Wieso kümmert sich keiner um Depressive?

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Taffy

Wieso kümmert sich keiner um Depressive?

Beitrag von Taffy »

Hallo Leute,

ich krauch schon wieder mal am Boden rum und frag mich warum man sich nicht besser ums uns-Depressive kümmert.
Ich hab echt das Gefühl wenn ich mich nich ständig drum kümmere tuts keiner. Klar so ist es, aber ich kenne es von einer anderen Krankheit, da wird den Patienten echt hinterher gerannt und sich gekümmert, auch von den Pharmafirmen. Da gibt es Hotlines, wo sich der Pat. registriert und dann gibt es ständig Infos, ne extra Zeitung pro Quartal, da wird man angerufen und gefragt ob meine seine Medis auch richtig nimmt. Aber gut da gibs ja auch 250 000 Patienten in Deutschland. Sterben davon tun nur wenige im Jahr. Ok die Krankheit geht mit Körperlichen Beeinträchtigungen einher, wenn man nicht richtig Therapiert.

Depressive gibs ja nur 4 Mio. aber wahrscheinlich mehr, in Deutschland. Pro Tag sterben da wirklich Leute dran, mehr als am Strassenverkehr, oder an Krebs oder AIDS.

Aber is ja nur Macke, da muss man sich ja nich wirklich drum kümmern.

Auch bei Ärzten hab ich das Gefühl das ich nich wirklich ernst genommen werde. Schnell was verschreiben und gut ist. Dann steht man wieder alleine da. Gehts einem schlechter, muss man Wochen auf einen Termin warten. Dann sagt der Arzt bestenfalls, dann nehm se mal mehr Medis, doppelte Dosis. Toll und darauf hat man dann Wochen lang gewartet.
Aber letztendlich steht man doch immer alleine da.
Es gibt keinen Plan, keine Hilfe, keine Ansprechpartner.

Psychotherapie habe ich gerade beendet, aber wirklich was gebracht hat es nicht. Ich empfinde meine Depression auch nicht als Psychosoziales Problem, sondern als Neurochemisches Problem.

Bow ich könnte jetzt hier noch "ewig" so weiter machen, aber ich hoffe Ihr versteht mich auch so.

Vielleicht lieg ich auch falsch und ihr könnt mich belehren und mir zeigen wo ich was finde.
Falls nicht, bin ich auch gewillt ans Bundesgesundheitsministerium zu schreiben. Vielleicht hab ihr Sachen die ich zitieren kann.

So das musste ich mal los werden, aber wahrscheinlich hab ich wieder die hälfte vergessen.

Jetzt würd mich eure Meinung interessieren.
DDL
Beiträge: 114
Registriert: 5. Dez 2010, 21:42

Re: Wieso kümmert sich keiner um Depressive?

Beitrag von DDL »

Hallo Taffy,

dooooch, wir von der DDL, wir kümmern uns

Ne, Recht hast du. Schau mal in diesen Artikel der FAZ:

http://www.faz.net/artikel/C31399/gesun ... 35154.html

Da wurden also milliardenschwer sechs Gesundheitszentren aus der Taufe gehoben, die nichts anderes zu tun haben, als an der Bekämpfung von Volkskrankeiten zu forschen. Und sind da Depressionen oder andere psychische Erkrankungen dabei? Nein, natürlich nicht.

Nun fragt man sich, ob diejenigen, die so etwas planen, ab und zu mal Zeitung lesen. Wenn man sich den von der Regierung initiierten Gesundheitsreport des RKI über Depressionen zur Hand nimmt, erfährt man, dass die Prävalenz von Depressionen bei Jugendlichen bei 17% liegt. Andere Quellen berichten gar von 30%.

Krankschreibungen wegen Depr. steigen derzeit jährlich im zweistelligen Bereich. Und trotzdem kein Bedarf an Forschung? Die Depression ist eine Volkskrankheit und wird ignoriert. Wir werden einen Brief an Frau Schavan schreiben, aber ob das was nützt?

Woran liegts? Meiner Meinung nach ist der Grund der gleiche, wie er es eben immer ist, wenn von Depressionen die Rede ist.... Scham und Angst vor Verurteilung.

Wenn Bild titelt: Deutschland ist das Depriland... wie furchtbar peinlich für eine Nation, die überall in der Welt bekannt ist und bewundert wird für Leistungsfähigkeit und Kompetenz.

Nein, bloß das nicht. Bitte kein Geld für eine so peinliche Angelegenheit. Keine Firma sponsert dich für Aktivitäten im Zusammenhang mit Depressionen - außer Pharmas und das Geld wollen wir nicht.

Der Zeitpunkt wird kommen, da sich nicht mehr verschweigen lässt, dass diese Gesellschaft vielen nicht gut tut. Dass etwas nicht stimmt mit dem Tempo, den Zielsetzungen, der Rücksichtslosigkeit. Aber wie immer wird das erst dann sein, wenn der Schmerz zu groß wird, um ignoriert zu werden.

LG

Die DDL
kmde

Re: Wieso kümmert sich keiner um Depressive?

