was ich vermisse

ghm
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was ich vermisse

Beitrag von ghm »

Hallo Ihr Lieben,

nein, es ist kein Jammern

Wenn ich jemand auf der Straße traf war die Antwort auf die Frage "wie gehts Dir"

mit 20 : gut, Danke
mit 25 : den Umständen entsprechend gut
mit 30 : im Großen und Ganzem gut
mit 35 : geht so
mit 40 : man kommt so durch
mit 45 : muss gehen

heute weiss ich gar nicht mehr was ich sagen soll.

Es geht mir ja nicht schlecht, aber richtig gut auch nicht, es lange auf der Straße zu erklären habe ich keine Lust, aber Lügen will ich auch nicht.

Nein, es ist kein Jammern, aber dennoch, was ich vermisse ist die Leichtigkeit von früher, dieser Glauben, dass Alles gut wird und mein "Erfolg" im Leben nur von mir, meinem Willen und meiner Kraft definiert wird.

Ich komme mir zuweilen vor, wie ein angezählter Boxer im Ring.
Zwingt sich, nach jedem Treffer, immer wieder auf die Füsse, aber gut gehen ist was Anderes.
~~ Göttin, lass es Hirn vom Himmel regnen (und nimm den Menschen die Regenschirme weg) ~~
wennfrid
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Re: was ich vermisse

Beitrag von wennfrid »

Hi Gregor
Die Leichtigkeit der Jugend wechselt mit der Lebens-Erfahrung. Dieser Prozess ist leider unumgänglich. Jedes hat seine individuellen Vor- und Nachteile. Ich möchte heute nicht mehr auf meine Lebenserfahrung verzichten und bin froh, dass ich die Jugendzeit, zwar mit ihrer Leichtigkeit, aber auch mit jugendlicher Naivität hinter mir habe.
Viel Kraft und Energie

Fridolin
Liber
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Re: was ich vermisse

Beitrag von Liber »

Hallo Gregor,

vielleicht ist es eine Frage der Sicht, des Blickwinkels.

Im Lauf des Älterwerdens müssen wir wohl so langsam aber sicher begreifen, dass nicht alles in unserem Leben von unserer Kraft und von unserem Willen abhängt.

Aber das muss nicht unbedingt eine Einschränkung sein, sondern es kann auch eine Erweiterung der frühen Sicht der Jugend sein.

Bei mir ist es so, dass mir, WÄHREND ich am Boden bin, diese Sicht völlig verschlossen ist.

Aber manchmal gelingt es mir im Nachhinein mir anzuschauen, was da passiert ist, und eventuell sogar daraus zu lernen. Über mich selbst.

Wo war ich unachtsam mit mir? Wo habe ich "Löcher in der Straße" übersehen? Was ist meine Lernaufgabe? Mit der ich wohl mein ganzes Leben lang beschäftigt sein werde?

Aus dieser Sicht können die Treffer auch eine Chance sein ... auf Lernen, auf ein Hingewiesenwerden auf neue Wege. Und das eben nicht nach unserem Willen.

Es wäre schön, wenn ich mich trauen würde, auf die Frage "wie geht es dir?" zu sagen: "ich lerne".

Ich traue es mich bisher nicht, aber so als Möglichkeit ....

Viele Grüße

Brittka
La_crimosa
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Re: was ich vermisse

Beitrag von La_crimosa »

Hallo Gregor!
Es verwundert mich ein wenig, Dein posting zu lesen - bisher habe ich Dich immer als positiv denkenden Mensch erlebt, der mit der Schwere seines Lebens Einklang gefunden hat...

Zwei Aspekte schwingen für mich in Deinen Ausführungen:
1. Wie trete ich anderen Menschen gegenüber auf. Also: wie ehrlich bin ich. Oder: wieviel Raum gebe ich meiner Wahrheit.
Möchte ich dem Gegenüber meinen Zustand zumuten?
Wie ernst nehme ich die doch oftmals als Floskel hingesagte Frage nach der Befindlichkeit.

Schön finde ich die Antwort von Brittka: Ich lerne!
Ich für mich unterscheide immer, von wem die Frage gestellt wurde und je nachdem fällt die Antwort dann intensiver aus. Meistens spiele ich ein "Gut" jedoch vor...

2. Die Sehnsucht nach Leichtigkeit. Der Wunsch wieder unbedarft zu sein und nicht die Erfahrung der Schwere "im Nacken" zu spüren.
Ich glaube, dass es möglich sein kann, wieder eine Leichtigkeit zu spüren und zu leben. Vielleicht nicht die aus "jungen Jahren"... Aber eine Zufriedenheit, die Ruhe einkehren lässt, die frei ist von Ängsten und wieder die Kraft des Lebens spüren lässt.

