Wie kann ich ein unangenehmes Thema ansprechen?

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Bommelchen
Beiträge: 169
Registriert: 27. Feb 2011, 01:04

Wie kann ich ein unangenehmes Thema ansprechen?

Beitrag von Bommelchen »

Hallo zusammen?

Ich habe vor einigen Monaten eine Therapie angefangen (den Hintergrund findet ihr in meinem Post von gestern, in dem ich mich kurz vorgestellt habe).

Das ist meine erste Therapie und neben dem Schulseelsorger meiner ehemaligen Schule, habe ich noch nie mit jemandem über meine Probleme gesprochen.
Bisher bin ich daran gewöhnt, alles mit mir selber auszumachen und nach außen hin eine sichere Fassade aufzubauen, damit niemand merkt wie schlecht es mir geht.
Deswegen sitze ich auch beim Therapeuten immer muksmäuschen still und lasse ihn reden. Er weiß daher auch noch nicht wirklich mit mir umzugehen und das macht mich widerum unsicher und ich sage noch weniger. Bisher fehlt mir das Gefühl, dass er da wirklich dran arbeiten und mir helfen will.
Ich glaube, ich muss noch irgendwie überzeugt werden, dass er mich "knacken" kann, also diese Fassade brechen kann. Er muss mir sozusagen noch sein Können beweisen..

Ist das irgendwie seltsam?? Jetzt wo ich das hier schildere kommt mir das irgendwie so vor.

Ich habe das Gefühl, dass ich mich vorher ihm gegenüber nicht öffnen kann und bin nicht in der Lage, über alles zu reden. Dabei habe ich immer stärker das Gefühl, dass ich ihm langsam von meinem Suizidversuch vor 4 Jahren erzählen müsste, damit er voll im Bilde ist.
Aber ich weiß nicht wie ich das sagen soll. Je länger ich warte, desto unsicherer werde ich mir.

Kann mir da vielleicht jemand helfen?
Ich weiß, das Naheliegenste wäre, das einfach anzusprechen..
Wie kann ich da das Vertrauen zu ihm weiter aufbauen oder ist das normal, dass ich das "noch" nicht erzählen konnte?

Ihr merkt vielleicht schon: ich bin da total unsicher =(
kormoran
Beiträge: 3276
Registriert: 29. Mai 2007, 21:56

Re: Wie kann ich ein unangenehmes Thema ansprechen?

Beitrag von kormoran »

liebes bommelchen,

du schreibst: Ich weiß, das Naheliegenste wäre, das einfach anzusprechen..

das finde ich auch: nämlich, nicht das schwierige thema selbst gleich ansprechen. es wird schon seine richtigkeit haben, wenn es dir so schwer fällt.
lohnend wäre es, das anzusprechen, was du hier in deinem posting beschreibst.

daraus, wie er damit umgeht, wie ihr daran weiterarbeitet, erfährst du einerseits viel darüber, "was er kann"; und andererseits könnt ihr so die bedingungen schaffen, dass mehr vertrauen und öffnung möglich wird.

liebe grüße
kormoranin
 http://www.depressionsliga.de
*** zurück ins leben!
Rosenkranz
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Re: Wie kann ich ein unangenehmes Thema ansprechen?

Beitrag von Rosenkranz »

hallo bommelchen

habe vor wenigen tagen einen traed eröffnet der nennt sich sprachlosigkeit, kann vielleicht mal dort reinschauen, da es mir oft ähnlich geht, und je schlechter es mir geht um so schlimmer.

vielleicht versuchst du es mal mit aufschreiben, (wurde sowohl von meinen ärzten und thera sehr gut angenommen) was dich am meißten beschäftigt, wo deine probleme und sorgen liegen, nur wenn dein therapeuth weiß was los ist kann er dir helfen, du hast es eigentlich auch schon richtig erkannt, aber er muß nicht die nuss knacken, sondern du mußt dich öffnen, das fällt mir aber auch heute noch sehr schwer, deshalb kann ich dich gut verstehen.

viele grüße rosalie
heikeg
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Re: Wie kann ich ein unangenehmes Thema ansprechen?

