreten, ich gehe diese völlig automatisch. Neue Wege müssen erst gebahnt werden.


Dieser Schritt, dieses Neue mal auszuprobieren, der kostet Überwindung.

Aber ich glaube, um den kommen wir nicht herum.

Liebe Grüße
Brittka
Schwert10
Beiträge: 257
Registriert: 9. Mär 2011, 15:50

Re: Als gehörte ich dort nicht hin...

Beitrag von Schwert10 »

Hi Alle,

Mein Weg, herauszufinden wer ich bin, war ein Erinnern der Vergangenheit. Was habe ich als Kind oder Jugendliche gern getan ,gedacht? Welche Träume und Vorstellungen von der Zukunft hatte ich ? Kann ich mich an Situationen erinnern, auf die ich heute noch stolz wäre oder wo mein Verhalten einen Teil meines Wesens gezeigt hat ?

Ich habe zum Beispiel bei den Sandkastenspielen, bei denen man eine Familie nachspielt, immer den Hund gespieLt! Immer Kuchen backen und die Kinder zusammenscheißen fand ich doof (Mutter) , vorm Sandkasten rumstehen weil ich auf Arbeit war (Vater)war total öde, und sich dauernd was verbieten lassen müssen und ins Bett gehen (Kind), bäh! Hund dagegen war klasse, ich konnte Kuchen klauen und wurde zwar ausdgeschimpft. aber welchen Hund interessiert das schon wirklich. Tieren ist man nie lange böse!
Da sieht man schon, daß das damals übliche Rollenverhalten nicht mein Ding war. Wenn ich heute diese Rollen erfüllen muß und das zu lange oder zu intensiv, geht es mir sofort schlechter.

Solche Ausflüge in die Vergangenheit sind nicht immer angenehm, aber manchmal findet man am meisten da besonders viel von sich selbst, wo man bei anderen angeeckt ist...
lg wakora
Das Leben ist wertvoll

ob es nun strahlend ist wie ein diamant

oder dunkel wie kohle

beide sind aus demselben stoff.
aquamarin
Beiträge: 262
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Re: Als gehörte ich dort nicht hin...

Beitrag von aquamarin »

Meine Gefühle machen mir untrüglich klar, dass mein derzeitiges Alltagsleben nicht das ist, was wirklich MICH ausmacht... Nach ein paar Tagen "außer Haus" stand ich eben in meiner Wohnung wie Falschgeld und alle schlechten Gefühle waren schlagartig wieder da. Nun kann ich nicht immer meinem Alltag entfliehen, sondern sollte wohl überlegen, was ich ändern muss, um mehr wie ICH zu leben...

Brittka, bisher bin ich (nur) soweit gekommen zu empfinden, dass es SO nicht richtig ist. Andere Möglichkeiten sehe ich gerade noch überhaupt nicht, geschweige denn, dass ich wüsste, wie ich sie umsetzen sollte. Da aber mein eigentlich fest geplanter Lebensweg sowieso völlig unbegehbar geworden ist, bleibt keine Wahl - ich MUSS Alternativen entwickeln, ein anderer wird es nicht für mich tun.

Warum fühle ich oft (und manchmal vermeintlich gerne) schlecht, ausgelöst durch meine eigenen Gedanken? MUSS ich das, um mit der vergangenen Situation fertig zu werden? Hilft es mir, den Scherz der vergangenen Situation zu überwinden? Ändert es etwas an der vergangenen Situation? Dieses Muster zum Beispiel ist so eingefahren, dass ich erst gerade anfange, überhaupt darüber nachzudenken...

Eva-M, das Thema Reha werde ich angehen, wenn meine Ärztin aus dem Urlaub zurück ist. Es nützt mir aber nichts (siehe oben), nur einmal ein paar Wochen raus zu sein und dort vielleicht gut zurecht zu kommen. Ich muss an meinem Alltag etwas ändern, mein Leben neu ausrichten, dafür brauche ich zwar Zeit und Ruhe aber auch Hilfe...

