Umzug - jetzt oder nie

[Cara81]

Hallo ihr,

momentan wohne ich in einer Stadt, in der ich mich nicht wohlfühle. Wenn ich aus dem Fenster sehe, sehe ich nur grau. Häuser, Straßen und Menschen. Die Menschen sind natürlich nicht grau, aber sie wirken so auf mich. Man sieht kaum jemanden mit guter Laune, alle wirken so verkniffen. Das zieht mich alles so runter.
Ich habe schon als Kind hier gewohnt und mich damals schon fehl am Platze gefühlt zwischen den ganzen Meckerfritzen hier. An allem mäkeln die Menschen nur rum. Ich weiß nicht ob das so eine typische Ruhrpott-Kleinstadt-Eigenschaft ist? Hm...
Ich habe auch schon woanders gewohnt, da kam es mir ganz anders vor. In Düsseldorf zum Beispiel, ich hab mich da viel wohler gefühlt und fühlte mich nicht so von Trauerklößen umzingelt.
Jetzt bin ich halt, duch ein paar komplizierte Gründe wieder hier gelandet, was ich nie wollte. Und habe eigentlich nur noch jetzt die Möglichkeit, diese Stadt hinter mir zu lassen. Mein Sohn kommt nächstes Jahr in die Schule, dann will ich nicht mehr umziehen. Ich möchte, dass er zumindest sein letztes Kindergartenjahr da verbringt, wo er nachher auch zur Schule geht. Also bleiben mir noch ca zwei Monate für eine Entscheidung, die mich eigentlich momentan absolut überfordert.
Ich hab Angst, überstürzt zu handeln. Gleichzeitig fürchte ich, den letzten Zug zu verpassen und hier zu versauern.
Ich habe vor einiger Zeit ein kleines Häuschen (wirklich seeeehr klein) im Münsterland geerbt, mit Garten und drumherum viel Natur, so wie ich es am liebsten mag.
Das wäre eine Möglichkeit. Es müsste noch einiges gemacht werden - aber durch die gesparte Miete wäre das ja finanziell möglich. Auf Dauer müsste man anbauen. Wäre aber alles machbar, muss ja nicht sofort sein.
Mich zieht es wirklich hier weg und dahin. Wenn wir mal ein Wochenede oder länger da verbringen geht es mir gleich besser, ich kann durchatmen, im Garten arbeiten, einfach mal eine Zeit lang in der Hängematte entspannen....

Meine Sorge ist die: Ich weiß einfach nicht, ob ich die Sache nicht (krankheitsbedingt) überstürze und nachher bereue. Ich hole meine Kinder aus ihrer gewohnten Umgebung, sie müssen in einen neuen Kindergarten, und und und... Sie machen sowieso schon viel mit mit mir (auch krankheitsbedingt) und dann auch noch ein Umzug? Andererseits ist das jetzt wirklich erstmal die letzte Chance hier wegzukommen...

Soll ich es wagen? Was soll ich tun und wie kann ich die langfristig richtige Entscheidung finden?

Liebe ratlose Grüße,
Cara

[Antiope]

Hallo Cara,

"jetzt oder nie" - da hätte ich zuerst gesagt: "Wenn Du es eilig hast, gehe langsam!!!"

Der Druck "ich MUSS JETZT!!!" klingt im ersten Moment viel zu stark.

Das war der erste Eindruck.

Nach dem Lesen ergibt sich ein wesentlich differenzierteres Bild.
Du fliehst nicht, sondern würdest auf ein Ziel zugehen.

Prinzipiell würde es auch später gehen. Das Häuschen läuft nämlich nicht fort.
Dieser Druck machst Du also Dir eher selbst.

Klar, Kinder tun sich mit solchen Veränderungen schwer, wenn man sie jedoch entsprechend vorbereitet, dann packen sie es gut.
Wie sieht die Infrastruktur dort aus?
Hast Du dort Kontakt?

Hat Dein Sohn dort Spielkameraden? Wie geht es ihm dort?
Ist er Feuer und Flamme, wenn ihr dorthin fahrt - oder hast Du dann einen überaus nörgeligen Mitfahrer?