Beitrag von heikeg »

Hallo Bommelchen,

ich kann mich Kormoranin anschließen. Ich habe damit gute Erfahrungen gemacht, über das Wie der Therapie und meine Empfinden darüber zu sprechen. Sage wie du es zur Zeit empfindest, dass du noch nicht schaffst, vertrauen aufzubauen, du nicht weißt wie und wie du dich bisher verhalten hast.

Mein Therapeut lässt mich sprechen oder auch schweigen, er ist nicht der, der die ganze Stunde redet. Es kommt ja auf dich an und da ist es wichtig, dass du Vertrauen zu ihm hast, damit du auch unangenehme Dinge ansprechen kannst.

Viele Grüße Heike
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unipolar depressiv seit 2002
bigappel
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Re: Wie kann ich ein unangenehmes Thema ansprechen?

Beitrag von bigappel »

Moin Bommelchen,

druck doch Deinen Thread einfach aus und gebe Deinem Arzt diesen zum Lesen.

Alles Liebe
Pia
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
wennfrid
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Re: Wie kann ich ein unangenehmes Thema ansprechen?

Beitrag von wennfrid »

Hi Bommelchen
Es fehlt einfach noch das Vertrauen, um sein Innerstes preiszugeben. Damit das Vertrauens sich einstellt , kenne ich keine Kniffe oder Tricks. Hier ist in erster Linie dein Therapeut gefragt. Vertrauen bildet sich langsam und jeder Beteiligte sollte seinen Beitrag leisten. (Ehrlichkeit) Vertrauen kann nicht erzwungen werden, es braucht viel Geduld bis es sich einstellt.
Deinen Thread auszudrucken und ihn deinen Therapeuten zu geben, halte ich für eine gute Idee.
Viel Kraft und Energie

Fridolin
Bommelchen
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Registriert: 27. Feb 2011, 01:04

Re: Wie kann ich ein unangenehmes Thema ansprechen?

Beitrag von Bommelchen »

Hi, vielen Dank, für die Ratschläge.

Also ich habe mir das mal in Stichpunkten aufgeschrieben und den Text, den ich hier reingestellt habe, ausgedruckt.
Ich habe mich aber nicht getraut, ihm eben auch nur eins davon zu geben oder anzusprechen.
Habe auf eine "passende Gelegenheit" gewartet und dachte jedes Mal, es sei gerade ungünstig.
Ich glaube langsam, ich stehe mir da selber total im Weg und habe viel zu viel Angst.
Bin da selber total unzufrieden mit mir, weil ich weiß, dass ich so nie mit der Therapie vorwärts komme.
DarkRaven
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Registriert: 14. Jul 2010, 16:27

Re: Wie kann ich ein unangenehmes Thema ansprechen?

Beitrag von DarkRaven »

La_crimosa
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Registriert: 28. Mär 2010, 22:05

Re: Wie kann ich ein unangenehmes Thema ansprechen?

Beitrag von La_crimosa »

Liebes Bommelchen,
Deine Gedanken zum Thema "Vertrauen" und "Unangenehmes ansprechen" kenne ich nur zu gut!

Meine Gedanken dazu:
ICh habe mal in einem Buch Folgendes gelesen:
"Vertrauen ist eine Oase im Herzen, die von der Karawane des Denkens nie erreicht wird."

Wer zu einem anderen Menschen sagt: "Ich vertraue dir", traut, ohne es zu merken, entweder einzig und allein seinem eigenen Gefühl, sich an die richtige Person gewandt zu haben. Oder er/sie traut seinen/ihren eigenen Gefühlen nicht und wendet sich deshalb an die andere Person - also vertraut er/sie nicht dem anderen, sondern nur sich selbst nicht.

Das heißt, ich sollte mit meiner Aufmerksamkeit bei mir sein. Mir meiner selbst bewusst sein und sagen: "Ich traue mir." Oder: "Ich traue mir nicht."

Die Sicherheit oder Geborgenheit, die ich durch einen anderen zu empfinden glaube, entspringt dem Vertrauen in mein eigenes Gefühl dem anderen gegenüber.
Vertrauen in das (unbewusstes) Empfinden, dass das was ich tue, das Richtige ist. Oder ich tue es, weil ich mir selbst nicht vertraue.

Konkret hieße es: Vertraue ich dem Therapeuten? Was sind die Indizien dafür, dass ich vertrauen kann? Oder habe ich auch recht mit meinem "Nicht"-Vertrauen?

Außerdem ist Vertrauen etwas, was Zeit braucht. Es muss wachsen.