Wie?! - meine Ressource ist mein Humor. Wenn ich den spüre, wenn der sich durch die Traurigkeit durchgewurschtelt hat - und vielleicht auch nur für einen Moment da ist, fühle ich eine Leichtigkeit...

Liebe Grüße,
Susanne
Salvatore
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Kontaktdaten:

Re: was ich vermisse

Beitrag von Salvatore »

Meine Standardantwort auf die Frage

"Wie geht es dir?" lautet:
- Am liebsten gut.

Lg, Salvatore
Blog: http://www.oddyssee.de
Instagram: Oddysee@meine_oddyssee
Crove
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Re: was ich vermisse

Beitrag von Crove »

Hallo Gregor,

je mehr man weis - weis man auch welche fehler man gemacht hat. Das nimmt einem die Leichtigkeit. Neue Leichtigkeit will ich gewinnen indem ich aus meinen Fehlern lerne. Natürlich mit Rückschlägen und neuen Fehlern. Halt perfekt und unperfekt.

Ich muß auch nicht mehr alles Wissen manchmal ist das was man gelernt hat ganz schöner Blödsinn und machmal sind Fehler auch keine Fehler sondern Umstände.

Crove
anna54
Beiträge: 3713
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Re: was ich vermisse

Beitrag von anna54 »

Hallo Gregor
die Leichtigkeit geht verloren,bei vielen Krisen des Lebens.Ich finde sehr wichtig, mit einigen Menschen einen ehrlichen Austausch zu haben.
Der kurze Kontakt,wie auf der Straße,bleibt eine Fassade,die ich auch für andere kurze Alltagssituationen brauche.
Letztlich werde ich nur lächelnd akzeptiert,ich bekomme,was ich aussende,leider fehlt mir oft diese Kraft.
Dann ziehe ich mich zurück,bis ein Fundament mich wieder trägt. Das Forum ist ein guter Ort,um abzuladen,was im Alltagskontakt nicht möglich,da unerwünscht ist.
Hoffnung auf Verständnis wird immer wieder enttäuscht,so schütze ich mich.
Liebe Grüße
anna54
Antiope
Beiträge: 1695
Registriert: 10. Jan 2011, 21:38

Re: was ich vermisse

Beitrag von Antiope »

meine Antwort:
es ist, wie es ist.

oder, wenn es mir schlecht geht:
Oh ... Wie geht es Ihnen?
La_crimosa
Beiträge: 468
Registriert: 28. Mär 2010, 22:05

Re: was ich vermisse

Beitrag von La_crimosa »

Passend zu dem Thema "Leichtigkeit" mein Lieblingslied von Reinhard Mey: Viertel vor sieben:
http://m.youtube.com/index?desktop_uri= ... 1PL3KJFPss

Und für alle, die seine Musik nicht so mögen, hier der Text:
[ Lyrics from: http://www.lyricsmode.com/lyrics/r/rein ... ieben.html ]
Dunkle Regenwolken sind aufgezogen,
Die dämmerung fällt auf einmal ganz schnell.
Überm stahlwerk flackert blau der neonbogen
Die fenster im ort werden hell.
„Wo hast du dich nur wieder rumgetrieben,
Zieh´ die klatschnassen schuh´ erstmal aus.
Manchmal wünscht ich es wär nochmal viertel vor sieben
Und ich wünschte ich käme nach haus.
Und es soll sonnabend sein und es soll topfkuchen geben
Und der soll schon auf dem küschentisch stehen
Und eine kanne kakao und meine tasse daneben
Und ich darf die braune backform umdrehen
Schockoladenflocken mit der raspel gerieben
In der schaumkrone meines kakaos
REFRAIN
Ein brief zwichen zeitung und werbung im kasten
Erschüttert dein fundament
Anna und hans die so gut zusammenpaßten
Haben sich einfach getrennt
Wie hast du sie beneidet, zwei die sich so lieben
Und plötzlich ist doch alles aus
REFRAIN
Und vater soll im wohnzimmer radio hör´n
In den steinalten grundig versenkt
Und die haltung sagt mir bloß jetzt nicht stören
Und wenn er den blick auf mich lenkt
Mit der vorwurfsvoll´n geste die brille hochschieben
„Menschenskind wie siehst du wieder aus“
REFRAIN
Das fell wird dünner und leerer der becher
Der zaubertrank wirkt nur noch schwer
Der kummer ist tiefer der trost scheint schwächerUnd es heilt nicht alles mehr
Wo ist meine sorglosigkeit geblieben
Was machte erkenntnis daraus
REFRAIN
Nur einen augenblick noch mal das bündel ablegen
Und mit arglosem übermut
Durch dunkle wege der zuflucht entgegen
Und glauben können alles wird gut
Manchmal wünscht ich die dinge wär´n so einfach geblieben
Und die wege gingen nur gradeaus

