Der Boden ist weggebrochen

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lunaja
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Der Boden ist weggebrochen

Beitrag von lunaja »

Hallo,

ich erzähle euch mal meine Geschichte, weil ich nicht mehr weiß, was ich noch machen soll. Der Boden ist mir unter meinen Füßen weggebrochen und ich komme irgendwie nicht mehr raus.

Ich habe vor einiger Zeit einen Burnout gehabt. Dadurch habe ich meine noch sehr frische Beziehung verloren. Mein Ex-Partner hatte sich gleich eine Neue zugelegt.

Ich war damals schwanger in der 4 oder 5 Woche, hatte es ihm nicht mitteilen könne, da ich nicht wusste wie, ich wollte es von einem Arzt bestätigen lassen.

Bei meinem nächsten Besuch bei ihm, wollte ich es ihm sagen. Als er mir mitteilte, dass wir nun getrennt sind, und ich es ihm nicht sagen konnte, oder wollte, weil ich es noch nicht bestätigt hatte vom Arzt, weil ich vollkommen neben mir stand, einen Burnout hatte und nur noch zitterte. Kurze Zeit später, verlor ich das Kind durch einen natürlichen Abort.

Ich habe viel geweint und bin in ein so tiefes Loch gefallen, wie ich es mir kaum vorstellen konnte.

Ich stecke noch immer in diesem Loch.
Schwere Depression nach Burnout.
Bekomme nichts, oder nur sehr wenig auf die Reihe, bin absolut zurückgezogen und isoliert, habe kaum noch Kontakt nach Außen und alles, aber auch wirklich alles bricht weg.

Ich habe keine Freude mehr und lebe nur noch in meinem Zimmer.
Mich quälen Ängste, ich bin in Therapie, doch komme ich nicht davon los.

Medikamente bekomme ich keine. Irgendwie sieht niemand wie es mir wirklich geht. Was wirklich mit mir los ist, alle denken, ich bekomme es wieder hin, doch ich bekomme es nicht hin.
Ich bin Mitte 30 und denke, mein Leben ist versaut.

Ich kann nicht mehr arbeiten und habe nichts, was mir noch Struktur oder Halt gibt.

Wie komme ich da wieder raus? Was kann ich machen, damit es mir besser geht?
Was kann ich tun, damit diese quälenden Gedanken aufhören?

Hab ihr Erfahrung?
kiwilana
Beiträge: 1622
Registriert: 14. Nov 2010, 14:10

Re: Der Boden ist weggebrochen

Beitrag von kiwilana »

Liebe Lunaja,

ich würde den arzt bzw. neurologen oder psychiater wechseln, der bzw. die ja anscheinend der meinung sind, dass du keine medikamente brauchst - und mir bei diesem neuen arzt eine zweite meinung einholen bzw. ganz konkret sagen und fordern, dass du nicht mehr kannst, die therapie nicht ausreicht und du dringend weitere hilfe durch medikamente oder ggf. auch eine klinik oder reha brauchst.

sage ganz klar und nachdrücklich, wie schlecht es dir geht, dass es so nicht weiter gehen kann und was du brauchst - welche hilfe (medikamente, klinik, reha) du benötigst und für hilfreich hälst. nicht bitten, sondern einfordern!! du hast das recht auf hilfe!! und wer dir keine weitere hilfe gibt: wechseln!! solange bis du hilfe bekommst! ich würde nach meinen 10 jahren symptomen, bis ich endlich die richtige hilfe bekam, nie wieder warten, bis mir jemand hilfe anbietet. ich z.b. habe die klinik eingefordert und sie hat mir sehr geholfen.

deshalb tschaka liebe Lunaja und sag den ärzten, was du brauchst! deine therapie kannst du parallel ja weiterführen. ich hoffe sehr, dass sie dir wenigstens ein bißchen halt gibt, bis du weitere hilfe bekommst.

ich wünsche dir ganz viel kraft! und dass du ganz schnell die richtige hilfe findest! ruf am montag gleich einen neuen arzt an und mach einen termin aus, denn alleine musst du all das nicht bewältigen. noch etwas: vielleicht gibt es in deiner nähe zusätzlich auch noch eine selbsthilfegruppe, die dir helfen könnte? das thema könntest du dir aussuchen: über den verlust durch fehlgeburten oder den burnout mit anderen betroffenen zu reden, kann evtl. helfen.

ich wünsche dir nochmals alles alles gute! gehe schritt für schritt und suche dir gute hilfe bzw. hilfsstellen, ja?! trost und umarmung, kiwi
kiwilana
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Registriert: 14. Nov 2010, 14:10

Re: Der Boden ist weggebrochen

Beitrag von kiwilana »

PS: gerade sehe ich erst, dass das dein erster beitrag hier im forum war: also ganz herzlich willkommen
Antiope
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Re: Der Boden ist weggebrochen

Beitrag von Antiope »

Hallo Lunaja,

schwere Depression darfst Du nicht auf die "leichte" Schulter nehmen - bitte!
Du hast es selbst bemerkt (und das ist jetzt schon sehr viel!!): alleine kommst Du aus diesem Loch nicht mehr raus.

