Ein paar Tage fort von zuhaus, Panik macht sich breit.

Antworten
Blaubeermuffin
Beiträge: 42
Registriert: 23. Mai 2011, 11:07

Ein paar Tage fort von zuhaus, Panik macht sich breit.

Beitrag von Blaubeermuffin »

He ihr...

es kommt mir ein bisschen lächerlich vor wenn ich mich damit an euch wende, aber vielleicht habt ihr ja einen Rat und/oder eine andere Sichtweise. Ignoriert es einfach, wenn es euch zu blöd erscheint.

Eine Freundin von mir ging vor ein paar Monaten als Au Pair nach England. Dass ich sie besuchen sollte war schnell klar. Zu meinem Geburtstag bekam ich die Flugtickets. Zwischen uns ist es eine etwas schwierige Lage. Vor 3 Jahren haben wir uns kennengelernt und sie war die erste in der Uni mit der ich scheinbar 100%ig auf einer Wellenlänge lag, soetwas habe ich zuvor nie erlebt. Ihr ging es derweil nicht so gut (finanzielle Probleme, Stress mit ihrem damaligen Freund), ich war immer da. Ein Jahr später tat sich bei mir ein Abgrund auf, es ist viel in der Familie und im Umfeld geschehen, mir wurde der Boden unter den Füßen weggezogen. Sie wusste nicht, wie sie reagieren sollte und hatte das Falscheste getan - sich zurückgezogen und mich im Regen stehen lassen. Seit dem ist für mich ein Riss entstanden, den wir immer wieder versuchen zu kitten. Aber für mich ist ein ganzes Stück Sicherheit verloren gegangen. Sie weiß zwar um meine Situation, versteht sie aber (leider... zum Glück?) nicht.

Lange Rede, kurzer Sinn: In ein paar Tagen geht mein Flug und bei mir wandeln sich die Zweifel, ob das wirklich klug ist, langsam in Angst. Ich habe sie schrecklich gern, sie ist ein guter Mensch. Sie sagte mir, ich könne mich auch zurückziehen, wenn es mir nicht gut ginge, das wäre vollkommen okay. Aber ich bin nur 5 Tage da. Es gibt viel, was ich sehen "muss", viele, die ich kennenlernen "soll". Es fällt mir schon schrecklich schwer mich momentan auf bekannte Menschen einzulassen. Wie ist es dann mit fremden? Ich habe natürlich kein eigenes Zimmer, nur ihres in das ich mich zurück ziehen könnte. Mir macht es unheimliche Angst, dass ich dort in ein Loch fallen könnte. Ich kann ja nicht einfach heim. Die paar Tage muss ich aushalten.

Zur Zeit fühle ich mich schrecklich feige. Die paar Tage werde ich ja wohl rumkriegen sagt ein Teil von mir, der andere verfällt langsam in Panik. Was tun? Habt ihr vielleicht einen Rat, wie ich die Zeit dort am besten rum kriege ohne zu verzweifeln? Hier versuchen mir alle Mut zu machen. "Dann kommmst du mal wieder raus." "Ein bisschen frischer Wind wird dir gut tun." Ich möchte ihnen so gern glauben, aber die Angst ist stärker. Meine gewohnte Umgebung und die Hilfe meines Freundes sind im Moment mein Halt...
Rosenkranz
Beiträge: 591
Registriert: 19. Feb 2010, 21:19
Kontaktdaten:

Re: Ein paar Tage fort von zuhaus, Panik macht sich breit.

Beitrag von Rosenkranz »

Hallo Blaubeermuffin

An deiner Stelle würde ich versuchen unvoreingenommen dorthin zu fahren, daß sie möchte das du sie besuchst, ist doch ein Zeichen, daß du ihr wichtig bist.

Du schreibst, wir versuchen es zu kitten, wenn du - w i r - schreibst verstehe ich zumindest ihr arbeitet beide daran, eure freundschaft zu erhalten, wenn es ihr egal wär, denke ich wäre ihr es egal, aber so, denke ich es nicht.

