was "ist" Psychotherapie

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Adeline
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was "ist" Psychotherapie

Beitrag von Adeline »

Hallo zusammen,

ich hatte vor ein paar Wochen um Rat gefragt wegen Therapieangeboten auf Distanz und dann einen kontaktiert. Zunächst ging alles schief, was schief gehen kann (verlorene email, technische Probleme im chat und dann vergessener Telefontermin seinerseits). Sicher nicht gerade die besten Vorraussetzungen für einen Start, aber naja.

Vielleicht stimmt's auch einfach nicht zwischen ihm und mir, das weiß ich nicht. Aber mir taten jetzt ein paar (vielleicht konfuse) Ideen zum Thema Psychotherapie auf und vielleicht kann mir ja jemand beim Gedanken sortieren helfen.
Er meint hat, an und für sich "sollte" ich einen Wunsch, einen Ansatz haben, was ich mit ihm machen möchte - nicht nur "mir geht's schlecht und das muß sich ändern". Und er denkt, daß ich nicht davon überzeugt bin und nicht wirklich daran glaube und daher auch nicht motiviert sei, etwas zu tun.

Nein, ich hab' keinen Ansatz, ist das wirklich meine Aufgabe? Habt ihr so was?

Nein, ich bin noch nicht überzeugt, daß es hilft, das kann ich nur, wenn ich mir besser was drunter vorstellen kann und mir irgendwie auch vorstellen könnte, wie eine Therapie funktionieren soll oder was sie denn tun soll! Vielleicht bin ich zu sehr Naturwissenschaftler, aber das einfaches Zuhören seinerseits mein Leben verändern soll, glaub ich einfach nicht.
Ob ich motiviert bin, etwas zu tun, weiß ich auch nicht - zum einen braucht man für Motivation wohl Glaube/Hoffnung/Überzeugung, zum andern weiß ich gar nicht, was ich denn tun sollte.

Fällt irgendjemand was konstruktives dazu ein?

Naja und ansonsten meint er, ich sei zu gereizt oder genervt und nicht offen genug - so würde er keine "Lust" haben, mit mir arbeiten zu wollen. Weiß nicht, ob das wahr ist ... sicher bin ich gerade leicht gereizt und dachte ich bräuchte mich bei ihm nicht verstellen.... Dazu kommt noch, daß mir Reden so verdammt schwer fällt, daher wollte ich es ja per chat versuchen. Aber das kann man bei seiner Tippgeschwindigkeit vergessen....

Wir haben jetzt mal ausgemacht, daß ich das Gespräch eine Weile ruhen lasse und mir dann überlege, ob ich weiter machen möchte.

Wer lieb, wenn mir jemand etwas meine Gedanken sortieren könnte!

Danke,
Adeline
gfb
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Re: was "ist" Psychotherapie

Beitrag von gfb »

Hai Adeline,

um mal deinen Thread-Titel aufzugreifen:

"Psychotherapie ist DAS, was der Patient zwischen zwei Sitzungen aus dem Thema der letzten Sitzung macht!" - oder so...

(Hab den genauen Wortlaut von Dr. Niedermeier - der Urheber des Zitats- jezze nich soo genau im Kopf...)

Und was deine Bedenken wg. "zu naturwissenschaftlich orientiert" angeht:

Sigmund F. aus W. in Ö., der Begründer der Psychoanalyse (DIE "mind f... talking cure" schlechthin!) war knallharter Naturwissenschaftler (Mediziner) - und in der "Gedenkstätte" in der Berggasse 19 in Wien finden sich einige naturwissenschaftliche Apparate wie Mikroskop und Mikrotom und derlei mehr...
Die Original-Couch ist in London, in 20 Maresfield Gardens im Stadtteil Hampstead; die in Wien ist ein Nachbau...)

Und zu deinem

>Zunächst ging alles schief, was schief gehen kann (verlorene email, technische Probleme im chat und dann vergessener Telefontermin seinerseits).

Das hat was zu bedeuten;
DANACH würde sich ein jeder Analytiker die an Freud gestählten Fingerchen schlecken!

Und:

>Nein, ich hab' keinen Ansatz, ist das wirklich meine Aufgabe? Habt ihr so was?

Man nennt das wohl auch Leidensdruck - und ich hatte den, aber wie!

Just my 2cts - und

Grüßle von hier nach da

Friedrich
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Warum? Das tut doch weh!"



Erika Mann, "Die Pfeffermühle"
Adeline
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Re: was "ist" Psychotherapie

Beitrag von Adeline »

Hei Friedrich (und andere)

> Und was deine Bedenken wg. "zu Naturwissenschaftlich orientiert" angeht:
Bedenken ist glaube nicht das richtige Wort. Ich will nicht sagen, daß ich Naturwissenschaftlichen Grundlagen dafür in Frage stelle; sondern daß ich ein ausgeprägtes Verlangen danach habe, etwas zu "verstehen", bevor ich daran "glauben", davon überzeugt sein kann! Und bis jetzt hab' ich noch keinerlei Anhaltspunkt, was in einer Therapie denn passieren soll, was man da macht und was das nutzen soll!
Und ohne das, werd' ich nicht überzeugt sein können.

>>Zunächst ging alles schief, was schief gehen kann (verlorene email, technische Probleme im chat und dann vergessener Telefontermin seinerseits).
>Das hat was zu bedeuten; DANACH würde sich ein jeder Analytiker die an Freud gestählten Fingerchen schlecken!

Was willst du damit sagen?

