Tief befriedigender Flow (Freude am Tun) für Depressive? Eine Einführung.

Antworten
Rakang
Beiträge: 82
Registriert: 30. Apr 2011, 19:26

Tief befriedigender Flow (Freude am Tun) für Depressive? Eine Einführung.

Beitrag von Rakang »

Tief befriedigender Flow (Freude am Tun) für Depressive? Eine Einführung.

Könnte man es auch als mit Depressionen geplagter zumindest gelegentlich schaffen eine tief befriedigende Betätigung zu finden? Ein sehr heiler Versuch.

Spiel kann zu diesen Betätigungen zählen ohne sichtbare Anstrengung zeitweise Freude zu erleben. Unsere Kinder machen es vor und können verärgert reagieren , wenn man sie in ihrem Tun stört.

Zu den wichtigsten Voraussetzung zählen alle Überforderungen oder Druck zu meiden, Überforderungen sind meist spontan oder relativ einfach zu spüren. Sehr geeignet sind alle Betätigungen die man ohnehin gerne mag und leicht auszuführen sind. Das kann auch bereits beim liegen im Bett beginnen.

Die Betätigung samt effektiver Regeln sollte man beherrschen oder zumindest sich notfalls darüber hinweg schummeln bzw. wie bei den Kindern neue Spiele samt Regeln gleich beliebig selbst erschaffen. Daher eignen sich einfache Betätigungen für den Anfang besonders gut.

In Indien nutzte man bereits zu Urzeiten Atemübungen, z.B. bei Yoga, die auch zur befriedigenden meditativen Versenkung dienten. Mit Hilfe des Atems und weiterer Rituale wähnte man im antiken Indien gar den Gang der Welt steuern zu können.

Autogenes Training ist in Europa schon eher bekannt. Aber so rechte Freude mag bei uns im Westen nicht dabei aufkommen.

Persönlich warte ich geduldig frustrierende Phasen einer Erschöpfung meiner Seele ab, die von unüberwindlicher Unlust und andren Übeln geprägt ist und beginne irgendwann mit sehr nahe liegenden Betätigungen, z.B. Fernsehen schauen. Das befriedigt zwar meistens auch nicht, aber immerhin, man nimmt Teil an der gebotenen Sendung.

Jeder hat da seine ganz individuellen Vorlieben. Zeitung oder ein Buch lesen, Telefonieren, sich Unterhalten können nun etwas weiter helfen. Gelegentlich ist das ja recht unterhaltsam, das bemerkt man wenn man nicht mehr aufhören will.

Mein Opa hat Bilder gemalt und die gesamte Welt um sich herum vergessen. Meine Mutter berichtete mir, dass ihr Hausarbeit viel Spaß macht. Das habe ich sehr lange nicht verstanden. Heute liebe ich ebenso Hausarbeit, bei der ich vollständig abschalten kann. Als das meine Frau bemerkte, dass ich auch noch Spaß und Freude dabei habe ist sie jetzt meine schärfste Konkurrentin geworden.

Die Auswahl ist enorm. Jede Betätigung kann befriedigen und ggf. durch Veränderung bei Überforderung einfacherer oder bei Unterforderung schwererer Regeln angepasst oder erhalten werden. Das kann man leicht selber ausprobieren.

Die Trennung in Arbeit oder Freizeit ist zudem nicht ideal, wer käme z.B. bei Tennisspielen schon auf die Die, dass es Arbeit sei.
Sofern tief befriedigende Betätigungen möglich sind könnte das gar in anstrengende Arbeit umschlagen, eine Grundvoraussetzung für Flow. Was ist besser? Ist ein Sissi Syndrom wirklich besser?

“Flow” beginnt, wenn alles wie von alleine flutscht, wie Michael Schumacher meinte. Dabei macht um den Kreis fahren laut Niki Lauda offenbar keinen Sinn.

P.S.
Nachzulesen ist das in Flow: Das Geheimnis des Glücks, von Mihaly Csikszentmihalyi.

www.uni-protokoll.de: „Als Sissi-Syndrom wird seit 1998 umstrittenerweise eine Depression bezeichnet welche besonders aktiv wirkende Menschen befallen soll. Dabei verbirgt sich die depressive Stimmung angeblich hinter gesteigerter Aktivität.
Das Leitmotiv/Werbeslogan der Industrie dazu ist Das Sissi-Syndrom - Trotz Power depressiv.
Nach Angaben von Der Spiegel (Nr. 33/11.8.03 Seite 117) scheint es sich dabei aber um eine Erfindung der Industrie zu handeln um 3 Millionen Deutsche auf neue Medikamente aufmerksam zu machen ohne dass diese sie benötigen würden. Dass Psychiater davon profitieren ist ebenso ein wunder Punkt dieses Phänomens.“
Ginny
Beiträge: 106
Registriert: 23. Jan 2011, 12:00

Re: Tief befriedigender Flow (Freude am Tun) für Depressive? Eine Einführung.

Beitrag von Ginny »

Hallo Rakang,

früher hab ich Mixtapes aufgenommen und Cover dazu gebastelt. Das war eine Beschäftigung, die einfach guttat (trotz Depression) und bei der ich alles um mich vergessen konnte. Sooo schön.

Mittlerweile bin ich nicht mehr so kreativ, aber am Wochenende hab ich ein richtig gutes Buch gelesen (in einem Zug durch), das war für mich auch eine Art Flow. Das werde ich jetzt öfter machen, einfach mal in Second-Hand-Läden stöbern und etwas zu Lesen kaufen, da ist es auch nicht so teuer.