Schönen Sonntach!
Susanne
ghm
Beiträge: 1665
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Re: was ich vermisse

Beitrag von ghm »

Hallo Ihr Lieben,

vielen Dank für Euer Mitgefühl.

@ Fridolin, ich liebe Naivität ( in nicht zu großen Dosen)

@ Brittka, "ich lerne", ganz heissen Dank, das ist es

@ Suse, Einklang gefunden? Leider noch nicht, es ist mein Ziel und ich versuche das Leben so zu sehen, aber noch bin ich auf dem Weg
Und herzlichen Dank für Reinhard Mey

@ Salvatore, ja, "am liebsten gut"

@ Crove, manche (wenige) Fehler sind Fehler,
die meissten sind erst in der Rückschau "Fehler", aber hätte ich sie nicht begangen, wäre ich heute nicht bei der Erkenntnis. Also sind sie oft eher "Erkenntnisbringer"

@ anna, zuweilen nutze ich auch den schnellen Schutz "geht scho", aber ich empfinde mich dann gleichzeitig auch als "Lügner".

@ Antiope, auch ein schöner Weg

"Ich Lerne" ist für mich passend und "am liebsten gut" schön schlitzohrig
~~ Göttin, lass es Hirn vom Himmel regnen (und nimm den Menschen die Regenschirme weg) ~~
Schwert10
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Registriert: 9. Mär 2011, 15:50

Re: was ich vermisse

Beitrag von Schwert10 »

Hallo Alle,

Mir ist gerade aufgefallen, daß ich auch als Jugendliche keine Leichtigkeit erlebt habe. Da müßte ich schon ins Kindesalter zurückgehen. Aber natürlich möchte ich auch einfach mal sagen können "Es geht mir prima!" Wichtig ist mir das aber nur bei Leuten, denen ich wichtig bin. Auch meine schwarzen Perlen werfe ich nicht vor die Säue. Da, wo die Frage nach meiner Befindlichkeit eine Floskel ist, antworte ich meist auch mit einer. Nur manchmal antworte ich ehrlich und teste mal die Reaktion. Man sieht sofort, ob jemand halbwegs darauf eingehen möchte oder sich innerlich schon in den A... beißt, daß er überhaupt gefragt hat.

Manchmal kann man nämlich auch die Erfahrung machen, daß jemand echtes Interesse hat, von dem man das nie gedacht hätte. Kommt nicht oft vor, aber wenn man nicht gerade damit rechnet, ist das auch nicht weiter schlimm.
Gelegentlich geht mir die Floskelhaftigkeit auch auf den Keks und ich antworte ehrlich, um den Anderen zu verwirren. Ist nicht nett von mir, ich weiß, aber ab und zu brauche ich das. Vor allem, wenn ich mich gerade in der etwas agressiveren Phase der D. befinde...

Wenn ich "Geht Schon" sage, ist das unter Umständen auch eine Chance für mein Gegenüber. Fragt es nicht nach, war es das, fragt es nach, ist es interessiert. Daß es mir gutgeht, sage ich auch aus Selbstschutz, wenn ich drüber reden will. Ich finde das nicht schlimm, selbst wenn es genaugenommen gelogen ist. Aber stehe ich denn jedem Menschen gegenüber unter Wahrheitspflicht ? Ich finde, das gilt nur gegen über Menschen, von denen ich weiß, daß sie mir wohl wollen.