>>Nein, ich hab' keinen Ansatz, ist das wirklich meine Aufgabe? Habt ihr so was?
>Man nennt das wohl auch Leidensdruck - und ich hatte den, aber wie!
Und was war deine Lösung dazu, wenn du darauf antworten magst?


Gruß,
Adeline
Clown
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Re: was "ist" Psychotherapie

Beitrag von Clown »

Hallo Adeline (und in die Hauptstadt!),

>Man nennt das wohl auch Leidensdruck - und ich hatte den, aber wie!
>Und was war deine Lösung dazu, wenn du darauf antworten magst?
Ich mag mal darauf antworten:
Lösung für meinen Leidensdruck ist, ihn genau anzuschauen, sozusagen unter dem Mikroskop.

Auszuhalten, was ich dabei denke, fühle, erlebe. Wahrzunehmen, dass ich trotzdem tief atmen kann, dass sich meine inneren Körperräume weiten und entspannen. Zu dem Ergebnis kommen, dass ich leben und glücklich sein darf, und mich eisern dafür entscheiden, Glück und Frieden erleben zu wollen, auch wenn irgendwelche Hirnfürze mir erzählen wollen, das ginge nicht.

Soviel auch zu deinem Bedürfnis, mit dem Verstand alles erfassen zu wollen ... mh, mach mal....

Viele Grüße,

Clown
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
Eckhart Tolle
Regenwolke
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Re: was "ist" Psychotherapie

Beitrag von Regenwolke »

Hallo,

hm, Friedrich und Clown, auf Psychoanalyse und (eingeschränkter) auf tiefenpsychologische Therapie trifft vielleicht zu, dass man mit einem Leidensdruck hingeht und dann darüber spricht - und alles weitere darf sich entwickeln.

Bei der Verhaltenstherapie steht aber meist am Anfang eine Zielbestimmung, die konkrete Überlegung, was man durch die Therapie erreichen möchte, dann wird gemeinsam besprochen, wie das Ziel erreicht werden kann. Ich habe das persönlich nur als bedingt hilfreich erlebt, finde es eher einengend und den Prozeß behindernd, aber da gehen die Meinungen ziemlich auseinander.

Da meine Tagesklinik verhaltenstherapeutisch orientiert war und Behandlungsziele extrem wichtig genommen wurden, mußte ich mir darüber viele Gedanken machen. Meinen Zielen auf die Spur gekommen bin ich über meine Wünsche.
Hast du Wünsche, Adeline? Eine Vorstellung davon, was in deinem Leben anders sein sollte, damit es dir besser geht? Wünsche an deinen Therapeuten?

LG, Wolke
La_crimosa
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Re: was "ist" Psychotherapie

Beitrag von La_crimosa »

Hallo Adeline,
Mh? Was möchte ich antworten?!

Mein erster Eindruck war: DER ist nicht der Richtige für Dich! Und: wenn mir einer sagt, er habe "so" keine "Lust" mit mir zu arbeiten, würde ich nicht mehr hingehen und denken: "so" habe ich AUCH keine "Lust" mit Ihnen zu arbeiten!

Du möchtest eine Klärung von dem, wie Psychotherapie funktioniert?
Ich vermute mal, Du hast Dir im Vorfeld schon angesehen (als Naturwissenschaftlerin ) was die Spezifika der einzelnen Therapierichtungen sind. Das kannst Du googlen.

Ist es: Was muss ich von meiner Seite als Klient dazu beitragen? Was muss der Therapeut leisten?
Also die Frage des Kontrakts: was vereinbart ihr. Und da ist es legitim, nach Deinem "Ansatz" zu fragen. Wobei ich finde, dass es doch erstmal ein "guter" Ansatz ist zu sagen: "mir geht's schlecht und das muß sich ändern". Das klingt in meinen Ohren auch erstmal motiviert.
Wenn ich da an mich denke - in meiner schlimmsten Phase, hätte ich auch nicht mehr formulieren können. Ich war so wenig hoffnungsvoll und überzeugt... Und da sehe ich es als die Aufgabe des Therapeuten an, meinen Willen zu sehen, meine Widerstände zu sehen und gemeinsam anzuschauen. Manchmal ist allein der Gang zum Therapeuten ein Zeichen, dass ein leiser Hoffnungsschimmer vorhanden ist... und dann brauche ich erstmal Hilfestellungen. Und keine Anklagen, wie in Deinem Fall!

Widerstände scheinen bei Dir ja da zu sein. Das macht es nicht einfach. Für Dich nicht und auch nicht für einen Therapeuten. Ich denke schon, dass Du Dich fragen solltest, ob Du in eine Therapie vertrauen möchtest. Ob Du Dich einlassen möchtest - trotz aller Bedenken. Was für Vorarbeiten müssten denn gemacht werden, damit Du an eine Therapie "glauben" kannst?!

Was möchtest Du noch zur gemeinsame Arbeit in der Therapie wissen? Ich habe dazu ein gutes Buch gelesen: Kompass der Seele von Tilmann Moser. Das gab mir am Anfang meiner Therapie ein wenig Sicherheit und Antworten auf meine Zweifel und Bedenken.

Ich hoffe, ich konnte ein wenig "beim Sortieren" helfen!
Susanne

P.S.: Das Zitat von Friedrich beschreibt für mich sehr eindrucksvoll: "Psychotherapie ist DAS, was der Patient zwischen zwei Sitzungen aus dem Thema der letzten Sitzung macht!" Danke, Friedrich!
Adeline
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Re: was "ist" Psychotherapie

Beitrag von Adeline »

Hallo an alle,

danke für Eure Gedanken.
Hab' Euch alle gelesen, aber ich weiß grade nicht so recht, was schreiben oder auch denken.
Ein Teil von mir, möchte einfach, daß es das richtige ist, weil das "einfach" ist; ein anderer glaubt zu wissen, daß es mit dieser Person einfach nicht klappen kann; und mein letztes ich ist natürlich überzeugt, daß die "Schuld" eh' bei mir liegt und ich wohl einfach nicht therapiebereit bin....