Ich kann mir allerdings vorstellen, wer richtig tief in der Depression drinsteckt, hat keine Flow-Erlebnisse, der findet einfach alles schwierig und anstrengend. Also ist nicht in der Lage, sowas Positives zu empfinden. Ich weiß nicht, ob man das lernen kann - z. B., in dem man es immer wieder versucht. Ein Problem ist auch das mangelnde Interesse. Das Vertiefen in ein Buch setzt ja das Interesse an der Geschichte, am Autor oder woran auch immer voraus. Wer zutiefst deprimiert ist, interessiert sich ja oft für gar nichts (oder hat zumindest diesen Eindruck von sich).

Wenn ich es richtig verstanden habe, ist ein Flow ja schon etwas Besonderes, Intensives, unglaublich Beglückendes. Also während einer Depression ein hoch gestecktes Ziel. Ein erstes Ziel könnte sein, überhaupt irgendein angenehmes Gefühl bei einer Beschäftigung zu entwickeln.
Rakang
Beiträge: 82
Registriert: 30. Apr 2011, 19:26

Re: Tief befriedigender Flow (Freude am Tun) für Depressive? Eine Einführung.

Beitrag von Rakang »

Hallo Ginny,

gratuliere, das ist sehr schön. Probiere mal alles durch, was Dir irgendwie Spass macht, dann kannst Du auch mehr variieren. Es funktioniert auch mit sehr einfachen Dingen.

Du hast recht, mitten in der depressiven SCh... ist das leider extem schwer oder scheint unmöglich umzuseten.

Solche Phasen hatte ich leider auch. Auf das "Guten Morgen" folgt dann bestenfalls die Feststellung: "Was soll den an dem Morgen schon gut sein."
Minja
Beiträge: 154
Registriert: 21. Mär 2011, 21:02

Re: Tief befriedigender Flow (Freude am Tun) für Depressive? Eine Einführung.

Beitrag von Minja »

Ich stellte vor einigen Tagen fest, dass mich so ein Flow beim Aufbau unseres neuen Bettes erfasst hatte. Mein Mann und ich arbeiteten 6 h durchgängig und ich war so in die Sache (sprich: die Bedienungsanleitung und Tausenden Schräubchen) vertieft, dass es mir dabei und danach gut ging.

Ansonsten packt mich so ein Flow beim Surfen im Internet oder auch beim Bücherlesen.

In meiner tiefsten depressiven Phase hat mich - im Krankenhaus - ebenfalls das Internet als auch mein Hobby, die Fotografie bzw. das Bearbeiten von Bildern und Gestalten von Collagen etwas vom Elend ablenken können.


LG Minja
kiwilana
Beiträge: 1622
Registriert: 14. Nov 2010, 14:10

Re: Tief befriedigender Flow (Freude am Tun) für Depressive? Eine Einführung.

Beitrag von kiwilana »

Hallo Rakang,

ein thema, das ich sehr sehr schön und wichtig finde. ich bin letztes jahr darauf gestoßen und fand so toll, dass man es so schnell anwenden kann - wenn man einmal liest bzw. erfährt, was dieses flow-gefühl auszeichnet (woran man es erkennt), kann es eigentlich schon losgehen. später kann man konkret rumprobieren, neues austesten, aber für mich kam zuerst mal einfach nur die achtsamkeit - das bewusste wahrnehmen - ins spiel:

wann bzw. während ich WAS genau tue, vergesse ich die zeit und alles um mich herum?

bei mir ist das so, wenn ich in der natur fotos mache. dann knie ich auf dem boden rum, bin völligst vertieft in den gräsern und suche ganz nahe perspektiven. gestern war ich so vertieft darin, dass ich gar nicht merkte, dass ein traktor angefahren kam - aber so RiCHTiG nahe an mir vorbei gefahren ist der dann das waren grad mal zwei meter! gehupt hat der auch nicht und ich hätte mich darüber aufregen können, aber meine vertiefte tätigkeit vorher (flow-effekt) hat mich so befriedigt und erfreut, dass ich lachend zur seite hopste und den traktor-mann sogar noch anlächelte. ich war durch die voran gegangene tätigkeit sozusagen "der gelassene weise", ganz bei mir und ausgeglichen bin ich froh, dass ich das irgendwann ausprobierte und erkannte

"Um sich bei einer Aufgabe in den Zustand des Flows zu versetzen, braucht einem die Tätigkeit nur zu gefallen, und die Anforderung so hoch sein, dass sie die volle Konzentration erfordert[9][10] . Sie darf jedoch nicht so hoch sein, dass man überfordert ist, denn dann ist die „Mühelosigkeit“ nicht mehr gegeben (...) Durch das Eintreten in eine solche Phase entsteht eine Selbst- und Zeitvergessenheit, da die Aufgabe ganze Aufmerksamkeit erfordert. Alle Bewegungsabläufe werden in harmonischer Einheit durch Körper und Geist mühelos erledigt. Csikszentmihalyi hebt hervor, wie wichtig es ist, dass die Tätigkeit spielerisch ist – nicht etwa im Sinne von „trivial oder nicht ernst zu nehmen“, sondern in dem Sinne, dass „der Mensch, der sie vollzieht, kreativ und gestalterisch wirkt, […] darin aufgeht und darin seinen freien Ausdruck findet“.[11] Zugleich betont er das Erfordernis, die Erwartung eines Erfolgs der Handlung loszulassen[12] (...)".

quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Flow_%28Psychologie%29

fotografieren gehört deshalb auch zu einem meiner notfall-köfferchen-dinge, zu denen ich versuche mich aufzuraffen, wenn es mir schlecht geht. weil ich einfach weiß, dass mir fotografieren gut tut, hilft mir das dann und hilft sogar vorher schon beim aufraffen dazu, weil ich das einfach weiß. war gestern auch so

ich wünsche euch allen gute flow-effekte! es lohnt sich auf die suche nach diesen dingen zu gehen!!! LG! kiwi
Antworten