Schäme mich

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paddg
Beiträge: 8
Registriert: 16. Mai 2011, 11:07

Schäme mich

Beitrag von paddg »

Hallo,

Ich bin neu , bin aber ab und zu schon als stiller Leser hier herumgegeistert

Ich bin 24 und habe seit ich ca. 14 immer wieder Phasen mit Depressionen.

Weil ich niemanden in meinem Umfeld habe mit dem ich darüber reden kann (und auch nicht will) bin ich froh dass ich hierhin kommen kann mit Leuten die manches selbst vielleicht erleben und einen Ratschlag haben.

Im Moment ist wieder mal so eine Zeit in der gar nichts geht, soziale Kontakte alle eingestellt, selbst kleine Aufgaben kosten mich wahnsinnig viel Kraft und eigentlich müsste ich mich um wichtige Sachen jetzt kümmern aber es geht einfach nicht, ich kann nicht

Ich versuche mir zu sagen dass es ok ist und ich einfach anders an die Dinge gehen muss, aber dann kommt unweigerlich der Gedanke "Warum stellst du dich so an? Wenn du nur richtig willst, dann..." und weil nichts geht bin ich noch verzweifelter und schäme mich einfach nur dass ich damit nicht klar komme.

Mein Freund kommt von der Arbeit und ich sehe dass er auch nicht weiß wie er sich verhalten soll, ich biester ihn an oder verkrieche mich weil ich so wütend auf mich selbst bin und auf alle anderen dass sie mich alleine lassen damit (auch wenn das blöd ist)

Was soll ich machen? Ich dreh mich im Kreis von schlecht fühlen - schämen - noch schlechter fühlen und weiß nicht wie ich raus soll.

Danke fürs Lesen
Liebe Grüße
tst
Tweety87
Beiträge: 22
Registriert: 12. Mai 2011, 12:47

Re: Schäme mich

Beitrag von Tweety87 »

Ja das kenn ich, und bestimmt viele andere hier auch, ich bin zwar auch noch recht neu hier im Forum, aber dennoch will ich dir sagen das du dich icht schämen musst, ich schaffe auch so viele kleinigkeiten nicht, in meinem beitrag wurde mir geschrieben ich sollte mich belohnen, ich sollte zu mir selber sagen das hast du gut gemacht, auch wenn du nur mal eben ne tasse in den schrank geräumt hast, ich weis wie anstrengend das alles ist, ich habe gerade auch meinen haushgalt noch vor mir, die küche muss aufgeräumt werden die kissen von der couch die mein sohn wieder mal durcheinander geschmissen hat, müssen wieder ordentlich gelegt werden, das bett muss gemacht werden, ich frage mich die ganze zeit wie willste das schaffen, aber irgendwie klappt das schon auch wenn ich nachher keine kraft mehr haben werde aber ich werde es überleben, und genau das sage ich mir vor jeder arbeit die ich zu verrichten habe, du wirst es überleben, auch wenns wirklich überwindung und kraft kostet, aber du wirst es überleben......

die anderen werden dir bestimmt auch noch was dazu schreiben, ich muss auch erst noch vieles lernen
ghm
Beiträge: 1665
Registriert: 25. Dez 2010, 12:38

Re: Schäme mich

Beitrag von ghm »

Hall Tstjej,

herzlich willkommen .

Warst Du schon bei einem Hausarzt (mit Zusatzausbildung) und hast Dich untersuchen lassen, ob es eine Depression oder etwas anderes ist?

Auch Stoffwechselstörungen können die Kraft rauben.
~~ Göttin, lass es Hirn vom Himmel regnen (und nimm den Menschen die Regenschirme weg) ~~
paddg
Beiträge: 8
Registriert: 16. Mai 2011, 11:07

Re: Schäme mich

Beitrag von paddg »

Vielen Dank für eure Antworten und den Zuspruch.

Das mit dem Haushalt ist bei mir leider auch so, vor allem weil ich mich gegenüber meinem Freund irgendwie auch mehr in der Verantwortung fühle, weil ich halt "nur" studiere und er arbeitet. Ich hoffe du hattest einen guten Tag. Werde wohl gleich noch wenigstens Wäsche in die Waschmaschine packen.