Es gibt zwei Möglichkeiten:
- bei einem Arzt Hilfe holen (und wenn es der Hausarzt/Hausärztin ist), einfach die, zu der Du am ehesten Vertrauen hast
- zu einer Akutklinik gehen, um dort für einige Tage Zuflucht finden(bis Du wieder stabilisiert bist)

Kannst Du einen Freund/eine Freundin um Hilfe bitten, der oder die Dich begleitet und darauf achtet, dass Du das erhältst, was Du jetzt brauchst, nämlich Hilfe?
lunaja
Beiträge: 10
Registriert: 14. Apr 2011, 13:35

Re: Der Boden ist weggebrochen

Beitrag von lunaja »

Hallo Kiwilanda und Antiope,

vielen Dank für eure Antworten.
Ich habe mir heute in den Hintern getreten und bin sehr lange draußen in der Sonne gewesen und hatte sogar etwas Freude, weil ich mit Leuten sprach. Ich merke, dass ich in Gesellschaft von Menschen beginne aufzublühen und dennoch sind meine Lebensumstände derzeit so, dass ich in oft nicht raus komme. Ich kenne kaum Leute und habe meine wenigen Freunde durch meinen Zusammenbruch fast alle verloren.

Neue Menschen kennenzulernen ist für mich immer eine Hürde gewesen, doch jetzt merke ich, dass es mir einfach gut tut.

Komisch, dass ich erst so tief fallen muss um soetwas zu bemerken.

Also, Schritt 1. für mich, neue Menschen kennenlernen.

Schritt 2. Ruas gehen. Jeden Tag dazu zwingen. Morgen gehe ich auf einen Flohmarkt. Ich werde mal sehen, wie es da geht. Ich hoffe, es ermüdet mich nicht zuschnell und ich habe wieder etwas Freude, so wie heute.

Ja, ich werde mich am Monatg gleich mit meinem Hausarzt in Verbindung setzen.
Und mir versuchen einen neuen Termin bei einer anderen Therapeutin zu besorgen.

Ich weiß nicht, was es ist, dass mich so sehr traurig macht und mich so sehr in mir gefangen hält.
Ich erkenne mich kaum wieder.
Ist schon komisch. Obwohl ich Menschen mag, fühle ich mich nichts mehr wert. Obwohl mir Menschen sagen, dass sie mich mögen, kommt es nicht mehr an mich ran.

Ich habe mich sehr verändert.

Ich bemerke es und werde traurig, weil es so ist.
Irgendwie ein Teufelskreis aus dem man nur schwerlich raus kommt.

Doch was solls, ich will mein Leben wiederhaben und nicht mich verkriechen. Ich habe beschlossen zu kämpfen, auch wenn ich ganz unten bin und koste es was es wolle, ich werde es schaffen.

Jeden Tag einen Schritt.

Ich gebe nicht auf, auch wenn es schmerzt, auch, wenn ich jeden Moment nur weinen möchte, auch wenn ich alles vermisse, meinen Freund, das Kind, welches ich nie bekam, die Familie, die ich nie bekam und alles nur, weil ich zu viel gearbeitet habe.

Was sagt mir das? Auf mich achten, nur auf mich. Dahin gehen, wo Menschen sind, die mich mögen und vor allem neu anfangen, auch wenn es schwer ist und auch, wenn niemand da ist, ich werde es schaffen. Irgendwie. Werde ich es schaffen.

Morgen wie gesagt Schritt 1. Rausgehen (Flohmarkt) und mit mindestens 1. Menschen sprechen. Über alles, nur nicht über "mein Thema". Alles andere ist erlaubt.