Was ich oberspannend finde, Du selbst hast das Gefühl, dass es Dir dort wohler geht.

Wie ging es Dir, wenn ihr dort länger geblieben seid? Wie ging es Deinem Kind / Deinen Kindern?

Frage: wie würde die Situation in 5 Jahren sein? Einfach von jetzt aus gefühlsmäßig weitergelebt? Das könnte Dir einen Anhaltspunkt geben, wie Du es erlebst.

Egal, wie Du Dich entscheidest: es ist
*nicht* die letzte Chance.

Wie wäre es, jetzt die nächsten zwei Monate dort zu leben? Angst oder Freude?
Nach dieser Zeit könntest Du immer noch zurück - wenn ihr alle noch wolltet ...

[FarinaVakantie]

Hallo Cara,
wenn finanziell alles problemlos zu machen ist, dann würde ich persönlich den Schritt wagen.

Sind die Kinder denn so superglücklich in ihrer jetzigen, gewohnten Umgebung? Oder wie gefallen ihnen die Wochenenden auf dem Lande?

Die Kinder sind (so wie ich das lese) noch klein, sie werden im neuen Kindergarten neue Freunde finden und sich einleben.

Wenn es Dir dort auf dem Lande besser geht, haben sie doch auch mehr von Dir.

[Blaubeermuffin]

Ohne die weiteren Hintergründe zu kennen, würde ich ganz spontan sagen: Wage den Schritt. Deine Kinder finden sich sicher, grade wenn sie noch so klein sind, in ihrer neuen Umgebung zurecht. Wichtig ist, dass du deinen Frieden findest und den auch ausstrahlen kannst. Damit hilfst du deinen Kindern auch ein ganzes Stück, das ist zumindest meine Meinung. Was bringt dir ein Leben in einer verhassten Umgebung? Kinder wechseln noch so oft ihre Freunde in dem Alter. Ganz, ganz wenige bleiben von den ersten Lebensjahren an bis ins "hohe Alter".

Ich wünsch dir ganz, ganz viel Mut und Kraft. Versuche vielleicht für dich zuerst einmal eine Pro- und Contraliste zu machen. Lass dir dafür Zeit und tausch dich auch mit deinen Kindern aus, soweit möglich. Kindermund tut Wahrheit kund und öffnet dir vielleicht auch eine andere Sichtweise, so klein sie auch sein mögen. Ich möchte damit nicht sagen, dass du auf der Meinung deiner Kinder eine Entscheidung fällen sollst, dafür sind sie natürlich zu klein. Nur die Meinung einholen und sie einbeziehen wäre sicher nicht ganz verkehrt.

[pero]

Hallo Cara,
ich bin im letzten Jahr umgezogen. Habe 19 Jahre in einem schönen Haus gewohnt, aber die Umgebung hat mich auf Dauer nicht zufrieden werden lassen. Dazu kam noch das ich da relativ wenig soziale Kontakte hatte, aus ganz verschiedenen Gründen.

Jetzt wohne ich in einer Kleinstadt direkt am Wald, habe (im WInter) Blick auf den See und wohne da wo andere Leute Urlaub machen.

Aber das wichtigste daran ist das soziale Umfeld. Ich habe Freunde die schon lange hier leben und darüber habe ich in kurzer Zeit sehr viele gute soziale Kontakte bekommen. Und das ist wesentlich mehr wert als die Umgebung.

Daher würde ich Dir durchaus Mut machen es zu tun, aber vielleicht wäre es sinnvoll sich vorher den neuen Wohnort ein paar Tage genauer anzusehen. Müsste doch möglich sein dort mal ein paar Tage zu verbringen und zu schauen welche Möglichkeiten es vor Ort gibt. Welche (Sport)-Vereine, VHS-Kurse, Bürgerinitiativen usw...