Ich hab mich vor etwa 1 1/2 Jahren durchchecken lassen und bin körperlich eigentlich gesund. Danach auch endlich den Mut gefunden einen Psychotherapeuten zu kontaktieren und mit Verhaltensthera begonnen um vor allem meine Gewaltausbrüche gegen mich selbst in den Griff zu kriegen.

Muss leider sagen dass das ziemlich schlimm für mich war, weil ich mich von vorne rein nicht wohl gefühlt habe aber dachte dass ich jetzt keinen Rückzieher oder eine Neusuche schaffe.

Ich fühlte mich weder ernst genommen und eher gedemütigt, schien ihn mit meinen Problemen mit meinen Eltern eher zu langweilen. Ein paar mal ist er während der Sitzung weggedöst und ich hätte einfach nur heulen können. Naja jedenfalls hab ich das ganze dann abgebrochen und gedacht ich krieg es alleine hin.

Aber jetzt ist es wieder so schlimm wie schon lange nicht mehr und ich glaube ich sollte wieder jemanden suchen, diesmal wo ich auch wirklich vertrauen aufbauen kann.
paco
Beiträge: 310
Registriert: 19. Jan 2011, 11:06

Re: Schäme mich

Beitrag von paco »

Hi tst,

ich kenn das, das Schämen. Hier in der Anonymität des Forums gibt es keinen Grund dazu. Du kannst auch offen und ehrlich sein.

Ich sehe, dass Du Leidensdruck spürst. Das ist eine gute Voraussetzung, weil er Dich motiviert, Wege zu finden, mit Dir selbst ins Reine zu kommen. Du hast einen Kopf, der Dir sagt, dass das, was Du spürst/fühlst nicht ok ist.

Mein Vorschlag: Mach Dich auf den Weg herauszufinden, warum Du so fühlst wie Du fühlst. Geh den Weg, Dich selbst in Deinem Innersten kennenzulernen. Das ist kein leichter Weg. Du brauchst psychotherapeutische Begleitung. Es wird weh tun. Du wirst staune, vielleicht entsetzt sein darüber, was Du über Dich erfährst. Aber es wird Dich befreien. Weil Du mit Dir selbst ins Reine kommst.

Das sagt Dir einer aus eigener Erfahrung.

LG + viele Kraft für Deinen Weg zu Dir selbst

paco
paddg
Beiträge: 8
Registriert: 16. Mai 2011, 11:07

Re: Schäme mich

Beitrag von paddg »

Hallo paco,

Danke, ich glaube dass wäre was ich mir am meisten wünsche: mit mir im Reinen sein, weil ich seit ganz langer Zeit dass Gefühl habe dass ich an irgendeiner Stelle mich verloren habe und mir die meiste Zeit wie ein fremdkörper vorkomme

Macht das irgendwie sinn? Ich hab keine Ahnung.
paddg
Beiträge: 8
Registriert: 16. Mai 2011, 11:07

Re: Schäme mich

Beitrag von paddg »

Ich hätte heute einfach sagen sollen, ok das und das geschafft, jetzt ist gut, den Erfolg genießen. Stattdessen angefangen alles abzudecken und jetzt stell ich fest dass ich es unmöglich heute schaffen werde.

Ich hab heute bei meiner Familie angerufen (Geburtstag,also irgendwie auch ein Pflichtanruf) und wieder einmal festgestellt, dass es eigentlich sinnlos ist. Wenn ich mich melde hat keiner Interesse daran mit mir zu reden. Melde ich mich nicht beschweren die sich bei mir.

Ich hab immer gern mit meiner Schwester geredet, wenn sie Hilfe braucht setz ich alles in Bewegung dass es klappt und hör stundenlang zu. Braucht sie nichts, kommt auch nichts, ich meine nicht nur kein Lebenszeichen von ihr, sondern auf mein Nachfragen nur genervte einsilbige Antworten und schnell abwürgen.Vielleicht ist es unfair weil ich schließlich auch sagen könnte "Hey warum fragst du nie wie es mir geht?" und trotzdem bin ich verletzt dass sie nicht alleine drauf kommt.


Sorry, dass ist ein reiner Jammerbeitrag, sonst nichts

lg
tst
Rakang
Beiträge: 82
Registriert: 30. Apr 2011, 19:26

Re: Schäme mich

Beitrag von Rakang »

Hallo Tstjej,

persönlich kann ich "vorsorglich" ekelig werden, wenn z.B. Gefahr droht, dass ich mich kontrolliert oder überfordert fühle usw.

