Warum ein Tabu?

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meinekinder
Beiträge: 6
Registriert: 24. Apr 2011, 20:02

Warum ein Tabu?

Beitrag von meinekinder »

Hallo,
ich bin neu hier und mich würde interessieren warum IHR meint das Depressionen tabuisiert wird? Warum Leute mit Depressionen gemieden werden ect. ?
tiffiellen
Beiträge: 90
Registriert: 16. Jan 2011, 16:41

Re: Warum ein Tabu?

Beitrag von tiffiellen »

Erst einmal willkommen im Forum!

Habe grad deine Frage gelesen... überlege und kann dabei nur von mir ausgehen.
Bei mir ist es so, dass eine Beziehung mit mir wenig "spaßig" ist. Ich kann gut verstehen, dass Menschen einen Bogen um depressive Leute machen. "Spaß haben" stellt in unserer "Spaßgesellschaft" ein hohes Gut dar.
Ich kann da wenig bis gar nicht mithalten, bin eher eine Spaßbremse. Ich finde es oft selber doof, kann es aber grade nicht ändern.
Eine Beziehung mit mir bringt nicht unbedingt Spaß (obwohl es natürlich auch mal Spaß gibt) sondern hat andere Qualitäten. Die lassen sich freilich in einer oberflächlichen Beziehung nur schwer finden.Da muß mein Mitmensch bereit sein, sich auf persönliches einzulassen.

Ich bin auch nicht so zuverlässig, was meine Befindlichkeiten angeht. An Tagen wo es mir gut geht, kann ich leichter unter Menschen gehen, kann gelassener mit schwierigen Situationen umgehen usw.
An schlechten Tagen fällt das alles aus- und schlechte Tage sind oft unvorhersehbar. Ich denke, da sind gesunde Leute leichter in der Handhabung, haben kleinere Schwankungen im Befinden.

Kurzum, die Beziehung zu gesunden menschen ist einfacher, leichter, kurzweiliger, spaßiger.

Reicht dir das als eine (mögliche) Antwort?
Liebe Grüße Ellen
Antiope
Beiträge: 1695
Registriert: 10. Jan 2011, 21:38

Re: Warum ein Tabu?

Beitrag von Antiope »

Hallo und herzlich willkommen.

Warum "IHR"? Dies würde bedeuten, alle Nicht-Wir würden nicht-tabuisieren.
Nee nee, das stimmt leider nicht.
Depression heißt, nicht lustig sein, nicht alles leicht nehmen, angegriffen sein, keine gute Laune verstrahlen, Tränen und Elend.

Meine Ex-Freundin hat mich ausrangiert, weil ich nicht mehr in ihr englisches Laura-Ashley-Wohnzimmer mit rosa Rosen passte und ihr Qi störte, das sie für das Finden eines neuen Freundes brauchte.

Über Niedergeschlagenheit, Trauer und ähnliches zu sprechen, ist vielen Menschen zuwider. Solche Sprecher stoßen auf Ablehnung.

Leute, die etwas nicht schaffen, erfolglos sind in Dingen wie gutgelaunt, extrovertiert, spaßig, ... - solche Leute werden gemieden. Genauso Menschen mit schweren chronischen Krankheiten.

Ist es da ein Wunder, dass man da nicht drüber spricht? Damit der Stab nicht über einem gebrochen wird, die Vorwürfe wie "nu reiss Dich doch einmal zusammen", "Du musst nur wollen", "alles nicht so schlimm" nicht beständig über einen hereinprasseln.

Zudem werden Krankheiten der Seele immer mit Verrücktsein gleichgesetzt, was in unserer westlichen Gesellschaft ein k.o.-Kriterium ist.
Lexy
Beiträge: 21
Registriert: 20. Apr 2011, 22:07

Re: Warum ein Tabu?

Beitrag von Lexy »

Hallo Frau S,

ich mache da kein Tabu-thema draus, ich rede offen darüber, aber für viele ist das zuviel "in-put" Ich kann nicht immer locker flockig zur Tagesordnung über gehen wenn mich irgendwas beschäftigt, ausserdem kann ich manchmal sehr empfindlich sein. Das kann für den Gegenüber sehr anstrengend sein.

LG Lexy
ReSi64
Beiträge: 46
Registriert: 24. Mär 2011, 16:03

Re: Warum ein Tabu?

Beitrag von ReSi64 »

Hallo Frau S.

Kann Antiope nur zustimmen.

