nur glücklich, wenn ich leide???

[sisay]

Hallo liebe Foris,

ich bin neu hier und sehr froh dies Forum gefunden zu haben. Die einzelnen Postings hier erinnern viel an meine eigene Situation, die Fälle hier sind klar ganz anders gestrickt, aber die Resultate der jetzigen Gefühle sind wie meine eigenen.

Ich bin 38 Jahre alt und bis vor ca. zwei Jahren war ich meiner Depression gar nicht bewusst. Ich habe immer den Sonnenschein und Clown vorgetäuscht, musste eben funktionieren, in der Partnerschaft, als Mutter und als Arbeitnehmerin. Immer lächelnd, immer freundlich immer JA-sagend.
Heute - jetzt - habe ich arge Probleme mich abzugrenzen. Nachmittag ist meine Bude voll mit 180 Kindern ( meist 4 mit meiner kleinen Tochter ) und die Terasse überfüllt mit Bekannten. Ich möcht das gar nicht, aber nein sagen mag ich nicht, also wieder lächelnd.

Eigentlich kann ich mich nicht beklagen, JETZT habe ich viele Freunde und Bekannte, die mich schätzen, ich habe eine wunderschöne Wohnung, tolle Kinder und eine sehr gut laufende Beziehung, die mir viel Halt gibt.

Ich habe Angst vor dem Glücklich sein, dass ich tief - tief falle, ich kenn das Glücklichsein nicht (kindheit war miserabel mit Schlägen, Abneigungen, Mißbrauch etc.) und LIEBE, was ist das nochmal? Wenn ich aber leide und weine, dann gehts mir gut - merkwürdig oder?

Anerkennung meiner selbst wegen, kann ich kaum ertragen, kommt aber jemand daher und sagt mir ins Gesicht, ich sei *doof* dann nehm ich es an, weil stimmt ja auch.

Z.Z. sitze ich grad so tief, ich habe aufgrund dessen meine arbeit verloren, bekomme nichts im Haushalt gewuppt, ich habe keine Tagesstruktur mehr. Tagesklinikplatz habe ich erst ab mitte August, da meine kleine Tochter im Juli 6 Wochen Ferien hat und ich keine Betreuung für sie habe.

erstmal bis hierhin . . .

schräge Grüße
sisay

[pero]

Hallo sisay,
Jede Depression ist anders, weil auch jeder Mensch anders ist.

Ich kann durchaus verstehen was in Dir vorgeht.
Du bist in einer Depression, das bedeutet in den meisten Fällen das Du Dich selbst im Moment sehr negativ bewertest, das Du Dich als "Unwert" wahrnimmst.
Und dann kommt einer der Dir das genau so sagt und Dich damit bestätigt.
Ja wunderbar, er hat recht und Du hast recht, da musst Du Dich doch wohlfühlen oder?

Aber warum hast Du dann so viele Bekannte? Nur weil Du so klein und egoistisch bist? Wohl kaum.
Ich glaube vielmehr das Du Dich mit vielen positiven Dingen überforderst und dabei deine Belastungsgrenze überschritten hast. Du hast also keine Energie mehr, bist leer, ausgepumpt. Und weil Du Dich so leer fühlst bist Du nichts wert, denkst Du.
Ich sehe das anders. Daher bin ich froh das Du Hilfe suchst. Das zeigt das Du Dich noch (oder vielleicht schon wieder) wahrnehmen kannst und die Situation nicht mehr so hinnehmen willst. Das finde ich extrem gut und wichtig.

Ich weiss aus eigener Erfahrung das die Wartezeiten unglaublich lang sind. Vielleicht wäre es eine Idee mit dem Arzt über Medikamente zu sprechen. Zumindest um die Zeit bis zum Beginn der Therapie zu überbrücken.
Ich nehme aus diesem Grund Medikamente...
Ist zumindest eine Option.

Aber ich glaube das Du schon auf dem Weg bist, auch wenn es noch ein langer Weg ist. Bleib dran.

lg
pero

[sisay]

Hallo pero,

ich bleib dran, keine Frage und dass ich mir jetzt Hilfe suche, da bin ich ganz stolz auf mich.