Ich hoffe, ich mache damit nichts falsch.
Kodiak
Beiträge: 428
Registriert: 3. Okt 2010, 16:55

Re: Der Boden ist weggebrochen

Beitrag von Kodiak »

Hallo Lunaja,

ich würde Dir gern raten, die Ratschläge von Antiope zu beachten und die Option einer Akutklinik besonders ernst zu nehmen.
Es wird wohl das sein, was am ehesten suffiziente Hilfe verspricht.
Nach einer Stabilisierung kannst Du erneut eine ambulante weiterführende Therapie versuchen, oder eine vollstationäre Therapie, der ich immer den vorrang geben würde.
Das kannst Du natürlich auch über einen niedergelassenen Arzt erreichen. Aber schneller und effektiver läuft das über eine Klinik. Im günstigen Fall ohne Zeitverzögerung. Und, in einer Klinik hast Du meist jederzeit einen Ansprechpartner. Was für mich in einer schweren depressiven Episode wünschenswert wäre.

Viel Glück auf Deinem Weg

Dietmar
lunaja
Beiträge: 10
Registriert: 14. Apr 2011, 13:35

Re: Der Boden ist weggebrochen

Beitrag von lunaja »

Lieber Dietmar, vielen lieben Dank für deine Antwort.
Ja, ich kann den Weg in die Klinik gehen, und mich dort meinen Problemen stellen und Unterstützung erfahren.
Ich weiß, dass es sie gibt und ich war auch schon, gleich nach der Trennung und dem Abort in der Kriesenstation.
Daher weiß ich, dass es sie gibt.
Doch meine Probleme sind im Alltag und ich kann mich nicht vor ihnen verstecken.
Ich muss sie bewältigen und daher arbeite ich in erster Linie an mir.
Ich versuche sanft und fürsorglich mit mir umzugehen und zu schauen, was tut mir gut und was nicht.

Heute war ich nach 3-4 Stunden Schlaf mit einem Freund auf dem Flohmarkt von 5.00 Uhr bis jetzt. Den ganzen Tag also etwas zu tun gehabt und jetzt redlich erschöpft.

Ich genieße es.
Es war anstrengend, ich wurde zwischendurch müde, ich wollte zwischen durch Heim, doch ich sagte, nein! Du bleibst, du ziehst das jetzt hier durch.

Ich war zwischendurch traurig, ich hatte Gedankengänge. Ich fühlte mich einsam, doch ich sagte nein!

Ich lächelte und lächelte und lächelte und irgendwann begann ich zu singen! Ich bekam Momente der Fröhlichkeit.

Ich habe gemerkt, dass es ein verdammt harter Tag war, doch er ist mir saugut bekommen.

Ich war den ganzen Tag in der Sonne, den ganzen Tag unter Unmengen von Menschen und wurde oft gefragt, was was kostet, musste verhandeln, mich durchsetzen und hey, ich merke, wie ich dadurch wieder zur Kraft komme, wieder zu mir finde.

Also geht es jettz in die wohlverdiente Wanne und morgen geht es joggen!

Ich will mich wieder selbst finden und wieder raus gehen, wieder mit mir sein können. Erstmal nur mit mir, andere kommen später.

Die lerne ich vielleicht auf dem Weg zu mir kennen.

Ich kämpfe grade um mich und um mein Leben und ich gebe nicht auf, ich will nicht aufgeben, denn ich habe nur dieses eine.

Ich dachte, es hätte mich in den A*** ge*** sorry, aber es fühlte sich so an, ich habe mich verloren, ich war ganz unten, ich konnte nichts mehr. In den letzten Wochen lag ich teilweise nur im Bett und habe geweint.

Niemand sieht hinter die Fassaden anderer Menschen. Niemand erkennt, wie es ihnen wirklich geht.
Ich steh vor der Wahl, ich kann mich der Depression hingeben und sie hegen und pflegen oder ich kann etwas gegen sie tun, auch wenn das bedeutet mir jeden Tag in den Allerwertesten zu treten, mit immer und immer wieder Mut zu machen.

Doch ich werde es schaffen, weil ich mich dazu entschieden habe, auch wenn ich weiß, dass ich noch ganz am Anfang stehe und ich jede Minute kämpfen muss und es immer wieder Phasen geben wird, in denen ich mehr kämpfen muss oder Schritte zurück falle, doch ich gebe nicht auf.

Ich habe viel verloren und beinahe mich.
Doch ich sammel mich ein, ich bin noch da, irgendwo, verletzt, unsicher und verängstigt, doch ich habe die kraft es zu schaffen.

Wie sagt Beppo der Straßenfeger (Momo) Schritt für Schritt.

Langsam, und ich gehe jetzt Schritt für Schritt.

Ich bin so wie ich bin und ich habe eine Depression, doch ich kann aktiv etwas gegen sie unternehmen. Es hat eine ganze WEile gedauert um das zu erkennen um die Kraft dazu zu haben, doch es hilft und ich kann es schaffen, wenn ich einen Schritt nach dem anderen mache.

Puh. Ich weiß, dass es die Klinik gibt und wenn ich sie brauche, werde ich sie nutzen.