Naja, da müssen wohl noch ein paar Tage und Gedanken drüber vergehen!

Adeline

P.S. Werd' hoffentlich später noch auf deine Nachricht mehr eingehen können, Susanne, aber grade will es nicht.
gfb
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Re: was "ist" Psychotherapie

Beitrag von gfb »

Hai Suse,

>Das Zitat von Friedrich

...ist leiderleider NICHT von ihm (also mir), das stammt von Dr. N. aus M. in D., der hierorts durchaus bekannt sein dürfte.

Aber besser kann man's nicht ausdrücken, was da passiert...


>Kompass der Seele von Tilmann Moser

Tilman Moser kann ich uneingeschränkt empfehlen, seine "Lehrjahre auf der Couch" waren damals in den späten 70ern meine erste Begegnung mit dem Thema "Psychoanalyse"...

Von dem gibbet mittlerweile auch ne ganze Menge antiquarisch:

http://www.amazon.de/s/ref=nb_sb_ss_c_1 ... lman+moser

Und was Besseres zum Thema "solide klerikalfaschistoide Neurose" wie seine "Gottesvergiftung" hab ich selten (eigentlich noch nie) gelesen...

Grüßle von hier nach da

Friedrich
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Erika Mann, "Die Pfeffermühle"
La_crimosa
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Registriert: 28. Mär 2010, 22:05

Re: was "ist" Psychotherapie

Beitrag von La_crimosa »

Guten Morgen, Adeline,
hatte gerade ein wenig Zeit in Deinen postings zu lesen und meine "Bild" ein wenig zu erweitern... Dabei file mir folgender Satz von Dir auf:
"Weil ich es schon oft versucht habe, weil ich überall abgewiesen werde.
Es ist schon schwer genug zu sagen "ich brauche Hilfe", aber dann 'rauszufliegen, ist noch schlimmer."

Heißt das, Du bist schon öfters bei Therapeuten gewesen und bist dann immer "rausgeflogen"?! Darf ich fragen, was die jeweiligen Gründe waren?

Es passt vielleicht zu Deiner Wahrnehmung Deiner "inneren Teile": es gibt einen Teil der Hilfe möchte, aber es gibt auch einen Teil, der sich dagegen zu wehren scheint, oder? Und dem gilt es mal nachzuspüren... Den kritischen, angstvollen (?) Teil ernst nehmen und anhören - und vielleicht in einem "inneren Dialog" einen Deal mit ihm vereinbaren. So nah dem Motto: Ich gebe Acht, dass Dir nichts passiert und Du lässt es mich dafür ausprobieren... Ein Buch dazu (lässt sich auch im Ausland lesen ): R. Schwartz: Das System der inneren Familie.

Wie gestaltet sich dabei die "Auslandproblematik"?! Wie hast Du es für Dich gelöst? - Ich fand es interessant zu lesen, dass Du es mit Online-Therapie versucht hast (oder versuchen wolltest). Daran habe ich auch lange gedacht, da ich besser schreiben als reden kann...

Gut, soweit erstmal... Du brauchst auch nicht zu antworten! Sortier´einfach für Dich - und wenn Du nochmal Sortierhilfe brauchst: leg einfach los!

Grüße,
Susanne

P.S.: Friedrich, entschuldige, ich habe mich falsch ausgedrückt! Du hattest ja schon beim Zitieren erwähnt, dass es nicht aus Deinem Munde stammt!
Danke für Deinen Buchtipp! Ich habe schon einige Bücher von Moser, dieses aber noch nicht - habe es mir bestellt, da ich mich schon auch immer mal wieder mit der Gottesfrage beschäftige... (Bin von einer praktizierenden Christin zu einer Atheistin geworden...)
Adeline
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Re: was "ist" Psychotherapie

Beitrag von Adeline »

Hallo Susanne und auch andere,

ich würd' euch liebend gerne antworten, auf viele Denkansätze brennt es mir nur so in den Fingern. Aber ich fahre morgen für 3 Wochen weg und bin den ganzen Tag (und eigentlich auch schon gestern und vorgestern) dabei Sachen zu erledigen, die bis dahin bzw. eigentlich wärend der 3 Wochen getan werden müssten.
Hätte gerne irgendwie innerlich vor dem Wegfahren noch mit dem Thema abgeschlossen - abgeschlossen in dem Sinne von eine Idee zu haben, was ich tun möchte; aber ich fürchte daraus wird nichts. Habe einfach keinen Kopf dafür.

Tut mir leid, dass ich das jetzt so antwortslos stehen lasse, obwohl ich euch ja um Hilfe/Diskussion gebeten habe. Ich hoffe, ich werde in 3 Wochen da wieder 'reinfinden!

Eine schöne Zeit bis dahin und dennoch danke für den Austausch, wenn es bisher auch noch kein richtiger war .

Adeline
gfb
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Re: was "ist" Psychotherapie

Beitrag von gfb »

Hai Suse,

> entschuldige, ich habe mich falsch ausgedrückt! Du hattest ja schon beim Zitieren erwähnt, dass es nicht aus Deinem Munde stammt!

Macht ja nüscht! Ick wollt ma nur nich mit fremdn Buchstabn schmücken, wa!