Medis nehme ich schon seit über einem Jahr, die helfen auch ganz gut, ich komme gut über den Tag, grübele nicht die ganze Zeit und zweifle nicht mehr so an mir...

ich habe keine Geduld mit mir selber, ich will immer alles ganz schnell und ganz richtig... ist nicht machbar, das ist klar, aber mein Gefühl sagt, es reicht noch lange nicht.....

[wennfrid]

Hi Sisay
Ich denke, du leidest unter einer larvierten Depression. (maskiert) Nach außen alles cool, aber innerlich todtraurig.
Bedenke: Wenn du immer das tust, was du immer getan hast, bekommst du das, was du immer bekommen hast. Eine Änderung ist immer möglich, aber nicht einfach. Widerstand wird sich einstellen und es braucht viel Geduld. Von heute auf morgen geht gar nix.

[catse82]

Hi Sisey,

hast du schon mal überlegt dir jemanden zu suchen der das Neinsagen unterstützt, z.B. dein Partner (oder eine gute Freundin), er könnte ja mal Freunde ausladen, wenn dir es zu viel ist. Und die Kindertreffen mit Bekannten, können die nicht auch mal wo anders stattfinden? Ich weis das es schwer ist, aber versuch doch mal nachzufragen, ob man sich mal wo anders trifft. Und wenn es nur der Spielplatz ist. Da kannst du ja gehen wenn es dir zuviel wird und musst kein schlechtes Gewissen haben wenn du deine Bekannten vor die Tür setzt.

Wer weis eigentlich bescheid, wie es dir wirklich geht? Versuch dir Helfer ins Boot zu holen.

Thema Lob anerkennen:
Das kenne ich nur zu gut, wie soll das gehen wenn man es Jahre lang gesagt bekommen hat, so behandelt wurde und es gelernt hat, das man "Sch...." ist. Du hast aber schon einen wichtigen Schritt gemacht, du hast es erkannt und hinterfragst es (wenn auch nicht bewusst), ob es wirklich stimmt. Du kennst dich in dem Punkt und das ist meiner erachtens der erste Schritt etwas zu ändern.

Thema professionelle Hilfe:
Tagesklinik geht nicht wegen Ferien deiner Tochter (ich gehe mal davon aus, dass sie Schulkind ist und man sie für 2-3h auch mal allein lassen kann). Wer hat sich den um deine Tochter gekümmert als du noch gearbeit hast? Kannst du nicht Partner oder Oma`s, Bekannte aktivieren? Vielleicht kannst du ja auch in der Tagesklinik nachfragen ob du geänderte Zeiten bekommst (Z.B. nur von 8-14 Uhr, 1-2Tage frei in der Woche) oder das du nach Hause gehst in Leerlaufzeiten (je nachdem wie weit weg du wohnst)
Was meinst du, würde deine Tochter davon halten in den Ferien zum Ferienhort oder in ein Ferienlager zu gehen? Frag sie doch mal? - Sind alles mal Ideen, vielleicht fällt dir ja auch noch was ein. Und wenn du dich nicht traust andere zu fragen, berede es mit deinem Partner, er kann dich bestimmt unterstützen.

Hast du eigentlich einen ambulanten Therapeuten der dich unterstützen kann? Oder Psychiater?

Ich hoffe ich konnte dir ein paar Anregungen geben, was du vielleicht versuchen könntest. Schau mal ob was für dich dabei ist.

LG Cloud

[Antiope]

Hallo Sisay,

Dein Satz, dass Du Dich nur "glücklich" fühlst, wenn Du unglücklich bist, hat mich "getroffen".

In meiner Familie ist das eine Art "Grundeinstellung"; zusätzlich spielen wir das Spiel "Allerärmster Hund auf der Welt".
Will damit sagen: diese Frage, Feststellung, Verzweiflung kenne ich nur zu gut. Und manchmal frage ich mich, ob ich es immer noch nicht hinter mir lassen konnte.

Für mich hat die Erkenntnis geholfen, dass es ein perverses Familienspiel ist, weil nur dadurch jemand "Anerkennung" bekam oder sich aus der Verantwortung, nein zu sagen, stehlen konnte.
Irgendwann habe ich mir quasi "erlaubt", glücklich zu sein - nein, war nicht einfach so, "okay, Du darfst", sondern das Gefühl zuzulassen, es ist gerade okay so im Moment. Und nur diesen einem Moment "spüren". Keine Bewertung, ob gut, schlecht, oder sonstwas.