Darf ich hier schreiben, was ich vermisse?
Ich vermisse das Gefühl, mein Leben selbst zu leben, und nicht von Anderen und irgendwelchen Umständen gelebt zu werden.
Ich lerne gerade , mein Leben wieder in die eigenen Hände zu nehmen , indem ich Achtsamkeit übe und darauf achte, ob das, was ich gerade tue, ein Müssen oder ein Wollen ist. Das ist eine Baustelle, bei der mir immer wieder zwischendurch das Material ausgeht, aber ganz langsam und immer öfter kann ich doch ein Stückchen weiterbauen...

wakora
Das Leben ist wertvoll

ob es nun strahlend ist wie ein diamant

oder dunkel wie kohle

beide sind aus demselben stoff.
La_crimosa
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Registriert: 28. Mär 2010, 22:05

Re: was ich vermisse

Beitrag von La_crimosa »

Ich war mal bei drei Therapeuten. Jeder der drei fragte mich zu Beginn der Stunde: Wie geht's?
Meine Antwort war bei allen: Und selbst?
Einer hat direkt erzählt, wie es ihm geht.
Einer hat verdutzt geschaut, und dann mit einem anderen Thema weiter gemacht.
Und nur einer hat nachgefragt: Wollen Sie mir nicht sagen, wie es Ihnen geht?

Lange Zeit was diese Gegenfrage meine "Masche", nichts von mir preisgeben zu wollen bzw. Nur an die, die durch Nachfragen in meinen Augen " wirkliches" Interesse zeigen.

Dadurch habe ich aber auch manchen vor den Kopf gestoßen...
tok
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Registriert: 29. Mär 2010, 22:16

Re: was ich vermisse

Beitrag von tok »

Meine Antwort auf die Wie gehts-Frage lautet einfach: Seit der Therapie geht es mir endlich gut.
Damit bringt man seinen Gegenüber allerdings meistens in arge Schwierigkeiten

@Suse72: Dein letzter Beitrag ist mal wieder typisch schlitzohrig (ja, ich weiß, das ist nicht gerade das, was du hören willst)
wütend

Re: was ich vermisse

Beitrag von wütend »

>>"Seit der Therapie geht es mir endlich gut."
Damit bringt man seinen Gegenüber allerdings meistens in arge Schwierigkeiten <<

Find ich eine super Antwort, wenn sie zutrifft. Trägt zur Enttabuisierung bei.
Und die Schwierigkeiten, die der andere mit dieser Antwort haben könnte, ist schließlich sein Problem, nicht meins. Ist doch nicht meine Aufgabe, ein für mich negatives Tabu zu stärken.
Antiope
Beiträge: 1695
Registriert: 10. Jan 2011, 21:38

Re: was ich vermisse

Beitrag von Antiope »

Ich weiß nicht, am ehesten würde vielleicht für Dich treffen: "Ja, bin auf dem Weg zu mir selbst".

Naja, manchmal frage ich dann einfach direkt zurück: "die nette oder die ehrliche Antwort?" Und dann kam dann schon mal der Rückzieher: "Nein, so habe ich das nicht gemeint..." Jaaaa, jetzt wirds spannend


Ich bin mir nicht sicher, ob es die Leichtigkeit der Jugend wirklich gab für mich. Eher das Ungestüm, die Blindheit.
Klar, manche Dinge gehen nicht mehr so leicht von der Hand, aber in ganz anderer Weise habe ich eine Art von Leichtigkeit gewonnen: ich muss nicht mehr immer müssen, ich muss nicht mehr immer und überall dabei sein, vorne sein, besser sein.

Ich erlaube mir, manchmal nicht zu müssen. Nicht das 7842. Museum im Urlaub mit einzigartiger heimatkundlicher Sammlung, nicht den unglaublich beeindruckenden Erlebnis-Seewelt-Park oder sonstwas.

Wie manche andere hasse ich eigentlich diese Frage. Und es ist überaus erstaunlich, wie wenig eigentlich auf die Antwort gehört wird, oder, noch schlimmer, sie nur gestellt wird, damit man selbst losjammern kann.
In meinen ganz dunklen Zeiten, wo es mir für jeden erkennbar schlecht ging, habe ich auf diese Frage nur mit der Gegenfrage reagiert:
".... Und wie geht es Ihnen?" Und in 999 von 1000 Fällen (gut, über einen mehr oder weniger streite ich nicht) kam dann der "unglaubliche Kummer" der anderen: "Tochter hat nur ne 2 geschrieben, habe dieses Jahr nicht mal 4 Wochen Urlaub auf den Malediven gehabt, darf mir nicht mal dieses und jenes Kleid anschauen, da sehe ich soooooo fett drin aus, fühle mich so schrecklich, der Friseur hat hier an den Seiten 3 mm zu kurz geschnitten, ..." dann fragte ich mir nur noch, wie wertlos ich bin, dass ich zum Holzpfosten degradiert wurde.