(An dieser Stelle Grüßle an Dr. N. N. aus M. in D. und: danke für diese luzide Beschreibung dessen, was Psychotherapie eigentlich "ist"...)

>immer mal wieder mit der Gottesfrage beschäftige...

Lohnt sich, oder?

Allerdings:
Tilman Moser hat nen evangelischen Hintergrund, der meinige ist katholisch - und die Evangelen haben's NOCH schwerer, weil: die haben "das Gesetz" in sich, da gibbet keine Beichte wie bei "uns"...

Der Kathole "als solcher" kann rumsauen wie nur was; er geht zur Beichte und ist wieder "clean" bis zur nächsten Schandtat (nicht von ungefähr ist im Bayrischen ein Ausspruch wie

"A Hund is a fei scho!!!"

nicht als Beleidigung, sondern als Kompliment zu verstehen, wie mir mitlesende Bajuwaren sicherlich bestätigen werden...

(Nein: ich habe nix gegen Bayern, bin selber -zur Hälfte- einer!)


>(Bin von einer praktizierenden Christin zu einer Atheistin geworden...)

Ach!

Du auch???

Ich war Ministrant - und keiner hat nie nicht niemals das Weihrauchfass soooo schön geschwenkt wie ich das in der Blüte meiner Kindheit/Jugend tat...

Ganz zu schweigen vom Schleppen "tonnenschwerer Kreuze" (zumindest kamen sie dem damals 12-Jährigen so vor) durch Feld&Wald&Flur anlässlich der sog. Fronleichnams-Prozession

Das ging solange gut, bis dem Pfarrer meine Haare dann doch "etwas" zu lang wurden (das war Ende der 60er/Anfang der 70er, als "lange Haare" DAS Distinktionsmerkmal schlechthin waren, ähemm....)

Anyway:

die Beschäftigung mit Religion, alsoooo... die hat was (wenn auch nix Gutes!)

Und:
lies Mosers "Gottesvergiftung"!
Es lohnt sich!

Grüßle von hier nach da


Friedrich
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Erika Mann, "Die Pfeffermühle"
otterchen
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Re: was "ist" Psychotherapie

Beitrag von otterchen »

Guten Morgen Adeline,

die Frage, was ich mir von der Therapie erhoffe, wurde mir vor mehr als 10 Jahren auch gestellt.
Hab ich blöd geschaut!
"Ja was werd ich schon wollen: Hilfe!!!!
Mach was, DU bist der Fachmann!
Stell mir nicht so komische Fragen - weißt DU denn nicht, was zu tun ist, wenn es einem so besch*** geht???"
(gedacht natürlich nur - niemalsnienicht ausgesprochen)

Ich glaube, manche Therapeuten können sich nicht vorstellen, dass es Zustände gibt, in denen man nur weiß, DASS man Hilfe braucht, dass man aber überhaupt keinen Schimmer hat, was man dagegen tun kann. Genau deshalb ist man doch depressiv geworden!

mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
Adeline
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Re: was "ist" Psychotherapie

Beitrag von Adeline »

Ich les das grade noch wärend dem Packen ... danke Otterchen, schön hast du das beschrieben ... genauso hab' ich mich gefühlt!

Adeline
Sham
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Registriert: 14. Feb 2011, 11:35

Re: was "ist" Psychotherapie

Beitrag von Sham »

Hallo zusammen,

ich finde die Frage auch äußerst merkwürdig und würde da keine Therapie machen wollen.

Als ich zum ersten Mal zu meiner Therapeutin ging, hatte ich auch nur im Sinn: "Hilf mir, ich kann nicht mehr!"

Ich war überhaupt nicht in der Lage, nachzudenken, geschweige denn zu formulieren, wie sie mir hätte helfen können.
Zum Glück hat sie mir diese Frage nicht gestellt.

Lg
Elke
Glück ist, nicht mehr zu wollen als man kann und nicht zu müssen, was man nicht will.
Nico Niedermeier
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Re: was "ist" Psychotherapie

Beitrag von Nico Niedermeier »

Boahh...Friedrich Sie geben mir den Rest:-),
jetzt hoffe ich mal schwer, dass ich das nicht wieder vor Jahren von irgendjemandem "geklaut" habe, was ich natürlich (leider, wer wäre nicht gerne orginell:-)für wahrscheinlich halte..(Guttenbergsche Schrecksekunde..lach):
"Verhaltenstherapie ist das was man zwischen den Stunden aus dem macht, was man in den Stunden bespricht..."so gings glaube ich.

Abenteuer Verhaltenstherapie von einem Herrn Schuster erklärt z.B. wunderbar "wie" VT abläuft und wie das Ganze funktioniert!
Beste Grüße
(speziell nach Berlin:-)
Nico Niedermeier

Puhh....habs gerade gegoogelt und Gott sei Dank nicht als Zitat gefunden...lach
Clown
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Re: was "ist" Psychotherapie

Beitrag von Clown »

>Guttenbergsche Schrecksekunde


Und Doc, haben Sie auch Ihre Dissertation gleich noch mal überprüft?



Clown
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Eckhart Tolle
gfb
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Re: was "ist" Psychotherapie

Beitrag von gfb »

Hi Dr. Niedermeier,

>Boahh...Friedrich Sie geben mir den Rest:-),

Waren wir nicht schon mal beim "Du"?

Damals, beim "Tischbau zu Schwienhorst" -
(et gibbt noch allerliebste Fotos:
ein Doktor der Medizin und ein Doktor der Biologie kämpfen mit einer Zusatztischplatte, auf dass das Deprivolk beim Abendbrot Platz finden möge...

