mal ehrlich

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Mafine
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mal ehrlich

Beitrag von Mafine »

versteht einer von euch seine Krankheit??

Wie soll ich denn gegen was kämpfen, das ich nicht mal verstehe???

Wie habt ihr denn gerlernt es einfach zu akzeptieren und vorallem wie habt ihr das gelernt???
Antiope
Beiträge: 1695
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Re: mal ehrlich

Beitrag von Antiope »

ich akzeptiere sie, so wie sie ist. Dagegen "kämpfen" kann ich nicht, ich kann nur mit ihr umgehen und sie auch als eine Art "Gewinn" sehen, eine Art Sensorium, wenn ich mich überfordere, meine Grenzen überschreite, ...
Sie hat mich dünnhäutiger und verletzlicher gemacht - und das ist gut so. Ich fühle mich "menschlicher" und ich kann mit den Schwächen anderer besser umgehen.
heikeg
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Re: mal ehrlich

Beitrag von heikeg »

Hallo Mafine,

durch viel lesen und sehen, dass ich nicht die Einzige bin, die darunter leidet. Und wenns bei mir gar nicht ging, bin ich in die Klinik gegangen und sah dort weitere Betroffene, die ebenfalls unter den gleichen Symptomen litten und eben dann durch eigene Erfahrung, die irgendwann sich von selber einstellt. In einer akuten Phase ist es schwer, es zu begreifen, aber wenn man wieder etwas weiter raus ist, dann sieht man die Sache aus einer anderen Perspektive.

Je mehr du dich dagegen wehrst, desto schlimmer drehst du dich da rein, wenn es bei dir nicht mehr geht, dann sprech recht schnell mit deinem Arzt, es gibt Möglichkeiten für eine Krisenintervention.

Viele Grüße Heike
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unipolar depressiv seit 2002
ghm
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Re: mal ehrlich

Beitrag von ghm »

Hallo Mafine,

ich habe es schon ein paar mal geschrieben,
meine Depression ist heute ein guter, ehrlicher und aufrichtiger Freund.

Sie hat mich geleert und nun lehrt sie mich auf mich aufzupassen, mich wa(h)rzunehmen, zu sein wer ich wirklich bin.

Ein Kampf gegen meine innerste Seele, habe ich zu lange geführt um das "richtige" zu tun, gut zu funktionieren.

Jetzt beginne ich zu mir zu kommen.
~~ Göttin, lass es Hirn vom Himmel regnen (und nimm den Menschen die Regenschirme weg) ~~
wennfrid
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Re: mal ehrlich

Beitrag von wennfrid »

Hi Mafine
Ich kann verstehen, dass die Krankheit durch Nervenverknüpfungen entsteht. Warum weiß ich nicht. Nachdem mein ganzes Leben durch eine endogene Depression anders verlaufen ist, wie ich es mir vorgestellt habe, habe ich meine Krankheit akzeptiert. Ich habe verschiedene Erwartungshaltungen erlebt.
Larvierte oder maskierte Depression, organische Beschwerden, wie werde ich nur meine Depression los und schließlich Akzeptanz.
Diese Episoden sind jeweils mehrere Jahre lang. Ich habe gelernt, dass ich trotz der Depression ein erfülltes Leben haben kann. Ich denke, von heute auf morgen passiert nicht viel, aber wenn eine Tür zugeht, geht eine andere auf.
Viel Kraft und Energie

Fridolin
Schwert10
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Re: mal ehrlich

Beitrag von Schwert10 »

Ich bin nicht sicher, daß ich meine Krankheit "verstehe", aber ich habe mir so viel dazu angelesen wie ich kriegen konnte.Manches ist ja heute noch nicht klar, außerdem gibt es verschiedene Formen und Auslöser. Für mich am schwersten zu begreifen war eigentlich, daß bei mir kein großes Trauma der Auslöser war sondern vielmehr eine ganze Reihe kleiner "Frustrationen" (wahrscheinlich). Jetzt kann ich mir nicht mal mehr einreden, ich bräuchte nur das Trauma zu überwinden und alles wäre gut.
Am Anfang fand ich es auch schwer zu akzeptieren, daß Andere mit Erlebnissen wie ich sie hatte problemlos klarkommen. Heute macht mir das nichts mehr aus, Menschen sind halt unterschiedlich sensibel und unterschiedlich fähig, mit Belastungen umzugehen. Allerdings bin ich schon manchmal neidisch auf Dickhäuter...
Daß ein durchgeknallter Hirnstoffwechsel einen Menschen so unglücklich machen kann, finde ich abwechselnd erschreckend und beruhigend. Beruhigend, weil die Hoffnung besteht, behandelt werden zu können. Trotzdem könnte es wirklich manchmal leichter sein!
Das Leben ist wertvoll