Die massiven Einschränkungen sind leider halt bei Depressionen typisch, es ist sehr schwer das sich einzugestehen und notgedrungen auch noch dem Partner zuzumuten. Anbiestern soll also Kritik usw. vermeiden - macht es aber nur noh schlimmer.

Es ist besser über alle diesbezüglichen Gefühle, Vorstellngen und Überforderungen miteinander zu reden, das hilft eventuell.
Ds dauert halt lange.

Ja, ich weis, es ist ein Elend, dem wir hilflos ausgeliefert sind und sehr geduldig ohne Druck auf Besserung hoffen müssen.
paddg
Beiträge: 8
Registriert: 16. Mai 2011, 11:07

Re: Schäme mich

Beitrag von paddg »

Es ist jetzt halb fünf und ich starre wie ein Reh im Scheinwerferlicht auf die Uhr weil ich noch nichts geschafft habe, außer zu grübeln

Ich muss immer wieder daran denken dass mir mein letzter Therapeut empfohlen hat von Watzlawik "Anleitung zum Unglücklichsein" zu lesen. Ich habe ihn nie gefragt warum, was mir das genau bringen soll, wie ich dadurch mich besser fühlen kann.

Stattdessen sehe ich es als versteckte Kritik dass ich überhaupt gekommen bin, weil meine Probleme nicht wichtig genug und nicht echt sind, sie sind "hausgemacht" und damit ungültig.

Wenn ich nur aufhören würde darüber nachzudenken was bei mir schief gegangen ist, könnte ich mich mehr auf das konzentrieren was mir hilft, aber wenn ich über Lösungen nachdenken will wird alles von Erinnerungen und Problemen blockiert. Was soll ich nur tun?
Brennessel
Beiträge: 85
Registriert: 30. Apr 2011, 16:18

Re: Schäme mich

Beitrag von Brennessel »

Ich lese seit ein paar Tagen ein Buch von Doris Wolf und Rolf Merkle: "Gefühle verstehen, Probleme bewältigen", das ein Einstieg sein kann, um z.B. der Grübelei ein wenig beizukommen.
Mir hat es schon mal ein wenig geholfen, auch weil die Sprache darin klar strukturiert ist.
Der Therapeut, bei dem ich sechs Mal war, war mit mir ungeduldig, er konnte mich nicht so recht zum Reden animieren, und ich wusste nicht, was ich ihm sagen sollte, weil ich dachte, er will was bestimmtes hören, aber was? - Wir haben keinen gemeinsamen Nenner gefunden und ich habe nach einigem zähen Hin und Her die Zusammenarbeit gekündigt.
Erst kürzlich wurde ich dann von jemanden auf diese Forum hier aufmerksam gemacht. Über das Forum stiess ich auf http://www.kompetenznetz-depression.de/ ... offene.htm

Auf der linken Seite sind Hinweise auf wertvolle Tipps. Vielleicht helfen auch Dir diese erstmal weiter.

Cheers
Brennessel
paddg
Beiträge: 8
Registriert: 16. Mai 2011, 11:07

Re: Schäme mich

Beitrag von paddg »

@ Brennessel
Vielen Dank für den Tipp, ich hoffe ich kann bald mal einen Blick rein werfen. Leider leb ich im Ausland und da dauert das immer ein bisschen an deutsche Bücher ranzukommen.

Ein paar Tage ging diese Tatenlosigkeit zurück. Ich trickse mich, denk ich, selber ein bisschen aus in dem ich To do listen mache und auch Punkte einfüge die mir leichter fallen oder die eher unter Erholung laufen aber so kann ich öfter mal ein Häkchen setzen und mich für die großen Sachen motivieren.

Weniger hilfreich ist mein Freund, der auf meine Phasen mit Kontrolle reagiert. Ich muss unbedingt Bewerbungen schreiben und 1-2 haben schon geklappt, sobald ich mich gepusht fühle gehen die Mauern hoch und ich mach für die Welt da draußen zu.

Ich befürchte ich muss definitiv nochmal mit ihm über meinen konkreten Zustand reden. Ich hab sooooo Angst dass er nicht versteht, also zum einen nicht das Maß an Vertrauen dass ich erbringe wenn ich irgendeinem Menschen gegenüber mich öffne und zum anderen das er nicht versteht das ich nicht von jetzt auf gleich anders kann.