Habe auch aus eigener Erfahrung gelernt, das man als Mensch mit Problemen nicht gern gesehen und gehört wird. Es ist mit der Zeit anstrengend zu sagen "alles Bestens" "mir gehts super" "Ist alls im grünen Bereich" usw., weil es von anderen gern gehört wird. Also sagt man halt nichts mehr. Die Kontakte werden weniger, weil der Spaßfaktor weniger geworden ist.
Es ist ja auch schwierig in einer Beziehung wenn einer der Partner keine Depressionen hat. Entweder es geht kaputt oder der Partner versucht sich damit auseinander zu setzen und lernt zu verstehen was es bedeutet Depessiv zu sein, was so ganz selten klappt.

Oder was meinen die anderen Forianer?
ghm
Beiträge: 1665
Registriert: 25. Dez 2010, 12:38

Re: Warum ein Tabu?

Beitrag von ghm »

Alle Themen, die das "Kümmern um Andere" angehen sind in unsere Gesellschaft tabuisiert.

"Da geht man einmal in der Woche in die Kirche und spricht eine Fürbitte, die Gemaeinde antwortet mit " Herr erbarme Dich, erbarm Dich unser" und ich bin 'raus.
Kann meinen Nächsten belügen ud betrügen, mich bereichern auf Kosten meiner Mitmenschen und der Umwelt und am Sontag spreche ich eine Fürbitte.

Bin ich denn schuld, wenn der Herr sich ihrer nicht erbarmt?"

Echtes Mitgefühl ist nicht erwünscht. Es behindert das Anraffen von Gütern und Geld.

Und die paar Depressiven, körperlich Eingeschränkten, etc. fallen dann aus der Gesellschaft raus und sind ja auch noch ein Wirtschaftsfaktor. (Und eine Drohung für die Arbeiter, wenn Du auf Dein Gewissen häörst, endest Du wie der ...)

Alles "gute" Gründe für ein schönes gesellschaftliches Tabu.
~~ Göttin, lass es Hirn vom Himmel regnen (und nimm den Menschen die Regenschirme weg) ~~
ghm
Beiträge: 1665
Registriert: 25. Dez 2010, 12:38

Re: Warum ein Tabu?

Beitrag von ghm »

Alle Themen, die das "Kümmern um Andere" angehen sind in unsere Gesellschaft tabuisiert.

"Da geht man einmal in der Woche in die Kirche und spricht eine Fürbitte, die Gemaeinde antwortet mit " Herr erbarme Dich, erbarm Dich unser" und ich bin 'raus.
Kann meinen Nächsten belügen ud betrügen, mich bereichern auf Kosten meiner Mitmenschen und der Umwelt und am Sontag spreche ich eine Fürbitte.

Bin ich denn schuld, wenn der Herr sich ihrer nicht erbarmt?"

Echtes Mitgefühl ist nicht erwünscht. Es behindert das Anraffen von Gütern und Geld.

Und die paar Depressiven, körperlich Eingeschränkten, etc. fallen dann aus der Gesellschaft raus und sind ja auch noch ein Wirtschaftsfaktor. (Und eine Drohung für die Arbeiter, wenn Du auf Dein Gewissen häörst, endest Du wie der ...)

Alles "gute" Gründe für ein schönes gesellschaftliches Tabu.
~~ Göttin, lass es Hirn vom Himmel regnen (und nimm den Menschen die Regenschirme weg) ~~
pero
Beiträge: 970
Registriert: 8. Apr 2011, 09:23

Re: Warum ein Tabu?

Beitrag von pero »

Hallo,
>Alle Themen, die das "Kümmern um Andere" angehen sind in unsere Gesellschaft tabuisiert.

Das sehe ich ganz anders. Pflege von Alten und Kranken ist kein Tabu. Wird zwar gerne abgeschoben, aber über die Pflege selbst kann man sprechen und wer pflegt bekommt auch (mehr oder weniger) Anerkennung. Aber darüber kann der Pflegende ohne weiteres sprechen.

Es ist auch kein Tabu wenn man sich wegen einer körperlichen Behinderung oder Verletzung pflegen lassen muss. Jeder sieht ein das jemand mit einer gebrochenen Hand Hilfe benötigt.