Ich weiß, dass es Medikamente gibt und wenn ich sie brauch, werde ich auch diese nutzen und ich weiß, dass es Menschen zum reden gibt und die werde ich auf jeden Fall nutzen.

Ich werde alles nutzen, was mir an Hilfe gegeben wird und irgendwie ist es, als erkläre ich der Depression und meinem Ex den Krieg.

Sie durfen mich nicht mehr beherschen. Ich bin die, die die Ruder in der Hand haben sollte und ich bin jetzt schrecklich müde und geh baden.

Die Löcher kommen, keine Frage und ich hoffe, dass mir das Forum hier auf meinem Weg helfen wird, ich schwebe grade nicht im Himmel, ich bin nur realistisch und versuche meine Kraft zu aktivieren, aus dem Leid herraus.

Es war ein harter Tag, ein anstrengender Tag, im Kampf mit der Depression, doch es war ein erster, guter Schritt.

Und morgen gehe ich joggen und das wird ein neuer guter Schritt.
Und ich rufe eine Ärztin an und ich hoffe, dass ich die Gedanken an Ostern verdrängen kann.
Antiope
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Re: Der Boden ist weggebrochen

Beitrag von Antiope »

Hallo Lunaja,

Du bist wirklich eine Kämpfernatur!

Sage es Dir immer wieder. Gerade dann, wenn es dann einen Tag gibt, wo Du an Deinen Vorhaben scheiterst. Ein weiser Krieger akzeptiert auch mal, einen Kampf verloren zu haben, sich selbst zurückzunehmen, um damit die Kräfte neu zu sammeln. Um den nächsten Tag zu gewinnen.

Es mag jetzt nervig sein, wenn ich darauf hinweise, dass Du auch mal ein Vorhaben nicht zu Ende führen kannst. Einfach, weil es ein schlechter Tag ist, weil schon zuviel geschehen ist an diesem Tag. Gerade dann ist es wichtig, es einfach zu akzeptieren und sich keine Vorwürfe zu machen. Nur zu schauen, was doch gut dabei war, wo Du mehr auf Dich "Rücksicht" nehmen musst und es abzulegen und einen neuen Tag anzufangen.

Versuche gerade die kleinen Erfolge zu feiern. Nicht nur, wenn Du eine Stunde joggen warst, sondern auch eine halbe Stunde, oder überhaupt draußen. Das ist an manchen Tagen gut genug.

"Gut genug" reicht.
lunaja
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Re: Der Boden ist weggebrochen

Beitrag von lunaja »

vielen lieben Dank,

ja, manachmal komme ich mir wirklich wie eine Kämpferin vor, doch dann sehe ich, was alles zerbrochen ist.
Mein Leben, meine Träume, alles was ich mir wünschte, mit einem Schlag einfach weg.
Ich kann nichts ändern an der Vergangenheit. Es ist meine Vergangenheit und ich muss mit ihr meinen Frieden finden.
Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber kennt ihr das?

Wenn jemand, an dem ihr sehr lange geglaubt habt, in dem ihr so viel gesehen hat, der immer für euch da war, euch mit mal verlässt?

Nicht mehr da ist und dann ist da mit einem mal niemand mehr und ich fühle mich so einsam, so unendlich einsam und mir fällt auf, wie einsam ich schon vorher war, wie alleine ich mich über die letzten Jahre gefühlt habe.
Niemand der sich freut wenn ich heim komme, niemand der anruft und sagt hallo mein Schatz, niemand der meine Hand hält, wenn es mal schwer ist, niemand, zu dem ich vertrauen aufbauen kann. Es ist einfach niemand mehr da und vorher, als ich auch alleine war, da hatte ich immer das Gefühl, dass jemand kommt, dass ganz bestimmt jemand kommt, dass dieser jemand da draußen ist, doch jetzt ist dieses Gefühl nicht mehr da.

Es ist einfach weg. Ich denke, da kommt jetzt nie wieder jemand. Weil ich Angst hatte, zusammengebrochen bin und Panik geschoben habe.
Weil ich manches nicht klar sagen konnte, weil ich so verletzlich war und es nicht gezeigt habe, weil ich in mir gefangen war.

Ich zweifel manchmal, ob da überhaupt jemals nochmal jemand kommen wird und für mich da sein wird.

Das ist meine größte Angst die ich grade habe, das Gefühl versagt zu haben, keine Familie gründen zu können, niemanden zu finden, der mich verschobenes Wesen mag.