Und NEIN: wir sprachen nicht in fremden Zungen miteinander, weil:

a wengerl a Boarisch vasteh i fei scho (mei Muada is aus da Gegend vo Oid-Eding gwen - un meine erschdn Weisswürschtl/Weissbier-Degustationen ois a Krischperl mid 4-5 Johr fanden hier statt:

http://www.heuboden-arbing.de/start.html

Host mi? )

Anyway:

dieses Zitat ist das Beste, was ich in meiner jahrzehntelangen Beschäftigung mit dem Thema "Psychotherapie" zum Sinn&Zweck der "mind f.... talking cure" gehört habe...

>leider, wer wäre nicht gerne orginell:-)

....jeder Mensch ist einzigartig - und insofern originell, oder?

>Beste Grüße
(speziell nach Berlin:-)

Gleichfalls nach M. in D.

(Eine meiner frühesten Kindheitserinnerungen ist der "Mohr" in der Frauenkirche, der dankend den Kopf neigte, wenn man 10 Pfennig in den dafür vorgesehen Schlitz warf; muss so um 1961 oder so gewesen sein...)

>gerade gegoogelt und Gott sei Dank nicht als Zitat gefunden

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Erika Mann, "Die Pfeffermühle"
Adeline
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Re: was "ist" Psychotherapie

Beitrag von Adeline »

Hallo zusammen,

nun bin ich zurück und versuche mal wieder meine Gedanken der letzten Wochen aufzuschreiben.
Gleich mal vorneweg, ich habe mich dafür entschieden, diesen Therapieversuch aufzugeben. Ich glaube, es paßt einfach nicht zwischen ihm und mir. Wir haben keine Kommunikationsbasis (ich wollte eigentlich chatten, aber er kann nur im 2 FingerSuchSystem schreiben, was mir entschieden zu langsam ist) und ich komm' auch mit seinem Verhalten nicht zu recht. Ich denke, ich muß nicht im vorraus wissen, was ich in seinen Sitzungen machen will. Ich denke, ich brauch' mir auch nicht vorwerfen zu lassen, dass ich genervt sei und mich so halb "verspotten" zu lassen (zumindest hat es sich so angefühlt).
Klar bin ich zur Zeit schlecht oft drauf und das führt zu manchem Zwischenmenschlichen Problem. Bei andern Leuten wäre es mir zwar auch lieber Verständnis und ein "ach, geht's dir vielleicht nicht gut" zu hören, als Gereiztheit und das Gefühl "funktionieren zu müssen"; allerdings kann ich das da noch halbwegs akzeptieren - allerdings nicht bei einem Therapeuten!
Und ich mein es geht doch nicht drum, ob es ihm Spaß macht oder nicht! Ich mein er ist Therapeut und wird' dafür bezahlt, ob ihm das nun immer Spaß macht oder nicht!
Daher spricht eigentlich nur Bequemlichkeit (=nichts neues suchen müssen) für's Weitermachen und das ist definitiv zu wenig!

Jetzt mal zurück zu diesem "Therapie=was man zwischen den Sitzungen daraus macht". Da stellt sich mir jetzt die Frage, was aber passiert denn dann in der Sitzung, damit ich was drauß machen kann? Ich mein, meiner hatte mir 2 Sachen vorgeschlagen, als von mir nix kam. Ansatz 1: in der Sitzung was machen, was mir gut tut. Das ist ja schön und gut, aber was hab' ich davon, wenn es mir eine Stunde lang gut tut? Dann kann ich auch 1h Skifahren oder Wander oder ins Theater gehen! Und was soll ich da nach der Sitzung drauß machen?
Ansatz 2: er hört zu. Find ich jetzt auch ein wenig wenig für eine Therapie und wiederum, was mach' ich danach damit, daß er zugehört hat?

@Susanne
> Was für Vorarbeiten müssten denn gemacht werden, damit Du an eine
> Therapie "glauben" kannst?!
Na ich dachte irgendwie man bespricht im Vorfeld ein wenig, was man in den Sitzungen macht. Und ich hatte irgendwie gehofft, daß dieser "Schlachtplan" mir einleuchtet, so daß ich dran glauben kann? Ist das so weit weg von der Realität?

@Susanne
>>Es ist schon schwer genug zu sagen "ich brauche Hilfe", aber dann >>'rauszufliegen, ist noch schlimmer."
>Heißt das, Du bist schon öfters bei Therapeuten gewesen und bist dann >immer "rausgeflogen"?! Darf ich fragen, was die jeweiligen Gründe >waren?
Therapie im eigentlichen Sinne nur einmal. Damals ging mit Reden aber gar nix und die nette Dame konnte damit nichts anfangen. Dh. jede Sitzung hat 5min gedauert in denen sie mich gefragt hat, warum ich nicht Reden könne, ich keine Antwort wußte und dann mit der Hausaufgabe, die Antwort zu finden, heimgeschickt wurde.
Als ich das geschrieben habe, hatte ich an einige Kollegen/Bekannte hier gedacht, bei denen ich versucht hatte, mich anzuvertrauen, aber immer nur einen Kommentar im Stil "das ist alles nicht schlimm, mir geht's viel schlechter" abgekommen habe. Und halt auch an die Telefonseelsorge, die ich per email kurz vor dem Forum hier kontaktiert hatte. Die nette Dame schrieb mir zurück, ich hätte meine Situation sehr gut analysiert, da wisse sie leider auch keinen Ausweg. Ich solle es mal im chat versuchen, vielleicht wisse da jemand was. Fragte ich zurück, wie man zu einem Termin im chat komme, kam die Antwort das wisse sie auch nicht! Für was schreib' ich dann an die Telefonseelsorge??? Damit man mir sagt "ja, ihre Lage ist aussichtslos"?????
Und dann hab' ich noch so an diverse Ärzte gedacht, denen es schnurzpiepegal ist, wie es einem geht. Die eine immer nur mit dem Kommentar "sie haben keine tödliche Krankheit, also seien sie glücklich" abspeißen und in keinsterweise auch nur sehen, daß auch nicht tödliche Krankheiten die Lebensqualität einschränken können und daß man vielleicht gerne Hilfe hätte (oder bräuchte) um damit klar zu kommen!!! Einen Reizdarmsyndrom Patienten mit den Worten "fahren sie mal in den Urlaub und entspannen dort" heimzuschicken, ist ja wohl daneben. Urlaub ist ja wohl nur noch mehr Streß und Problem wie der normale Alltag. Und ich bin auch (finde ich) deutlich zu jung, daß man mir sagt "tja, wenn ihnen Körperteil X weh tut, dann unterlassen sie halt alle Aktivitäten, die es beanspruchen". Wenn ich da allen derartigen Ratschlägen nachginge, dann wäre ich Vollinvalide und könnte kaum mehr was tun!