Wakora, so langsam nähere auch ich mich genau diesen vergangenen Dingen an, in dem ich den Kontakt zu meinem inneren Kind aufbaue. Ich habe aktuell aber Angst davor, weil es wohl Konsequenzen für meine Alltag geben müsste, um diesen meinen eigentlichen Wünschen nachzukommen.


Was mir zum Thema gute und schlechte Gefühle noch aufgefallen ist: Ich neige dazu, andere für meine Gefühle verantwortlich zu machen und es den Lebensumständen zuzuschreiben, dass ich nicht glücklich oder zufrieden bin. Es fehlt mir die Eigenverantwortlichkeit, die auch bedeutete, mich genau so zu nehmen, wie ich bin. Das kann ich nicht, weil ich manche Dinge an mir selbst nicht akzeptieren möchte. So komme ich einfach nicht weiter...

Ratlose Grüße, aquamarin
Antiope
Beiträge: 1695
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Re: Als gehörte ich dort nicht hin...

Beitrag von Antiope »

Hallo Aquamarin,

dieses Gefühl, das Du beschreibst, da sagt etwas in Dir, dass es raus möchte, sich entwickeln möchte.
Neue Wege zu finden und zu gehen - dazu gehört ganz viel Suchen und Ausprobieren. Manches auf dem Weg sagt gleich "richtig" - und es ist richtig. Anderes braucht seine Zeit.

Ich würde diese Suche wirklich so annehmen. Meine Meinung ist, dass Depression einen wirklich erst für solche Überlegungen offen macht, dass es wirklich eine Krise braucht, um aus dem Gewohnten herausgeschleudert zu werden. Versuche diesen Gedanken, diesen Wunsch einfach zu "bewahren" und ihm einen Weg zu finden. Er ist, glaube ich, sehr wichtig.

Dass jetzt negative Gefühle viel präsenter sind, liegt daran, dass Deine emotionale Stimmung mehr auf negativ ist. Das ist wie so'n Vorfilter: biste gut drauf, kannst Du viel eher positive Gefühle und Erlebnisse erinnern. Wenn niedergeschlagen, sind sie schwer erreichbar. Wie bei einem Konzert im Gehirn: wenn Dur gespielt wird, klingt sehr viel in Dur, wenn Moll, dann klingts in Moll. Nicht der einzelne Ton macht das Musikstück, sondern alles zusammen.

Das mit den Gefühlen anderen zuschreiben: schreibst Du *alle* Gefühle anderen zu - oder nur die guten, und für die schlechten bist Du selbst "schuld"? Dann könntest Du ja auch langsam für die guten die Verantwortung übernehmen ...

Diese "Nicht-Dazu-Gehören" begleitet mich - wie so viele andere - schon seit meiner Kindheit. Zuerst durch äußere Umstände ausgelöst, dann "Erfahrungswissen". Obwohl ich immer wieder versuche, anzukommen (auch in meinem Körper), geht das dann regelmäßig schief, wenn es mir mental nicht mehr hundertprozentig geht. So langsam bin ich zu der ÜBerzeugung gekommen (naja, vielleicht liegts mal wieder an meiner Brillenfarbe), dass ich einen solchen Zustand nie erreichen werde - egal, was ich mache. In manchen Bereichen habe ich es geschafft, auszusteigen und zu ändern - einen Beruf "verstandesgemäß" gewählt, der nächste hat "richtig" gerufen - und das war dann schon besser ...
Für mich galt lange Zeit das Motto:
"Ich weiß, wenn es besser werden soll, muss es anders werden, ob es aber besser wird, wenn es anders ist, das weiß ich noch nicht." Und es hat sich herausgestellt, dass anders immer besser ist oder zumindest anders, weil beibehalten schlecht genug war.
aquamarin
Beiträge: 262
Registriert: 2. Jul 2011, 19:14

Re: Als gehörte ich dort nicht hin...