Tja, und dennoch kämpfen und weiter. Immer weiter. Schritt für Schritt.
Auch, wenn es weh tut.
ghm
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Re: Der Boden ist weggebrochen

Beitrag von ghm »

Hallo Lunaja,

vielleicht kannst Du Dich durchringen mal in einem Frauenhaus anzurufen und mit den Betreuern dort zu sprechen.

Ich denke, die sollten auch den einen oder anderen Rat haben.
So von Frau zu Frau.
~~ Göttin, lass es Hirn vom Himmel regnen (und nimm den Menschen die Regenschirme weg) ~~
Antiope
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Re: Der Boden ist weggebrochen

Beitrag von Antiope »

Hallo Lunaja,

Du bist eine Kämpferin - auch wenn Du es jetzt nicht spürst.

Im Moment wirst Du, wie Du schreibst, von zwei ganz großen Gefühlen bestimmt: die Einsamkeit und die Angst vor der Zukunft.
Beides, wirklich beides, sind Symptome der Krankheit. Gebe nicht Dir die Schuld, kämpfe nicht gegen diese Gefühle an, weil sie "nicht sein dürfen".

Schuld an dem, was passiert ist, bist Du keinesfalls. Du hast Dein Bestes getan, das getan, was zu diesem Zeitpunkt möglich war. Mehr konntest Du nicht tun. Mehr ging nicht.

Einsamkeit ist eine Seite der Depression, eine Einsamkeit, die aus der Verlorenheit in sich selbst kommt. Auch wenn Du unter Leute bist, wirst Du Dich einsam fühlen. Es ist kein schönes Gefühl. Aber wie gesagt: es gehört auch zu dieser Krankheit.

Auch das Gefühl, niemals wird es wieder gut, niemals wirst Du irgendetwas erreichen, auch das gehört dazu. Es wird wieder gut - anders, wie Du jetzt denkst, aber es wird wieder gut. Klar, es hilft Dir gerade nicht, wenn Du ohne Hoffnung bist, aber vielleicht kann es Deinen Verstand etwas beruhigen, wenn Du weißt, das kommt von der Depression.

Ich denke, Du solltest Dir doch recht schnell Hilfe holen. Lasse es nicht zu, dass die Depr. alles von Dir nimmt.
Du hast die letzte Zeit alle Deine Kräfte verbraucht ...
lunaja
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Re: Der Boden ist weggebrochen

Beitrag von lunaja »

Hallo,

also in einem Frauenhaus habe ich bis jetzt noch nicht angerufen. Meldet man sich dort nicht nur, wenn man häusliche Gewalt erlebt hat? Die gab es bei mir nicht.
Aber dafür habe ich jetzt einen neuen Termin bei einer neuen Psychaterin besorgt. Dauert leider noch einige Zeit.

Heute war ich spazieren und joggen!
Sehr gut.
Ich habe Bewerbungen geschrieben und versuche mit mir selbst klarzukommen.

Ich halte den Kopf über Wasser .
Jeden Tag ein kleines Bisschen.
Ja, ich nehme es nicht auf die leichte Schulter und ich bin ja auch in Behandlung und jetzt zu Ostern fahre ich zu meinen Eltern und verbringe dort einige Tage.

Etwas am Meer sein und die Seele baumeln lassen.
Meine Therapeutin hat mir gesagt, ich solle eine Liste machen, was ich an mir mag.

Hui, ist nicht so einfach, eine schwierige Aufgabe.
Kodiak
Beiträge: 428
Registriert: 3. Okt 2010, 16:55

Re: Der Boden ist weggebrochen

Beitrag von Kodiak »

Liebe lunaja,

eine verzweifelte Kämpferin, die lacht und erzählt, feilscht und verkauft, die kann ich mir durch Deine Zeilen gut vorstellen. Man wird es Dir nicht ansehen und auch nicht heraushören, aber vielleicht ist Dein Lachen für Deinen Freund doch lauter wahrnehmbar als sonst?

Ein guter Weg, finde ich. Die Depression aktiv angehen, etwas tun und nicht in Resignation erstarren. Und das Du so gelöst warst, dass Du sogar singen konntest, dass kann ja nur der richtige Weg sein.

Aber nimm Dir auch die Zeit, die Trauer zu leben. Denn irgendwie will sie verarbeitet werden. Ich kann das nicht so gut und vermute, dass ein Teil sich in Depressionen und Ängsten ausdrückt. Ich weiß nicht, wie das bei Dir ist.