Anders ist es aber wenn es sich um psychische Probleme handelt. Ich glaube das hat damit zu tun das psychische Probleme mit der geistigen Leistungsfähigkeit und damit mit der Persönlichkeit gleichgesetzt werden. Jemand der psychisch "krank" ist ist also nicht vollständig "Herr seiner Sinne" und damit kein "normaler" Mensch mehr.
Auch kann man diese Erkrankung weder sehen noch messen.
Dazu kommt das ein "gesunder" Mensch es sich schlicht nicht vorstellen kann wie es ist wenn ein Depressiver nicht in der Lage ist etwas einfaches zu tun. Diese Lähmung oder Antriebsschwäche wird dann einfach mit Faulheit gleichgesetzt. Was grenzenloser Blödsinn ist.

Ich habe aber bisher nur positive Rückmeldungen auf mein "Outing" bekommen. Sowohl im Freundeskreis wie auch gegenüber meines Arbeitgebers. In beiden Fällen wurde gemerkt das sich mein Verhalten geändert hatte, seit ich über die Ursachen gesprochen habe war es klar warum das so ist.
Dabei habe ich auch von mehreren Seiten eigene Burnout-Geschichten gehört.
Daher würde ich dazu raten eine Depression nicht als persönliche Niederlage sondern als Krankheit zu sehen und offen damit umzugehen.
Es ist in einer Depression schon schwer genug, mich befreit es wenn ich dann wenigstens offen über meine Krankheit sprechen kann. Sie ist ein Teil meines Lebens...

lg
pero
Was die Raupe Ende der Welt nennt, nennt der Rest der Welt Schmetterling.
FSKF
Beiträge: 87
Registriert: 14. Feb 2011, 15:16

Re: Warum ein Tabu?

Beitrag von FSKF »

Hi ihr,

ich habe nicht das Gefühl, gemieden zu werden und habe gleichfalls die Erfahrung gemacht, dass auch Depressive durchaus über Humor verfügen. Ich war ein halbes Jahr in der Psychiatrie auf einer Station speziell für Depressive und es wurde sehr viel gelacht, auch wenn es oft Galgenhumor war.

Wenn ich mit "gesunden" Menschen in Kontakt trete finde ich es wichtig, dass ich berücksichtige, dass auch diese Probleme, Ängste haben und nicht immer gut drauf sind. Mit dieser Sichtweise fühle ich mich durchaus akzeptiert und habe schon öfter die Rückmeldung bekommen, dass ich über guten Humor verfüge, auch mit Depression.

Liebe Grüße
Abendstern
Kodiak
Beiträge: 428
Registriert: 3. Okt 2010, 16:55

Re: Warum ein Tabu?

Beitrag von Kodiak »

Hallo Frau S.,

Depression und Psychiatrie werden sehr oft in einen Zusammenhang gebracht. Also auch oft in eine Schublade mit anderen psychischen Erkrankungen und Geisteskrankheiten. Auf der dann steht "Verrückt" oder Psycho oder weniger harmloses.
Depression ist noch immer mit einem Stigma behaftet. Depressive Menschen sind unerwünscht anders.

Es ist mir bis heute nicht gelungen, ausser mit meiner Partnerin und anderen Betroffenen offen über die Depression zu sprechen. Dazu kommen noch die Menschen, die aus medizinischer oder therapeutischer sicht mit der Krankheit zu tun haben. Aber aus diesem ganzen Kreis auch nicht mit allen.

Ich arbeite noch und bin bemüht, für mich dieses Tabu aufzubrechen. Ich will für Gespräche und Fragen offen sein, über meine Erkrankung so reden, als wenn es das normalste von der Welt wäre. Nur, ich kann niemandem verständlich machen wollen, was eine Depression ist, wenn der sich noch nicht damit beschäftigt hat. Es entsteht peinliches Schweigen.
Wenn ich mit jemandem über ein Problem spreche und meine, vielleicht depressiv gefärbte Ansicht darlege, kommen wir an Grenzen, wo es dann nicht mehr weitergeht. Ich muss mir was ausdenken, was mit seiner Denkweise und Empfindungsfähigkeit fassbar für ihn wird. Und das ist extrem anstrengend auf Dauer. Selbst, wenn mir das gelingen sollte, habe ich noch lange keine Akzeptanz. Es ist so, als würden wir zwei Sprachen sprechen. In einiegen Therapien lerne ich die andere Sprache und ich kann mich jetzt vielleicht nicht auf unerwünschten Boden bewegen, das tat aber ich. Ich gehe hinaus aus meiner Befangenheit. Wer traut sich aus seiner Befangenheit heraus?
Das Problem wird aus meiner Sicht immer sein, dass Nichtbetroffene diese Krankheit nicht verstehen können. Auf der emotionalen Ebene.

Dietmar
Minja
Beiträge: 154
Registriert: 21. Mär 2011, 21:02

Re: Warum ein Tabu?