ob es nun strahlend ist wie ein diamant

oder dunkel wie kohle

beide sind aus demselben stoff.
Antiope
Beiträge: 1695
Registriert: 10. Jan 2011, 21:38

Re: mal ehrlich

Beitrag von Antiope »

Hallo Fridolin,

(bitte den off-topic entschuldigen);
wenn ich es richtig weiß, manifestiert sich in der Krankheit auch ein anderes Stoffwechselbild im Gehirn. Es wird weniger Serotonin produziert und Dopamin. Das eine ist unter anderem für die gute Laune zuständig, das andere für die Energiesteuerung.
Das Problem ist, dass bei Depr. auch die Adrenalin- und Noradrenalinspiegel sich verändern (mehr) und dadurch die Anzahl der Nervenverknüpfungen speziell in der Amygdala und im vorderen Stirnbereich zugrundegehen. Das eine ist für Emotionensteuerung zuständig, das andere für Bewertungen und andere "höhere Intelligenzleistungen". Weniger Nervernverknüpfungen bedeutet auch weniger Leistungsfähigkeit.

"Endogen" gibt es gottseidank nicht mehr. Depression heißt auch, dass Kraftreserven verbraucht sind, emotional und geistig.
bradforhelp
Beiträge: 344
Registriert: 11. Nov 2009, 13:55

Re: mal ehrlich

Beitrag von bradforhelp »

Hallo,

so richtig verstehen, warum es mich erwischt hat, verstehe ich nicht. Aber ich akzeptiere die Krankheit als Teil von mir, ein guter Freund ist sie nicht. Ich versuche damit umzugehen und das fordert mich mal sehr, sehr viel mehr und nur selten weniger.
Ich habe es gelernt, offen mit der Depression umzugehen. Das bedeutet, dass auch in meinem beruflichen Umfeld relativ viele Menschen darüber informiert sind.
Das alles zusammen hilft mir ganz gut über die Runden.

brad
"In den Tiefen des Winters erfuhr ich schließlich, dass in mir ein unbesiegbarer Sommer liegt."

Albert Camus
Biggy1901
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Re: mal ehrlich

Beitrag von Biggy1901 »

Hallo Mafine,
ich kann dich sehr gut verstehen.Bei mir wurde vor 2 1/2 Jahren eine mittelschwere Depression festgestellt die ich aber unbewusst sicher schon länger,viel länger hatte.Da ich aber immer nur funkioniert habe habe ich es überhaubt nicht war genommen das ich eventuell krank sein könnte bis zu dem Tag an dem nichts mehr ging.Aber auch da habe ich meinem Hausarzt nur ´nen Vogel gezeigt als er meinte ich leide an einer Depression.Aber lange Rede kurzer Sinn. Ich tue mich manchmal heute noch schwer damit die Krankheit zu akzeptieren obwohl ich weiß ich bin krank. Aber gerade nach einer längeren guten Phase haut es mich doch wieder um. Aber auch dann sage ich mir: Es ist so wie es ist,dann hänge ich heute eben mal durch und morgen geht es wieder weiter. Meistens klappt es auch. Ich denke aber auch das es einige Zeit braucht um es wirklich zu verstehen.Hier mit anderen zu schreiben die die gleichen Probleme haben gibt einen die Kraft die Depression anzunehmen und "mit" ihr zu leben und nicht "dagegen ankämpfen zu wollen.Wo Schatten ist, ist auch die Sonne man muss sich nur umdrehen!
Alles Gute von Biggy1901
Mafine schrieb:
> versteht einer von euch seine Krankheit??
>
> Wie soll ich denn gegen was kämpfen, das ich nicht mal verstehe???
>
> Wie habt ihr denn gerlernt es einfach zu akzeptieren und vorallem wie habt ihr das gelernt???
Ich lebe heute,gestern ist Vergangenheit und Morgen lass ich in Ruhe auf mich zukommem!
kiwilana
Beiträge: 1622
Registriert: 14. Nov 2010, 14:10