Beitrag von aquamarin »

Hallo Antiope,

etwas möchte sich entwickeln, so vermutest Du. Was mich bei dieser Aussage hat aufmerken lassen, ist die Tatsache, dass ich vor vielen Jahren, als mein Leben auch gerade im Umbruch stand, genau das in mir zu spüren glaubte. Da war es aber nicht im Zusammenhang einer so "krassen" emotionalen Phase wie jetzt, da fühlte es sich an wie eine kleine Flamme in mir, die flackerte und mehr Sauerstoff brauchte, um richtig aufzuflammen. Ich schätze, ich habe sie erstickt. Und den Preis dafür zahle ich jetzt... Damals war der "Leidensdruck" wohl noch nicht hoch genug.

Bezüglich der Gefühle: Ich schreibe insbesondere die schlechten Gefühle anderen zu. Andere sorgen also in meinen Augen dafür, dass es mir schlecht geht. Und sie sollen dann bitte auch dafür sorgen, dass es mir wieder gut geht - also schreibe ich ihnen auch die Verantwortung für die guten Gefühle zu. Ich bin ein Meister darin, die Verantwortung an andere abzugeben - denn dann brauche ich mich selbst nicht verantwortlich machen, wenn´s nicht funktioniert. Immer schön die anderen...

Woran liegt es, dass so viele hier das Gefühl haben, nicht dazu zu gehören? Sind wir alle so anders als der Rest der Welt? Passt diese Welt nicht zu uns und unseren Vorstellungen und Träumen? Oder liegt es an unserer Wahrnehmung - empfinden wir uns also nur als "nicht zugehörig" und Außenstehende bewerten das ganz anders?
Ich jedenfalls habe Zugehörigkeit oft nur durch Anpassung erreicht - was aber einem echten GEFÜHL der Zugehörigkeit entgegensteht, denn ich bin ja dann nicht ich.
Vielleicht macht die große Masse der Menschen sich einfach keine Gedanken über die Zugehörigkeit? Sie schwimmen im Strom und gehören so dazu - und wir wollen lieber gegen den Strom schwimmen, deswegen ecken wir an und werden verständnislos angesehen...

Viel Denkpotential steckt für mich in eurer aller Beiträgen...

aquamarin
Antiope
Beiträge: 1695
Registriert: 10. Jan 2011, 21:38

Re: Als gehörte ich dort nicht hin...

Beitrag von Antiope »

Hallo Aquamarin,

nun, vielleicht war es damals nicht die Zeit, es umzusetzen.

Jetzt selbstbestrafend zu denken, "hätte ich doch, jetzt muss ich dafür büßen" - nicht wirklich zielführend.
Es gab Gründe für Deine Entscheidung ... Und zu diesem Zeitpunkt war sie richtig, egal, warum und wie Du sie getroffen hast. Und wenn Du sie *nicht* getroffen hast, dann gab es auch einen Grund dafür. Vielleicht musstest Du erst noch etwas lernen, etwas erfahren, ...
Was lebt noch von dieser Flamme heute? Wurde sie nicht einfach wieder geweckt, als es Zeit dafür war?

Ist es richtig, dass die anderen für Deine Stimmung verantwortlich sind? Ist das gut für Dich? Was würde sich für Dich ändern, wenn Du sie selbst steuern kannst - in den Maßen, die Dir möglich sind?
Bist Du für die Stimmungen der anderen verantwortlich? Und ist dies gerecht, sinnvoll, ...?

Mir klingt das so ein wenig nach verbaler Selbstbestrafung: binzublödlustigundausgeglichenzusein, binnichtmalfähigverantwortungzuübernehmen, ... usw
Klein machen gilt nicht!

Wann konkret hast Du schon die Möglichkeit selbst übernommen, Deine Stimmung zu steuern - also in welchem Moment hast Du das schon gemacht? Was war dort und dann der Anlass?
Antworten