Dir sollte aber auch klar sein das ein Umzug (und Sanierung eines Hauses) durchaus auch viel Stress bedeutet. Aber mit einem guten sozialen Umfeld kann man das auch durchaus bewältigen.
Schwieriger wäre es wenn man so etwas allein, also ohne Freunde, durchziehen muss...

lg
pero

[Cara81]

Hallo ihr Lieben,
erstmal sorry für die etwas späte Rückmeldung. Ich musste erstmal über eure Anregungen nachdenken und das dauert im Moment halt etwas länger bei mir

Also, lieber Chris,
mir ist der Druck auch zu viel. Das ist ja eigentlich mein Hauptproblem. Klar, man könnte auch noch später umziehen. Aber ich möchste ja, wenn es irgendwie geht, vermeiden, dass mein Sohn dann schon in der Schule ist. Ich finde es auch wichtig, dass er da zur Schule kommt, wo er das letzte Kindergartenjahr verbringt. Und das beginnt nunmal nach diesen Sommerferien :/
Klar, es ginge auch noch später - aber ich denke, dass ich es meinen Kindern damit sehr viel schwerer machen würde. Abgesehen davon, dass ich die Psychotherapie dort beginnen könnte (bisher nehm ich nur ADs), und mir so einen Wechsel des Therapeuten ersparen würde.

Die beiden Kleinen sind sehr gerne dort. Es gibt auch noch mehr Kidner da, die sind allerdings - vor allem für meine Tochter - zu alt. Mein Sohn spielt manchmal mit denen, ideal ist es allerdings nicht. Wobei ich denke, dass sie durch den Kindergarten dann schon gleichaltrige Freunde finden werden.
Die längste Zeit die wir bisher da verbracht hatten, war ca eine Woche. Das war immer sehr schön, hatte allerdings auch immer so einen Urlaubscharakter (war ja auch irgendwie Urlaub).
Mir hilft es einfach schon ungemein weiter, wenn ich morgens nach dem Aufstehen einfach zur Tür raus gehen kann ins Grün, und da erstmal in Ruhe einen Kaffee trinken kann.

Gute Idee, vielleicht mal testweise eine Zeit lang dort zu bleiben - dagegen spricht nur der Kindergarten. Ich kann die beiden ja schlecht so lange da rausnehmen...

Josefiene,
gute Frage - so superglücklich sind sie hier laube ich auch nicht. Wobei ich das ja zu einem großen Teil mir zuschreibe Ich bin einfach nicht in der Lage, ihnen großartig was zu bieten. Andere Kinder zu uns nach Hause einladen oder so, das geht gar nicht. Auf den Spielplatz gehen ist für mich eine Riesenüberwindung. Solche Außer-Haus-Sachen machen wir meistens mit dem Papa zusammen, da geht das halbwegs.
Ich weiß nur nicht ob sich das dort ändern würde, das ist einfach krankheitsbedingt

Vielleicht hätte ich dort die Kraft dazu, ich weiß es wirklich nicht. Aber dafür muss man es zumindest versuchen, um das zu erfahren. Vielleicht beschleunigt es zumindest Fortschritte der Therapie und das wäre ja auch schonmal was.
Blaubeermuffin, ich merke auch, dass sich meine innere Unordnung auf die beiden Kleinen auswirkt. Ich kann einfach nicht so auf sie eingehen, wie sie es brauchen. Mit ihnen zu spielen raubt mir den letzten Nerv - das wird langsam besser, es gibt aber immernoch viele Tage, an denen ich denke, dass ich für die beiden eine Zumutung sein muss. Noch ein Grund, es zumindest zu versuchen, ob sich das in dem Häuschen bessern würde. Ich will den beiden endlich wieder das bieten, was sie verdient haben Naja, das ist ein ganz eigenes Thema.
Ich hab nur Sorge, dass ich zuviel Hoffnung in den Ortswechsel setze und es dann nachher ganz anders kommt.

Die Pro-Contra Liste werde ich machen. In meinem Kopf gehts eh nur drunter und drüber, vielleicht krieg ich so einen Überblick.

Wenn ich die Pläne für mich etwas konkretisiert habe, werde ich die beiden dazu fragen. Im Moment will ich keine unnötige Verwirrung stiften.