Ich kann zwar nicht beurteilen, was dasmals passiert ist, aber vielleicht war sie auch etwas hilflos demgegenüber und wußte nicht wie sie dir helfen kann, vielleicht hat sie auch darauf gewartet bis du sie ansprichtst und um Hilfe bittest, damit meine ich nicht betteln. Ich kann dich zwar gut verstehen, daß du enttäuscht warst, weil du ihr zuvor selber geholfen hast. Ich weiß aber auch selber aus Eigener Erfahrung wie schwer es ist auf jemanden zuzugehen, man will nicht ins Fettnäpfchen treten und weiß auch nicht genau was der andere erwartet, wo es überhaupt schon schwer ist den anderen auf das Thema anzusprechen, auch weil man sich nicht einmischen will, wenn es z.B. familäre Probleme oder Sorgen sind, aber wie gesagt ich weiß nicht worum es ging.

Man soll gewisse Sache nicht vergessen, aber man sollte auch lernen zu vergeben. Vielleicht ist es eine gute Möglichkeit, gerade weil die Umgebung eine andere ist. Auch die neuen Eindrücke könnten dir vielleicht unanhängig davon auch guttun. Damit will ich sagen du tust auch was für dich.

Ich wünsch dir jedenfalls eine gute Reise.

lg Rosalie
Insa40
Beiträge: 1165
Registriert: 25. Mär 2011, 20:44

Re: Ein paar Tage fort von zuhaus, Panik macht sich breit.

Beitrag von Insa40 »

Hallo Muffin,

wenn ich das richtig verstanden habe, gehts Dir weniger um die Sorge um Euere Freundschaft als mehr um die Sorge, dass Du (vielleicht schon aus lauter Vorher-Sorge heraus) vor Ort kein Rückzugsgebiet hast, Dich also ständig in der Nähe von anderen/Deiner Freundin aufhalten MUSST.

Ich kann das verstehen. Wenn es mir gerade nicht so gut geht und ich wegfahren soll, egal ob es nur ein paar Tage sind, dann denk ich auch viel daran, wie es mir vor Ort wohl ergehen würde und ob es vielleicht shlechter geht.

Würde es Dir helfen, wenn Du vor Ort ein Pensionszimmer hättest, in dass Du Dich, falls Du in ein Loch fällst zurück ziehen kannst. Dort hättest Du Deine Ruhe und wenn Du keinen sehen wolltest, mußt Du das auch nicht.
Vielleicht würde es helfen, Dir ein Zimmer in der Nähe Deiner Freundin zu nehmen?

War jetzt nur eine Überlegung von mir, evtl. hilft Dir das weiter.

Liebe Grüße, Insa
Blaubeermuffin
Beiträge: 42
Registriert: 23. Mai 2011, 11:07

Re: Ein paar Tage fort von zuhaus, Panik macht sich breit.

Beitrag von Blaubeermuffin »

Liebe Rosalie,

ich denke so in etwa wird es gewesen sein, dass sie dam hilflos gegenüber stand und sich deswegen zurückgezogen hat. Und auch wenn wir versuchen es zu kitten... das hat mich sehr tief verletzt und diese Wunde ist noch lange nicht fort, es tut noch immer schrecklich weh. Denn grade dann wenn es berab geht, sollten Freunde einfach da sein - auch unaufgefordert. Ich bin einfach noch nicht in der Lage ihr das zu verzeihen, auch wenn ich so gerne wollte. Da ist noch immer mein Gefühl, das mir sagt, dass ich ihr nicht mehr so blind vertrauen kann und mich nicht mehr so blind fallen lassen kann, wie ich es eigentlich bei einer guten Freundin können sollte. Also halte ich mich zurück und fresse wieder in mich rein. Ich habe auch einfach ein Stück weit Angst, dass wenn ich dahin fahre irgendwann die Kontrolle über mich verliere. Auch das ist mir in letzter Zeit öfter passiert. Das kann sich in unkontrollierter Wut oder Trauer ausdrücken. Und das macht mir Angst. Und es macht mir Angst, dass ich genau weiß, dass sie nicht weiß, wie sie dann reagieren soll. Ich weiß es ja selbst nicht...