Beitrag von Minja »

Ich habe auch nicht das Gefühl, dass ich gemieden werde - allerdings tabuisiere ich das Thema selber; sprich: die Wenigsten wissen davon (ahnen aber vielleicht).

Ich stimme pero zu, warum ich selber mich schwer damit tue, die Depression offen anzusprechen. Ich zitiere ihn mal

"Anders ist es aber wenn es sich um psychische Probleme handelt. Ich glaube das hat damit zu tun das psychische Probleme mit der geistigen Leistungsfähigkeit und damit mit der Persönlichkeit gleichgesetzt werden. Jemand der psychisch "krank" ist ist also nicht vollständig "Herr seiner Sinne" und damit kein "normaler" Mensch mehr.
Auch kann man diese Erkrankung weder sehen noch messen.
Dazu kommt das ein "gesunder" Mensch es sich schlicht nicht vorstellen kann wie es ist wenn ein Depressiver nicht in der Lage ist etwas einfaches zu tun. Diese Lähmung oder Antriebsschwäche wird dann einfach mit Faulheit gleichgesetzt. Was grenzenloser Blödsinn ist."


LG Minja
Maria
Beiträge: 609
Registriert: 3. Mai 2005, 21:55

Re: Warum ein Tabu?

Beitrag von Maria »

Hallo Minja,

da sprichst du etwas Wichtiges an, finde ich: man trägt oft als Depressiver selber dazu bei, dass das Thema Depression ein Tabu bleibt - verständlicherweise, auch wegen der Vorurteile, wie z.B. das angeführte, dass "etwas im Kopf nicht stimmt".

Deswegen finde ich es sehr angebracht, dass sich Depressive organisieren, damit die Kranken ein "Sprachrohr" in der Öffentlichkeit haben und es denjenigen, die sich bis jetzt nicht "outen", leichter fällt, zu ihrer Krankheit zu stehen. Und damit das Bild der Krankheit in den Köpfen der nicht Betroffenen korrigiert wird.

Ein Anfang ist getan mit der Gründung der Deutschen Depressionsliga - es müssen nur noch die Mitgliederzahlen wachsen...

Gruß von Maria
maribo
Beiträge: 727
Registriert: 10. Nov 2010, 00:24

Re: Warum ein Tabu?

Beitrag von maribo »

Hallo Frau S.

Auch von mir ein herzliches Willkommen.

Du sprichst da ein großes Thema an.
Lange Zeit galten psychisch kranke Menschen als Verrückte und wurden "weggesperrt".

Zwar hat sich das radikale Abgrenzen in der heutigen Zeit zum Glück geändert,
doch in vielen Köpfen geistert dieses "Bild" aus früherer Zeit immer noch umher.

Deshalb finde ich Offenheit im Gespräch mit Nicht-Betroffenen für mich persönlich sehr wichtig.
Ich habe bisher meistens sehr gute Erfahrungen gemacht.
Bei manchen Menschen braucht es halt etwas länger,
bis der "Groschen fällt" und sie sich mit dem Thema Depression befassen WOLLEN,
aber "STETER TROPFEN HÖHLT DEN STEIN".

Sicher hat eben diese Unwissenheit dazu beigetragen, die Krankheit zu tabuisieren.
Die ANGST vor dem Ungewissen, dem Unbegreifbaren tut das übrige.

@ Maria,

"Du sprichst aus, was mir gerade auf der Zunge liegt." Besonders am Herzen liegt mir dieser Satz von dir.

Und damit das Bild der Krankheit in den Köpfen der nicht Betroffenen korrigiert wird.

Ich gehe sehr offen mit meiner Depression um. Denn es fehlt meiner Meinung nach, an Wissen über diese Krankheit.

Wenn ich mit Menschen über mich spreche und ihnen erzähle, wie es mir ergeht in diesen sogenannten "Tiefs",
dann höre ich meistens ein erstauntes: -"ach so ist das, das hab ich nicht gewusst!"

@ Dietmar

Du schreibst:
Ich gehe hinaus aus meiner Befangenheit. Wer traut sich aus seiner Befangenheit heraus?

Ich muss mir was ausdenken, was mit seiner Denkweise und Empfindungsfähigkeit fassbar für ihn wird.
Und das ist extrem anstrengend auf Dauer.