Es ist schwer, jetzt die richtigen Worte für Dich zu finden, um Dich etwas zu trösten und ein Stück aus dem Loch zu ziehen, in dem Du Dich befindest. Ich kann Dir nur sagen, dass es auch wieder besser wird. Nach jedem Regen folgt auch Sonne. Die Welt scheint Dir jetzt so leer, Du bist einsam und allein und alles ist irgendwie ungerecht. Aber Du hast auch erkannt, dass es bereits vor der Trennung nicht so lief. Also, vielleicht geht das ja nun in Ordnung so und muss einfach sein.

Die Depression als Folge der Überarbeitung ist die eine Sache, die Trennung eine andere, denke ich. Mit der Arbeit anders umzugehen, wenn es möglich ist, wird Dir vielleicht schon etwas helfen. Versuch etwas Struktur in Deinen Alltag zu bekommen.
Das mit dem Abort und der Trennung, der Schmerz wird verblassen mit der Zeit und Du wirst einen neuen Partner finden. Lass Dir durch eine geeignete Therapie helfen und überfordere Dich nicht. Manche Dinge brauchen Zeit.

Wie Du siehst, steh ich Dir auch hilflos gegenüber. Aber ich glaube, ich kann ungefähr nachempfinden, wie es Dir geht. Auch, wenn Du lächelst und singst.

Liebe Grüße

Dietmar
lunaja
Beiträge: 10
Registriert: 14. Apr 2011, 13:35

Re: Der Boden ist weggebrochen

Beitrag von lunaja »

ihr lieben Menschen hier,

danke für so viel Zuspruch und ich habe mich noch garnicht in euren Themen umgeschaut. Werde es aber nachholen.

@ Dietmar, dankeschön

Hilflos, nein, ihr seid nicht hilflos im Gegenteil, es baut mich auf.

Wie gehe ich mit der Trauer um, ich weinte viel, sehr viel.
Es hatte mich beinahe zerrissen, konnte nicht darüber reden, mein Ex gab mir nicht die Gelegenheit dazu.

Ich schrieb viel, extrem viel, ich arbeitete auf und schrieb, jeden Tag einen endlos langen Brief, an das Kind, an meinen Ex, an mich. Und immer wieder an mich.
Ich bat mich wiederzukommen, ich bat mich wieder in mir anzukommen, mich wieder zu trauen mich auszufüllen.


Er weiß es seit wenigen Tagen und seine Reaktion?
Schweigen.

Doch die Welt erobern die glücklichen Menschen und das möchte ich so gerne wieder werden.
Irgendwann wieder glücklich.
Keine Angst mehr haben und wieder vertrauen können.

Ich bin ihm nicht böse, ich glaube, er macht es nicht mit Absicht, ich glaube, er ist nur überfordert und weiß selbst nicht, wie er mit der Situation umgehen soll.

Ich denke er will sich nicht konfrontieren und meidet mich daher.

Ja, ich werde vielleicht einen neuen Partner finden, doch zuerst muss ich mich finden und etwas in mir flicken.

Dich
Dich
dich sein lassen
ganz dich
...
Sehen
daß du nur du bist
wenn du alles bist
was du bist
das Zarte
und das Wilde
das was sich losreißen
und das was sich anschmiegen will

Wer nur die Hälfte liebt
der liebt dich nicht halb
sondern gar nicht
der will dich zurechtschneiden
amputieren
verstümmeln

Dich dich sein lassen
ob das schwer oder leicht ist?
Es kommt nicht darauf an mit wieviel
Vorbedacht und Verstand
sondern mit wieviel Liebe und mit wieviel
offener Sehnsucht nach allem -
nach allem
was du ist

Nach der Wärme
und nach der Kälte
nach der Güte
und nach dem Starrsinn
nach deinem Willen
und Unwillen
nach jeder deiner Gebärden
nach deiner Ungebärdigkeit
Unstetigkeit
Stetigkeit

Dann
ist dieses
dich dich sein lassen
vielleicht
gar nicht so schwer

Das habe ich grade von einer Freundin bekommen.
Ich finde es schön, weil es mich treffend beschreibt. Jedenfalls vor der Depression.


Und das ist mein Zeil es wieder zu werden.
Die, die ich bin.
Mit allem was ich bin und mich selbst damit zu lieben.
Kodiak
Beiträge: 428
Registriert: 3. Okt 2010, 16:55

Re: Der Boden ist weggebrochen

Beitrag von Kodiak »

Liebe lunaja,

Du hast eine Freundin, die Dich, so glaube ich, sehr gut versteht. Diese Zeilen sind wunderschön, so warmherzig und lieb geschrieben. Freu Dich darüber und leg Dir diese Zeilen wie einen Mantel um die Schultern und spüre die Wärme. Du bist bestimmt nicht allein.