------------------------------

Liebe Insa,

die Möglichkeit Pension gibt es leider nicht, da a) das Geld dafür fehlt und b) wir mitten im Niemandsland sind... es gibt nicht einmal ein Pub, der gut zu Fuß zu erreichen ist. Ohne Auto sitzen wir dort fest. Busse fahre alle Jubeljahre.

-----------------------------------

Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr habe ich Angst davor, dass ich nicht die Kontrolle über mich habe, die ich gerne hätte. Und was, wenn ich dort die Kontrolle verliere? Fremdes Land, fremde Menschen, fremde Umgebung und die einzige, die ich kenne... tja... der vertraue ich nicht mehr... oder zumindest nicht darauf, dass sie mir Halt bieten kann. Das Thema Depression und einzusehen, dass ich nicht mehr allein klar komme, ist für mich noch so unbegreifbar und neu. Mir fehlt quasi noch das "Handwerkszeug", um damit richtig umzugehen. Ich versuche hier immer wieder Tipps rauszuziehen, aber es ist alles noch so unvertraut und neu und etwas an sich oder seinem Verhalten zu ändern so schrecklich schwer. Aber das wisst ihr sicher auch. Meine für mich z.Zt. beste Methode damit umzugehen und mich "zu berappeln" ist, mich zurückzuziehen und für mich zu sein. Ich mache meine unkontrollierten Ausbrüche lieber mit mir allein aus. Wenn ich merke, ich verliere die Kontrolle, versuche ich mich im Eiltempo zurück zu ziehen. So erschrecke ich niemanden. Und sobald ich wieder auf einem "zumutbaren Level" bin, suche ich den Kontakt zu jenen, denen ich vertraue...

LG Blaubeermuffin
bigappel
Beiträge: 1488
Registriert: 10. Dez 2010, 08:10

Re: Ein paar Tage fort von zuhaus, Panik macht sich breit.

Beitrag von bigappel »

Liebe Blaubeermuffin,

ich finde es sehr gut, dass Du überlegst, was im schlimmsten Fall passieren könnte und ob dies Deine Grenzen überschreitet.

Was mich allerdings stutzig macht ist die Tatsache, dass Du so tief enttäuscht bist von Deiner Freundin. Habt Ihr jemals darüber gesprochen? Euch ausgesprochen?

Wenn ich es richtig verstanden habe, so war sie mit der Situation, die den Bruch zur Folge hatte, überfordert; konnte damit nicht umgehen, wußte nicht, was sie tun sollte.

Ist das nicht auch Freundschaft?
Dem anderen zu sagen, dass man ihn wirklich mag, schätzt, aber von der dann herrschenden Situation überfordert ist?

Möglicherweise - nur ein Gedanke, kein feststehendes Gesetz - erwartest Du von der Freundin Dinge/Verhalten, die sie Dir nicht geben kann. Möglicherweise ergeben sich daraus Ängste, für die Du selber verantwortlich bist, nicht sie????

Wenn es Dir wichtig ist, Dich auch räumlich
abzugrenzen und dies ist vor Ort nicht möglich, dann sprech doch mit ihr darüber.
Als Freund(in) kann man bestimmt für eine begrenzte Zeit Rücksicht darauf nehmen oder gemeinsam einen Lösungsweg finden und wenn nicht, und es ist für Dich nicht tragbar, dann wäre es sicher richtig, in der jetzigen Situation nicht zu fliegen.

Das ehrliche Gespräch miteinander könnte bestimmt Einiges klären. Nur Mut!

LG
Pia
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
Blaubeermuffin
Beiträge: 42
Registriert: 23. Mai 2011, 11:07

Re: Ein paar Tage fort von zuhaus, Panik macht sich breit.

Beitrag von Blaubeermuffin »

Liebe Pia,

das ist etwas, das ich irgendwie selber etwas skuril an der Sache finde.

