Leben in der Vergangenheit

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hansundgrete

Leben in der Vergangenheit

Beitrag von hansundgrete »

Hallo noch mal!

Was mich interessieren würde:

Wer von euch beschäftigt sich im täglichen Leben mehr mit der Vergangenheit als mit der Zukunft bzw. dem Heute. Ich habe für mich erkannt, dass mir das Leben heute eigentlich nix bringt. Trotz Familie, Beruf etc. Deshalb habe ich seinerzeit die Sinnfrage gestellt.
Natürlich kann ich mich dem Heute nicht entziehen aber interessieren tut es mich nicht.
Höre ich einen Song aus den Siebzigern könnte ich heulen, beschäftige ich mich mit dem Heute macht es mich aggressiv.
Dieser Zustand intensiviert sich mir sehr stark. Ich lebe nur noch in Gedanken. Obwohl meine Probleme aus meiner Kindheit herrühren, hänge ich dieser Zeit nach. Hätte ich die Möglichkeit, ich würde sofort alles hinter mich lassen und tauschen.....Ball auf´s Fahrrad und Richtung Bolzplatz....
Rosenkranz
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Re: Leben in der Vergangenheit

Beitrag von Rosenkranz »

Halle Gerhardt!

Mamentan empfinde ich genauso wie du. Da ich seit einigen wochen krank geschrieben bin, habe ich alle Zeit der Welt, um zu grübeln. Aus Arbeit verdränge ich diese Gedanken, aber merke das die leistungsfähigkeit nicht mehr gewährleistet ist (war), also ich sozusagen mit dem jetzt überfordert bin. Ich habe auch ansonsten das Gefühl mit dem jetzt nicht zurechtzukommen, habe kaum noch Freunde und wenn Kontakt, dann nur noch telefonisch. Es ist als würde ich immer mehr mich von der Realität entfernen auch von meiner Familie.

Immer wenn ich ineine große Krise stürze, ziehe ich sozusagen Bilanz vom leben, und dann habe ich Schuldgefühle, das ich hätte entscheidungen schon vor Jahren treffen sollen, damit ich zumindest die Möglichkeit gehabt hätte, ein anderes Leben zu führen, aber die Angst vor solchen Entscheidungen war größer, als die Angst vor Veränderung, wo ich auch Chancen gehabt hätte, neue Erfahrungen zu sammeln und auszuproieren, selbst wenn es schiefgegangen wäre. Aber ich glaube gerade das ist die Ursache, daß ich immer wieder alles aus der Vergangenheit aufwühle, was mir eher schadet, weil ich es sowieso nicht mehr ändern kann.

Es hat sicher bei mir auch noch eine andere Ursache, über die ich hier denke ich nicht schreiben darf, hat aber spuren in meinem leben hinterlassen, ich konnte nie wieder das leben führen, was ich vorher hatte.

Ich weiß aber sehrwohl, wie du auch, das wir uns der Gegenwart nicht entziehen können, es heißt nicht umsomst in der Bibel "nser tägliches Brot gib uns heute", Es wäre doch so einfach einfach nur loszulaufen und zu leben, damit meine ich wirklich leben und nicht nur existieren. Manchmal stehe ich nur noch ungern morgens auf, ich habe oft Angst, ich komme mir vor als müßte ich das leben erst wieder erlernen. Ich weiß nicht so recht, wie es weitergehen soll. Wenn ich wieder arbeiten gehe, sozu ich momentan sowieso nicht in der Lage bin, verdränge ich wieder alles und dann gehe ich solange arbeiten bis der Körper wieder erschöpft ist. Habe die Möglichkeit in die Klinik zu gehen, das habe ich aber vorerst abgelehnt, weil mir dort ja erst einmal alles abgenommen wird, also dort alles nach Plan verläuft, aber nicht den meinen und wenn ich dann wieder nachhause komme befürchte ich, deshalb wieder abzustgürzen.

Auch bei den alten liedern, kommt die Erinnerung wieder hoch, sozusagen das ist meine Zeit gewesen, mir gefallen aber auch lieder von heute, die vor allem deutsch sind und etwas tiefgründiges bzw. menschliches ausdrücken, denn das menschliche ist irgendwie in der heutigen Zeit abhandengekommen, zumindest zum großen teil und ich glaube das das mit unser problem ist, es wird einfach nicht oder nur von den wenigsten akzeptiert, das es auch menschen gibt, die anders sind. aber wir leben eben in einer leistungsgesellschaft. Habe mal von einen Kunden einen satz gehört, - wenn du geld hast kannste ins Kino gehn, wenn du keins hast bleibste draußen stehn - im übertragen Sinne trifft das auch auf viele andere Lebensbereiche zu, ich meine jetzt aber nicht finanziell, ich meine das so in etwa wie wenn du so sein kannst wie wir, dann gehörtst du dazu und wenn nicht bleibst du auf der Strecke, ich weiß nicht ob ich mich richtig ausgedrückt habe.

Bei uns in der Nähe gibt es ein DDR Museum, da waren wir vor einiger Zeit, da kamen auch viele alte Erinnerungen wieder hoch und ich muß sagen, es war nicht alles schlecht, ganz im gegenteil, auch was das miteinander anbetrifft.

Liebe Grüße Rosalie
lt.cable
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Re: Leben in der Vergangenheit

Beitrag von lt.cable »

Hallo Gerhard!

Dein "Leben in Gedanken" und eine nicht ganz konkret greifbare Sehnsucht nach einem möglichst unbeschwerten Dasein vor dem Erwachsensein kenne ich ganz gut. Natürlich war in früheren, häufig zumindest in einigen Aspekten auch unbeschwerteren Zeiten nicht alles Gold, was glänzte, und doch fühlte sich das Korsett aus Pflichten und Sachzwängen vielleicht nicht gar so eng an wie heute. Brenzlig wird es meiner Meinung nach, wenn man damit beginnt, diesen Zeiten zu sehr nachzuhängen und das eigene, aktuelle Leben gewissermaßen in Gedanken, in Tagträume, in Illusionen, in eine Art wohlig wärmenden Konjunktiv zu verlagern. Ich habe für mich feststellen müssen, dass ich darüber völlig das Handeln in der realen Welt verpasse, das allemal wichtiger wäre. Die träumerische Selbstbespiegelung ist ein schönes Trugbild, doch das Leben heute, der Kontakt zu anderen Menschen, dass alles kann noch viel schöner sein. Selbst wenn es manchmal doch nicht so einfach und schön sein sollte, zählt es allemal mehr, als viele Träumereien, was nicht heißt, dass der Mensch keine Träume und Visionen mehr haben soll.

Es grüßt
lt.cable
Ein Nilpferd wollte zum Ballett
als schönster aller Schwäne.
Nur war es fürs Ballett zu fett.
So scheitern viele Pläne.
- Charles Lewinsky
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