Schönen Sonntag euch allen
Tst
Antiope
Beiträge: 1695
Registriert: 10. Jan 2011, 21:38

Re: Schäme mich

Beitrag von Antiope »

Hallo Tstjej,

Du trickst Dich doch nicht selbst aus, wenn Du einen Weg gefunden hast, Belastungen in den Griff zu bekommen.

Vielleichst siehst Du jetzt, wieviele Dinge "nebenher" noch so gemacht werden müsen. Ganz schön viel, oder?

Und wie Tweety geschrieben hat, ist es wichtig, sich selbst zu loben, es vor sich selbst anzuerkennen, was man geleistet hat. Du hast 2 Bewerbungen konzipiert, erstellt, korrigiert und fertiggestellt. Das ist doch gut.

Und es ist wichtig, stets dafür zu sorgen, einen Rhythmus zwischen Anspannung und Entspannung hinzubekommen. Nicht immer nur Anspannung, sondern Entspannung, Belohnung, ...
Du atmest ja nicht nur aus, oder?

Wenn Du studierst (nicht "nur"!!), dann ist immens viel Selbstorganisation gefragt, Selbstmotivation. Härte, Disziplin, Achtsamkeit. Wäre doch mal etwas, sich das für sich selbst anzuerkennen.

Was anderes:
Man könnte sein Ich mit einem Team mit verschiedenen Meinungen, Stimmungen, Einstellungen, Werten vergleichen. Je nachdem, wie man drauf ist, verschiebt sich das Gleichgewicht. Manchmal ist der freundliche ältere Herr der Teamleader, manchmal der besserwisserische Wächter.
Wenn es einem nicht so gut geht, gewinnen die mahnenden, antreibenden Teammitglieder die Oberhand und machen einem dann noch Vorwürfe, weil sie "eigentlich" ja wollen, dass es einem wieder besser geht. Aber die beständigen Abmahnungen erreichen ihr Ziel nicht.
Was ich damit sagen will, ist: wenn dann die Ermahnungen kommen wie "stell Dich doch nicht so an", "jeder hat sein Päckchen", "so schlimm ist es nicht", "reiss Dich mal am Riemen", kannst Du sie anhören und ihnen quasi entgegnen, dass diese Kritik nicht angemessen ist. Anstatt Dich von ihnen noch weiter runterreißen zu lassen, sie einfach ein bisschen auf "Distanz" zu schieben, sind ja nur *ein* Teil Deines Teams.

In der Transaktionsanalyse gibt es die drei Mitglieder Eltern-Ich (als fürsorgliches und als kritisches Elternteil), Kind-Ich (als spielerisches freies Kind oder als angepasstes bzw rebellisch-trotziges Kind) und Erwachsenen-Ich, der die beiden anderen Teile austariert.

Scham ist eine Reaktion auf Vorhaltungen. Aber sie verkennt die Tatsache, dass Du gerade unter Belastungen stehst und nicht noch mehr Bälle am Jonglieren halten kannst.

Wenn Du studierst, gibt es, glaube ich, auch eine psychologische Studienberatung. Vielleicht kann sie Dir kurzfristig dabei helfen, Deine Gedanken und Ansprüche zu sortieren?

Deine Probleme sind nicht klein, hausgemacht oder minderwertig! Sie sind so beschwerlich, dass sie Dich dahin gebracht haben, wo Du jetzt bist. Hier brauchen wir keine Olympiade veranstalten
Passt also schon.
asdfjklö
Beiträge: 98
Registriert: 27. Jan 2011, 20:38

Re: Schäme mich

Beitrag von asdfjklö »

Hallo!
Mir geht es auch recht ähnlich wie dir. Ich habe es aber immer irgendwie geschafft, mit meinen Schwierigkeiten klarzukommen. Da nun aber in meinem Leben nun auch größere schlimme Dinge passiert sind, fehlt mir langsam die Kraft zu allem und ich schäme mich auch, vieles nicht mehr zu hinzubekommen wie ich es möchte. Familiäres Netz ist kaum mehr vorhanden, ich fühle mich inzwischen einsam und unverstanden. Ich kann dir erst mal den Tipp geben, immer das beste (was also gerade mit der Kraft geht) aus jeder Minute zu machen und immer die Hoffnung zu haben, dass die Seele irgendwann wieder lachen kann.

Grüße

Sonnenkind
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