Der Schmerz sitzt tief und er ist immer noch präsent. Dabei haben wir uns ausgesprochen, das ist etwa ein bis eineinhalb Jahre her. Sonst hätten wir unsere Freundschaft, auf Deutsch gesagt, in die Tonne kloppen können. Seit dem arbeiten wir dran, dass es wieder gut mit uns läuft. Mal mehr, mal minder erfolgreich. Wir waren in der Lage beide über unsere Gefühle von damals zu sprechen. Dabei sagte sie mir auch, dass sie damit nicht klar kam/kommt (sowohl mit der Situation damals, als auch mit meinem Verhalten). Und da gebe ich dir vollkommen Recht, auch das ist Freundschaft soetwas ansprechen und aussprechen zu können.
Ich habe ihr auch schon gesagt, wie es im Moment um mich steht, dass ich bei einer Psychologin ein Erstgespräch hatte und diese mir ohne Umschweife klar gemacht hat, dass ich dringend Hilfe brauche und wir die nächsten Termine festgelegt haben. Ich habe ihr auch gesagt, dass ich einfach wahnsinnige Angst habe zu ihr zu fliegen (aus oben bereits genannten Gründen). Sie sieht darin kein Problem und hat mich fast angefleht, dass ich kommen soll, sie würde sich so darauf freuen. Ich wünschte, ich könnte mich auch freuen. Sie meinte, ich könnte mich ja jederzeit zurück ziehen, ich glaube aber auch, sie unterschätzt die Situation. Oder interpretiere ich zu viel in mein Verhalten rein? Ich will ihr auch keinesfalls irgendwie zu Nahe treten oder sie verletzen, erschrecken o.ä.

Ich bin im Moment mit der Situation irgendwie ziemlich überfordert.
Dabei sollte ich mich darauf freuen mal wieder zu verreisen und sie nach Monaten mal wieder zu sehen.

LG
Blaubeermuffin
bigappel
Beiträge: 1488
Registriert: 10. Dez 2010, 08:10

Re: Ein paar Tage fort von zuhaus, Panik macht sich breit.

Beitrag von bigappel »

Liebe Muffin,

ich finde Deine Zeilen sehr bewegend, sehr ehrlich und so von ferne, ohne Dich zu kennen, empfinde ich es so, dass Du auf einem tollem Weg bist.

Du erkennst für Dich, Hilfe zu benötigen, Sachverhalte aufzuarbeiten und läßt dies zu, kannst es zulassen. Das finde ich richtig toll!

So, wie es bei mir ankommt, liegt Deiner Freundin sehr viel an Dir.
Das ist schön.

Ich kann Deine Not empfinden, wie gerne Du ihr versichern würdest, Dich zu freuen, so wie sie und ihr dieses Gefühl auch zu vermitteln. Aber dieses Gefühl ist möglicherweise gerade nicht bei Dir; möglicherweise kannst Du dies momentan einfach nicht empfinden und dies ist keiner Schuld, sondern dies ist ggf. bedingt durch die Erkrankung.

Nun ist die Erkrankung im Grundsatz kein Freibrief für alles (ich kann nicht, weil ich ja krank bin - Opferstellung -), aber eine Erklärung.

Ich bin ja selber Angehörige und kann Dir von Herzen versichern, dass es schwer ist, ohne Vorkenntnisse, ohne das Vermögen, die Situation, das Erleben, das Nichtfühlen des Erkrankten richtig nachvollziehen zu können, dies alles zu verstehen.
Da ist kein böser Wille des Angehörigen/Freundes oder irgendeine versteckte Schuldzuweisung an den Erkrankten; man muss sich erst damit beschäftigen und auseinandersetzen um einen Weg zu finden, damit umzugehen.

Deine Freundin hat nach meinem Empfinden sehr freundschaftlich reagiert und will Dir allen Raum geben, den Du benötigst.
Ja, vielleicht kann sie die Situation und den gesamten Umfang noch nicht vollständig erfassen, aber es erscheint mir so, als ob sie bereit wäre, zu lernen, dies zuzulassen.
Das ist gut!

Ich denke, Ihr seid auf dem richtigen Weg und wenn Du momentan noch nicht bereit bist zu reisen, dann lass es.

Vielleicht wäre es auch eine Alternative für Dich, wenn Du ihr von diesem Beitragswechsel eine Kopie zukommen läßt um zu sehen, wiesehr Du Dich damit auseinandersetzt, welche Mühe Du Dir gibst. Das tut man nicht, wenn einem der andere egal ist. Sie wird das bestimmt zu schätzen wissen.

Fühl Dich mal gedrückt!
Alles Liebe

Pia
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
Antworten