Nein, ich hasse dies Frage. Und selbst jetzt nehme ich die Frechheit heraus, selbst zu jammern.
DarkRaven
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Re: was ich vermisse

Beitrag von DarkRaven »

La_crimosa
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Re: was ich vermisse

Beitrag von La_crimosa »

Hallo DarkRaven!
Mein Gedankengut ist ähnlich: wen interessiert es wirklich?! - Aber ich glaube, damit tut man denjenigen, die echtes Interesse haben, unrecht!

Spannend finde ich zu schauen, was die Frage bei mir auslöst ( also ähnlich dem Eingangsposting von Gregor).

Zuerst einmal schaue ich nach Indizien, wie ernst es jemand meint... Dann frage ich mich, wie ehrlich will ich zu dem Gegenüber sein... Je nachdem muss ich dann wirklich erstmal inne halten und spüren, wie es mir geht - das weiss ich nämlich häufig nicht... ( und dann ist ein oberflächliches gut das Einzige, was ich sagen kann)... Und die Frage dabei: will/kann ich überhaupt erzählen?! Und...

Das alles in Sekundenschnelle...

Eigentlich werde ich lieber nicht gefragt, wie es mir geht...
rm
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Re: was ich vermisse

Beitrag von rm »

Guten Abend, Gregor und alle hier....

Was ich so interessant finde, ist die Sache mit der Ehrlichkeit. Für mich tut sich die Frage auf: von wem und wann kann ich eigentlich erwarten, ganz und gar ehrlich und offen zu mir zu sein, wenn ich mich nicht zu selten selbst dabei 'ertappe', nicht mal ehrlich zu mir selbst zu sein ?!

Wenn ich selbst vielleicht, nur mal angenommen, eigentlich nach außen hin mit meinen Körpersignalen eine Botschaft sende, daß ich nicht angesprochen werden will, weil ich mir über meinen Zustand selbst unbewußterweise garnicht im Klaren bin,...

...und dieses Signal -oft nonverbal- so auch bei dem Gegenüber ankommt, er/ sie aber trotzdem mit ' wie geht's' - reagiert, weil er/sie es so gelernt hat, es evtl.einer Regel entspricht, die er/ sie so verinnerlicht hat, ohne groß nachzudenken...

...oder selbst von der vielleicht unerwarteten Begegnung überrascht wurde und etwas übereilt nach der Befindlichkeit fragt, weil ihm/ ihr nichts besseres gerade einfällt oder er/sie gerade keine Zeit hat..

...so ist es meiner Ansicht nach nur zu menschlich, daß da keine tiefergehenden Gespräche möglich sind. Ich glaube allerdings auch, daß es in solchen Fällen besser wäre, nur ganz klar mitzuteilen (von beiden Seiten aus), daß ich z.B. gern mehr erzählen/ wissen möchte, ich aber jetzt nicht den passenden Raum dafür sehe.

Oft entwickelt sich bei anderen Gelegenheiten m.E. aber dafür unerwartet ein wertvolles Gespräch, was ich dann so von diesen Menschen (wie diese auch von mir) nicht erwartet hätte. Aber wie gesagt: alles zu seiner passenden Zeit. Und die zu erwischen, ist sogar bei eng befreundeten Menschen manchmal schwierig, finde ich.

Und außerdem: es errreichen in den meisten Fällen ganz wenige Menschen dauerhaft eine so vertrauensvolle Beziehung, daß sie immer und zu allen Zeiten ehrlich zueinander sein könnten, so jedenfalls meine Meinung. Und ich glaube auch, daß es nicht sinnvoll ist, immer und alles bis in's kleinste Detail ehrlich und offen darzulegen, denn wie schon zu Anfang erwähnt: manchmal kenne ich mich (und auch meine 'dunklen' Seiten) selbst noch nicht so richtig. Was wäre dann in diesen Momenten wahr oder ehrlich?

Aber ich glaube, jetzt bin ich ein wenig off topic.... .

Und jetzt ganz ehrlich:
Schlaf/ schlaft erst einmal gut!
Das wünsche ich Dir/ Euch.