Ich würde versuchen, die Reaktionen bzw. fehlenden Reaktionen nicht zu beurteilen. Nimm sie, wie sie sind. Und suche jetzt auch nicht nach Deinen vermeintlichen Fehlern. Du hast alles richtig gemacht, weil es eben nicht anders ging. Sein Schweigen ist seins.

Du wirst Dich wieder finden und nach dieser Krise gestärkt hervorgehen. Woher ich das weiß? Du bist auch in Deiner Schwäche stark und gehst behutsam mit Dir um.
Eine Auszeit wird Dir gut tun, denke ich, weil Du Dich jetzt nicht verkrichen möchtest. Dir ist klar, dass nur andere Menschen Dir helfen können, Beziehungen leben und erleben, darauf kommt es doch an. Ein Lächeln, ein freundliches Wort, und Du weißt, was Du möchtest. Das Glück kommt zurück und Du wirst glücklich sein. Mit Vertrauen in Dich und Deinem Gegenüber. Du eroberst die Welt im Einklang mit Dir und Du wirst ihre ganze Schönheit erkennen.

Du wirst wieder Du sein und Dich mit allem was Du bist, lieben.

Ganz herzliche Grüße

Dietmar
lunaja
Beiträge: 10
Registriert: 14. Apr 2011, 13:35

Re: Der Boden ist weggebrochen

Beitrag von lunaja »

Lieber Dietmar,

vielen Dank für deine Worte.
Man man, ich hole mir gleich die Kriegsbemahlung aus meiner Tasche.
Ich werde es schaffen, ich weiß. heute war ich schon draußen, habe musik gemacht und nach einer neuen Wohnung ausschau gehalten.
Geht alles nicht so einfach, doch es wird.

Jetzt muss ich rechnungen bezahlen und dann später noch einkaufen gehen.

Schon komisch, wenn man jeden Schritt einzeln planen muss.

Zwischendurch kommt immer mal Angst und Panik und dann wird es aber wieder gut.

Was macht ihr, wenn ihr Panik bekommt?
ghm
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Registriert: 25. Dez 2010, 12:38

Re: Der Boden ist weggebrochen

Beitrag von ghm »

Hallo Lunaja,

in den Zeiten, als die Frauenhäuser aufgebaut wurden, sollten sie auch Anlaufstelle sein, für Frauen, die häusliche Gewalt erlitten haben, aber auch Anlaufstelle für alle Frauen, ungeachtet der Probleme.

Und ich denke, die Mitarbeiterinnen des Frauenhauses sollten auch zum Thema Frauen und Depressionen den einen oder anderen Tipp aus dem täglichen Leben haben.

Und fragen kostet doch nicjhts, oder?
~~ Göttin, lass es Hirn vom Himmel regnen (und nimm den Menschen die Regenschirme weg) ~~
Kodiak
Beiträge: 428
Registriert: 3. Okt 2010, 16:55

Re: Der Boden ist weggebrochen

Beitrag von Kodiak »

Liebe lunaja,

Panik kenne ich so nicht. Oder vielleicht doch. Wenn die Depression so stark ist, dass ich denke, es geht doch eigentlich nicht´s mehr. Und es kommt mehr.

Wenn ich mich noch kontrollieren kann, schließe ich die Augen und höre genau hin, was um mich herum ist. Ich versuche die Geräusche zu differenzieren, rieche und fühle. Nur jetzt und hier. Gedanken kommen und gehen.
Manchmal funktioniert es, der Abstand wird etwas größer. Und ich kann einmal durchatmen. Aber nur manchmal.

Ich weiß nicht, ob das so wie Panik ist.
Ansonsten würde ich meinen, dass Kriegsbemahlung nicht das Schlechteste ist. Ich würde mich gern anschließen, aber die Depression erlaubt mir nur, Dir hier zu schreiben. Ich weiß nicht warum.
Morgen habe ich einen Termin bei meiner Therapeutin. Mal sehen. Eine sehr liebe Frau. Mir bleiben noch 11 Stunden. Ich vermisse sie jetzt schon.
Nur, irgendwie muss es ja weitergehen. Bin auch noch beim Wechsel meiner Fachärztin. Die möchte, dass ich woanders mein Glück versuche. Na ja, dann mach ich´s halt. Was bleibt mir weiter übrig. Nach dieser Offenbarung möchte ich bei ihr nicht bleiben.

Ich würd Dich auf Deinem Kriegspfad gern beschützen, was ich natürlich nicht kann, aber ich denk an Dich und wünsche Dir viel Erfolg.