Was die Auslandsproblematik angeht hatte ich es halt mit diesem online-Angebot versucht, nur es hat sich halt 'rausgestellt, daß chat nicht machbar ist und Telefon geht für mich nicht. Ich glaub' nämlich daß in fast allen Fällen, als er mich quasi verspottet hat, ich würde so genervt und unwillig klingen; das einfach ein verzweifelter Versuch von mir war, irgendwie ein paar Worte 'rauszubringen!
Jetzt hab' ich hier mal morgen einen Termin bei einer "Arbeitspsychologin" - keine Ahnung, was das so genau ist. Ging aber irgendwie über den Betriebsarzt quasi und die hate mehrere Jahre in Canada gewohnt, sollte daher also englisch oder französisch können. Mal sehen, was dabei heraus kommt.

@otterchen
Und, wie hast du das Problem damals gelöst? Hast du gewechselt oder hast du eine Antwort auf die Frage gefunden?

Hm, sorry ist jetzt etwas lang geworden, aber es sind halt 3 Wochen Nachdenken seit dem vergangen!

Schönen Abend noch,
Adeline
La_crimosa
Beiträge: 468
Registriert: 28. Mär 2010, 22:05

Re: was "ist" Psychotherapie

Beitrag von La_crimosa »

Hallo Adeline,
wow, sind schon wieder drei Wochen vergangen?! Wahnsinn! - Ich hoffe, Du konntest Dich in der Zeit ein wenig erholen und neu sortieren! Und wie Du ja schreibst, geht Deinen "Suche nach Hilfe" weiter...

Ich habe mal gelesen, in der Therapie finden sich zwei Protagonisten, die eine Allianz eingehen: der/die eine ist der/die GeschichtenerzählerIn und der/die andere der/die GeschichtendeuterIn. In dem Kontext des Geschriebenen war es eher negativ gemeint, da der Autor davon ausgeht, dass es sich bei Depressionen um eine Störung der gehirneigenen Biochemie handelt. "Eine Krankheit des Gehirns durch Reden heilen zu wollen, ist etwa so sinnvoll, wie einen Computer dadurch am Absturz hindern zu wollen, dass man im Textverarbeitungsmodus "bitte nicht abstürzen" eintippt." - Dennoch führt der Autor an, dass psychotherapeutische Hilfe notwendig ist/sein kann, wenn mein Leben durcheinander geraten ist/ ich mich selbst "neu er-finden"" muss.

Es geht also um zwei Aspekte: Die Depression als vorhandener körperlicher "Defekt" - der durch medizinischen Hilfen "behoben"/gemildert werden kann.
Dazu brauche ich keine psychotherapeutische Therapie (ich habe mal von Forschungen gehört, die statistisch erhoben haben sollen, dass eine Therapie nur mit Medikamenten ebenso wirkungsvoll sein soll (oder sogar wirkungsvoller?), wie eine Kombinationstherapie Medikamente + Gespräche (wobei ich nicht weiss, ob diese Untersuchung von irgendeiner Pharmaindustrie unterstützt wurde... ;o))

Und der Umgang mit der Krankheit oder mit dem, was die Krankheit zum Ausbruch gebracht hat. (Mein Therapeut sagt: vier Augen sehen besser...)
Das steckt für mich auch in der Frage, die Wolke an Dich gestellt hat: >Hast du Wünsche, Adeline? Eine Vorstellung davon, was in deinem Leben anders sein sollte, damit es dir besser geht? Wünsche an deinen Therapeuten?<


Fakt ist: Du suchst Hilfe und möchtest Hilfe, oder? - Aber Du bist noch nicht davon überzeugt, welche Hilfe die richtige ist/sein kann. Du schreibst, dass Du ein ausgeprägtes Verlangen danach hast, etwas zu "verstehen", bevor Du daran "glauben", davon überzeugt sein kannst.
Für mich hat das auch viel mit Vertrauen zu tun. Dazu habe ich mal gelesen:

Wer zu einem anderen Menschen sagt: "Ich vertraue dir", traut, ohne es zu merken, entweder einzig und allein seinem eigenen Gefühl, sich an die richtige Person gewandt zu haben. Oder er traut seinen eigenen Gefühlen nicht und wendet sich deshalb an die andere Person - also vertraut er nicht dem anderen, sondern nur sich selbst nicht.