Re: mal ehrlich

Beitrag von kiwilana »

Hallo liebe Mafine,

> versteht einer von euch seine Krankheit??
doch, das würde ich bei mir schon sagen, zumindest zum teil und es wird immer mehr und mehr. aber es dauert und geht nur stück für stück. bei mir war es so: dass man mir irgendwann sagte, dass ich eine krankheit habe und diese krankheit depression heißt - das habe ich schon verstanden. vorher dachte ich immer nur, dass das alles ich selbst bin: mein charakter, meine schwäche, etc. natürlich fühlte sich das alles auch nach der diagnose noch so an, als wäre ich es selbst. aber wenigstens konnte ich es dann vom kopf her verstehen und mir so oft es geht vorsagen: "das bist nicht du - das ist die depression!". zu wissen und vom kopf her zu verstehen, dass es konkrete fehlfunktionen im gehirn sind, die das alles verursachen, hat mir dann langsam aber sicher mehr und mehr geholfen.

ich fühle mich zwar noch oft genug wie ein versager o.ä. - aber ich komme mittlerweile schneller dazu, dann auch wieder zu sehen: "hey, dieses versagergefühl kommt halt von der krankheit - ich selbst bin gar nicht so schlimm". und dann versuche ich, mir klar zu machen, dass ich deshalb auch nicht schuld daran bin, mir keine ewigen vorwürfe machen muss und auch wieder etwas anderes machen darf. mein tipp an dich wäre also: jedes mal, wenn du dich schlecht fühlst, zu versuchen, dir vor augen zu halten, dass diese gefühle nicht du selbst sind - sondern dir z.b. dein gehirn vorzustellen, in dem glücksbotenstoffe u.ä. nicht richtig weiter geleitet werden. dann kann man zwar auf das gehirn sauer sein aber du als mensch bist nicht dafür verantwortlich, nicht daran schuld und kannst versuchen der depression ganz klar zu sagen: "diesen schuh ziehe ich mir jetzt nicht an! so schlimm wie diese gefühle es mir einzureden versuchen, bin ich nicht! punkt!".

und damit kommen wir langsam zu dem punkt, uns mit der depression konkret auseinander zu setzen, mit ihr zu interagieren - und wer möchte, auch mit ihr zu reden, so wie bei dem beispiel oben (mir hilft sowas oft, denn sie ist ja auch sowas wie ein ständiger begleiter). genau das ist übrigens das gegenteil von kämpfen. denn mit kämpfen geht es leider nicht. wird eigentlich eher schlimmer dadurch.

> Wie soll ich denn gegen was kämpfen, das ich nicht mal verstehe???
ich denke, ein gewisses verstehen oder verständnis für diese krankheit braucht es schon. ich habe dafür z.b. auch, wie manche anderen schon schrieben, viel über das thema depression gelesen. anfangs eher die sachlichen fakten über gehirn, symptome und co. und später dann teile aus solchen büchern wie z.b. "depression - wege aus der dunklen nacht der seele" von rüdiger dahlke - der depression nicht als krankheit, der man machtlos ausgeliefert ist, betrachtet. sondern als botschaft, mit der man ganz konkret arbeiten kann. die depression sagt sozusagen: "stopp! so geht es nicht weiter!" und legt uns lahm, damit wir endlich dazu gezwungen werden, ganz genau in uns hinein zu blicken, dass es nicht so weiter gehen darf wie bisher und vor allem WAS nicht so weiter gehen sollte wie bisher - was wir vorher aber nicht sehen und wahrhaben wollten.