Reinhart
jonesy
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Re: was ich vermisse

Beitrag von jonesy »

Hallo Gregor,
ich glaube, wenn man einmal um die Dunkelheit weiß, wird man nie wieder diese unbedarfte Leichtigkeit erreichen, die man davor hatte.
Die Frage danach wie es mir geht, versuche ich immer häufiger ehrlich zu beantworten.
An ganz vielen Tagen antworte ich: Ich weiß es nicht so genau.
Ich mag diese Frage nicht, weil ich sie ganz häufig einfach nicht beantworten kann.
Bei deinem Einfühlungsvermögen kannst du sicher sehr genau bestimmen, wer diese Frage nur aus Höflichkeit stellt und wer ein wirkliches Interesse an deinem Wohlergehen hat.
Ich wünsche dir, dass du einen Teil der Unbeschwertheit wieder findest. Alles geht nicht mehr, weil in unserem Gepäck die Lebenserfahrung steckt und ein ziemliches Gewicht hat. Aber... man kann auch damit Luftsprünge veranstalten, man muss nur an seiner inneren Kraft arbeiten.
Ganz liebe Grüße von Pauline
maribo
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Registriert: 10. Nov 2010, 00:24

Re: was ich vermisse

Beitrag von maribo »

Hallo Alle,

Reinhard schrieb:

Aber wie gesagt: alles zu seiner passenden Zeit.
Und die zu erwischen, ist sogar bei eng befreundeten Menschen manchmal schwierig, finde ich.

Ja, die passende/fehlende Zeit und natürlich das "ehrliche" Interesse, spielt oftmals eine Rolle.
Das meine ich auch. Und deshalb mag ich diese Frage ÜBERHAUPT NICHT.
Denn ich kann und mag nicht lügen, doch das muss ich,
wenn ich sagen würde: __ Danke, mir geht´s gut __

Mir geht es da so wie Gregor:

es lange auf der Straße zu erklären habe ich keine Lust

Ich vermeide also bewusst ein Zusammentreffen mit mir bekannten Personen, um dieser Frage auszuweichen.
___ Was ist das denn …. ___
"Diese gewisse Leichtigkeit", lieber Gregor, ja, die vermisse ich auch sehr!

Manchmal, wenn ich ein wenig besser drauf bin, dann sage ich:
____ mir geht es besser ____ als jenen ____ denen es schlechter geht ____
Liebe Grüße __ maribo
______________________________
*ICH MUSS NICHT - ABER - ICH KANN*
La_crimosa
Beiträge: 468
Registriert: 28. Mär 2010, 22:05

Re: was ich vermisse

Beitrag von La_crimosa »

Gründen wir doch einen Verein zur Abschaffung der Wie-geht's-Frage (VzAdWgF e.V.)!
Oder wir starten einen Volksentscheid...

Wie kam es eigentlich zu dieser Frage? Wieso hat sie sich eingebürgert? Gibt es einen ursprung?

Und: welche Frage wäre besser? Überhaupt keine?! Wie dann das Gespräch beginnen?! - Typisch deutsch mit dem Wetter?!

Nur son paar Gedanken...
Susanne
Blaubeermuffin
Beiträge: 42
Registriert: 23. Mai 2011, 11:07

Re: was ich vermisse

Beitrag von Blaubeermuffin »

Guten Morgen,

also ich stelle die Frage nur, wenn es mich auch wirklich interessiert, wie es meinem Gegenüber geht. Dann bin ich in der Regel auch bereit auf die Wie-geht-es-dir-Frage ehrlich zu antworten. Dann muss derjenige aber auch mit der ehrlichen Antwort leben können. Ob ich dann erkläre, warum es mir schlecht geht, hängt dann von der Situation, meiner Stimmung, der jeweiligen Person und dem Vertrauensverhältnis ab. Ich glaube nicht, dass ich mich vor irgendwem rechtfertigen muss, warum es mir wie geht. Ich wechsel dann nach einer negativen Antwort meißt mehr oder minder gekonnt das Thema . Oft reicht es auch einfach zu sagen "Möcht ich grad nicht drüber reden." Personen, denen ich vertraue reicht das. Die fragen bei der nächsten Gelegenheit einfach nochmal.

Stellt mir wer die Frage, zu dem ich eigentlich gar keinen richtigen Bezug habe, also irgendwelche Bekannten, antworte ich meißtens nicht, sondern stelle die Frage einfach zurück. "He, wie geht's dir?!" - "Und wie geht's dir?" Und schau mal einer guck - es interessiert diejenigen eh nicht wie es einem geht, es ist für viele nur eine Floskel. Die fangen dann an zu quatschen und zu quatschen und irgendwo findet man einen Haken, wo man im Gespräch weiter ansetzen kann. Und schneller, als man denkt ist das Gespräch vorbei und derjenige hats nicht mal gemerkt, dass er ununterbrochen nur von sich selber geredet hat.

Aber wie ein Gespräch anders anfangen? Es gibt ja auch genug andere Fragen (außer die nach dem Wetter ;o)), um ein Gespräch zu beginnen.