Mit seiner Aufmerksamkeit bei sich sein. Sich seiner selbst bewusst sein und sagen: "Ich traue mir." Oder: "Ich traue mir nicht."

Die Sicherheit und Geborgenheit, die ich durch einen anderen zu empfinden glaube, entspringt dem Vertrauen in mein eigenes Gefühl dem anderen gegenüber.
Vertrauen in das (unbewusstes) Empfinden, dass das was ich tue, das Richtige ist.

Vertrauen ist eine Oase im Herzen, die von der Karawane des Denkens nie erreicht wird.

In diesem Sinne wünsche ich Dir, dass Du bald eine Person findest, der Du Dein Vertrauen schenken kannst!
Susanne
wütend

Re: was "ist" Psychotherapie

Beitrag von wütend »

"was "ist" Psychotherapie" Das was der Patient daraus macht. Das ist jedenfalls meine Erfahrung.

Mir hat es relativ wenig gebracht, meinem Therapeuten zu vertrauen, das er schon eine Psychotherapie machen wird die mir hilft. In so einer Situation folgt, so meine Erfahrung, der Therapeut nur seinem Konzept und das muss nicht unbedingt etwas mit mir zutun haben. Einen roter Faden, oder Sinn und Zweck des ganzen war für mich weder in der Verhaltenstherapie noch in der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie zu erkennen. Und ich bin wirklich auf alles was der Therapeut wollte eingegangen.

Was mir in der Psychotherapie etwas bringt, ist auschließlich an dem Problem zu arbeiten, das mich im realen Leben stört, und das ganz konsequent und zielgerichtet. Und ich habe festgestellt, das ich dafür nur eine Hand voll Sitzungen brauche, bis sich das Problem gelöst hat.

Ich gebe zu, das ist als Anfänger nicht einfach. Deshalb empfehle ich sich in Psychotherapieliteratur einzulesen um zu lernen wie nach der jeweiligen Methode therapeutisch gearbeitet wird. Denn Psychotherapeuten sind zur Vermittlung dieser Kenntnisse nicht unbedingt bereit.
Sham
Beiträge: 75
Registriert: 14. Feb 2011, 11:35

Re: was "ist" Psychotherapie

Beitrag von Sham »

"was "ist" Psychotherapie" Das was der Patient daraus macht. Das ist jedenfalls meine Erfahrung."

Diesem Satz kann ich voll und ganz zustimmen.

Allerdings bringt scheint mir, die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, die für mich geeignete Therapieform zu sein.

Als ich das erste Mal dort war, erschien ich bei meiner Therapeutin in einem ziemlich desolaten Zustand. Habe dort das erst Mal nachdem ich völlig aufgelöst weinend meinen Zustand mehr herausschrie statt redete, eine richtige Diagnose erhalten. Als ich nach ca. 20 Minuten fertig war, schaute ich sie an und sie mich und sie sagte: "Wenn ich Ihnen jetzt meine Diagnose nenne, werden Sie mich vielleicht verteufeln!". Ich dachte na endlich sagt mir jemand, was mit mir los ist und fragte, was ich denn nun habe. Sie antwortete: "Sie stecken gerade mitten in einer schweren Depression!" Ziemlich benebelt, weil ich alles Mögliche erwartet hatte, nur nicht das, sagte ich nur noch: "Nun, wenn das Ding einen Namen hat, dann können wir doch endlich etwas tun!"
Sie bejahte das und sagte mir mehrmals eindringlich, was ich als erstes tun muss bevor wir die Therapie beginnen können. Zum Schluss musste ich ihr mehrmals versprechen, sie am nächsten Tag anzurufen um ihr zu sagen, was ich erreicht habe, falls nicht, dann wollte sie sich darum kümmern, dass ich sofort einen Termin bei einem Psychiater bekomme. Sie sagte auch, dass sie mich trotzdem wöchentlich sehen will, um mich zu begleiten, bis wir mit der Therapie beginnen.

Seither bin ich wöchentlich dort, wir haben über über alles mögliche aus der jeweils vergangenen Woche gesprochen und ich habe gewartet, dass wir irgendwann mit der Therapie beginnen. So ganz überzeugt war ich nicht, dass eine Therapie und reden helfen könnte, ich habe mir auch vorgestellt, dass eine Therapie so etwas wie ein "Umerziehungsprogramm" ist und "umerziehen" lassen wollte ich schon gar nicht.

Jedenfalls vor ca. 4 Wochen ging es dann meiner Meinung nach los, indem ich von meiner Kindheit erzählen sollte. Ich wusste nicht recht was ich erzählen sollte und womit ich anfangen sollte, das habe ich ihr dann gesagt. Daraufhin hat sie Fragen gestellt,die ich beantwortet habe und ich sollte mit meiner frühesten Erinnerung beginnen. Danach konnte ich frei reden. Das erste Mal zeigte sie sich nur sehr erschrocken und sagte: "Wenn ich das gewusst hätte, dann hätten wir erst später begonnen!" Ich sagte ihr, es ist schon OK, ich muss da durch.
Beim zweiten Mal erzählte ich den Rest, worauf sie wieder etwas antwortete. Ich ging dann ziemlich benebelt aus der Praxis und fragte mich, wieso sie das gesagt hat, sie hat doch nur meine "kindliche Version" gehört? Daheim heulte ich stundenlang rum und fragte mich:"Mama,warum, ich war doch nur ein Kind?" Gleichzeitig fühlte ich mich erleichtert, obwohl die Erinnerung weh tat.
Das war für mich wie ein Freispruch, ich bin nicht schuldig, dass bei uns so vieles im Argen lag. Wichtiger schien mir plötzlich die zweite Bemerkung von meiner Therapeutin, dass meine Mutter mich aufs massivste manipuliert hat. ICH und manipuliert!!??
Und doch habe ich in der Wochen bis zur nächsten Sitzung immer wieder erkennen müssen, dass meine Therapeutin recht hat.
Mir sind dann so viele Situationen von zu Hause eingefallen, die durchaus einen Bezug auf mein aktuelles Leben haben, besser gesagt, die mir meine Verhaltensweisen in bestimmten Situationen erklären. Das ist so mein roter Faden, den ich gefunden habe. Das zu erkennen, befriedigt mich und erzeugt ein Gefühl der Ruhe.