Beitrag von kmde »

Diese Einschätzung wird irgendwann nicht mehr ignoriert werden können. Es kann nicht jede Depression wie ein individuelles Versagen oder wie ein Schicksalsschlag hingenommen werden. Dafür sind es einfach zu viele und sie werden immer mehr...
Auch die prominenten Depressiven haben nur Strohfeuer erreicht. Mit Offenheit ist es auch nicht getan. Das kann man keinem raten, der es zu etwas bringen will. Und so lange das nicht sein darf, was aber ist, wird es auch verdrängt.
Antiope
Beiträge: 1695
Registriert: 10. Jan 2011, 21:38

Re: Wieso kümmert sich keiner um Depressive?

Beitrag von Antiope »

Hallo Taffy,

ja, es ist schwierig. Und dabei haben wir "Nur-Depressive" es noch gut. Wenn man andere psychische Erkrankungen anschaut, wie schizophrene Störungen, psychotische Störungen oder Zwangsstörungen. Die werden vollkommen ignoriert - da sie noch fremder sind, noch weniger nachvollziehbar.

Dein Statement "Sterben tun nur wenige daran" muss ich leider widersprechen. 10 Prozent der Depressiven sterben daran. Die meisten Selbstmorde gehen auf Depression zurück.

Nur eines für mich: ich möchte nicht angerufen werden, auch eine Zeitung würde ich nicht wollen - es wäre mir einfach eine Last, die Informationen aufzunehmen.

Depressive gehören übrigens zu den "begehrten" Patienten, wg Chronifizierung und höherem Budget. Aus diesem Grund gibt es auch immer wieder neue Medikamente, die zum Teil vielfach so teuer wie herkömmliche sind. (Bitte jetzt keine Rüge: es gibt Weiterentwicklungen, trizyklische ADs oder ADs mit stärksten Nebenwirkungen werden durch MAO-Hemmer, SSRI, SNRI ergänzt. Ich verdamme *nicht* alles Neue ...)
Mit diesem Statement will ich nur aufzeigen: wenn kein Interesse von Pharmafirmen da wäre, dann würde *nichts* Neues auf den Markt kommen, vor allem keine Pseudo-Neumedikamente. Interesse gibt es ja nur dann, wenn auch Geld damit verdient werden kann, ein Markt da ist ...

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Aber ich glaube, Taffy, dass es nicht um "die Welt" geht, sondern dass Dir die Depression gerade wieder alle Kraft gestohlen und nur noch Zorn und Erschöpfung zurückgelassen hat.
kokaa
Beiträge: 171
Registriert: 8. Jun 2011, 01:28

Re: Wieso kümmert sich keiner um Depressive?

Beitrag von kokaa »

@antioep: das passt doch zu meinem baum....

aber ich kann das gut verstehen. der wunsch dass man gerettet wird, weil man einfach nicht mehr kann... weil man sich selber nicht mehr um sich kümmern kann.

es ist so ein teufelskreis: du wirst alleine gelassen und lässt dich selbst alleine... so ist es jedenfalls bei mir. ich versuchte echt für mcih zu sorgen und so. aber wenn von außen nur tritte kommen, wie soll man das verkraften? ohne irgendwann diesen schmerzhaften verletzten teil abzuspalten`? bin ich jetzt schuld an meiner krankheit, weil ich nicht trotzdem stark geblieben bin?die gefühle nicht ertragen habe? darüber zermater ich mir grad das hirn
Taffy

Re: Wieso kümmert sich keiner um Depressive?

Beitrag von Taffy »

@chris: Nagel-Kopf-Treffer. Dein letzter Satz hat ins schwarze getroffen.
2 Wochen muss ich noch arbeiten, dann hab ich 3 Wochen Urlaub. Freude und angst kommen auf. Angst das es nich reicht.
Auf Depression war ich die letzten Jahre nie krank geschrieben. Hab immer den A**** zusammen gekniffen, jetzt auch wieder. Aber die Kraft reicht gerade noch so für die Arbeit, mehr is dann nich drin. Wenn ich nach hause komme, schlaf ich meist mindestens 1 Stunde. Viel schaffe ich momentan nicht. Das doofe is das ich Nachts auch noch ne Lebhafte Phantasie habe, Alpträume. Mein Hirn macht nich mal Nachts Pause. Das is so anstrengend.

@DDL: danke das es Euch gibt.

Sorry Leute, ich muss in Bett, is spät geworden.
kokaa
Beiträge: 171
Registriert: 8. Jun 2011, 01:28

Re: Wieso kümmert sich keiner um Depressive?

Beitrag von kokaa »

@ddl: auch von mir ein dankeschön
kmde

Re: Wieso kümmert sich keiner um Depressive?

Beitrag von kmde »

Hallo kokaa,

...und am Ende hat man die Schuld...und es passt wieder ins System. Der Teufelskreis ist mir sehr vertraut.
Es liegt auch manches im Außen, aber das "darf" man nicht sehen.
Ich kenne kaum jemanden, der eine andere psychische Krankheit nennt. So weit sind wir noch lange nicht.
Wir sind zwar so aufgeklärt, aber es muss alles in bestimmten Normen sein, sonst sieht es ganz anders aus.
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