Lange nicht gesehen, was machst du so? Na, wo willst du grade hin? Neue Frisur? So schwer bepackt, was hast du denn vor? Hab neulich gehört, dass...

Ich denke mal, es ist eigentlich eine Frage der Höflichkeit, sich zuerst nach dem Befinden des Gesprächspartners zu erkundigen. Aber wie erwähnt ist es für viele zu einer leeren Hülle, einer reinen Floskel geworden. Es ist nunmehr oft nur ein Weg ins Gespräch zu kommen. Aber wenn dem wirklich nur so ist, dann kann man auch eine 0815-Schönwetterfrage wie die oben stellen.
Ich glaube, wir gewichten in "unserer Situation" die Frage nach dem Befinden auch einfach schwerer, als viele andere. Wir denken mehr darüber nach und kommen automatisch wieder ins Grübeln, wenn man sie uns stellt. Ich denke mal, dass viele mit der Antwort uns gegenüber auch nicht ehrlich sind, weil sie sie nicht so schwer gewichten und sie nicht so ernst nehmen. Die Frage ist für sie so bedeutungslos, wie die Frage nach dem Wetter. Über diese Frage würden wir uns nur selber nicht so viele Gedanken machen, weil sie uns einfach persönlich nicht so sehr berührt. Sie kratzt nicht unsere Seele an.
rm
Beiträge: 2209
Registriert: 5. Nov 2006, 15:46

Re: was ich vermisse

Beitrag von rm »

>..Ich denke mal, es ist eigentlich eine Frage der Höflichkeit, sich zuerst nach dem Befinden des Gesprächspartners zu erkundigen. Aber wie erwähnt ist es für viele zu einer leeren Hülle, einer reinen Floskel geworden. Es ist nunmehr oft nur ein Weg ins Gespräch zu kommen. Aber wenn dem wirklich nur so ist, dann kann man auch eine 0815-Schönwetterfrage wie die oben stellen..<

..schreibt Blaubeermuffin

und damit nur kurz einen sonnigen guten Morgen an Gregor und alle hier (denn ich hab gleich einen Termin )....

Ich denke, auch Höflichkeit in einer Begrüßung ist oft ein Aspekt, der nicht zu verachten ist, denn es gehört meiner Ansicht nach (auch wenn es nicht sehr tiefgreifend gemeint ist) dazu, einen Kontakt herzustellen. Der muß nicht sehr lang sein, ab und an beschränkt er sich sogar 'nur' auf ein flüchtiges 'Hallo' und ist trotzdem wichtig, um dem Gegenüber zu signalisieren: Du bist beachtet, auch wenn ich jetzt keine Zeit für Dich hab.

Ich weiß, es ist ein Drahtseilakt und je schlechter es mir geht, desto sensibler reagiere auf solche 'Kurzformeln', desto eher bekomme ich sie auch in den falschen Hals.

Übrigens, das mit dem 'Verein' gründen von Suse finde ich bemerkenswert und läßt mich trotz aller vorherigen ernsthaften Erklärungsversuche herzhaft lachen (Danke dafür :

>..Gründen wir doch einen Verein zur Abschaffung der Wie-geht's-Frage (VzAdWgF e.V.)! Oder wir starten einen Volksentscheid... <

..aber wahrscheinlich bekommen dies auch wieder einige in den falschen Hals..ich persönlich find's eigentlich lustig. Ja, und da bin ich wieder dort, wo ich für mich feststelle: viele Menschen stehen zu unterschiedlichen Zeiten an unterschiedlichen Orten ihres momentanen Lebenswegs. Da einen Konsenz zu finden, ist zwar m.E. wahrscheinlich garnicht so schwierig, aber wir machen es uns schwer, oder? Oft zuuuu schwer. Locker werden üben, andere und mich selbst in ihrer/ meiner Andersartigkeit akzeptieren lernen... eine für mich persönlich SEHR lohnenswerte und immer wiederkehrende Übung.

Schönen, erfrischenden Montag und
Wochenanfang. Das wünsche ich uns allen.

Reinhart
otterchen
Beiträge: 5118
Registriert: 3. Jan 2007, 10:43

Re: was ich vermisse

Beitrag von otterchen »

Guten Morgen!

Also, für mich kann ich nur sagen, ich kenne verschiedene Arten, jemanden "wie geht's" zu fragen.
Oft ist das eigentlich eher ein versteckter Wunsch: du bist jemand, für den ich hoffe, dass es ihm gut geht.
So empfinde ich das jedenfalls, wenn ich diese Frage stelle.