Ich musste dann lachen, weil ich immer auf den Beginn der Therapie gewartet habe und somit auf mein "Umerziehungsprogramm", denn plötzlich ist mir klar geworden, dass meine Therapie von bereits mit der ersten Stunde begonnen hatte.
Das erste Mal fühlte ich mich verstanden, meine Therapeutin hat meine Not erkannt und nicht heruntergespielt, sie hat mir aber auch Vertrauen geschenkt, dass ich in der Lage bin, am nächsten Tag, alles zu unternehmen, um sofort zu einem Psychiater zu gehen, falls es doch nicht klappt, ist sie ja da, ich muss also keine Angst haben.

Die anderen Male, als wir über die jeweilig vergangenen Tage redeten und ich über meine Antriebslosigkeit am Morgen klagte, sagte sie nur: "Stört das Ihre Familie? Wenn es nachmittags geht, dann verschieben Sie es halt auf Nachmittag, wenns nicht geht, dann lassen Sie es halt. Überfordern Sie sich nicht!"
Das habe ich zwar zur Kenntnis genommen und habe auch danach gelebt. Im Nachhinein ist mir klar geworden, dass Ihre Antwort noch eine andere Botschaft hatte, die da war:"Wenn es ihre Familie nicht stört, dann muss es Sie doch auch nicht stören. Kümmern Sie sich jetzt erst einmal nur um sich!"

Mein Fazit, die Chemie zwischen mir und meiner Therapeutin stimmt von Anfang an. Das ist wohl mit das Wichtigest für das Gelingen einer Therapie. Wenn die nicht stimmt, dann bringt das wahrscheinlich nicht viel.

Das letzte Mal habe ich ihr ein kurzes Feedback gegeben, wir haben dann beide über das von mir erwartete "Umerziehungsprogramm" gelacht.

Ich fühle mich dort rundum wohl, verstanden und freue mich auf jede Sitzung, da sich allmählich bei mir eine Verschiebung meiner Wahrnehmungen einstellt, die mich tief beruhigen.

Lg
Sham
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Sham
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Registriert: 14. Feb 2011, 11:35

Re: was "ist" Psychotherapie

Beitrag von Sham »

Hallo Susanne,

"Wer zu einem anderen Menschen sagt: "Ich vertraue dir", traut, ohne es zu merken, entweder einzig und allein seinem eigenen Gefühl, sich an die richtige Person gewandt zu haben. Oder er traut seinen eigenen Gefühlen nicht und wendet sich deshalb an die andere Person - also vertraut er nicht dem anderen, sondern nur sich selbst nicht."

Der Satz hätte glatt von mir sein können.

Mein Sohn beklagte sich vor einiger Zeit, dass seine Freundin so extrem einfersüchtig sei, sie hätte doch gar keinen Grund ihm nicht zu vertrauen, er sagte, dass er sie gar nicht verstehen kann.

Ich habe ihm geantwortet, dass ich sie gut verstehen kann, woraufhin er mich erst einmal unverständlich ansah. Ich habe ihm gesagt, dass scheinbar unbegründete Eifersucht vor allem erst einmal viel mit der eifersüchtigen Person selbst zu tun hat, mit ihren früheren Erfahrungen und auch mit dem Vertrauen in sich selbst. Unbewusst, wird sie möglicherweise sich selbst nicht vertrauen, was an ihr so liebenswürdig ist.

Mein Sohn meinte, diese Sichtweise hat er noch gar nicht in Betracht gezogen, das könnte ihm aber helfen, anders damit umzugehen, denn er liebt sie wirklich und will die Beziehung auf jeden Fall aufrecht erhalten.

Lg
Sham
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Adeline
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Re: was "ist" Psychotherapie

Beitrag von Adeline »

Hallo an alle,

sorry wiedermal für die lange Stille, aber ich war etwas krank die letzten Tage.
Danke für eure Gedanken, aber irgendwie ist mir das grade alles etwas zu "abstrakt", um wirklich was damit anfangen zu können!
Ich hab' jetzt einmal diese "Arbeitspsychologin" gesehen, die wirklich gut englisch konnte und wir haben halt einfach konkret darüber geredet, was auf der Arbeit so schief geht. Wie's weiter geht, das weiß ich natürlich nicht, aber irgendwie hat sich dieses konkrekt, die Probleme ansprechen, für mich besser angefühlt als dieses allgemeine "ja, was willst du von mir" oder "wie kann es dir jetzt mal eine Stunde besser gehen".
Mal sehen, was daraus wird!

Gruß,
Adeline
jasminmuc
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Registriert: 13. Apr 2011, 10:21

Re: was "ist" Psychotherapie

Beitrag von jasminmuc »

psychotherapie ist alles, was passiert, wenn du zu jemanden gehst, der sich psychotherapeut nennt
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