Und: ich muss meine Sichtweise ändern (was mir schwer fällt!): Der Therapeut/die Therapeutin ist nicht dafür da, mich zu "knacken" und mich zu "heilen", sondern er/sie ist Wegbegleiter(in), die ich nutzen kann, um meinen Weg zu finden. (ich weiss noch nicht, ob ich mich so richtig ausgedrückt habe... kommt vielleicht noch...)

Quintessenz: Du darfst aktiv werden, wenn Du den Eindruck hast, es ist die richtige Person für Dich, der DU vertrauen möchtest. (Wenn es ein(e) gute(r) Therapeut(in) ist, dann gibt er/sie Dir aber Hilfestellung!)

So long...
Susanne
La_crimosa
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Re: Wie kann ich ein unangenehmes Thema ansprechen?

Beitrag von La_crimosa »

War doppelt - sorry
heikeg
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Re: Wie kann ich ein unangenehmes Thema ansprechen?

Beitrag von heikeg »

Hallo Bommelchen,

ohne jetzt die anderen Beiträge gelesen zu haben, hier noch mal meine Gedanken dazu.

Ein bisschen habe ich das Gefühl, dass es dir um den Therapeuten geht, also ihm alles Recht zu machen, bloß nicht ihm noch Umstände bereiten, eine brave und angepasste Patientin zu sein. Kann es sein? Oder hat es damit nichts zu tun?

Der richtige Zeitpunkt ist der, wenn es einem unter den Fingernägeln brennt. Und so wie du es hier schreibst, brennt es ganz deutlich. Er kann dir nur dann helfen und dich begleiten, wenn du ihm die Dinge erzählst. Vertrauen gehört dazu und eben dies mach einfach dort zum Thema. Dass du eben nicht weißt, wie du es schaffen solltest, dass du gerne etwas sagen möchtest, aber dir so schwer fällt.

Lange Rede kurzer Sinn: Mach dein Thema "Vertrauen" bei der nächsten Stunde zum Thema. Wenn es ein guter Therapeut ist, wird er darauf eingehen und wird schauen, wie ihr ein Klima schaffen könnt, wo es dir dann möglich ist, über deine dringensten Probleme zu reden.

Liebe Grüße Heike
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Bommelchen
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Re: Wie kann ich ein unangenehmes Thema ansprechen?

Beitrag von Bommelchen »

Da hast du schon Recht Heike.
Bin (leider) durch meine Vergangenheit schon fast darauf gedrillt, bloß keine Umstände zu bereiten und bloß nicht aufzufallen. Damals hätte ich dafür gleich Prügel kassiert und mir anhören müssen, wie wertlos ich sei.
Das kriege ich noch nicht aus meinem Verhalten raus, obwohl ich mitlerweile ja seit 1 1/2 Jahren aus dem Trubel raus bin.
Mich stört das auch immer, dass ich Vieles irgendwie erkenne, aber nicht verarbeiten kann, weil ich nicht drüber reden kann.
heikeg
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Re: Wie kann ich ein unangenehmes Thema ansprechen?

Beitrag von heikeg »

Hallo Bommelchen,

Das kann ich wohl verstehen, da ist es schwer über seinen eigenen Schatten zu springen. Aber vielleicht hilft dir eine andere Sichtweise:

Dein Therapeut hat die Ausbildung genossen, weil er anderen Helfen möchte. Er kann jemanden nur helfen, wenn dieser bereit ist, ihm zu sagen, wo es denn brennt. Sein Beruf ist, für den Patienten da zu sein und sich die Dinge anzuhören und mögliche Strategien mit dem Betroffenen zu erarbeiten. Der Therapeut bietet die Dienstleistung "Empathie und Hilfe" an und nicht der Patient die Dienstleistung eines "braven" Patienten, der ihm keine Umstände machen will. Er ist der Anbietende und du kannst das Angebot nehmen oder ausschlagen.

Kurz: Du bist nicht für den Therapeuten da, sondern er für dich! Und ich kann dir aus eigene Erfahrung sagen, Prügel habe ich nicht kassiert nur Erfahrung .

Ich drück dir die Daumen, dass du es schaffst über deinen Schatten zu sprigen, eigentlich kannst du dabei nur Gewinnen.

Liebe Grüße Heike
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