Pero, ich hab schon Leute, die mir helfen mit dem Umzug. Enge Freunde hab ich da allerdings nicht. Meine besten Freunde sind aber sowieso über ganz Deutschland verstreut und meist eher telefonisch mit mir verbunden, bzw manchmal zu Besuch übers Wochenende. Hier habe ich keine wirklich engen Freundschaften, das ist alles eher oberflächlich - was wahrscheinlich auch daran liegt, dass ich zumindest im Moment niemanden näher an mich heranlasse.

Die Situation würde sich also nicht wirklich ändern. Vielleicht werde ich durch den Umzug ja wieder etwas offener, es gibt dort schon einige nette Nachbarn.
Klar, der Umzug wäre sicher stressig... Die Sanierung kann zum Glück größtenteils nach und nach gemacht werden, ein paar Sachen müssten aber sofort erledigt werden. Kamin einbauen, Bad erneuern und ein paar Kleinigkeiten.

Ich fang jetzt mal an, das ganze zu Papier zu bringen. Als Pro fällt mir gerade noch ein: Wir könnten dort eine Katze haben, das wäre für uns alle drei toll

Ich danke euch schonmal und schicke euch gaaanz liebe Grüße,
Cara


P.S.: Wow, der Beitrag ist ja lang geworden, sorry!

[Antiope]

Liebe Cara,

ich verstehe die Argumentation mit den Kindern ...

Nun, ich wollte nur aufzeigen, dass der Druck, "jetzt sofort" nur in Deinen Augen besteht.
Damit machst Du es Dir noch schwerer - gerade weil es im Moment nicht so einfach mit diesen Entscheidungen ist.

Wenn es Dir gerade nicht gut geht und Du gerne umziehen würdest, aber später, würde es genauso gehen.

Wenn Du nur deshalb umziehen willst, *weil* es Dir gerade nicht gut geht, dann ist es eher weniger gut.

Warum kannst Du die Kinder nicht für zwei Wochen aus dem Kindergarten rausnehmen?

Gibt es dort ein Kindergarten vor Ort, eine Schule? Wie sieht es mit Ärzten und Einkaufsmöglichkeiten aus?

[Cara81]

Hi Chris, klar, es ginge auch noch später, nur halt unter weniger optimalen Außenbedingungen - dafür vielleicht mit besseren "Innenbedingungen"?
Es gibt einen Kindergarten und Schulen in der etwas größeren Nachbarstadt, das sind aber auch nur 6 km oder so, also kein Problem. Ob es einen Schulbus gibt, der bei uns lang kurvt bezweifle ich aber sehr. Das wäre natürlich etwas blöd auf lange Sicht... Müsste ich dann mal rausfinden. Ärzte usw sind vorhanden, auch in der nächstgelegenen Stadt. Kinderärzte und auch ziemlich viele Psychotherapeuten auf einem Haufen, was mich überrascht hat.
Ich kann die Kinder schon zwei Wochen aus dem KiGa lassen, aber wenn, dann müsste es ja auch etwas länger sein, denke ich. Zwei Wochen würden sich, schätz ich jedenfalls, wieder nur wie Urlaub anfühlen.
Oder mach ichs mir jetzt nur wieder unnötig schwer? Ich hab keine Ahnung...
Liebe Grüße,
Cara

[pero]

Hallo Cara,
also mir wäre der Ort zu klein. Ich bin in so einem kleinen Ort aufgewachsen und das würde ich heute weder mir noch meinen Kindern antun (wenn ich welche hätte).
Das bedeutet nämlich auch das ihre Schulfreunde auch min. 6 km weit weg wohnen, da ist nix mit mal eben da hin.
Und soziale Kontakte gibt's da bestimmt auch nur mit den direkten Nachbarn und wenn man die nicht mag wird's finster. Dürfte auch nicht einfach sein da in die Dorfgemeinschaft reinzukommen wenn man dort keinen kennt. Vereine wird's auch nicht geben und jeder Einkauf, jeder Arztbesuch geht nur mit dem Auto.
Das wäre definitiv nix für mich.

lg
pero