Ja, ich traue mich!
Und ich habe auch wie du, die Erfahrung machen müssen, dass es Menschen gibt,
denen es zu kompliziert ist, sich mit dem Thema befassen.
In Phasen, in denen es mir schlecht geht, fehlt mir auch die Kraft, große Erklärungen sind unmöglich,
und dann bin ich froh, wenn ich selbst verstehe, was gerade mit mir passiert.

Doch ansonsten versuche ich jede Möglichkeit, die sich mir bietet, zu nutzen,
Nichtbetroffenen das Krankheitsbild der Depression nahe zu bringen.
Und wenn mir das gelingt, ist es für mich im Umgang mit diesen Personen eine große Hilfe.
Natürlich nicht nur für mich, auch für die betreffenden Personen,
denn auf das "Wissen" folgt meistens das "Verstehen" und das macht alles etwas leichter.

@ Lexy

ich mache da kein Tabu-thema draus, ich rede offen darüber, aber für viele ist das zuviel "in-put"

Die Erfahrung habe ich auch gemacht. Es gibt Menschen, die sind einfach überfordert, wenn man zu offen darüber redet.
Aber das ist dann eben so...

Liebe Grüße __ maribo
______________________________
*ICH MUSS NICHT - ABER - ICH KANN*
Felixx
Beiträge: 10
Registriert: 17. Apr 2011, 21:58

Re: Warum ein Tabu?

Beitrag von Felixx »

Hallo!

Ja, das frage ich mich auch. Ich denke Leute die diese Krankheit selber nicht kennen denken wir sind faul, schwach, etc. Mich plagen zur Zeit auch wieder schwere Depressionen und irgendwie ist trotz Medikamenten keine Besserung in Sicht
Ich schäme mich aber nicht mehr für meine Krankheit und spreche ganz offen darüber. Oft habe ich das Gefühl, das meine Mitmenschen dann peinlich berührt sind und schnell das Thema wechseln wollen. Weil sie eben keine Ahnung haben!!!

Alles Gute,
Pauline
Sonnenfrau
Beiträge: 5
Registriert: 15. Apr 2011, 12:50

Re: Warum ein Tabu?

Beitrag von Sonnenfrau »

Ich leide zum Glück nur an leichten Depressionen, die man im Alltag in der Öffentlichkeit nicht merkt.

Meine Familie und Freunde wissen davon, ich hab gar nicht wirklich darüber nachgedacht, ob ich es erzählen soll oder nicht, sie sind ja enge Freunde. Alle (außer meinem Partner) haben das auch total locker genommen "ok, dir fehlt ein Botenstoff im Gehirn, dir gehts zur Zeit nicht so gut - ich hab gerade Schnupfen, kein Thema".

In der Arbeit habe ich es nicht gesagt, weil es zum Glück meine Leistungsfähigkeit nicht - oder nur kaum - beeinträchtigt. Wie viele Arbeitnehmer habe ich Angst als "unleistungsfähig" abgestempelt zu werden und wenn einer gekündigt werden soll, wen wählen sie dann wohl als erstes..
Sonnenfrau
Beiträge: 5
Registriert: 15. Apr 2011, 12:50

Re: Warum ein Tabu?

Beitrag von Sonnenfrau »

Dazu fällt mir noch ein, als mein Vater (der früher starke Depressiopnen hatte) erkannte, das bei mir auch etwas nicht stimmt und ich meinem Partner sagte, dass ich nächste Woche zum Arzt gehe, meinte er als erstes total abwertend "Na toll, jetzt heulst du also nicht nur mehr rum sondern brauchst auch noch einen Psychiater!"

Er ist ein sehr liebevoller Mensch, sonst wäre ich ja auch nicht mit ihm schon so lange zusammen aber mit dieser Erkrankung kam er nicht leicht zurecht. Auch, weil es ihm zur Zeit durch Stress auch nicht soo gut geht (anstatt das er mich dadurch ev noch besser versteht). Auch heute (nach einem dreviertel Jahr) kann er es nicht nachvollziehen wie es mir geht - was ich auch verstehe, wenn man es selbst nie erlebt hat.. Aber er akzeptiert es, unterstützt mich.

Nicht nur er wird so reagieren, sondern auch viele andere Menschen. Und auch durch reden werden es viele Menschen nicht nachvollziehen oder ev akzeptieren können. Bricht sich jemand den Fuß ist für alle klar, der hat einen gebrochnen Fuß, der hat Schmerzen und kann momentan gewisse Dinge nicht tun. Eine Depression kann man halt nicht sehen, deshalb fällt es vielen so schwer damit umzugehen. Deshalb verschweigen es sicherlich auch viele - Tabu.
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