Vielleicht hilft Dir ein schriftlicher Vertrag mit Dir selbst, das Gute fühlen zu dürfen.

Ist Dir der Trubel ums Haus rum zuviel oder würde es schon passen - wenn da nicht das perverse schlechte Gewissen wäre, dass es Dir besser geht, wie Deine Mutter/Dein Vater/Deine Familie oder sonstwer Dir zugestehen würde?

Wenn es zuviel wäre, muesste man schauen, wie es weniger Belastung für Dich wird.
Wenn es okay wäre und es nur manchmal zuviel wäre, dann wäre es eine "Erlaubnis" wert, dass Du Dich regelmäßig zurückziehen "müsstest", um wieder zu Dir selbst zu kommen.

[sisay]

Hallo ihr lieben

viele meiner Freunde und auch mein Partner unterstützen mich mit dem NEIN-sagen, bzw mein Partner ladet auch Leute wieder aus.

Z.z. bin ich in Therapie ( 1xWoche ) seit 1 1/2 Jahren, es brachte mich schon eine ganze Ecke weiter, sagt sie, aber ich erkenne kaum Erfolge. Keine Geduld mit mir selbst.

Es gibt Momente, in den ich übelst glücklich bin, aber dann überdenke ich die Situation und male mir Ungereimheiten ein, lasse mich darin gehen und unterstelle meinen Liebsten völlig blöde Sachen.

Unglücklich, ja das war ich in meine Kindheit, mehr als genug - Aufmerksamkeit dennoch gleich NULL

Mutter war 18 Stunden arbeiten, Vater war 18 Std saufen. Keine Zeit fürs Kind, keine Liebe, keine Zärtlichkeit nur Vorwürfe und Ablehnung......wobei für mich DAS dann Liebe war.

Tränen - benetzen gerade mein Gesicht, meld mich später

[Antiope]

Ach sisay,

"übelst glücklich" - S. Freud würde jubeln ...

Erlaube Dir heute, glücklich zu sein, ohne wenn und aber.
Erlaube Dir jetzt, traurig zu sein.

Du bist gut genug.
Du darfst Dir das Glücklichsein abholen. Es steht Dir zu. Heute und Morgen.

[sisay]

von antiope

>>Erlaube Dir heute, glücklich zu sein, ohne wenn und aber.
Erlaube Dir jetzt, traurig zu sein.

Du bist gut genug.
Du darfst Dir das Glücklichsein abholen. Es steht Dir zu. Heute und Morgen.<<

Diese Worte - einfach genial und so richtig, vielen Dank

[sisay]

huhu ihr lieben,

nun will ich mir hilfe holen, damit die wartezeit ( bis mitte august ) nicht ganz sooooooooo elendig lang ist, da ist jetzt meine Thera im Urlaub, unser DRK hier in der Stadt hat erst wieder anfang sep 2011 freie Termine, die mich mit *ergo* und Beratung in meiner Wohnung behilflich sein könnten.

Gerade erst heut morgen dachte ich so, mensch *sisay* nimm deine krankheit endlich an, nimm auch deine vergangenheit an, die kannst du eh nicht mehr ändern, es ist - wie es ist, lerne damit zu leben und nicht dagegen-an-zu-leben und dir somit all energie, die du für deine kids und liebsten gebrauchen könntest, zu verschleudern.

aber so ganz ganz dolle allein ( allein ohne fachleute)

aber der anfang ist gemacht, ich weiss worum es geht, ich muss es nur noch in meinem kopf umsetzen.......

@@@@@ hier nochmal an Cloud
meine tochter geht in die erste klasse, ich kann sie noch nicht alleine zu hause lassen, als ich noch gearbeitet habe, war sie im hort, dieser hort kostet mich allerdings 150€ und die hab ich jetzt nun nicht mehr übrig und der hort hat nur zwei wochen geöffnet, oma&opa ( meinserseits ) arbeiten selber, (väterlicherseits) leben in südamerika, freunde und bekannte könnten klar mal aushelfen aber ganze 6 wochen, das wäre z.z. zuviel für mich dies zu organisieren, vater der kleinen pfffffffff geht gar nicht, weil er nicht will

have a nice day ;o))