Natürlich ist es auch ein Einstieg in einen Smalltalk: "wie geht's" kann auch heißen: "erzähl mir was".
Aber um ehrlich zu sein: viel möchte ich dann nicht erfahren, sondern nur eine kleine Story ("wir haben gerade Stress in der Abteilung" oder "ich freu mich, fahre nächste Woche in den Urlaub" oder "bin in Sorge, mein Hund ist krank".)
Ich finde es vollkommen angemessen und sogar wünschenswert, wenn mir derjenige mitteilt, wie es ihm gerade geht. So kann ich mich darauf einstellen, dass er vielleicht mir gegenüber nicht so drauf ist wie sonst immer.
ABER: die ganzen Details möchte ich nicht hören. Eine Andeutung reicht.

Wirklich wissen möchte ich das nur bei Personen, die mir nahe stehen. Und da wird aus einem "wie geht's" eigentlich eher ein "wie geht es dir". Die Worte ein wenig geändert, die Intonation ganz klar anders.

Ich bin über die Differenzierung, wie ich das selbst äußere, dahin gekommen, was ich selbst auf diese Frage antworte.
Sowenig, wie ich selber alles im Detail hören möchte, so wenig möchte ich jedem Hinz und Kunz erzählen, was in mir vorgeht.

Auch, wenn das eine Person ist, die ich eigentlich nett finde: ich müsste erst eine gewisse, nahe Beziehung zu ihm/ihr aufgebaut haben, um offen auf diese Frage zu antworten.
Ansonsten bleibt es auf der Oberfläche, selbst wenn es mir schlecht geht: ich bin im Stress, ich bin gerade nicht gut drauf, ich hab private Probleme (und nachgeschoben "sorry, ich bin gerade kein guter Gesprächspartner") oder ähnliches.
Dann weiß mein Gegenüber, dass es mir nicht gut geht, aber die Hintergründe werde ich ihn nicht wissen lassen.


Und ganz vorsichtig versuche ich jetzt mal zu formulieren... (ich weiß, es wird mir nicht gelingen):
Wer möchte, dass "die Welt" ihn hört und an seinen Problemem Anteil nimmt, könnte es damit versuchen, sich selbst zuzuhören, sich ernst zu nehmen, Interesse für sich zu zeigen und sich selbst zu unterstützen.
Aber halt!! - das schreibe ich gerade aus einer Situation heraus, in der ich keine drückenden Probleme habe.
*überleg* - ok, dann würde ich es mit nahestehenden Personen bequatschen. Aber immer noch nicht mit jedem, der mich fragt "wie geht's".
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
rm
Beiträge: 2209
Registriert: 5. Nov 2006, 15:46

Re: was ich vermisse

Beitrag von rm »

Ebenfalls nochmal guten Morgen,
(obwohl schon der nächste Termin wartet)

Otterchen schreibt:

>....Und ganz vorsichtig versuche ich jetzt mal zu formulieren... (ich weiß, es wird mir nicht gelingen):Wer möchte, dass "die Welt" ihn hört und an seinen Problemem Anteil nimmt, könnte es damit versuchen, sich selbst zuzuhören, sich ernst zu nehmen, Interesse für sich zu zeigen und sich selbst zu unterstützen.
>...Aber halt!! - das schreibe ich gerade aus einer Situation heraus, in der ich keine drückenden Probleme habe. *überleg* - ok, dann würde ich es mit nahestehenden Personen bequatschen. Aber immer noch nicht mit jedem, der mich fragt "wie geht's"...<

und ich meine, es ist Dir Otterchen GUT und prägnant gelungen, das Wesentliche MIR z.B. nochmal in's Gedächtnis zu rufen: Nicht jede/r ist zu jeder Zeit bereit und fähig auf mich einzugehen oder ich auf sie/ ihn oder ich auf mich selbst UND es gibt Menschen, die auf einer total anderen Längenwelle funken und empfangen. Diese passen eben dann nicht zu mir. Es ändert aber nichts daran, daß diese in ihrem Innersten nicht mehr oder weniger werte-voll wären als ich selbst bzw. umgekehrt.

Da kommt mir wieder das Thema 'radikale Akzeptanz' in den Sinn, was eine Mitforistin früher mal hier im Forum angeschnitten hatte. Oder auch der Satz: Leben und lebenlassen.

Sonnigen Montag noch,
Reinhart
Antworten