sie legt uns also lahm, damit wir uns endlich mit uns selbst auseinander setzen, unsere wahren eigentlichen bedürfnisse und werte erkennen - und dann stück für stück daran arbeiten können, unser leben wieder mehr nach UNS SELBST auszurichten - nicht danach wie wir sein sollten, sondern wie es unserem innersten wirklich entspricht und gut tut. ich habe mich z.b. am samstag sehr sehr schweren herzens, nach 7 jahren beziehung, von meinem freund getrennt. er ist ein wahnsinnig lieber mensch, dem ich unendlich viel verdanke - aber er hatte sich schon vor 5 jahren körperlich und emotional von mir distanziert. seitdem war es wie eine platonische beziehung oder wie unter vertrauten geschwistern. ich versuchte unsere beziehung zu retten und er bemühte sich auch. aber jetzt nach 5 jahren, habe ich eingesehen, was mir meine symptome und schmerzen oft versucht haben zu sagen: nämlich dass ich unendlich darunter leide und irgendwann einsehen muss, dass ich den grund für den rückzug meines freundes nicht beeinflussen kann. in diesem rahmen aber auch keine beziehung empfinden kann und mich lösen muss, wenn ich so sehr darunter leide.

> Wie habt ihr denn gerlernt es einfach zu akzeptieren und vorallem wie habt ihr das gelernt???
zunächst einmal: akzeptieren heißt nicht, dass man es gut finden muss. ich finde es scheisse, dass ich depressionen habe. wer nicht? aber wenn man merkt, dass dieses scheisse-finden einen nicht weiter bringt, kann man langsam versuchen einzusehen, dass es nunmal so ist wie es ist - und alles scheisse-finden daran nichts ändert. dies einzusehen ist nichts anderes, als akzeptieren: akzeptieren heißt einfach nur, zu sehen, dass es realität ist! anstatt so zu tun, als ob es nicht so wäre (das ist dann meiner meinung nach immer dieses kämpfen). geholfen hat mir dabei die sicht bzw. der satz: "ok, du bist da und machst mir schwer zu schaffen - aber jetzt mach mich bitte nicht total fertig im sinne von stopp und lahm legen - sondern zeige mir auch, was du mir eigentlich sagen möchtest: wo meine baustellen liegen, wo ich dran arbeiten kann, usw. - ich werde versuchen auf deine zeichen zu achten". denn die depression will uns eigentlich sagen, dass wir auf wieder mehr auf UNS achten sollen. uns kennen lernen - was ich oben schon schrieb. und anfangen, danach zu handeln.

bei all dem hat mir auch mein klinikaufenthalt sehr geholfen. und medikamente helfen mir, die kraft dafür zu haben schritt für schritt weiter an meinen baustellen zu arbeiten. einen therapeuten halte ich auch für absolut notwendig. und auch wenn pausen und rückfälle dazwischen liegen: es kann besser werden.

ganz liebe grüße und finde und gehe deinen weg schritt für schritt! kiwi

PS: wegen meiner trennung: es geht mir gut und ihr braucht euch keine sorgen zu machen. wirklich! sollte sich das ändern, werde ich mich melden. auch so, wenn ich dann soweit bin, denke ich, werde ich dazu noch was erzählen. denn schließlich lag der lange trennungsprozess ja an der depression. wem dazu sofort was auf dem herzen brennt, bitte nicht hier in Mafines thread, sondern extra liebe grüße an euch alle und danke für all eure hilfe, die ihr mir hier gegeben habt! kiwi

PPS: kurz schreiben geht zurzeit nicht und ich will mich auch nicht dazu zwingen. sorry.
thanning
Beiträge: 14
Registriert: 17. Feb 2011, 21:30

Re: mal ehrlich

Beitrag von thanning »

Hallo Mafine,
mir geht es Ähnlich wie Dir.
Ich Verstehe meine Krankheit auch nicht, also wie soll ich es jemanden Erklären.
Ich werde wegen Kleinigkeiten Wütend und weiss nicht warum. Es gibt Tage, da will ich mit niemanden reden, weiss nicht warum.
Eigentlich sollte es mir gut gehen, habe alles, mir geht es aber nicht gut, warum?
Habe auf viele Fragen keine Antwort, wie soll ich es meiner Frau erklären?

LG Wolfgang
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