Liebe Grüße

Dietmar
lunaja
Beiträge: 10
Registriert: 14. Apr 2011, 13:35

Re: Der Boden ist weggebrochen

Beitrag von lunaja »

So, heute ist ein schöner Tag.
Ich habe ein Vorstellungsgespräch und sitze zwischen Umzugskisten in Richtung Zukunft ungewiss.
Wow, ist das alles aufregend. So unendlich aufregend.
Ich freue mich und zeitgleich habe ich schreckliche Angst.
Doch ich werde es schaffen, dass weiß ich irgendwie werde ich es schaffen.
Ich wache noch immer morgens mit dem schlimmen Gefühl im Bauch auf und alles scheint sich zu drehen und manchmal, wenn ich an die Vergangenheit denke, dann wird mir regelrecht übel.
Doch ich stehe da und werde es schaffen. Ich hoffe orgendwann ist die Vergangenheit nur noch Vergangenheit und das was zählt das Jetzt.
Ich frage mich, wie lange solche Wunden brauchen um zu heilen und wie lange es wohl dauern wird, bis ich wieder richtig ich bin.
Die, die lachend durch die Gegend läuft und sich über alles freut, was sie sieht.
Die unvoreingenommen da steht und einfach nur glücklich sein kann, ohne Schmerz und ohne Schuldgefühle.
Doch es wird jeden Tag ein kleines bisschen besser jeden Tag ein winziger Schritt. Und irgendwann werde ich es geschafft haben.
undsonst?
Beiträge: 12
Registriert: 13. Apr 2011, 00:04

Re: Der Boden ist weggebrochen

Beitrag von undsonst? »

Da drücke ich dir mal ganz kräftig die Daumen für dieses wichtige Gespräch, auf dass es in deinem Sinne gut ausgeht.

Und auf dem Weg der kleinen Schritte winke ich dir selbst schneckend mal freundlich zu,

Ute
Leben, jetzt! - ? -
Antiope
Beiträge: 1695
Registriert: 10. Jan 2011, 21:38

Re: Der Boden ist weggebrochen

Beitrag von Antiope »

Hallo Lunaja,

wenn Du die Angst verspürst, weil Du zwischen den Umzugskisten sitzt, könnte es vielleicht ein Signal sein, dass Du im Begriff bist, Dir vielleicht zu viel zuzumuten.
Das würde bedeuten: schaue, dass Du es in kleine, kaum Angst machende Häppchen verpackst, dass Du Dir Unterstützung holst.

Bitte entschuldige diesen plakativen Ratschlag - genau dasselbe kenne ich von mir, und aus eigener, allzu bitterer Erfahrung weiß ich, dass man gerade dann, wenn die Angst anfängt, nicht schneller, sondern langsamer gehen muss und Kräfte sammeln muss.
Ich habe mich mit diesem Satz "Ich weiß, ich werde es schaffen." und "möglichst schnell weg hier, damit die Angst nicht spürbar ist" in einen vollkommenen Burn-out und eine Depr. manövriert.

Schaue, ob die Firma zu Dir passt, nicht nur darauf, dass Du zur Firma passen könntest...

Ich wünsche Dir alles, alles Gute und viel Glück!!!
lunaja
Beiträge: 10
Registriert: 14. Apr 2011, 13:35

Re: Der Boden ist weggebrochen

Beitrag von lunaja »

Liebe Ute, und Antiope,

danke für eure Worte.
Ja, ich mache es langsam.
Bin jetzt einfach ans Meer gefahren und habe mich dort einige Tage erholen können und Kraft gesammelt.
Jetzt sitze ich wieder zwischen den Kisten und finde es nicht schlimm.
Es gibt einiges zu tun, keine Frage und ich muss es wirklich Stückweise angehen.

Ich fahre jetzt ersteinmal zum Vorstellungsgespräch und werde mir das alles ansehen. Klar, auch schauen, ob die Firma zu mir passt.
Ich will sehen, wo ich mich wohl fühlen kann, doch der Job stand ganz oben auf meiner Liste und ich würde mich bei dem riesig freuen, wenn ich ihn bekommen könnte.

Alles in allem freue ich mich auf meine neue Heimat.
Ich will sehen, wie es wird und voller Hoffnung und Glauben meinen Weg beschreiten.

An mich.

Denn ich denke, in den letzten Jahren hab ich mich immer mehr aus dem Auge verloren.
Jetzt freue ich mich auf eine neue Wohnung, auf einen neuen Job, auf Freunde und auf Ruhe und Geborgenheit mit mir.

Lernen alleine zu sein. Ohne sich ständig um jemanden kümmern zu müsen, ohne ständig jemandem etwas geben oder beweisen zu müssen. Nur mit mir sein.

Ich wünsche allen noch ein frohes Restostern.
Antworten